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Spontane Spaltung genauer spontane Kernspaltung auch Spontanspaltung oder Spontanteilung englisch spontaneous fission ist eine Form des radioaktiven Zerfalls sehr schwerer Atomkerne ab einer Ordnungszahl von 90 Thorium Sie stellt eine Form der Kernspaltung dar bei der sich ein Kern spontan d h ohne aussere Einwirkung insbesondere ohne Neutronenbestrahlung in zwei selten mehrere meist mittelschwere Kerne und einige Neutronen teilt Der Alphazerfall und der Clusterzerfall d h die Abspaltung leichter Kerne ohne zusatzliche Neutronen zahlen nicht zur Spontanspaltung Weiterhin ist die neutroneninduzierte Spaltung eine Kernreaktion vom radioaktiven Zerfall durch spontane Spaltung zu unterscheiden Inhaltsverzeichnis 1 Auftreten 2 Erklarung und Eigenschaften 3 Entdeckungsgeschichte 4 Verzweigungsverhaltnisse zwischen Alphazerfall und Spontanspaltung 4 1 Spaltungsparameter 5 Datensammlungen 6 Anwendung als Neutronenquellen 7 EinzelnachweiseAuftreten BearbeitenBei den bezuglich des Vorkommens in der Natur mengenmassig relevanten Isotopen der Elemente Thorium und Uran 232Th 234U 235U und 238U kann neben dem vorherrschenden Alphazerfall als weiterer Zerfallskanal auch die spontane Spaltung des betreffenden Atomkerns in zwei Kerne unter Emission von meist zwei oder drei Neutronen beobachtet werden z B gemass 92 238 U S F 54 140 X e 38 96 S r 2 0 1 n displaystyle 92 238 mathrm U xrightarrow mathrm SF 54 140 mathrm Xe 38 96 mathrm Sr 2 0 1 mathrm n nbsp oder 92 238 U S F 51 133 S b 41 102 N b 3 0 1 n displaystyle 92 238 mathrm U xrightarrow mathrm SF 51 133 mathrm Sb 41 102 mathrm Nb 3 0 1 mathrm n nbsp SF Spontaneous FissionSpontane Spaltung tritt als konkurrierende Zerfallsart auch bei vielen der noch schwereren Radionuklide der Transuran Elemente neben den Zerfallsarten Alphazerfall Betazerfall Elektroneneinfang Isomerieubergang bzw Clusterzerfall auf Insgesamt sind in der Karlsruher Nuklidkarte Stand 2012 143 Radionuklide mit einem Anteil an Spontanspaltung aufgefuhrt 101 Grundzustande 10 explizit dargestellte Kernisomere 32 weitere nur komprimiert dargestellte Falle von je einem oder mehreren spontanspaltenden Kernisomeren mit einer Halbwertszeit lt 0 1 s Dabei kann die Spontanspaltung auch die dominierende Zerfallsart sein z B bei 250Cm 254Cf 1 Erklarung und Eigenschaften BearbeitenDie Spontanspaltung wird wie der Alphazerfall und die induzierte Spaltung grundsatzlich durch den Tunneleffekt erklart Allerdings muss fur Spaltfragmente im Vergleich zu Alphateilchen mit einer Coulombbarriere von komplizierterer Form gerechnet werden 2 Wie die induzierte Spaltung erfolgt auch die spontane Spaltung bevorzugt asymmetrisch d h die beiden Spaltfragment Kerne sind meist verschieden gross Die Massenverteilung der entstehenden Nuklide ist daher eine Kurve mit zwei Hockern bei Massenzahlen um 90 und um 140 ahnlich wie bei der Spaltung durch thermische Neutronen Auch das Energiespektrum der freigesetzten Neutronen ist demjenigen aus der induzierten Spaltung sehr ahnlich Die partielle Zerfallskonstante Wahrscheinlichkeit pro Zeitspanne fur die spontane Spaltung ist meist kleiner als diejenige fur den Alphazerfall desselben Nuklids Will man sie durch die etwas anschaulichere fiktive partielle Halbwertszeit ausdrucken ist diese dementsprechend lang Entdeckungsgeschichte BearbeitenDie Moglichkeit einer spontanen Spaltung von Uran wurde zum ersten Mal im Jahre 1939 von Niels Bohr und John Archibald Wheeler vermutet 3 Ein Jahr spater gelang es Georgi Fljorow und Konstantin Petrschak dieses Phanomen an naturlichem Uran nachzuweisen 4 Sie wandten hierzu die von Otto Frisch entwickelte Ionisationskammermethode an s Entdeckung der Kernspaltung Sie mussten allerdings das Kammervolumen erheblich vergrossern um eine Probenmenge von ca 15 g Uranoxid U3O8 darin unterzubringen Mit dieser Probe wurden von der Apparatur etwa sechs Impulse pro Stunde registriert war die Ionisationskammer leer also ohne U3O8 Fullung so wurde in funf Stunden kein einziger Impuls gemessen Aufgrund dieser Messung und zahlreicher Kontrollversuche kamen die Autoren zu dem Ergebnis dass die beobachteten