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Kuntinaru ist eine ausgestorbene Gattung der Gurteltiere Sie ist uber zwei Schadelfunde aus der bedeutenden Fundregion von Salla Luribay in Bolivien belegt Anhand der Merkmale der beiden Schadel lasst sich eine nahere Beziehung zu den heutigen Kugelgurteltieren vermuten Die Fundstelle datiert in den Zeitraum von vor 29 4 und 25 8 Millionen Jahren und gehort damit in das Obere Oligozan Mit diesen Alterswerten bildet Kuntinaru den bisher altesten bekannten Vertreter aus dem engeren Verwandtschaftskreis der Kugelgurteltiere Die Gattung wurde im Jahr 2011 aufgestellt KuntinaruZeitliches AuftretenOberes Oligozan Deseadum 27 5 bis 26 2 Mio JahreFundorteSudamerika Salla Luribay Bolivien SystematikNebengelenktiere Xenarthra Gepanzerte Nebengelenktiere Cingulata Gurteltiere Dasypoda ChlamyphoridaeTolypeutinaeKuntinaruWissenschaftlicher NameKuntinaruBillet Hautier de Muizon amp Valentin 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fossilfunde 3 Systematik 4 Literatur 5 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenKuntinaru ist ein fruher Vertreter der Gurteltiere Das gesamte bekannte Fundmaterial besteht derzeit aus zwei Schadeln denen jeweils die vordersten Abschnitte des Rostrums fehlen Sie weisen Merkmale auf die die Gattung mit den heutigen Kugelgurteltieren Tolypeutes und deren unmittelbarer Nahverwandtschaft aus der Gruppe der Tolypeutinae verbindet Dazu gehort der untere Rand der Orbita speziell das Tranenbein das bei Kuntinaru senkrecht orientiert war und so rechtwinklig zum Stirnbein stand Bei allen anderen heutigen Gurteltieren ist dieses schrag verlaufend Das Foramen infraorbitale wird bei den Gurteltieren im hinteren Bereich durch einen Kamm begrenzt der zwischen dem vorderen Ansatz des Jochbogens und des Nasenbeins verlauft Dieser zeigt sich bei den meisten rezenten Vertretern der Gurteltiere als kraftig entwickelt bei den Tolypeutinae und bei Kuntinaru ist er jedoch eher schwach ausgebildet Unterhalb des Kamms zeichnete sich die Fossa antorbitalis entsprechend den ubrigen Tolypeutinae nur leicht ab Das Foramen infraorbitale offnete sich bei Kuntinaru nahe dem vorderen Jochbogenansatz Das stimmt mit den meisten Gurteltieren uberein Die heutigen Tolypeutinae bilden in diesem Fall jedoch eine Ausnahme da dieses hier deutlich weiter nach vorn verschoben ist An der Schadelbasis erhoben sich zwei parallele Knochenleisten auf dem Gaumenbein in Fortsetzung der jeweiligen Zahnreihe Dieses Merkmal teilte sich Kuntinaru mit den Tolypeutinae und den Dasypodinae wahrend die Leisten bei den Euphractinae konkav verlaufen Der Gaumen selbst war im hinteren Teil flach wie bei fast allen anderen Gurteltieren allerdings wiederum mit Einschrankung der Arten der Euphractinae bei denen eine Eindellung vorkommt Die Glenoidgrube zur Gelenkung mit dem Unterkiefer zeigte sich kaum langer als breit Bei den heutigen Formen der Tolypeutinae ist sie deutlich langer als breit bei allen sonstigen Gurteltieren verhalt es sich umgekehrt Letztere weisen am hinteren Rand der Glenoidgrube zusatzlich eine kleine Rippel auf die bei den Tolypeutinae und bei Kuntinaru fehlt Auch die Ohrregion entsprach bei Kuntinaru weitgehend der der Tolypeutinae Ersichtlich wird dies an der kaum verknocherten Paukenblase und dem nur flachen oberen Teil der Paukenhohle Epitympanum Ein generelles mit allen Gurteltieren geteiltes Merkmal findet sich in dem leicht geschwungenen Verlauf des Jochbogens 1 Fossilfunde BearbeitenDie bisher einzigen bekannten Schadelfunde von Kuntinaru kamen in Salla Luribay rund 90 km sudostlich von La Paz in Bolivien zu Tage Die dort aufgeschlossenen Salla Beds bilden eine der ertragreichsten Fundstellen des Palaogens in Sudamerika Ihre Erforschung begann bereits zu Beginn der 1960er Jahre 2 3 Sallay Luribay liegt im gleichnamigen Becken in den Anden welches sich in Hohen von 3485 bis 4085 m uber dem Meeresspiegel erhebt und durch deformierte und lokal metamorph uberpragte Gesteine des Palaozoikums begrenzt wird Landschaftlich entspricht es dem Typ der Badlands Insgesamt bestehen die Salla Beds aus einer rund 540 m machtigen Ablagerungsfolge deren Hauptkomponenten gut verfestigte Ton und Schluffsteine bilden Ihre Farbgebung variiert von rotbraun uber gelblich braun bis hellgrau Verschiedentlich sind dunne Linsen