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Neutronenquellen dienen zur Gewinnung freier Neutronen fur Forschungs oder Anwendungszwecke Sie beruhen meist auf Kernreaktionen in einigen Fallen jedoch auf Spontanspaltung Die freigesetzten Neutronen sind zunachst stets schnelle Neutronen mit kinetischen Energien von mindestens einigen hundert keV Werden thermische Neutronen benotigt so wird die Quelle mit einem Moderator kombiniert Die Anzahl der von der Quelle pro Zeitintervall abgegebenen Neutronen dividiert durch dieses Zeitintervall heisst Quellstarke Praktisch wichtiger ist oftmals die Neutronenflussdichte die auf einer zu bestrahlenden Probe erzielt werden kann sie hangt ab von der Quellstarke von der Geometrie der Anordnung Ausdehnung der Quelle Ausdehnung der Probe und Abstand zwischen ihnen und davon ob die Quelle die Neutronen isotrop d h in alle Richtungen gleichmassig oder anisotrop abgibt Die radioaktiven Neutronenquellen emittieren isotrop die auf Teilchenbeschleunigern basierenden Quellen im Allgemeinen anisotrop Bei Kernreaktoren ist je nach Wahl des Bestrahlungsortes beides moglich Inhaltsverzeichnis 1 Radioaktive Neutronenquellen 1 1 Alpha Beryllium Neutronenquellen 1 2 Spontanspaltungs Neutronenquellen 1 3 Gamma Beryllium Neutronenquellen 2 Kernreaktoren als Neutronenquellen 2 1 In Forschungsreaktoren 2 2 In kommerziellen Leistungsreaktoren 2 3 Verwendung uberschussiger Neutronen aus Leistungsreaktoren 3 Erzeugung freier Neutronen mit Teilchenbeschleunigern 3 1 Allgemein 3 2 Spallations Neutronenquellen 3 3 Elektronen Bremsstrahlung als Neutronenquelle 3 4 IFMIF 4 Pyroelektrische Fusion 5 Farnsworth Hirsch Fusor 6 Literatur 7 EinzelnachweiseRadioaktive Neutronenquellen BearbeitenDie nachstehend beschriebenen Quellen erfordern den Sicherheitsaufwand der beim Umgang mit Radioaktivitat stets notig ist Sie haben aber den Vorteil klein und leicht transportabel zu sein Die anderen weiter unten beschriebenen Quellen sind fast immer ortsfeste Anlagen Alpha Beryllium Neutronenquellen Bearbeiten Eine Mischung aus einem Alphastrahler und einem Material wie Beryllium das einen verhaltnismassig grossen Wirkungsquerschnitt fur die a n Kernreaktion hat stellt eine Neutronenquelle dar Der 9Be Kern nimmt dabei das a Teilchen auf so dass ein 13C Compoundkern entsteht dieser zerfallt anschliessend in einen 12C Kern und ein Neutron Das Energiespektrum der frei werdenden Neutronen liegt im MeV Bereich und hangt im Einzelnen vom verwendeten Alphastrahler ab Gebrauchlich sind Gemische aus Radium Polonium Plutonium oder Americium mit Beryllium Einige Gramm des Gemisches befinden sich in einem dicht verschlossenen Metallgehause Der Austritt der Alphateilchen selbst wird durch das Gehause verhindert jedoch geben die Quellen neben den Neutronen unvermeidlich auch Gammastrahlung ab Solche Quellen wurden vor allem in der Anfangsphase der Kernphysik fur Experimente benutzt Man verwendet sie nach wie vor beispielsweise zur Prufung und Kalibrierung von Neutronendetektoren zur Aktivierung mit Neutronen in Kernwaffen sowie in Kernreaktoren um auch bei abgeschaltetem unterkritischem Reaktor einen messbaren Neutronenfluss zu erzeugen Die Entdeckung des Neutrons gelang 1932 James Chadwick durch Bestrahlung von Beryllium mit Alphastrahlung aus einer Radium Alphaquelle somit ist diese Art Neutronenquelle dem Prinzip nach die Alteste Radium Beryllium Neutronenquellen sind bis zu Quellstarken von einigen 107 Neutronen pro Sekunde hergestellt worden 1 Wegen der langen Halbwertszeit haben sie