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Die Orgellandschaft Oberpfalz umfasst den gewachsenen Orgelbestand im Gebiet des heutigen Regierungsbezirks Oberpfalz Die Initiative zur Kultur der Orgel ging ab dem 11 Jahrhundert vorwiegend von den katholischen Klostern aus Daher wurden besonders in den Kloster und Wallfahrtskirchen kunstlerisch herausragende Orgeln gebaut weniger aber in den armeren landlichen Pfarrkirchen Die Oberpfalz war relativ ausgepragt abhangig von Einflussen der angrenzenden Lander sowohl durch die Tatigkeit auswartiger Orgelbauer als auch durch Einwanderung von Orgelbauern aus umgebenden Landstrichen 1 Alte Kapelle Regensburg Gehause von 1799 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Orgelbaus 1 1 Bis zur Spatgotik 1 2 Renaissance und Fruhbarock 1 3 Barock und Rokoko 1 4 19 Jahrhundert 1 5 20 Jahrhundert 1 5 1 Zweiter Weltkrieg 1 5 2 Nachkriegszeit 1 6 21 Jahrhundert 2 Dokumentation 3 Literatur 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte des Orgelbaus BearbeitenBis zur Spatgotik Bearbeiten nbsp Paumanns Epitaph in der Munchner FrauenkircheAusgangspunkt der Entwicklung ist die ehemalige romische Stadt Regensburg welche seit 739 Bischofssitz und 843 Hauptstadt des Ostfrankenreichs war 2 Dort sammelten bereits im 11 Jahrhundert Monche des Benediktinerklosters St Emmeram Traktate zum Orgelbau und realisierten die Plane in der Klosterkirche vor 1166 Die Belehnung 1180 des Pfalzgrafen Otto I mit dem Herzogtum Bayern die Verleihung 1245 der Reichsfreiheit an die Stadt Regensburg und 1329 die Teilung des Herzogtum Bayern in Bayern und Pfalz beeinflussten massgeblich die Entwicklung der Orgelkultur Eine Urkunde aus dem Jahr 1276 belegt dass wahrscheinlich ein Orgelmeister Rudiger unter Leo Thundorfer eine Orgel im Dom gespielt hat Ein Orgelkonzert das in die Musikgeschichte Regensburgs einging fand 1471 im Schottenkloster St Jakob statt Wahrscheinlich handelte es sich dabei um den blinden Conrad Paumann einen der beruhmtesten Musiker seiner Zeit in Deutschland Im selben Jahrhundert wurden mehrere neue Orgeln gebaut in Reichenbach 1394 Bruder Engelhardt in Michelfeld 1429 in Regensburg 1444 bei den Augustinern und um 1470 in St Emmeram 1480 in Weiden St Michael Auch das Kloster Prufening stand der neuen musikalischen Entwicklung nicht nach Der Landsberger Konrad Daz verfertigte 1485 ein Orgelwerk In der kurfurstlichen Residenzstadt Amberg verfertigte Friedrich Kress 1476 ein Orgelwerk fur die gerade fertiggestellte Kirche St Martin Man kann davon ausgehen dass Ende des 15 Jahrhunderts in Regensburg wie in anderen Stadten Suddeutschlands fast alle Gotteshauser insbesondere die Kathedral und Kollegiatkirchen mit melodischen Orgelwerken gezieret waren 3 Renaissance und Fruhbarock Bearbeiten nbsp Cuntz Positiv 1627 Zu Beginn des 16 Jahrhunderts sind besondere Orgelneubauten zu vermerken 1520 baute der weisse Monch Thomas Altenberger in der Kirche Zur schonen Maria ein helles und kraftiges Blockwerk aufgebaut aus Oktaven und Quinten mit einem Regal und einem klanglich gleichwertigen Pedal 1538 erhielt der Hirschauer Orgelbauer Friedrich Pfannmuller den Auftrag die Orgel der Stiftskirche St Johannes in Regensburg zu reparieren und zu erweitern Von 1543 bis 1549 baute er eine neue Orgel fur St Martin in Amberg Die Orgelgeschichte Regensburgs in der zweiten Jahrhunderthalfte ist gepragt von dem in