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Mariaberg ist ein Stadtteil der sudwestdeutschen Kleinstadt Gammertingen und bildet zusammen mit dem weiteren Ortsteil Bronnen etwa einen Kilometer sudlich an Mariaberg angrenzend eine Gammertinger Verwaltungseinheit mit gemeinsamem Ortschaftsrat Der Ortsteil Mariaberg liegt knapp vier Kilometer nordlich der Gammertinger Kernstadt im Landkreis Sigmaringen in Baden Wurttemberg Das Dorf hat rund 500 Einwohner Es ist Hauptsitz einer Einrichtung der Jugend und Behindertenhilfe im Diakonischen Werk vormals als Mariaberger Heime bekannt seit Mitte 2008 umbenannt in Mariaberg e V Dessen Hauptverwaltung ist im ehemaligen Benediktinerinnen Kloster Mariaberg auf das der Name des Stadtteils zuruckgeht in exponierter Lage der Ortschaft untergebracht MariabergStadt GammertingenKoordinaten 48 17 N 9 13 O 48 276666666667 9 2133333333333 716 Koordinaten 48 16 36 N 9 12 48 OHohe 716 680 780 m u NHNEinwohner 500Postleitzahl 72501Vorwahl 07124Nordostansicht Mariabergs Bereich des ehemaligen Klosters und Wohngruppengebaude Mai 2013 Nordostansicht Mariabergs Bereich des ehemaligen Klosters und Wohngruppengebaude Mai 2013 Inhaltsverzeichnis 1 Geographie 2 Geschichte 3 Klosterkirche 4 Gegenwart Mariaberg e V 5 Belege Anmerkungen 6 Literatur 7 WeblinksGeographie BearbeitenMariaberg ist der nordlichste Ort im Landkreis Sigmaringen und grenzt im Norden unmittelbar an den Landkreis Reutlingen und im Westen an den Zollernalbkreis Er befindet sich auf der Schwabischen Alb in der Region Bodensee Oberschwaben Der Ort liegt mit seiner hauptsachlichen Gebaudebebauung auf einer Anhohe bis ca 780 m u NN ansteigend uber dem etwa 680 m u NN liegenden Tal der Lauchert an der Bundesstrasse 313 auf halber Strecke zwischen den jeweils etwa 30 Kilometer entfernten Kreisstadten Sigmaringen im Suden und Reutlingen im Norden Geschichte Bearbeiten nbsp Kloster Mariaberg von Nordosten aus gesehen Lithographie von 1823Namensgeber dieses Stadtteils ist das zwischen dem 13 und Anfang des 19 Jahrhunderts etwa 600 Jahre von Nonnen bewirtschaftete Kloster Es wurde wahrscheinlich von den Grafen von Gammertingen gegrundet und stand spater samt der ihm gehorenden Herrschaft Bronnen unter der Vogtei der Herrschaft Gammertingen 1 Zunachst waren es Dominikanerinnen dann vermutlich ab Ende des 13 Jahrhunderts Benediktinerinnen die darin lebten Im Zuge der unter der franzosischen Hegemonialpolitik Napoleon Bonapartes erfolgten Sakularisation wurde neben vielen anderen kirchlichen Besitzstanden auch das Kloster Mariaberg im Jahr 1802 enteignet und dem Herzogtum Wurttemberg zugeschlagen ab 1806 Konigreich Wurttemberg mit Bronnen als Teil einer Exklave beim Oberamt Reutlingen Nach dem Tod der letzten Abtissin verliess die zu deren Betreuung noch verbliebene Ordensschwester 1837 das Kloster das daraufhin zehn Jahre leer stand 2 nbsp Mariaberg als Heilanstalt das ehemalige Kloster links oben im Bild Sudostansicht Ansichtskarte von 1919Am 1 Mai 1847 bezog der Uracher Oberamtsarzt Carl Heinrich Rosch mit einer Gruppe von als geistig behindert geltenden jungen Menschen und Betreuungspersonal das vormalige Kloster und grundete die Heil und Pflegeanstalt Mariaberg Als Anhanger der demokratischen Bewegung verlor Rosch nach der Niederschlagung der burgerlichen Revolution von 1848 1849 seine Reputation bei seinem formellen Auftraggeber dem wurttembergischen