aus Konglomeraten und Kalksteinen sowie Lagen aus vulkanischen Sedimenten eingeschaltet Der Aufbau der Salla Bedsspricht fur eine Bildung in einem weit verzweigten Flusssystem Das Alter wurde mit Hilfe verschiedener Untersuchungsmethoden wie Palaomagnetik und radiometrischen Verfahren auf das Obere Oligozan bestimmt mit absoluten Werten zwischen 29 4 und 25 8 Millionen Jahren 4 5 Bedingt durch die erst spater erfolgte Auffaltung der Anden lag die damalige Hohe wahrend der Bildung der Salla Beds unter etwa 500 m uber dem Meeresspiegel 6 Fossilreiche Lagen finden sich vor allem im mittleren Abschnitt der Salla Beds wahrend das untere und obere Drittel weitgehend fundfrei sind In der Regel treten isolierte Fragmente in Form von Schadel und Zahnteilen auf im untergeordneten Masse wurden auch einzelne artikulierte Skelettelemente entdeckt Die Fauna der Salla Beds ist sehr umfangreich sie setzt sich aus Amphibien Reptilien Vogeln und Saugetieren zusammen Allein unter den Saugetieren wurden bisher mehr als 40 Arten identifiziert Sie reprasentieren alle aus Sudamerika bekannten hoheren Gruppen so neben den Beuteltieren auch die Hoheren Saugetiere mit Nagetieren Primaten Sudamerikanischen Huftieren und Nebengelenktieren 4 3 Herausragend war unter anderem die Entdeckung von Branisella dem bis in die 2000er Jahre altesten bekannten Vertreter der Neuweltaffen in Sudamerika 7 Die Nebengelenktiere treten in den Salla Beds relativ reichhaltig auf mit Nachweisen von Faultieren und Gepanzerten Nebengelenktieren Letztere umfassen unter anderem den Schadel eines gehornten Gurteltiers aus der Gruppe der Peltephilidae 8 sowie einzelne Reste von Vertretern der Glyptodontidae 4 3 Systematik BearbeitenInnere Systematik der Dasypoda nach Barasoain et al 2021 9 Cingulata Peltephilidae Dasypoda Dasypodidae Stegotherium Dasypus Chlamyphoridae Tolypeutinae Pedrolypeutes Tolypeutes Kuntinaru Vetelia Cabassous Priodontes Euphractinae Prozaedyus Proeutatus Eutatus Zaedyus Euphractus Chaetophractus Paleuphractus Proeuphractus Macroeuphractus Chlamyphorinae Chlamydophractus Chlamyphorus CalyptophractusVorlage Klade Wartung StyleKuntinaru ist eine Gattung aus der Gruppe der Gurteltiere Dasypoda innerhalb der Ordnung der Nebengelenktiere Xenarthra einer der vier Hauptlinien der Hoheren Saugetiere Aufgrund der genannten Merkmale wird die Gattung als naher verwandt mit der Unterfamilie der Tolypeutinae eingestuft die sich wiederum aus den Kugelgurteltieren Tolypeutes den Nacktschwanzgurteltieren Cabassous und dem Riesengurteltier Priodontes zusammensetzt Sie bilden einen Teil der Familie der Chlamyphoridae welche die Schwestergruppe der Langnasengurteltiere Dasypodidae darstellt Die beiden Gurteltierfamilien trennten sich laut molekulargenetischen Untersuchungen im Mittleren Eozan vor rund 45 Millionen Jahren voneinander ab Die Chlamyphoridae differenzierten sich dann beginnend im Oberen Eozan vor etwa 37 Millionen Jahren wobei sich die Tolypeutinae wenig spater im Unteren Oligozan vor gut 33 Millionen Jahren absetzten 10 11 12 Die Altersstellung der Schadelfunde von Kuntinaru verweist die Gattung an den genetisch festgestellten Ursprung der Tolypeutinae Die Kombination an diagnostischen Merkmalen mit einigen Abweichungen zu den heutigen tolypeutinen Vertretern der Gurteltiere etwa in der Lage des Foramen infraorbitale machte in einer ersten phylogenetischen Studie ein Schwesterngruppenverhaltnis von Kuntinaru zur heutigen Verwandtschaftsgruppe der Kugelgurteltiere wahrscheinlich 1 Unter Hinzuziehung weiterer Fossilformen ergab sich in spateren Analysen eine nahere Beziehung zu den Nacktschwanzgurteltieren und zum Riesengurteltier 9 Die Gattung Kuntinaru wurde im Jahr 2011 von Guillaume Billet und weiteren Forscherkollegen wissenschaftlich erstbeschrieben Als Grundlage fungierten die beiden Schadel aus Salla Luribay in Bolivien Einer der beiden Schadel bildet den Holotypen der Gattung Exemplarnummer MNHN SAL 1024 er wurde von einem der Erstautoren entdeckt Es handelt sich um ein weitgehend vollstandiges Objekt dem die Schnauzenspitze und die rechte Zahnreihe fehlt Der andere Schadel kam bereits in den 1960er Jahren zu Tage und gilt als Paratyp Der Gattungsname Kuntinaru ist der Aymara Sprache entlehnt Condenado und bedeutet so viel wie Geist Er verweist auf das isolierte fruhe Vorkommen tolypeutiner