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Als Kommunikationsmodell oder Kommunikationstheorie bezeichnet man wissenschaftliche Erklarungsversuche zur Beschreibung von Kommunikation Diese theoretischen Ansatze sollen in der Kommunikations und Medienwissenschaft erklaren was Kommunikation ist und wie sie funktioniert und in Form von Modellen verallgemeinerbare und theoretische Zusammenhange des Massenkommunikations prozesses erkennbar machen Inhaltsverzeichnis 1 Alltagstheoretische Kommunikationsmodelle 1 1 Kommunikation als Teilhabe 1 2 Die Vorstellung eines gemeinsamen Zeichenvorrats 1 3 Die Container Metapher 1 4 Die Vorstellung von Kommunikation als Austausch von Informationen 1 5 Ausdrucks und Eindrucksmodelle 1 5 1 Das Ausdrucksmodell 1 5 2 Das Eindrucksmodell 2 Wissenschaftliche Kommunikationsmodelle 3 Deskriptive Modelle 4 Nachrichtenubertragungsmodelle 5 Medienwirkungsmodelle 5 1 S R und S O R Modelle 5 2 Zweistufen Modelle 5 3 Theorie der Wirkungslosigkeit der Medien 5 4 Kognitive Medienwirkungen 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseAlltagstheoretische Kommunikationsmodelle BearbeitenDie Bezeichnung alltagstheoretisch bezieht sich auf die Annahme dass auch im Alltag Theorien gebildet und angewendet werden Theorie wird in diesem Sinne nicht als etwas von der Praxis Getrenntes angesehen Die folgenden Abschnitte fassen Vorstellungen und Beschreibungen zusammen die haufig genannt werden wenn spontan und unreflektiert uber das Thema Kommunikation gesprochen wurde Kommunikation als Teilhabe Bearbeiten Die Vorstellung von der Kommunikation als Teilhabe verweist auf die Entlehnung des Begriffs der Kommunikation aus dem Lateinischen communicatio und auf die Bedeutungszusammenhange zu Teilen und Mit Teilen Kommunikation wird hier als der kulturelle Prozess angesehen in dem Gemeinschaft entsteht Die Vorstellung eines gemeinsamen Zeichenvorrats Bearbeiten Manchen Vorstellungen uber Kommunikation liegt die Annahme zugrunde dass Kommunikation nur moglich sei wenn vorab ein gemeinsamer Zeichenvorrat die gleiche Sprache und eine vergleichbare Sozialisation der Kommunikationsteilnehmer bestehe Diese Vorstellungen erweisen sich bei naherer Betrachtung als problematisch Zunachst lasst sich damit nicht die Frage beantworten wie Zeichen und Sprache entstehen Zudem unterscheiden sich die Auffassung von Wortbedeutungen Gegenstand der Semantik darunter die Auffassung vom Zeichenvorrat Gegenstand der Semiotik und deren Verwendung Gegenstand der Pragmatik selbst bei gleichen Ordnungsprinzipien Gegenstand der Syntax von Mensch zu Mensch Dies zeigt sich insbesondere daran dass auch zwischen gleichsprachigen Individuen umfangreiche und erklarungsbedurftige Kommunikationsprobleme bestehen konnen Die Container Metapher Bearbeiten Mit der Container Metapher ist die Vorstellung von Wortern oder Satzen als Behalter verbunden in denen objektiv bestimmbare Bedeutungen eingeschlossen sind Rezeption besteht in dieser Metapher darin die Bedeutungen den Behaltern als solche wieder zu entnehmen Bedeutungen Sinn und Gedanken konnen nach dieser Vorstellung in einen Container verpackt und aus diesem wieder entpackt werden Naive Vorstellungen gehen dabei von einer Identitat der Bedeutungen aus Die Vorstellung von Kommunikation als Austausch von Informationen Bearbeiten In alltaglichen Bezeichnungen wird Kommunikation als ein Austausch von Informationen beschrieben In anderen Formulierungen wird das Ziel oder das Resultat von Kommunikation in einem Informationsfluss gesehen Damit ist zusammenfassend die Bekanntmachung oder Mitteilung von Wissen Erkenntnis oder Erfahrung gemeint Austausch kann als Gegenseitigkeit verstanden werden Fluss enthalt die Vorstellung einer Richtung die ebenfalls beidseitig sein kann In der hinter diesen Formulierungen stehenden Modellierung wird von den Kommunizierenden abgesehen