Schneeberg geborenen Kunstler Kaspar Sturm welcher 1565 als Organist der Neupfarrkirche genannt wird Von ihm stammte auch ein heute gut dokumentiertes Instrument aus dem Jahr 1584 in der Alten Kapelle Seine Werkstatt galt zum Ende des 16 Jahrhunderts als eine der einflussreichsten in Suddeutschland Als alteste erhaltene Orgel der Oberpfalz gilt ein Positiv des in Nurnberg tatigen Passauers Stephan Cuntz aus dem Jahr 1627 welches heute in der Minoritenkirche steht 4 Barock und Rokoko Bearbeiten nbsp Weltenburg 1728 Nachdem 1628 die Oberpfalz nach dem verheerenden Dreissigjahrigen Krieg wieder an das Herzogtum Bayern zuruckgefallen war und die Rekatholisierung Erfolge zeigte kam der brachliegende Orgelbau in der Oberpfalz wieder in Schwung Johann Conrad Vogel liess sich 1689 nach Erwerb der Orgelbauerkonzession in Amberg nieder und verteidigte verbissen sein kurfurstliches Monopol Edikt Werke von ihm konnen z B in Amberg Vilseck und Ebnath nachgewiesen werden Nach dem Tode Vogels erhielt Johann Baptist Funtsch das kurfurstliche Patent Er baute in rascher Folge Instrumente im engeren und weiteren Umfeld von Amberg Von seinem Schaffen sind nur noch die Gehause beispielsweise in Gerolzhofen in der Wallfahrtskirche Maria Hilf Amberg oder Lauterhofen Trautmannshofen erhalten Von seinem Sohn Johann Konrad haben hingegen viele Prospekte und einige Instrumente die Zeiten uberdauert darunter das zweimanualige Werk in der Wallfahrtskirche Habsberg Der Betrieb wurde in Familiennachfolge bis 1796 gefuhrt und dann an Wilhelm Hepp ubergeben 5 Dessen besterhaltene 2017 restaurierte Orgel steht in Herz Jesu Velburg In den beiden damaligen Benediktinerabteien St Emmeram und Prufening entstanden Orgeln mit monumentalen Gehausen von Christoph Egedacher In Stadtamhof liess sich 1715 der aus dem Frankischen kommende Philipp Franz Schleich nieder Als er mit nur 38 Jahren verstarb erhielt sich seine Werkstatt auf eine zeitubliche Weise Seine Witwe heiratete den Orgelbauer Johann Konrad Brandenstein Dieser schuf zahlreiche Instrumente in Niederbayern und in der Oberpfalz Von seinem Wirken zeugen u a nur noch die Gehause in Bad Kotzting Rohr oder Waldsassen wahrend die Orgel der Klosterkirche Weltenburg noch weitgehend im Originalzustand erhalten ist Brandensteins Schwiegersohn Michael Herberger ubernahm 1757 seine Werkstatt und fuhrte sie weiter In der Reichsstadt Regensburg war die Familie Spath alteingesessen Der Orgelbau in der Familie ist erstmals 1725 bekundet Wahrend Johann Jakob Spath vorwiegend mit Reparaturen und Umbauten in Erscheinung trat wurde sein Sohn Franz Jakob Spath als Orgelbauer und vor allem als Klavierbauer beruhmt Das Instrument in der Oswaldkirche zeugt heute noch von seiner Kunst 6 In Nabburg liess sich 1750 Andreas Weiss der Begrunder einer Orgelbaufamilie mit drei folgenden Generationen nieder Er baute Instrumente vor allem in der mittleren und ostlichen Oberpfalz Von den fruhklassischen Beispielen in Regensburg ist das erhaltene Gehause in der Alten Kapelle bemerkenswert eines der sehr gut uberkommenen Werke steht auf dem Eixlberg bei Pfreimd Seine Nachkommen bauten und warteten Orgeln bis zum Jahr 1858 Danach erlosch die Orgelbautradition in Nabburg 7 19 Jahrhundert Bearbeiten nbsp St Josef Regensburg 1925 Am Anfang des 19 Jahrhunderts wurden durch die Sakularisation die Kloster verstaatlicht Ein hoher Anteil der ehemaligen Klosterkirchen