Konigshaus und emigrierte 1853 in die Vereinigten Staaten Die von ihm aufgebaute Behinderteneinrichtung in Mariaberg blieb jedoch bestehen und wurde von seinen Nachfolgern weiter entwickelt und ausgebaut Das zentrale ehemalige Klostergebaude ist heute der Verwaltungssitz der ursprunglich von Rosch gegrundeten 1966 in Mariaberger Heime umbenannten Einrichtung fur ambulante und stationare Hilfen fur Menschen mit unterschiedlichen geistigen korperlichen oder psychischen Behinderungen aller Altersgruppen Nach 1945 wurde die Einrichtung Mitglied des Diakonischen Werkes Wurttemberg Mariaberg gilt als alteste Komplexeinrichtung der Behindertenhilfe in Deutschland die von Beginn an einen uber eine blosse Verwahranstalt hinausgehenden Ansatz hatte Dieser Ansatz beinhaltete bereits bei der Grundung im 19 Jahrhundert einen damals revolutionaren Anspruch der Behindertenbetreuung und Forderung auf medizinisch wissenschaftlicher Grundlage mit Angeboten der Beschulung der Beschaftigung und des Wohnens nbsp Mahnmal fur die Mariaberger Opfer der Aktion T4Bei alledem blieb Mariaberg im Lauf der Geschichte von historisch verhangnisvollen Entwicklungen nicht ausgespart Besonders gravierend war hierbei die im Rahmen des so genannten Euthanasie Programms Aktion T4 des NS Regimes 1940 durchgefuhrte Deportation von 61 behinderten und chronisch kranken Mannern und Frauen in die etwa 25 Kilometer nordostlich gelegene Totungsanstalt Grafeneck wo sie zusammen mit insgesamt etwa 10 000 weiteren Behinderten ermordet wurden siehe Liste von Abgabeanstalten an die NS Totungsanstalt Grafeneck In zwei Transporten wurden die Mariaberger am 1 Oktober und erneut am 3 Dezember 1940 mit den so genannten Grauen Bussen abgeholt 3 Zur Erinnerung an diese Opfer des Nationalsozialismus wurde am 27 September 1990 eine vom Ulmer Bildhauer Harald Walter errichtete Gedenkstatte als Mahnmal mit funf abgestuften in Richtung Grafeneck kleiner werdenden Steinsaulen neben der Mariaberger Klosterkirche eingeweiht Die drei Gedenktafeln vor dem ansteigenden Feuer und Asche symbolisierenden Wall aus Lavakies zahlen unter der Uberschrift Wenn die Menschen schweigen so werden die Steine schreien Lk 19 40 EU die Namen und jeweiligen Geburtsjahre der ermordeten Mariaberger Opfer auf bevor der Text mit den Worten endet Ihr Tod verpflichtet uns allem Denken und Tun zu widerstehen das menschliches Leben in lebenswert und lebensunwert einteilen will Und vergib uns unsere Schuld Mt 6 12 EU Seit 1991 wird im Zusammenhang mit der bundesweiten Okumenischen Friedensdekade durch Mariaberg und das Lebenshaus Schwabische Alb eine Mahnwache am Mahnmal organisiert 4 Im ehemaligen Konventsgebaude befindet sich zudem seit Herbst 1990 die Dauerausstellung Die Ermordung von Menschen mit geistigen Behinderungen aus Mariaberg im Jahre 1940 5 Klosterkirche Bearbeiten nbsp Aussenansicht des Portalbereichs der Mariaberger Klosterkirche als Anbau am Nordflugel des vormaligen Klosters 2015 Die Klosterkirche Mariabergs gilt als ein Kleinod des barocken Sakralbaus im sudlichen Wurttemberg Ebenso wie die Klostergebaude steht sie unter Denkmalschutz Neben Barockaltaren sind in der Klosterkirche Fresken und Skulpturen zu sehen darunter eine Pieta aus dem 14 Jahrhundert 6 Durch eine sensible Renovierung blieb der authentische Charakter des Innenraums erhalten Mit ihren hochgeschwungenen Bogen und ihrer klaren Akustik