Der Fokus liegt auf dem was mit Information bezeichnet ist Ausdrucks und Eindrucksmodelle Bearbeiten Bei Ausdrucks und Eindrucksmodellen wird je eine Seite des Kommunikationsprozesses stark hervorgehoben Die Verwendung eines Ausdrucks und Eindrucksmodells geschieht im Alltag meist implizit das heisst es wird nicht verdeutlicht welches Modell als Grundlage von Behauptungen uber Kommunikation gerade verwendet wird Durch die zu starke Hervorhebung nur einer Seite entsteht die Gefahr dass der Kommunikationsprozess nicht mehr als ein sozialer also beide Seiten umfassender Prozess angesehen wird in dem Ausdruck und Eindruck nur in Bezug aufeinander zu denken sind Das Ausdrucksmodell Bearbeiten Das Ausdrucksmodell beschreibt Kommunikation als einen Prozess der im Wesentlichen darauf beruht Inhalte unter der Verwendung von Zeichenprozessen und von Medien auszudrucken 1 Die Rezeption das heisst die auf den Produzierenden bezogene Eigenwahrnehmung und Verarbeitung unter Verwendung von Zeichenprozessen spielt in diesen Modellen eine sekundare oder untergeordnete Rolle In der Folge wird Kommunikation als etwas angesehen das mit dem Ausdrucken von etwas unter Verwendung von Zeichenprozessen beginnt also mit Sprechen Schreiben eine Sendung produzieren In besonders starken Ausdrucksmodellen wird von der Bezugnahme des Produzenten desjenigen der etwas ausdruckt auf potentielle oder wirkliche Rezipienten abgesehen In extremen Fallen wird das Ausdrucken von etwas mit Kommunikation gleichgesetzt Die Probleme eines zu starken Ausdrucksmodells bestehen darin dass dieses Modell keine Moglichkeit bietet den Rezipienten als Kommunizierenden zu beschreiben Dem extremen Ausdrucksmodell zufolge kommuniziert beispielsweise ein Fernsehzuschauer nicht mit den im Fernsehen erscheinenden Menschen solange er keine Ruckmeldungen in die laufende Sendung gibt also solange er selber nichts ausdruckt was die im Fernsehen Erscheinenden nicht wahrnehmen konnen Ein Kinobesucher kann demnach wahrend des Kinobesuchs nicht mit den Darstellern des Films kommunizieren Der Leser einer Zeitung kommuniziert dem starken Ausdrucksmodell zufolge nicht mit den Autoren des Textes wahrend er die Texte liest Das Eindrucksmodell Bearbeiten Seltener wird ein Eindrucksmodell verwendet mit dem Kommunikation als ein Prozess beschrieben wird der im Wesentlichen darauf beruht dass durch Aufnahme durch Fremdwahrnehmung des Produzierten unter Verwendung von Zeichenprozessen Inhalte entstehen und mit Hilfe der individuellen Welttheorie Weltsicht verarbeitet werden In der Folge wird Kommunikation als etwas angesehen das mit dem Empfangen beginnt In besonders starken Eindrucksmodellen wird von der Bezugnahme des Empfangenden auf den potentiellen oder wirklichen Produzenten abgesehen In einer extremen Folge wird die Verarbeitung von Wahrgenommenem mit Kommunikation gleichgesetzt Ein zu starkes Eindrucksmodell kann dazu fuhren dass der Kommunikationsbegriff infolge der Vernachlassigung des Bezuges auf einen Produzierenden zu weit ausgedehnt wird Dies ware der Fall wenn Wahrnehmung als Kommunikation mit der Umwelt angesehen wird Wissenschaftliche Kommunikationsmodelle BearbeitenDie meisten wissenschaftlichen Kommunikationsmodelle sind Abbildungen des Kommunikationsprozesses in denen entweder einzelne Prozesselemente und deren Aufbau Strukturmodelle der Verlauf des Prozesses Flussmodelle die Aufgaben und Leistungen des Prozesses Funktionsmodelle oder Bestimmungsmerkmale Klassifikationsmodelle dargestellt werden 2 Eine andere Unterscheidung ist die in Prozessmodelle Systemmodelle und Wirkungshypothesen 3 In diesen drei Grundformen kommen lineare Modelle zirkulare Modelle Medienwirkungsmodelle und soziologische Modelle vor wobei die Ausdifferenzierung und zunehmende Spezifikation der Modelle einer innerwissenschaftlichen Entwicklungslogik folgt 4 Deskriptive Modelle