Gurteltiere bereits im Oligozan Der nachstjungere Fund ist erst mit Pedrolypeutes aus dem Miozan von La Venta in Kolumbien rund 12 Millionen Jahre spater belegt 13 Gemeinsam mit der Gattung stellte das Wissenschaftlerteam um Billet die Art K boliviensis auf Das Artepitheton ist eine Referenz auf die Fundregion 1 Bereits in den 1960er Jahren hatte Robert Hoffstetter den heute als Paratypen eingesetzten Schadel erwahnt Dabei verwies er ihn nur allgemein zu den Gurteltieren vermutete aber eine nahere Beziehung zu den ausgestorbenen Formen Prozaedyus oder Proeutatus 2 Literatur BearbeitenGuillaume Billet Lionel Hautier Christian de Muizon und Xavier Valentin Oldest cingulate skulls provide congruence between morphological and molecular scenarios of armadillo evolution Proceedings of the Royal Society B 278 2011 S 2791 2797 doi 10 1098 rspb 2010 2443Einzelnachweise Bearbeiten a b c Guillaume Billet Lionel Hautier Christian de Muizon und Xavier Valentin Oldest cingulate skulls provide congruence between morphological and molecular scenarios of armadillo evolution Proceedings of the Royal Society B 278 2011 S 2791 2797 a b Robert Hoffstetter Un gisement de mammifere Deseadiens Oligocene Inferieur en Bolivie Comptes rendus des seances de l Academie des Sciences D 267 1968 S 1095 1097 1 a b c Bruce J Shockey und Federico Anaya Postcranial Osteology of Mammals from Salla Bolivia Late Oligocene Form Function and Phylogenetic Implications In E J Sargis und M Dagosto Hrsg Mammalian Evolutionary Morphology A Tribute to Frederick S Szalay Springer Science 2008 S 135 157 a b c Bruce J MacFadden Kenneth E Campbell Jr Richard L Cifelli Oscar Siles Noye M Johnson Charles W Naeser und Peter K Zeitler Magnetic Polarity Stratigraphy And Mammalian Fauna Of The Deseadan Late Oligocene Early Miocene Salla Beds Of Northern Bolivia Journal of Geology 93 3 1985 S 223 250 Richard F Kay Bruce J MacFadden Richard H Madden Hamish Sandeman und Federico Anaya Revised age of the Salla Beds Bolivia and ist bearing on the age of the Deseadan South American Land Mammal age Journal of Vertebrate Paleontology 18 1 1998 S 189 199 Bruce J MacFadden Yang Wang Thure E Cerling und Federico Anaya South American fossil mammals and carbon isotopes a 25 million year sequence from the Bolivian Andes Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology 107 1994 S 257 268 Robert Hoffstetter Un primate de l Oligocene interieur sud american Branisella boliviana gen et sp nov Comptes rendus des seances de l Academie des Sciences D 269 1969 S 434 437 2 Kellyn Kearney und Bruce J Shockey Oldest cranium of a horned armadillo Peltephilidae late Oligocene Bolivia clues regarding basal cingulate morphology Journal of Vertebrate Paleontology 28 suppl 2008 S 99A a b Daniel Barasoain Laureano R Gonzalez Ruiz Rodrigo L Tomassini Alfredo Zurita Victor H Contreras und Claudia I Montalvo First phylogenetic analysis of the Miocene armadillo Vetelia reveals novel affinities with Tolypeutinae Acta Palaeontologica Polonica 66 2021 doi 10 4202 app 00829 2020 Maren Moller Krull Frederic Delsuc Gennady Churakov Claudia Marker Mariella Superina Jurgen Brosius Emmanuel J P Douzery und Jurgen Schmitz Retroposed Elements and Their Flanking Regions Resolve the Evolutionary History of Xenarthran Mammals Armadillos Anteaters and Sloths Molecular Biology and Evolution 24 11 2007 S 2573 2582 Frederic Delsuc Mariella Superina Marie Ka Tilak Emmanuel J P Douzery und Alexandre Hassanin Molecular phylogenetics unveils the ancient evolutionary origins of the enigmatic fairy armadillos Molecular Phylogenetics and Evolution 62 2012 S 673 680 Gillian C Gibb Fabien L Condamine Melanie Kuch Jacob Enk Nadia Moraes Barros Mariella Superina Hendrik N Poinar und Frederic Delsuc Shotgun Mitogenomics Provides a Reference Phylogenetic Framework and Timescale for Living Xenarthrans Molecular Biology and Evolution 33 3 2015 S 621 642 Alfredo A Carlini Sergio F Vizcaino und Gustavo J Scillato Yane Armored Xenarthrans A unique taxonomic and ecologic assemblage In Richard F Kay Richard H Madden Richard L Cifelli und John J Flynn Hrsg Vertebrate Paleontology in the Neotropics The Miocene Fauna of La Venta Colombia Smithsonian Institution Press Washington 1997 S 213 226 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kuntinaru amp oldid 222902524