blieb jedoch durch Umwidmung bestehen Vielfach wurden sie den Pfarreien zur Verfugung gestellt und stattdessen die kleineren alten Pfarrkirchen aufgegeben Vorhandene Chororgeln wurden verschenkt oder gar vernichtet Der Orgelneubau kam zum Erliegen 8 Dieser Zeitraum gilt daher nicht gerade als eine Blutezeit im Orgelbau Dennoch liessen sich in Folge zwei hochqualifizierte Meister aus dem hohen Norden in Regensburg nieder Johann Heinssen baute in der naheren und weiteren Umgebung meist einmanualige Orgeln mit wenigen Registern Johann Anton Breil kam auf seiner Gesellenreise 1848 nach Regensburg Er liess sich nach dem Tode Heinssens 1849 nieder erhielt 1853 das Burgerrecht der Stadt und die damit verbundene Genehmigung zum Betrieb einer eigenen Werkstatt Er schuf zahlreiche Orgeln im Regensburger und Oberpfalzer Raum Die Amberger Orgelbautradition wurde 1843 durch Friedrich Specht wiederbelebt Er erwarb sich sowohl mit Neu und Umbauten als auch mit Reparaturen einen soliden Wohlstand Nach Spechts Tod 1865 war die Amberger Region fortan abhangig von den weiter weg liegenden Orgelbaufirmen 9 Zu einem Grossbetrieb entwickelte sich in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts der Orgelbaubetrieb von Ludwig Edenhofer aus Regen Er baute vorwiegend in der Region ca 210 Orgeln Sein Sohn ubernahm nach dessen Tod die Firma Obwohl er versuchte den Orgelbau zu industrialisieren konnte er im Konkurrenzdruck mit der Firma Binder nicht bestehen Binder schuf zusammen mit seinem Neffen Willibald Siemann ca 525 teils auch grossere Orgeln in Suddeutschland Fur die Oberpfalz war diese Epoche zwar das goldene Zeitalter des Orgelbaus an vielen Orten bedeutete indes der Neubau einer Orgel mit der damals neuartigen Rohrenpneumatik die Vernichtung wertvoller Substanz aus den vergangenen Epochen 10 20 Jahrhundert Bearbeiten Zweiter Weltkrieg Bearbeiten nbsp St Wolfgang Regensburg 1944 nbsp Regensburger Dom 2009 Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden 1936 in Regensburg zwei reprasentative Orgelneubauten verwirklicht die Siemann Orgel der Herz Jesu Kirche und die Steinmeyer Orgel der Minoritenkirche welche lange Zeit ein Torso blieb Vor Beendigung des Zweiten Weltkrieges konnte 1944 noch die Orgel der St Wolfgangs Kirche aufgestellt werden Nachkriegszeit Bearbeiten Die Oberpfalz blieb bis auf einige stark zerstorte Stadte von weitreichenden Kriegsschaden verschont Dennoch erlosch die Tatigkeit der Firma Siemann mit der Bombardierung der Firmenzentrale in Munchen Diese Lucke fullte die Orgelbaufirma Hirnschrodt Bereits 1925 grundete Eduard Hirnschrodt senior eine Orgelbaufirma welche sein Sohn bis zu seinem Ruhestand 1975 betrieb Diese Firma war lange Jahre der Siemann Tradition mit pneumatischer Kegellade und einer eher grundtonigen Klangfarbung verpflichtet 11 Mit dem Bau der Orgel der St Matthaus Kirche entstand 1955 in der Oberpfalz erstmals ein Instrument mit einer rein mechanischen Traktur und einer neobarocken Klangsprache Der neobarocke Orgelbau hielt daraufhin zunehmend auch in der Oberpfalz Einzug Die Firma Jann ubernahm 1974 die Firma Hirnschrodt Aus Platzgrunden wurde nach 1980 die Werkstatte in das 25 Kilometer sudlich von Regensburg gelegene niederbayerische Allkofen bei Laberweinting verlagert August Hartmann schloss diese Lucke in Regensburg mit einem eigenen Betrieb bis zur Jahrtausendwende In Donaustauf machte