BearbeitenDer Politologe Harold Dwight Lasswell formulierte ein Wortmodell anhand seiner Lasswell Formel Who says what in which channel to whom with what effect Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welcher Wirkung 1948 in einem Aufsatz 5 in dem er sich mit der strukturell funktionalen Analyse von Kommunikationsprozessen befasste Er schuf so in der Abfolge der funf Fragen ein Ordnungsprinzip zur Beschreibung der Prozesse und definierte gleichzeitig die Forschungsbereiche der Kommunikationswissenschaft Kommunikatorforschung Medieninhaltsforschung Medienanalyse Mediennutzungsforschung und Medienwirkungsforschung 6 Das Kommunikationsmodell von Bruce H Westley und Malcolm S MacLean 1957 7 wurde in der Tradition der Gatekeeper Forschung entwickelt In systemtheoretischer Sichtweise wird der Prozess der Nachrichtenvermittlung als mehrfach selektiver und dynamisch ruckgekoppelter Vorgang dargestellt 8 Das Kommunikationsmodell von John W Riley und Matilda White Riley 1959 9 behandelt die soziale Verflechtung der Kommunikationspartner Kommunikator und Rezipient gehoren sozialen Gruppen z B Primargruppen an die die Kommunikation vermitteln und so das Kommunikationsverhalten beeinflussen Berucksichtigt werden die Gatekeeper Eigenschaften in den Massenmedien die Art der selektiven Wahrnehmung die Qualitat der Interpretation das Behalten einer Botschaft und die Reaktion auf diese durch den Empfanger Bezuglich der Medienwirkung sieht dieses Modell die Massenkommunikation als Element des gesamten Sozialsystems und Faktor neben anderen Einflussen auf individuelles und soziales Verhalten Massenkommunikation und soziale Systeme beeinflussen sich gegenseitig Soziologische und sozialpsychologische Fragestellungen werden in die Massenkommunikationsforschung mit einbezogen indem Kommunikator und Rezipient als Elemente zweier sozialer Strukturen gesehen werden die in einem wechselseitigen Abhangigkeitsverhaltnis zueinander stehen 10 Das Feldschema der Massenkommunikation von Gerhard Maletzke 1963 11 ist ein sozialpsychologisch orientiertes Modell das ruckbezugliche und interaktive Mechanismen der Kommunikation berucksichtigt Es werden vier Positionen im massenmedialen Prozess genannt der Kommunikator die Aussage das Medium und der Rezipient Jede Position beeinflusst die anderen 12 Das Materialistische Kommunikationsmodell von Wulf D Hund 1976 13 zeigt den Zusammenhang der Massenkommunikation mit den soziookonomischen Bedingungen einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft auf im Sinne der materialistischen Gesellschaftstheorie Dabei wird davon ausgegangen dass der Kommunikator als Nachrichtenproduktionsbetrieb seine Produktionsmittel also die modernen Massenmedien und die dadurch transportierten Aussagen in erster Linie als Waren produziert und zur Kapitalverwertung einsetzt 14 Nachrichtenubertragungsmodelle BearbeitenIn vielen Fallen wird Kommunikation mit dem sogenannten Sender Empfanger Modell beschrieben Dieses Modell ist aus der mathematischen Theorie der Kommunikation der beiden Mathematiker Warren Weaver und Claude E Shannon hervorgegangen 15 Sender Empfanger Modell nach Shannon Weaver 16 Das informationstechnische Kommunikationsmodell ist ein vergleichsweise strukturarmes Modell Eine Informationsquelle information source wahlt eine Botschaft message aus die aus geschriebenen oder gesprochenen Zeichen bestehen kann Der Sender transmitter verwandelt diese in ein Signal das uber einen Kommunikationskanal an einen Empfanger receiver ubertragen wird Durch Storquellen noise source konnen die ursprunglichen Signale verzerrt werden Das Shannon Weaver Modell orientiert sich an technischen Aspekten der Signalubertragung Information hat hier nichts mit Bedeutung zu tun sondern bezieht sich auf physikalisch bestimmbare Signalmengen und Ablaufe und es behandelt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von