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Karl Georg Haldenwang auch Carl Georg Haldenwang geboren am 16 Oktober 1803 in Simmozheim Herzogtum Wurttemberg gestorben am 30 August 1862 in Heilbronn Konigreich Wurttemberg war ein evangelischer Pfarrer und zeitweilig Redakteur bei verschiedenen wurttembergischen Tageszeitungen des 19 Jahrhunderts Einer breiteren Offentlichkeit bekannt wurde er vor allem als fruher Wegbereiter der modernen Behindertenhilfe im deutschsprachigen Raum Karl Georg Haldenwang 2 von rechts mit Kopfbedeckung und Stock bereits gesundheitlich eingeschrankt im Kreis seiner Familie Studiofotografie um 1860Durch die im Jahr 1838 erfolgte Eroffnung eines Rettungshauses fur schwachsinnige Kinder in der wurttembergischen Schwarzwaldgemeinde Wildberg bei Calw grundete er beeinflusst von der neupietistischen Erweckungsbewegung im 19 Jahrhundert die in den Staatsgebilden des damaligen Deutschen Bundes erste schulische Einrichtung fur geistig behinderte Kinder und Jugendliche mit einer fur seine Zeit wegweisenden padagogischen Konzeption die auf nachfolgende Entwicklungen in der Sonderpadagogik und Geistigbehindertenpadagogik einen massgeblichen Einfluss ausubte 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Jugend Ausbildung und erste Berufserfahrungen 1803 1833 1 2 Stadtpfarrer in Wildberg Grundung des Rettungshauses 1833 1845 1 3 Letzte Jahre Pfarrer in Giengen und Bockingen 1845 1862 2 Posthume Wurdigung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelbelegeLeben und Wirken BearbeitenJugend Ausbildung und erste Berufserfahrungen 1803 1833 Bearbeiten Karl Georg Haldenwang war ein Sohn von Johann Martin Haldenwang der zunachst Rektor der Simmozheimer Dorfschule und ab 1805 Burgermeister vor Ort war Die Mutter Susanne Kathrina Muller 1775 1859 entstammte einer Simmozheimer Bauernfamilie Dem politisch engagierten und auch publizistisch tatigen Vater war die hohere Bildung und Ausbildung seiner Kinder ein wichtiges Anliegen Beim Besuch der Lateinschule in Tubingen reifte im jungen Karl Georg wie zuvor bei seinem alteren Bruder der Berufswunsch des Pfarrers heran So wechselte er im Jahr 1818 auf das evangelisch theologische Seminar Urach Dort schnitt er 1822 als Jahrgangsbester ab und begann am Tubinger Stift das Studium der evangelischen Theologie Sowohl in Urach als auch in Tubingen war er Kommilitone des zeitgleich mit ihm im selben Fach studierenden spateren Lyrikers Eduard Morike Sein Vikariat absolvierte Haldenwang in der Ostalb Gemeinde Gschwend Nachdem der Pfarrer dort verstorben war fullte er die Pfarrstelle zeitweilig allein aus Nach Bestehen der zweiten Dienstprufung wurde er 1827 zum Lehrer am Uracher Seminar berufen wo er erst funf Jahre zuvor seinen offiziellen Schulabschluss erlangt hatte 1829 erhielt er angesichts seiner herausragenden Leistungen ein Stipendium fur ein Studienjahr in der Schweiz Zuruck in Wurttemberg trat er im Anschluss daran fur ein knappes Jahr vertretungsweise eine Pfarrstelle in Welzheim an bevor er 1831 vorerst Urlaub vom Pfarrdienst nahm und eine Stelle als Redakteur bei der seinerzeit renommiertesten wurttembergischen Tageszeitung Schwabischer Merkur in Stuttgart annahm Stadtpfarrer in Wildberg Grundung des Rettungshauses 1833 1845 Bearbeiten Im Jahr 1833 setzte der mittlerweile 30 jahrige Haldenwang seine seelsorgerische Tatigkeit fort In der zu dieser Zeit