sich 1995 Johannes Schadler selbststandig Bis zu seiner Betriebsaufgabe aus gesundheitlichen Grunden war er mit zahlreichen Neubauten in der Region vertreten 12 Als Restaurierungsbetrieb war in der Oberpfalz Johann Rickert ab 1973 mit einer Werkstatt in Regensburg vertreten 13 Monumentale Orgelwerke entstanden 1959 in St Emmeram Hirnschrodt und 1989 in der Stiftsbasilika Waldsassen Georg Jann richtungsweisende Instrumente 1986 in der Neupfarrkirche Georg Jann 1994 in Regensburg Reinhausen Orgelbau Sandtner 1996 in St Anton Thomas Jann 21 Jahrhundert Bearbeiten Seit dem Jahr 2000 wurden bemerkenswerte Neubauten realisiert beispielsweise 2002 in Bad Kotzting Ferdinand Salomon 2006 in der Alten Kapelle Mathis 2007 in St Wenzeslaus Schonsee Orgelbau Sandtner und in Weiden St Michael Weimbs 2009 im Dom Rieger und in der Hochschule fur Katholische Kirchenmusik und Musikpadagogik Regensburg Goll 2011 in Roggenstein Vohenstrauss von Kristian Wegscheider und 2020 in der Dreieinigkeitskirche Ahrend Im Jahr 2022 gibt es im Oberpfalzer Raum einige kleinere Orgelbaufirmen wie Markus Baumler in Rothenstadt bei Weiden Kooperation mit Muhleisen oder Orgelbau Rainer Kilbert in Honighausen bei Regensburg Dokumentation BearbeitenDas Standardwerk Historische Orgeln in der Oberpfalz von Eberhard Kraus gewahrt seit 1990 Einblick in eine eher vernachlassigte Landschaft deutscher Orgelkultur Die Gesellschaft fur Bayerische Musikgeschichte hat eine Orgeldatenbank Bayern herausgegeben 14 Die Version 5 von 2009 umfasst 42 000 Datensatze und rund 10 000 Dispositionen Literatur BearbeitenEberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 Christian Vorbeck Die Orgelbauer Martin Binder und Willibald Siemann Siebenquart Verlag Dr Roland Eberlein Koln 2013 ISBN 978 3 941224 02 5 Hermann Fischer Theodor Wohnhaas Lexikon suddeutscher Orgelbauer Florian Noetzel Verlag Heinrichshofen Bucher Wilhelmshaven 1994 ISBN 3 7959 0598 2 Stiftskapitel Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle Regensburg Die Papst Benedikt Orgel Stiftskapitel Regensburg 2006 ISBN 978 3 7954 1885 4 Domkapitel Regensburg Te Deum Laudamus Die Regensburger Domorgel Domkapitel Regensburg Regensburg 2010 ISBN 3 00 004382 9 Siehe auch BearbeitenListe von Orgeln in der Oberpfalz Orgellandschaft Oberbayern Orgellandschaft Niederbayern Liste von Orgelbauern Portal OrgelWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Bilder von Orgeln in der Oberpfalz Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 54 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 8 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 12 13 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 14 16 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 40 49 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 17 22 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 47 52 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 35 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 52 54 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 24 28 Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 29 Orgelbau Schadler auf orgbase nl Eberhard Kraus Historische Orgeln in der Oberpfalz Schnell amp Steiner Regensburg 1990 ISBN 3 7954 0387 1 S 82 Orgeldatenbank Bayern Version 5 2009 hrsg von Michael Bernhard Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orgellandschaft Oberpfalz amp oldid 230229471