solchen physikalisch bestimmbaren Ereignissen Signalen und Signalkombinationen 17 Beispiele sind das Telefon die Telegrafie oder das Radio 18 Deshalb ist dieses Modell zur Beschreibung sozialer Kommunikationsprozesse nicht geeignet Vergleich auch das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun Medienwirkungsmodelle BearbeitenS R und S O R Modelle Bearbeiten Das Sender Empfanger Modell auch Hypodermic Needle Concept Transmission Belt Theory oder Magic Bullet Theory 1920er verbindet das Stimulus Response Modell mit der Theorie der Massengesellschaft Nach diesem Modell wird jedes Individuum durch Stimuli uber Massenmedien in gleicher Weise erreicht und nimmt diese in gleicher Art wahr wodurch bei allen Individuen eine ahnliche Reaktion erzielt wird Dabei werden der Inhalt der Kommunikation und die Richtung des Effekts die Wirkung im Sinne des Reiz Reaktions Modells gleichgesetzt Die Massenmedien werden als machtige Propaganda und Manipulationsinstrumente gesehen mithilfe derer man ganze Gesellschaften lenken kann 19 Die einfache Vorstellung einer mechanistischen Reiz Reaktions Wirkungsweise der Massenmedien konnte sich nicht halten es wird seit den 1990ern sogar bezweifelt dass dieses Modell zu Beginn des 20 Jahrhunderts Einzug in den kommunikationswissenschaftlichen Diskurs gehalten hat vielmehr diente es nachfolgend zur Veranschaulichung einer Tendenz zu immer differenzierten Konzepten in der Geschichte der kommunikationswissenschaftlichen Modelle 20 Das Stimulus Response Modell also die Gleichsetzung von Inhalt und Wirkung wurde sowohl in der Psychologie als auch in der Medienwissenschaft verworfen da von der Kenntnis des Reizes nicht auf eine entsprechende Reaktion des Rezipienten geschlossen werden kann Die S R Theorie wurde zum S O R Konzept basierend auf dem S O R Paradigma erweitert wodurch das Individuum als Objekt als wirkungsrelevanter Faktor von Beeinflussungsversuchen ins Zentrum der Aufmerksamkeit ruckte Anwendung fand das Modell im Sinne einer Aufwertung der individuellen psychischen Disposition im massenkommunikativen Wirkprozess insbesondere in den 1940er Jahren in der Einstellungsforschung beispielsweise durch die Forschergruppe rund um Carl I Hovland 21 Zweistufen Modelle Bearbeiten Das Kommunikationsmodell nach Lazarsfeld basiert auf einer Untersuchung des Prasidentschaftswahlkampfes in den USA von 1940 durch die Soziologen Paul F Lazarsfeld Bernard Berelson und Hazel Gaudet in ihrer Wahlstudie The People s Choice 1944 22 Darin erforschten sie die Prozesse der Meinungsbildung bei den Wahlern ausgehend von der damals vorherrschenden Vorstellung der starken Wirkungen der Massenmedien Presse und Horfunk Stattdessen wurde die Entscheidung der Wahler aber weniger durch den Einfluss der Medien bestimmt als durch personliche Kontakte mit anderen Personen Medien wurde eher selektiv genutzt durch Zuwenden hin zu bestimmten Medienangeboten die die eigene Meinung unterstutzen Die Wahlwerbung erreichte also nur jene Wahler die sich bereits fur eine Partei entschieden hatten und verstarkte bei ihnen die bereits vorhandenen Einstellungen Die Forscher kamen zu dem Ergebnis Ideen fliessen von den Medien zu den Meinungsfuhrern und von diesen zu den weniger aktiven Teilen der Bevolkerung Diese Hypothese vom Zweistufenfluss der Massenkommunikation Two step flow Hypothese zeigt eine Abkehr von der Theorie der allmachtigen Medien da zwischen Medien und Rezipienten der Meinungsfuhrer als zusatzliche Auswahlinstanz angesiedelt wurde Wirkungen der Medien hangen von Bedingungen ab die im sozialen Kontext also prinzipiell ausserhalb der Medien selbst liegen 23 Trotzdem wurde einem traditionellen Stimulus Response Denken verhaftet nicht zwischen der Zuwendung zu Medieninhalten und dem Einfluss auf die Einstellungsveranderung unterschieden d h die Prozesse der Ubermittlung und