gegenuber anderen mobilen Neutronenquellen den Vorteil langer Nutzbarkeit Spontanspaltungs Neutronenquellen Bearbeiten Mit einem Hochflussreaktor konnen Nuklide hergestellt werden die durch Spontanspaltung zerfallen zum Beispiel Californium 252Cf mit einer Halbwertszeit von 2 65 Jahren Im Mittel werden je Spaltprozess etwa 3 Neutronen abgegeben Das Energiespektrum dieser Neutronen ist nahezu gleich dem aus der induzierten Kernspaltung Daher haben diese Quellen besondere Bedeutung bei Experimenten zur Reaktorphysik In Kernreaktoren werden 252Cf Quellen als Anfahrquellen im sog Erstkern wenn noch keine anderen Neutronenquellen und Brennelemente mit hoherem Abbrand vorhanden sind eingesetzt Sie dienen dann auch zur sicherheitstechnisch wichtigen Uberprufung der Funktion der Neutronenflussmessung Gamma Beryllium Neutronenquellen Bearbeiten Eine Mischung aus einem Gammastrahler und einem Material das einen grossen Wirkungsquerschnitt fur die g n Kernreaktion hat stellt eine Neutronenquelle dar Gebrauchlich ist ein Gemisch aus Antimon Sb mit Beryllium Be das in Kernreaktoren als sogenannte sekundare Neutronenquelle eingesetzt wird Erst im Betrieb des Reaktors entsteht aus 123Sb das g strahlende 124Sb das in einer g n Kernreaktion mit 9Be Neutronen freisetzt 9Be g n 8Be 2 He Der Gammaquant muss zur Freisetzung von Neutronen deren Bindungsenergie liefern Energieerhaltung Diese ist bei den meisten Nukliden recht hoch 8 10 MeV bei 12C gar 18 72 MeV und entsprechend starke Gammaquellen nicht einfach verfugbar und schwer abzuschirmen Da allerdings Beryllium 8 enorm instabil ist und binnen Bruchteilen einer Sekunde in zwei Alphateilchen zerfallt ist die Bindung des Neutrons an Beryllium 9 verhaltnismassig schwach so dass 124Sb mit seinen 1 69 MeV Gammastrahlen die Schwelle von 1 67 MeV fur den Ausstoss von Neutronen aus 9Be knapp uberwindet Im Reaktorbetrieb finden in den Sekundarneutronenquellen zusatzliche Reaktionen zwischen Beryllium Be und den im Reaktor reichlich vorhandenen Gammastrahlen und den Neutronen statt Dabei entsteht uberwiegend Helium He aber in verschiedenen Reaktionen auch reichlich Tritium 3H sowie ein kleiner Anteil an langlebigem 10Be Halbwertszeit 1 51 106 Jahre Bei der Zerlegung von Neutronenquellen unter Wasser was fur die endlagergerechte Verpackung notig ist entweicht das inaktive Helium in gut sichtbaren Blasen wodurch sich diese Sekundarneutronenquellen sehr leicht von anderen ahnlich aussehenden Bauteilen unterscheiden lassen Auch bei Deuterium ist die Bindung des Neutrons an den Kern mit 2 22 MeV verhaltnismassig schwach In Schwerwasserreaktoren deren Moderator wahrend des Betriebs Gammastrahlung verschiedener Wellenlangen ausgesetzt ist tragt dieser Effekt zum Neutronenfluss bei und bewirkt aufgrund der grossen Reichweite von Gammastrahlung einen Ausgleich der Neutronenflussdichte zwischen verschiedenen Teilen des Reaktorkerns Gamma Deuterium Neutronenquellen werden auch produziert sind jedoch aufgrund es hohen Preises von Deuterium und der hoheren benotigten Energie der auslosenden Gammaquanten weniger verbreitet als solche auf Berylliumbasis Kernreaktoren als Neutronenquellen BearbeitenIn Forschungsreaktoren Bearbeiten Jeder in Betrieb befindliche Kernreaktor ist unvermeidlich eine starke Neutronenquelle da bei der Kernspaltung schnelle freie Neutronen mittlere Energie etwa 2 MeV entstehen Reaktoren die als Neutronenquelle und nicht zur Energiegewinnung dienen sind eine Unterkategorie der Forschungsreaktoren Die starkste auf Kernspaltung basierende