bildet die Mariaberger Klosterkirche den passenden Rahmen fur Konzerte 7 die in Zusammenarbeit mit dem Gammertinger Schlosskonzert e V mehrmals im Jahr angeboten werden 8 Gegenwart Mariaberg e V BearbeitenMariaberg ist Hauptsitz der diakonischen Einrichtung fur Jugend und Behindertenhilfe Mariaberg e V bis 2008 Mariaberger Heime e V Es gibt eine nahezu eigenstandige Ortsinfrastruktur mit verschiedenen zur Einrichtung gehorenden handwerklichen und hauswirtschaftlichen Betrieben in denen mehrere Fachpraktiker Ausbildungen und Berufsvorbereitungsmassnahmen fur Lernbehinderte oder anderweitig sozial benachteiligte und verhaltensauffallige Jugendliche durchgefuhrt werden Des Weiteren befinden sich in Mariaberg eine Werkstatt fur behinderte Menschen in der vor allem Kabeltrommeln produziert werden drei Sonder Forderschulen fur unterschiedliche Klientel Rall Schule Wittmann Schule und Karl Georg Haldenwang Sonderberufsschule das diakonische Institut fur soziale Berufe Heilerziehungspflege Heilpadagogik Jugend und Heimerziehung vgl Gotthilf Vohringer Schule verschiedene betreute Wohngruppen ein Fachkrankenhaus fur Kinder und Jugendpsychiatrie und weitere medizinische diagnostische und therapeutische Praxen Physio und Ergotherapie Logopadie Allgemeinmedizin Gynakologie In Stuttgart Kooperation mit der Stiftung Liebenau und Albstadt Ebingen betreibt Mariaberg Tageskliniken mit teilstationaren und ambulanten Angeboten fur psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche Fur Kinder mit Behinderung und Kinder mit Entwicklungsverzogerungen oder storungen existieren Angebote der Fruhforderung in Mariaberg und Sigmaringen Die Mariaberger Tochtergesellschaft Ausbildung amp Service gGmbH A amp S betreibt mehrere Kindergarten Integrative Ganztageseinrichtungen in Mariaberg und der Region Bad Saulgau Trochtelfingen und seinem Stadtteil Hausen an der Lauchert Messkirch Stetten a k M Im Auftrag mehrerer Gemeinden betreibt die A amp S auch Jugendburos bietet Mobile Jugendarbeit an und hat die Schulsozialarbeit an mehreren Schulen ubernommen Im Gesundheits und Familienzentrum Mariabergs befinden sich zudem eine Kinderkrippe und ein Familienforum mit Beratungs und Kursangeboten fur Eltern Im Zuge der Umsetzung der UN Konvention zur Inklusion von Menschen mit Behinderung werden von gesetzlicher Seite von den Einrichtungen der Behindertenhilfe ambulante und gemeindeintegrierte Angebote verlangt Mariaberg bietet solche Wohnformen in der Behinderten sowie Jugendhilfe in den Landkreisen Sigmaringen Zollernalb Alb Donau Biberach und Reutlingen an Stand Oktober 2016 und plant weitere Wohnmoglichkeiten zu erschliessen um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft zu ermoglichen Der Mariaberg e V ist einer der grossten Arbeitgeber der naheren Region rund 1 600 Mitarbeiter und eine bedeutende soziale und sozialpsychiatrische Einrichtung im Landkreis Sigmaringen deren Aktivitaten sich mit unterschiedlichen Angeboten auf das weitere Kreisgebiet und teilweise auch auf die Nachbarlandkreise erstrecken Die Zahl der in Mariaberg selbst tatigen oder stationar betreuten Menschen geht deutlich uber die registrierten vor Ort wohnenden Einwohner hinaus Nach eigenen Angaben zahlen zu den von Mariaberg direkt stationar teilstationar oder ambulant betreuten Klientel etwa 3000 Personen Indirekt werden die verschiedenen Beratungs und Serviceleistungen von einer