Verbreitung Transmission und Diffusion wurden gleichgesetzt mit dem Prozess der Beeinflussung Persuasion 24 Eine Weiterentwicklung der einfachen Vorstellung eines wenig differenzierten Zweistufenprozesses hin zu einem Multi Step Flow Modell erfolgte in den 1950ern durch die Erkenntnis dass Meinungsfuhrer auch selbst durch personliche Kontakte starker beeinflusst werden als durch Medien d h es gibt Opinion Leaders der Opinion Leaders 25 Die Trennung von Opinion Leader als jemand der Informationen nur weitergibt und Non Leader als ausschliesslicher Empfanger von Informationen konnte nicht aufrechterhalten werden Nach dem sogenannten Opinion Sharing Modell nach Verling C Troldahl und Robert van Dam 1965 26 verlauft die Weitergabe von massenmedial verbreiteten Informationen und Meinungen im Rahmen personlicher Gesprache nicht einseitig sondern wechselseitig So gibt es im Verlauf des massenkommunikativen Diffusionsprozesses also der Informationsverbreitung uber Massenmedien eine Gruppe von Personen Opinion Leaders oder Opinion Givers die gut informiert und interessiert sind und innerhalb von interpersonellen Kommunikationsprozessen themenspezifische Informationen und Meinungen weitergeben und solche Personen die diese von Gesprachspartnern erhalten wollen Opinion Askers die beiden Personengruppen beeinflussen einander und werden so abwechselnd zu Opinion Givers und Opinion Askers Eine dritte Gruppe die Opinion Avoiders setzt keine der beiden interaktiven Kommunikationsaktivitaten und setzt sich auch den Massenmedien weniger aus 27 Der US amerikanische Journalistik wissenschaftler David M White ubertrug 1950 28 den Ansatz des Sozialpsychologen Kurt Lewin demgemass es in nahezu allen gesellschaftlichen Institutionen strategisch wichtigen Pforten Schleusen oder Schaltstellen gibt an denen einzelne Entscheidungstrager Gatekeeper oder Schleusenwarter Schlusselpositionen einnehmen auf den Prozess der Nachrichtenselektion und entwickelte so den Gatekeeper Ansatz Dazu untersuchte White das Selektionsverhalten von Agenturmeldungen eines Redakteurs einer Tageszeitung in einer US amerikanischen Kleinstadt White postulierte zwei Grunde fur die Veroffentlichungsentscheidungen des Redakteurs Einerseits wurden bestimmte Meldungen aufgrund individueller Entscheidungskriterien nicht veroffentlicht da sie als nicht interessant schlecht geschrieben oder propagandistisch eingestuft wurden Andererseits basiere die Veroffentlichungsentscheidung auf formalen Kriterien wie der Lange der Agenturmeldung oder dem Zeitpunkt der Ubermittlung in die Redaktion Kritisiert wurde am Ansatz der Gatekeeper Forschung die Betonung der individuellen Selektionskriterien von Journalisten und die Vernachlassigung institutioneller und technischer Einflusse der Nachrichtenselektion 29 Theorie der Wirkungslosigkeit der Medien Bearbeiten Der US amerikanische Kommunikationswissenschaftler Joseph Klapper ubernahm 1960 30 in seiner Verstarkerthese die Erkenntnis des Zweistufenflusses der Kommunikation wonach die Massenmedien keine Einstellungsanderung bewirken konnen sondern vielmehr bereits bestehende Einstellungen verstarken Klapper stutzt sich dabei auf die Theorie der Kognitiven Dissonanz des Psychologen Leon Festinger Festinger nahm an dass das Empfinden von Widerspruchen im Wissen und Meinen von Menschen als unangenehm empfunden wird und die Individuen versuchen diese Widerspruche zu reduzieren oder zu vermeiden Die daraus abgeleitete Hypothese einer selektiven Kommunikationsnutzung selective exposure besagt bezuglich der Mediennutzung dass Individuen aktiv jene Informationen suchen die ihre Uberzeugungen stutzen und ihren Uberzeugungen widersprechende Informationen vermeiden Dieser Ansatz hat bis heute Einfluss auf die Werbewirkungsforschung 31 Kognitive Medienwirkungen Bearbeiten Bei der Wissenskluft Hypothese Knowledge Gap nach Phillip J Tichenor