Neutronenquelle der Welt welche zu Forschungszwecken dient ist der Forschungsreaktor Munchen II Mit einer thermischen Leistung von 20 MW ist dieser Reaktor weit vom Ideal des Nullleistungsreaktors entfernt und stellt wohl ein praktisches Maximum der durch Kernspaltung erzielbaren Neutronenflussdichten dar oder hat sich diesem zumindest angenahert In kommerziellen Leistungsreaktoren Bearbeiten Um einen moglichst hohen Abbrand zu erzielen werden kommerzielle Kernreaktoren ublicherweise mit Brennelementen beladen die moglichst viel spaltbares Material enthalten Das wurde bei frischen Brennstoff aber zu hohen Neutronenflussdichten fuhren welche die Gefahr einer Leistungsexkursion bergen Daher werden so genannte Steuerstabe aus Neutronengiften wie Cadmium Silber oder Bor in den Reaktorkern eingefuhrt und mit zunehmendem Abbrand nach und nach wieder heraus gezogen Die Reaktorschnellabschaltung kann durch schnelles Einfahren aller Steuerstabe zur selben Zeit erreicht werden Verwendung uberschussiger Neutronen aus Leistungsreaktoren Bearbeiten Die in den Steuerstaben unvermeidlich stattfindenden Neutroneneinfange konnen teilweise instabile Isotope bilden die anschliessend betazerfallen In den allermeisten kommerziellen Kernkraftwerken ist dies ein unvermeidlicher aber hingenommener Nebeneffekt Oftmals wird sogar ein wertvolles Material wie Silber in ein weniger wertvolles wie Cadmium transmutiert Eine Ausnahme hiervon sind CANDU Reaktoren in denen ein Teil der Steuerstabe durch Kobalthaltige Stabe ersetzt wird um Kobalt 60 zu erzeugen Kobalt 60 ist ein wichtiges Radionuklid in Industrie Technik und Medizin und wird unter anderem verwendet um Lebensmittelbestrahlung durchzufuhren Rund 40 der Einweg Medizinprodukte weltweit werden mit Kobalt 60 aus CANDU Reaktoren sterilisiert 2 3 Die Betreiber der CANDU Reaktoren sowie anderer potentiell geeigneter Reaktortypen versuchen diesen Nebenerwerb auf andere Nuklide zum Beispiel Lutetium 177 auszuweiten 4 5 Erzeugung freier Neutronen mit Teilchenbeschleunigern BearbeitenAllgemein Bearbeiten Bei jeder Kernreaktion bei der genugend Energie zur Verfugung steht ist Emission von Neutronen moglich Die so erzielbaren Neutronenflussdichten sind je nach Beschleuniger Typ grosser als die radioaktiver Quellen Durch geeignete Wahl der Reaktion lassen sich die Neutronenenergien variieren sowie teilweise monoenergetische Neutronen erzeugen Eine Pulsung des Beschleunigerstrahls erlaubt Flugzeitmessungen zwecks Energiebestimmung der Neutronen Beispiele fur praktisch als Neutronenquelle genutzte Reaktionen p n Reaktionen 7Li p displaystyle rightarrow nbsp 7Be n d n Reaktionen 2H 2H displaystyle rightarrow nbsp 3He n sog dd Reaktion 2H 3H displaystyle rightarrow nbsp 4He n sog dt Reaktion Neutronengeneratoren auf der Basis der dt Reaktion liefern Neutronen relativ hoher Energie uber 14 MeV Sie sind daher ein wichtiges Werkzeug der experimentellen Kernphysik und der Forschung fur Kernfusionsreaktoren da diese die gleiche Kernreaktion nutzen dt Neutronengeneratoren erreichen Quellstarken bis zu etwa 1013 Neutronen pro Sekunde Anlage SNEG 13 6 in Sergijew Possad Russland a n Reaktionen Alle Reaktionen der oben genannten radioaktiven Quellen sind auch mit Alphateilchen aus einem Beschleuniger moglich Spallations Neutronenquellen Bearbeiten Als Spallation bezeichnet man eine Kernreaktion bei der ein energiereiches Teilchen Beispiel ein Proton von 500 MeV einen Kern trifft aus ihm zunachst ein oder mehrere Nukleonen herausschlagt und zusatzlich den Kern aufheizt Als