hochverschuldeten wurttembergischen Schwarzwaldgemeinde Wildberg wurde er zum Stadtpfarrer berufen und erhielt damit seine erste feste Pfarrstelle Mit dem kirchlichen Amt war auch die Oberaufsicht uber die Schulen vor Ort verbunden Um den sozialen Problemen insbesondere der hohen Arbeitslosigkeit in Wildberg und Umgebung entgegenzutreten grundete er eine Ausbildungseinrichtung fur Lehrer sowie eine Werkstatte fur mittellose Jugendliche mit angeschlossener Schule Unterstutzung bei seinem sozialen Engagement erhielt er von seiner Ehefrau Marie Luise geborene Pfahler die er zu Beginn seiner Zeit in Wildberg geheiratet hatte Im Laufe der Ehe brachte sie sieben Kinder zur Welt von denen jedoch drei das Kleinkindalter nicht uberlebten Besondere Aufmerksamkeit widmete Haldenwang den geistig behinderten Kindern die oft isoliert ausgestossen und drangsaliert im Einzugsgebiet seiner Gemeinde unter meist menschenunwurdigen Bedingungen lebten Haldenwang machte es sich zum Ziel auch diesen Kindern eine Entwicklungsperspektive zu eroffnen Er war der Uberzeugung dass jedes Kind unabhangig von seinen individuellen Moglichkeiten ein Recht auf Erziehung und Bildung durch Unterricht hat 2 So grundete er 1838 mit dem Rettungshaus fur schwachsinnige Kinder in Wildberg sozusagen die erste sonderpadagogische Bildungseinrichtung fur geistig Behinderte im deutschsprachigen Raum Untergebracht war dieses Rettungshaus in dem zunachst 15 als Kretine geltende Kinder beschult wurden im ersten Jahr seines Bestehens in einer Mietwohnung Im Jahr darauf folgte bedingt durch eine um das Doppelte gestiegene Schulerzahl von auch auswartigen behinderten Kindern der Umzug in ein grosseres Haus fur dessen Kauf der wurttembergische Staat einen Zuschuss von 1500 Gulden beisteuerte Ausser der Schule war darin ein Internat untergebracht in dem die Kinder uber den allgemeinbildenden Unterricht in den Fachern Religion Lesen Schreiben Rechnen und Leibeserziehung hinausgehende padagogische Betreuung erhielten Die Leitung der Einrichtung oblag Mine Harther einer Schwester Haldenwangs Karl Georg Haldenwangs Rettungshaus erregte weit uber Wildberg hinaus offentliches Interesse Insbesondere war der Uracher Oberamtsarzt Carl Heinrich Rosch im Rahmen der vom wurttembergischen Konig Wilhelm I in Auftrag gegebenen und 1844 veroffentlichten Forschungsarbeit zum Kretinismus in Wurttemberg 3 auf Haldenwangs Arbeit aufmerksam geworden Angesichts derartiger Wirkung plante Haldenwang sein Schulinternat zu erweitern und auch alteren Behinderten eine angemessene Versorgung zukommen zu lassen Gesundheitliche Probleme veranlassten ihn jedoch sein personliches Engagement auf arztliches Anraten hin einzuschranken Nach der vorlaufigen Konsolidierung des Wildberger Rettungshauses erfolgte 1845 nach seinem entsprechenden Antrag die Versetzung auf eine Pfarrei in Giengen an der Brenz Trotz der Bemuhungen um die Absicherung seiner Einrichtung in Wildberg fehlte es dort nach seinem Weggang an Kompetenz und personlichem Durchhaltevermogen seiner Nachfolger gegen wirtschaftliche Probleme und ortliche Empfindlichkeiten Das Wildberger Rettungshaus musste 1847 geschlossen werden Die dort zuletzt noch verbliebenen Schuler konnten in der kurz darauf im selben Jahr von Carl Heinrich Rosch neu gegrundeten Heil und Pflegeanstalt Mariaberg als bis heute bestehende Einrichtung der Jugend und Behindertenhilfe bekannt unter dem