weiteren nicht naher bestimmbaren Anzahl von Menschen Institutionen und Gruppen wahrgenommen Belege Anmerkungen Bearbeiten Landesarchivdirektion Baden Wurttemberg Hrsg Das Land Baden Wurttemberg amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden Band 7 Regierungsbezirk Tubingen Verlag W Kohlhammer 1978 S 797 ISBN 3 17 004807 4 Benediktinerinnenkloster Mariaberg in der Datenbank Kloster in Baden Wurttemberg des Landesarchivs Baden Wurttemberg Gedenken an Euthanasie Opfer In Sudkurier vom 25 September 2010 Mahnwache Gegen Gewalt und Euthanasie In Sudkurier vom 8 November 2008 Vgl Gammertingen In Ulrike Puvogel Martin Stankowski unter Mitarbeit von Ursula Graf Gedenkstatten fur die Opfer des Nationalsozialismus Eine Dokumentation hrsg von der Bundeszentrale fur politische Bildung 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Bonn 1995 ISBN 3 89331 208 0 S 38 Geschichte zum Anfassen Am 11 September ist Tag des Denkmals In INFO Der Sudfinder Ausgabe Sigmaringen Bad Saulgau vom 7 September 2011 Kunstgeschichte Bohm fuhrt durch die Barockkirche In Schwabische Zeitung vom 13 Juni 2009 Barocke Kunst Mariaberg bietet Kirchenfuhrung an In Schwabische Zeitung vom 27 Mai 2010 Literatur BearbeitenDiego Haussel Erwin Hirschle Gammertingen heute Mit den Stadtteilen Bronnen Feldhausen Harthausen Kettenacker und Mariaberg hrsg von der Stadt Gammertingen Geiger Verlag 1994 ISBN 3 89264 974 X Karl Rudolf Eder Herausgeber 150 Jahre Mariaberger Heime Beitrage zur Geschichte geistig behinderter Menschen Gammertingen Mariaberger Heime 1997 120 S Gottfried Klemm Dr Karl Heinrich Rosch 1807 1866 Arzt Demokrat Auswanderer Beitrag uber den Grunder der Mariaberger Heime In Suevica 8 1999 2000 Stuttgart 2000 2001 S 217 224 ISBN 3 88099 395 5 Wilhelm Wittmann Karl Wacker Mariaberg als Kloster und Anstalt Gedenkschrift zur 90 Jahr Feier der Heil und Pflegeanstalt Mariaberg Selbstverlag 1937 Johann Daniel Georg von Memminger Hrsg Beschreibung des Oberamts Reutlingen Cotta Stuttgart und Tubingen 1824 Reprint Bissinger Magstadt ISBN 3 7644 0001 3 Volltext in Wikisource Rudiger Bohm Klosterkirche Mariaberg Ein Bildband von Rudiger Bohm mit Photos von Reiner Lobe Selbstverlag Herausgeber Mariaberg e V ISBN 978 3 00 028147 1 Druck Acker GmbH Gammertingen 2009 Karl Rudolf Eder Hrsg Mariaberg Beitrage zur Geschichte eines ehemaligen Frauenklosters Regio Verlag Glock und Lutz Sigmaringendorf 1991 ISBN 3 8235 6235 5 Eberhard Fritz Quellen zur Einfuhrung der Reformation im Benediktinerinnenkloster zum Berg Mariaberg an der Lauchert In Zeitschrift fur Hohenzollerische Geschichte 29 1993 S 31 46 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mariaberg Gammertingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Benediktinerinnenkloster Mariaberg in der Datenbank Kloster in Baden Wurttemberg des Landesarchivs Baden Wurttemberg Darstellung auf der Homepage von Gammertingen Website Mariabergs Mariaberg e V Thomas Stockle Mariaberg in der Zeit des Nationalsozialismus PDF Datei 27 kB Historisches Quellendokument Dreiunddreissigster Jahres Bericht der Heil amp Pflegeanstalt fur Schwachsinnige in Mariaberg Oberamts Reutlingen Vom Jahre 1879 80 Digitalisat PDF Datei auf th hoffmann eu archiv Ortsteile von Gammertingen Bronnen Feldhausen Harthausen Kettenacker Mariaberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mariaberg Gammertingen amp oldid 237808757