Folge dieser Aufheizung verdampfen aus dem Kern viele weitere Nukleonen Das Neutronenspektrum zeigt daher ein Maximum bei rund 3 MeV und einen weniger intensiven Auslaufer bis zu hunderten MeV Spallationsneutronenquellen stellen einen Ersatz fur Forschungsreaktoren dar Sie sind wegen des notwendigen Grossbeschleunigers komplizierter und aufwandiger als Reaktoren haben aber Vorteile hinsichtlich der leichten Ein und Abschaltbarkeit und in Bezug auf radioaktiven Abfall Sie sind dennoch kerntechnische Anlagen und das Target wird stark aktiviert Da die unweigerlich anfallende thermische Leistung der Kernspaltung die erreichbaren Neutronenflussdichten limitiert sind die starksten derzeit verfugbaren oder geplanten Neutronenquellen allesamt Spallationsquellen da deren Starke kaum ein Limit nach oben gesetzt ist Eine in Betrieb befindliche Anlage ist SINQ in Villigen Schweiz Im Bau ist die Europaische Spallationsquelle in Lund Schweden Elektronen Bremsstrahlung als Neutronenquelle Bearbeiten Schnelle Elektronen erzeugen beim Auftreffen auf Materie Bremsstrahlung Bei Elektronenenergien ab etwa 10 MeV hat die Bremsstrahlung Energien oberhalb der Bindungsenergie der Neutronen in den Targetkernen Uber die Reaktion g n den Kernphotoeffekt 7 werden dann schnelle Neutronen freigesetzt Bei schweren Kernen ist auch Photospaltung moglich die wie jede Kernspaltung zur Emission von Neutronen fuhrt Elektronenbeschleuniger werden nicht eigens als Neutronenquellen gebaut Jedoch werden an einigen ohnehin vorhandenen Elektronenbeschleunigern zusatzlich Neutronenquellen dieser Art betrieben Beispielsweise erzeugt eine solche Quelle an der Anlage ELBE mit der Bremsstrahlung von 40 MeV Elektronen bis zu 2 1011 Neutronen pro Sekunde in kurzen Pulsen 8 IFMIF Bearbeiten Die geplante International Fusion Materials Irradiation Facility IFMIF soll die Reaktionen von auf 40 MeV beschleunigten Deuteronen mit Lithium nutzen Ihr Neutronenspektrum reicht bis etwa 50 MeV die nutzbare Neutronenflussdichte bis 1015 cm 2s 1 Pyroelektrische Fusion BearbeitenBei der Pyroelektrischen Fusion wird mittels pyroelektrischer Kristalle eine der oben genannten d n Kernreaktionen ausgelost Diese Methode ist als transportable Neutronenquelle geeignet Farnsworth Hirsch Fusor BearbeitenDer Farnsworth Hirsch Fusor ist eine Kernfusionsapparatur die ebenfalls der Neutronenerzeugung dient Es beruht auf dem Prinzip des elektrostatischen Plasmaeinschlusses englisch Inertial Electrostatic Confinement Es gibt industriell einsetzbare Neutronengeneratoren dieser Art 9 Literatur BearbeitenH Krieger Strahlungsquellen fur Technik und Medizin Springer 2015 ISBN 978 3 8351 0019 0 S 332 344 Einzelnachweise Bearbeiten K H Beckurts K Wirtz Neutron Physics Springer Verlag 1964 S 28 29 https inis iaea org search search aspx orig q RN 34076301 https www mining com cobalt 60 a life saving medical isotope harvested at onatrio nuclear generating station https www world nuclear news org Articles Canadian Candu produces cancer therapy isotope https www euronuclear org news world first lutetium 177 produced at commercial nuclear reactor cern ch Development of the Intense Neutron Generator SNEG 13 Ch Segebade H P Weise J L George Photon Activation Analysis Walter De Gruyter 1987 ISBN 0 89925 305 9 M Helm P Michel M Gensch und A Wagner Alles im Fluss Physik Journal 15 2016 Nr 1 S 29 34 NSD Fusion Technology In nsd fusion com NSD GRADEL FUSION abgerufen am 5 Februar 2018 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Neutronenquelle amp oldid 234600490