Impulse nur von sehr energiereichen von der U3O8 Oberflache emittierten Bruchstucken des Urans stammen konnten Da die Mitwirkung von Neutronen ausgeschlossen werden konnte liessen die Versuchsergebnisse sich nur durch die Annahme einer Spontanspaltung erklaren 238U hat im gewohnlichen Uranmineral aufgrund des erheblich grosseren Anteils dieses Isotops den grossten Anteil an den Spontanspaltungsereignissen Verzweigungsverhaltnisse zwischen Alphazerfall und Spontanspaltung BearbeitenDie nachfolgende Tabelle fur einige Nuklide der Ordnungszahlen 90 bis 106 gibt unter Haufigkeit die Verzweigungsverhaltnisse d h prozentualen Anteile der Zerfallskanale an Z Nuklid Z2 A Halbwerts zeit HaufigkeitenAlphazerfall Spontanspaltung90 232Th 34 9 1 405 1010 a 100 lt 1 0 10 9 92 235U 36 0 7 038 108 a 100 7 0 10 9 92 238U 35 6 4 468 109 a 100 5 45 10 5 94 239Pu 37 0 2 411 104 a 100 3 0 10 10 94 240Pu 36 8 6 56 103 a 100 5 75 10 6 98 252Cf 38 1 2 64 a 96 908 3 092 100 254Fm 39 4 3 240 h 99 9408 0 0592 106 258Sg 43 6 2 9 ms 0 100 Wie man sieht ist bei den Elementen mit Ordnungszahlen bis etwa 95 der Anteil der Spontanspaltung an den gesamten Zerfallen sehr klein Das Gleiche gilt bei Ordnungszahlen von 107 und hoher vgl Liste der Isotope Spaltungsparameter Bearbeiten Der Spaltungsparameter Z2 A Z Ordnungszahl A Massenzahl ist in der dritten Spalte der Tabelle angegeben Er nimmt mit steigender Ordnungszahl zu Eine einfache Abschatzung auf der Grundlage des Tropfchenmodells ergibt dass oberhalb etwa Z2 A 38 5 die Potentialbarriere fur Spontanspaltung verschwindet wegen des Tunneleffekts tritt Spontanspaltung allerdings schon bei kleineren Werten auf 5 Thorium 232 Z2 A 34 9 Atomkerne mit einem Wert von Z2 A gt 49 sind nicht existenzfahig weil sie unmittelbar nach ihrer Entstehung durch Spontanspaltung zerfallen mussten 6 7 8 Bei den bisher experimentell dargestellten Transuranen Elemente 93 bis 118 liegt Z2 A bei hochstens 47 4 Erst bei Z gt 130 sollte der Grenzwert 49 erreicht werden Nach neueren Erkenntnissen ist auch dann ungewiss ob wirklich in jedem Fall die Spontanspaltung eintritt 7 Datensammlungen BearbeitenDie Angabe ob bei einem Nuklid Spontanspaltung beobachtet worden ist findet man z B in der Karlsruher Nuklidkarte 1 Genaue Verzweigungsverhaltnisse kann man Datensammlungen wie z B der Table of Isotopes 9 entnehmen Anwendung als Neutronenquellen BearbeitenDa bei der Spontanspaltung eines Atomkerns etwa zwei bis vier Neutronen freigesetzt werden konnen spontanspaltende Nuklide als Neutronenquellen dienen Sie werden beispielsweise zur Neutronenaktivierungsanalyse von unzuganglichem Material Gesteinsbrocken auf dem Mars Manganknollen auf dem Meeresboden 7 verwendet Da das Neutronenspektrum dem der induzierten Kernspaltung sehr ahnlich ist spielen sie auch bei experimentellen Untersuchungen zur Reaktorphysik und als Anfahrquelle in Kernreaktoren eine Rolle Am haufigsten wird 252Californium verwendet Einzelnachweise Bearbeiten a b J Magill G Pfennig R Dreher Z Soti Karlsruher Nuklidkarte 8 Auflage Nucleonica GmbH Eggenstein Leopoldshafen 2012 ISBN 92 79 02431 0 Wandkarte bzw ISBN 978 3 00 038392 2 Faltkarte ISBN 92 79 02175 3 Begleitbroschure Bernard L Cohen Concepts of Nuclear Physics McGraw Hill New York 1971 ISBN 0 07 011556 7 S 265 267 N Bohr J A Wheeler The Mechanism of Nuclear Fission In Physical Review Band 56 Nr 5 1939 S 426 doi 10 1103 PhysRev 56 426 G N Flerov K A Petrzhak Journal of Physics USSR Bd III S 275 280 1940 A Ziegler H J Allelein Hrsg Reaktortechnik Physikalisch technische Grundlagen 2 Auflage Springer Vieweg 2013 ISBN 978 3 642 33845 8 Seite 40 E B Paul Nuclear and Particle Physics North Holland Amsterdam 1969 ISBN 0 7204 0146 1 S 247 f a b c K H Lieser Einfuhrung in die Kernchemie 3 Auflage VCH Weinheim 1991 ISBN 3 527 28329 3 S 204 235 570 688 ff W Stolz Radioaktivitat Grundlagen Messung Anwendungen 4 Auflage Teubner Stuttgart Leipzig Wiesbaden 2003 ISBN 3 519 30224 1 S 46 47 86 R B Firestone C M Baglin ed S Y F Chu ed Table of Isotopes 8th ed 1999 update Wiley New York 1999 ISBN 0 471 35633 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spontane Spaltung amp oldid 238055217