George A Donohue und Clarice N Olien 1970 32 nimmt ahnlich wie bei der Kultivierungsthese das Konzept der Medienkompetenz eine wichtige Rolle ein Es wird in diesem Ansatz davon ausgegangen dass medial vermitteltes Wissen von unterschiedlichen Teilen der Bevolkerung in unterschiedlicher Weise genutzt wird Menschen mit hoherem soziookonomischen Status oder einer hoheren formalen Bildung verarbeiten Informations angebote der Massenmedien besser und schneller als solche bei denen diese Eigenschaften in geringerem Ausmass vorliegen Als Folge vermehrter Medienangebote wachst die Wissenskluft zwischen beiden Bevolkerungsteilen tendenziell 33 Elisabeth Noelle Neumann formulierte in den 1970ern 34 mit der Theorie der Schweigespirale ein Konzept in dem den Medien im Gegensatz zur Verstarkerhypothese erneut starke Wirkungen unterstellt werden Um soziale Isolation zu vermeiden neigen nach Noelle Neumann Menschen dazu ihre Meinung zu verschweigen wenn sie einer vermuteten Mehrheitsmeinung widerspricht Glauben Menschen hingegen die Mehrheitsmeinung zu vertreten neigen sie dazu ihre Meinung auch offentlich zu aussern So wird die scheinbar vorherrschende Meinung immer haufiger geaussert die scheinbar schwachere immer seltener Die Massenmedien vermitteln ein Bild von der vermuteten Mehrheitsmeinung und ubernehmen eine Artikulationsfunktion indem sie sprachliche Darstellungsmuster fur scheinbar vorherrschende Standpunkte vermitteln eine Erleichterung um diesen Standpunkt in der Offentlichkeit vertreten zu konnen 35 Im Agenda Setting Ansatz der beiden Kommunikationswissenschaftler Maxwell E McCombs und Donald L Shaw 1972 36 wird wie in der Theorie der Schweigespirale von starken Medienwirkungen ausgegangen die Medien erzeugen durch die Auswahl der Themen offentlichen Diskurs und verleihen ihnen Bedeutsamkeit da die Themen die in der Berichterstattung hohen Stellenwert einnehmen auch von den Rezipienten als wichtig erachtet werden 37 Im Agenda Building Ansatz 1981 38 gehen die beiden Soziologen Gladys E Lang und Kurt Lang davon aus dass die Medienagenda selbst das Ergebnis von Selektions und Konstruktionsprozessen ist Medieninszenierungen wie Pressekonferenzen Exklusiv Interviews u a die von PR und Werbeprofis geschickt initiiert werden bestimmen die Medienagenda noch bevor diese Einfluss auf die offentliche Themensetzung nehmen kann 39 Siehe auch BearbeitenListe der KommunikationsmodelleLiteratur BearbeitenUli Bernhard Holger Ihle Neue Medien neue Modelle Uberlegungen zur zukunftigen kommunikationswissenschaftlichen Modellbildung In Studies in Communication Sciences Journal of the Swiss Association of Communication and Media Research Vol 8 N 2 2008 S 221 250 Roland Burkart Walter Homberg Hrsg Kommunikationstheorien Braumuller Wien 1992 ISBN 3 7003 0956 2 Horst Volz Das ist Information Shaker Verlag Aachen 2017 ISBN 978 3 8440 5587 0 Einzelnachweise Bearbeiten Dieser Modellbildung liegt wiederum eine dualistische Sichtweise zugrunde in der zwischen einem Innenbereich der nur dem Selbst zuganglich ist und einem Aussenbereich getrennt wird der prinzipiell allen zuganglich ist Siegfried J Schmidt Guido Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft Was sie kann was sie will Rowohlt TB Reinbek bei Hamburg 2000 S 57 Uli Bernhard Holger Ihle Neue Medien neue Modelle Uberlegungen zur zukunftigen kommunikations wissenschaftlichen Modellbildung In Journal of the Swiss Association of Communication and Media Research Vol 8 N 2 2008 S 238f Uli Bernhard Holger Ihle Neue Medien neue Modelle Uberlegungen zur zukunftigen kommunikations wissenschaftlichen Modellbildung In Studies in Communication Sciences Journal of the Swiss Association of Communication and Media Research Vol 8 N 2 2008 S 231 238 Harold D Lasswell The Structure and Function of Communication in Society In Lyman Bryson Hrsg The Communication of Ideas A