Namen Mariaberg e V ubernommen werden Unter Haldenwangs Verwandten waren einige in weiteren Einrichtungen der Behindertenpflege tatig Sein Vetter Georg Friedrich Muller 1804 1892 war Vorstand von entsprechenden Heimen in Riet und Winterbach den Vorlaufern der Diakonie Stetten Cousinen von Haldenwang waren in teils leitenden Positionen in verschiedenen Anstalten beschaftigt die spater ebenfalls Teil der Diakonie Stetten wurden Regina Magdalena Muller 1808 1895 arbeitete in der Privatirrenanstalt von Grunbach Karoline Muller 1810 1891 war erst Hausgehilfin in Riet und dann in Grunbach Regine Muller 1817 1904 arbeitete als Hausmutter in Winterbach und Stetten Luise Muller 1824 1906 als Lehrerin und Pflegerin in Riet 4 Letzte Jahre Pfarrer in Giengen und Bockingen 1845 1862 Bearbeiten In Giengen an der Brenz hatte Karl Georg Haldenwang das evangelische Pfarramt ab 1845 fur vier Jahre inne Dort gab er auch die Zeitung Der Grenzbote heraus Im Jahr 1849 zu einer Zeit als mit den revolutionaren Umbruchen von 1848 49 in den Staaten des Deutschen Bundes neue politische Moglichkeiten offenzustehen schienen und eine weitreichende Pressefreiheit publizistische Entfaltung versprach dabei viele neue wenn auch oft nicht lange existierende Presseorgane gegrundet wurden wechselte Haldenwang erneut seine Profession und wurde Chefredakteur der Wurttembergischen Zeitung in Stuttgart Nach etwa einem Jahr kehrte er jedoch in den Pfarrdienst zuruck In Bockingen trat er im Sommer 1850 seine letzte Pfarrstelle an 5 Diese zu der Zeit selbstandige Gemeinde heute ein Stadtteil von Heilbronn war gepragt durch ein starkes Bevolkerungswachstum im Zuge der rasch voranschreitenden Industrialisierung der Nachbarstadt Heilbronn im Lauf des 19 Jahrhunderts vgl Industrielle Revolution in Deutschland Es waren vor allem Arbeiter oder Arbeitsuchende die infolge der Auswirkungen des Pauperismus unter oft armlichen Bedingungen ohne soziale Absicherung in Bockingen lebten Bei diesen Menschen fand Haldenwang in Erganzung zu seinem Pfarramt neue soziale Betatigungsfelder vor So grundete er einen Wohltatigkeitsverein und eroffnete mehrere Einrichtungen fur die benachteiligte Bevolkerung der Gemeinde eine Suppenkuche fur Alte und Arme einen Kindergarten eine Nah und Strickschule fur Madchen Des Weiteren versuchte er der verbreiteten Arbeitslosigkeit vor Ort entgegenzuwirken indem er durch auf seine Initiative angeregte aus der offentlichen Hand finanzierte Aufforstungsarbeiten neue Arbeitsplatze schuf Die sozialen Herausforderungen die Haldenwang in Bockingen zu bewaltigen versuchte wirkten sich mit der Zeit kraftezehrend aus Ab Ende der 1850er Jahre verstarkten sich seine gesundheitlichen Probleme 1862 wurde er auf eigenen Antrag hin in den Ruhestand versetzt und zog mit seiner Familie nach Heilbronn wo er nur wenige Wochen nach seiner Pensionierung am 30 August 1862 im Alter von 58 Jahren starb Posthume Wurdigung BearbeitenIn Deutschland vor allem in Baden Wurttemberg sind heute verschiedene Schulen fur Schuler und Schulerinnen mit besonderem Unterstutzungs und Betreuungsbedarf namentlich Forderschulen fur geistig Behinderte oder Lernbehinderte nach Karl Georg Haldenwang benannt darunter alphabetisch nach Ort sortiert die Karl Georg Haldenwang Schule in Bad Teinach Zavelstein Baden Wurttemberg 6 Haldenwangschule in Dorsten Nordrhein Westfalen 7 Karl Georg Haldenwang Berufsschule in