Series of Addresses Harper New York London 1948 S 37 51 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 58f Bruce H Westley Malcolm S MacLean jr A Conceptual Model for Communication Research In Journalism Quarterly 34 Jg 1957 S 31 38 Roland Burkart Kommunikationswissenschaft Grundlagen und Problemfelder 4 Auflage Bohlau Wien u a 2002 ISBN 3 205 99420 5 S 494 John W Riley Mathilda W Riley Mass Communication and the Social System In Robert K Merton Leonard Broom Leonard S Cottrell Sociology Today Problems and Prospects New York 1959 S 537 578 Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 497f Gerhard Maletzke Psychologie der Massenkommunikation Theorie und Systematik Verlag Hans Bredow Institut Hamburg 1978 zuerst 1963 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 64f Wulf D Hund Ware Nachricht und Informationsfetisch Zur Theorie der gesellschaftlichen Kommunikation Darmstadt Neuwied 1976 Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 512 Claude E Shannon Warren Weaver The mathematical theory of communication University of Illinois Press Urbana 1949 Zusammenfassend Dieter Krallmann Andreas Ziemann Die Informationstheorie von Claude E Shannon in ders Grundkurs Kommunikationswissenschaft mit einem Hypertext Vertiefungsprogramm im Internet UTB fur Wissenschaft 2249 Fink Munchen 2001 ISBN 3 7705 3595 2 S 21 34 Klaus Beck Kommunikationswissenschaft Hrsg UVK Verlagsgesellschaft 4 Auflage 2015 ISBN 978 3 8252 4370 8 S 20 In diesem Zusammenhang verwendete Claude E Shannon den Informationsbegriff fur die Beschreibung seiner mathematischen Modelle Die mathematische Theorie der Kommunikation wird deshalb heute als Informationstheorie bezeichnet Durch diese Verwendung wurde der Informationsbegriff stark abgewandelt siehe dazu z B Peter Janich Was ist Information 1 Auflage Suhrkamp Verlag 2006 S 58 60 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 63f Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 195 Brosius und Esser 1998 Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 196f Paul F Lazarsfeld Bernard Berelson Hazel Gaudet The People s Choice How the Voter Makes up His Mind in a Presidential Campaign 2 Auflage Columbia University Press New York 1948 zuerst 1944 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 97f Karsten Renckstorf Zur Hypothese des Two Step Flow der Massenkommunikation In Rundfunk und Fernsehen 3 4 1970 S 317f Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 211 Verling C Troldahl Robert Van Dam Face to Face Communication About Major Topics in the News In Public Opinion Quarterly 29 1965 S 626 634 Roland Burkart Kommunikationswissenschaft 2002 S 212f David Manning White The Gate Keeper A Case Study in the Selection of News In Journalism Quarterly 27 Jg Heft 3 1950 S 383 390 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 128f Joseph T Klapper Effects of Mass Communications Toronto 1960 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 99 Phillip J Tichenor George A Donohue Clarice N Olien Mass Media and the Differential Growth in Knowledge In Public Opinion Quarterly 34 2 1970 S 159 170 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 109f Elisabeth Noelle Neumann Die Schweigespirale Uber die Entstehung der offentlichen Meinung 1977 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 100f Maxwell E McCombs Donald L Shaw The Agenda Setting Function of Mass Media In Public Opinion Quarterly 36 1972 S 176 187 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 101f Gladys E Lang Kurt Lang Watergate An Exploration of the Agenda Building Process In G C Wilhoit H DeBock Hrsg Mass Communication Review Yearbook Vol 2 1981 S 447 468 S J Schmidt G Zurstiege Orientierung Kommunikationswissenschaft 2000 S 103 Normdaten Sachbegriff GND 4140666 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kommunikationsmodell amp oldid 231630787