Gammertingen Mariaberg mit Zweigstelle in Sigmaringen Baden Wurttemberg eine Forderberufsfachschule Berufsfindung und Sonderberufsschule Beschulung in verschiedenen Fachwerkerausbildungen 8 Karl Georg Haldenwang Schule des Landkreises Boblingen in Leonberg Baden Wurttemberg 9 Karl Georg Haldenwang Schule in Munsingen Baden Wurttemberg 10 Literatur BearbeitenKilian Mosemann Ein Bockinger Pfarrer als Pionier der Behindertenpadagogik Karl Georg Haldenwang 1803 1862 In Christhard Schrenk Hrsg Heilbronner Kopfe Lebensbilder aus drei Jahrhunderten 3 Teil Stadtarchiv Heilbronn 2001 ISBN 3 928990 78 0 S 107 120 Andreas Mockel Die Heil und Pflegeanstalt Mariaberg im 19 Jahrhundert zwischen Medizin und Padagogik dort auf den Seiten 16 25 eine biografische Abhandlung zu Karl Georg Haldenwang 1803 1862 in Karl Rudolf Eder Hrsg 150 Jahre Mariaberger Heime Beitrage zur Geschichte geistig behinderter Menschen Gammertingen Mariaberger Heime 1997 Hans Konig Literarische Vielfalt Gschwender Autoren 26 Lebensbilder Einhorn Verlag Schwabisch Gmund 2005 ISBN 3 936373 07 8 zu Karl Georg Haldenwang S 62 67 Weblinks BearbeitenEkkehard Geister biografischer Artikel uber Karl Georg Haldenwang auf einer Unterseite der Haldenwangschule in Dorsten www haldenwangschule de Chronologisch nach Jahreszahlen aufgelisteter Lebenslauf Karl Georg Haldenwangs auf der Webdomain der Karl Georg Haldenwang Schule in Bad Teinach Zavelstein www kghschule de Kurzbiografie Karl Georg Haldenwangs Stadtarchiv Heilbronn Carl Georg Haldenwang bei genealogy netEinzelbelege Bearbeiten Geschichte der Sonderpadagogik auf www sonderpaed online de Karl Georg Haldenwang zitiert nach dem online verfugbaren chronologischen Lebenslauf Haldenwangs dokumentiert auf www kghschule de Carl Heinrich Rosch Untersuchungen uber den Kretinismus in Wurttemberg Mit Anmerkungen von Johann Jakob Guggenbuhl und einem Vorworte von Georg Jager Neue Untersuchungen uber den Kretinismus oder die Entartung des Menschen in ihren verschiedenen Graden und Formen Hrsg v Karl Maffei Karl Heinrich Rosch Bd 1 F Enke Erlangen 1844 Digitalisat Dienst am hilflosen Volk 100 Jahre Heil und Pflegeanstalt fur Schwachsinnige und Epileptische in Stetten i R Stuttgart 1949 Anhang 6 Die Anstaltsleute der Familie Muller Landenberger Die Bockinger Chronik Peter Wanner Red Bockingen am See Ein Heilbronner Stadtteil gestern und heute Stadtarchiv Heilbronn Heilbronn 1998 ISBN 3 928990 65 9 Veroffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn Band 37 S 335 zum weiteren Wirken Haldenwangs in Bockingen S 335 f S 338 ff u a Karl Georg Haldenwang Schule in Bad Teinach Zavelstein Haldenwangschule Memento vom 21 April 2014 im Internet Archive in Dorsten Vorstellung der Karl Georg Haldenwang Berufsschule in Gammertingen Mariaberg www mariaberg de online Prasenz der Haldenwangschule in Leonberg haldenwangschule leonberg de online Prasenz der Karl Georg Haldenwang Schule in Munsingen www haldenwang schule de Normdaten Person GND 101226985X lobid OGND AKS VIAF 171215078 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Haldenwang Karl GeorgALTERNATIVNAMEN Haldenwang Carl GeorgKURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer Pfarrer und SozialreformerGEBURTSDATUM 16 Oktober 1803GEBURTSORT SimmozheimSTERBEDATUM 30 August 1862STERBEORT Heilbronn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Georg Haldenwang amp oldid 217593386