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Das Kloster Toss war ein Kloster der Dominikanerinnen aus dem 13 Jahrhundert im Winterthurer Stadtteil Toss Es wurde zu Beginn des 19 Jahrhunderts abgebrochen An seiner Stelle steht heute die Maschinenfabrik Rieter Kloster Toss 1741 Stahlstich von David Herrliberger Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Beginn 1 2 Klosterleben und Mystik 1 3 Blutezeit 1 4 Niedergang 1 5 Auflosung 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBeginn Bearbeiten nbsp Kloster Toss um 1838 Zeichnung von Ludwig SchulthessIm Gebiet In den Wyden standen bereits im 13 Jahrhundert ein Schwesternhaus und eine Muhle Das Kloster Toss wurde am 19 Dezember 1233 mit Bewilligung des Bischofs von Konstanz durch die Grafen Hartmann IV und V von Kyburg gegrundet 1 1234 wurde zuerst ein Haus fur die Schwestern gebaut 1240 eine Kapelle Beide Gebaude wurden 1240 von Bischof Heinrich von Tanne geweiht Die Kirche ein einschiffiger langgestreckter Bau mit einer Lange von 44 5 Metern wurde 1315 geweiht Das grosse Spitzbogenfenster an der Ostwand wurde vermutlich 1704 zugemauert Die sudliche Langsseite war von zwei Spitzbogenfenstern durchbrochen die Nordseite von acht An der Westseite lag vermutlich erst seit 1704 eine kleine Eingangskapelle daruber drei Fenster mit hochgotischem Masswerk Uber das Innere der Kirche ist nichts bekannt vermutlich war sie von einer flachen Holzdecke uberspannt 2 Eine Muhle bei der ehemaligen Brucke uber die Toss und ein Bauernhof bildeten die erste Basis seiner wirtschaftlichen Existenz Zudem wurde das Kloster von samtlichen Steuern und Abgaben befreit Die Nonnen erhielten das Recht ihre Priorin selbst frei zu wahlen Das Gelubde das die Schwestern beim Eintritt ablegen mussten unterschied sich nur unwesentlich von jenem des Klosters Oetenbach in Zurich fur beide waren die Regeln des heiligen Augustin massgebend Das Kloster unterstand nach 1235 auf Anordnung von Papst Gregor IX der Aufsicht der Zurcher Dominikaner Sie predigten an hohen Feiertagen und nahmen die Beichte ab 1268 stattete der dominikanische Gelehrte Albertus Magnus dem Kloster einen Besuch ab und weihte die Altare der Kirche Auch Meister Eckhart besuchte vermutlich 1324 das Kloster Sein Schuler Heinrich Seuse reiste oft nach Toss Klosterleben und Mystik Bearbeiten Einen Einblick in das Leben der Nonnen in den Klostern Oetenbach und Toss gibt eine Beschreibung von Walter Muschg Die Tage erhielten durch die sieben kanonischen Tagzeiten die Horen einen unabanderlich gleichformigen Verlauf Sie bestanden aus gemeinsamen Gebeten mit Gesang und Lesungen im Kirchenchor Die Zwischenzeiten waren durch hausliche Arbeiten im Werkhaus vor allem durch Spinnen ausgefullt und nur eine andere Art von Gottesdienst Die hoher Geschulten verbrachten sie mit dem Abschreiben von Buchern und Noten fur den Chorgesang Wahrend der Mahlzeiten die wie die Stunden im Werkhaus schweigend verliefen und so karg waren dass es Novizen zuweilen vor den Speisen ekelte wurde von der Lesemeisterin vorgelesen Schwere Fastengebote hoben von Zeit zu Zeit auch diese Erquickung fast vollig auf Zu Tische sassen Laienschwestern und Kinder neben jungen und steinalten Nonnen Unter den Frauen des Tosser Schwesternbuches sind solche die mit drei vier sechs Jahren ins Kloster traten Man erfahrt dort auch mit welchem Eifer im 13 Jahrhundert die grausamen Vorschriften noch uberboten wurden Tagsuber heisst es herrschte Totenstille keine trieb Sonderwerk alle sassen im Werkhaus so andachtig wie in der Messe Eine Eigentumlichkeit der Predigerkloster war vor allem noch die Matutin der nachtliche Chor vor dem Morgengrauen dessen punktliche Innehaltung den Begeisterten Herzenssache war Manche von ihnen sieht man die Stunden bis zur Prim der nachsten Hore im dunklen Chor der Klosterkirche durchwachen Dies ist die Zeit ihrer geheimsten Erlebnisse der ekstatischen Ubungen Versuchungen und Visionen Walter Muschg Diese Atmosphare grosser Entbehrungen forderte das Klima mystischen Gedankengutes durch lange andauerndes sich Versenken in die Glaubenswelt Askese und korperliche Kasteiungen wurde eine Vereinigung mit Christus gesucht Das Kloster Toss zahlte im 14 Jahrhundert zu den Hochburgen der Mystik und die Nonnen von Oetenbach und Toss gelten als Meisterinnen dieser Ubungen mit denen die Seele zu Gott hingefuhrt werden sollte 3 nbsp Elsbeth Stagel in der Nurnberger Abschrift des Schwesternbuches des Klosters Toss Von diesem Leben berichtet das um 1340 entstandene Tosser Schwesternbuch das in 34 Viten einen weitreichenden Einblick in die Welt der Tosser Frauenmystik bietet Verfasst hat es zusammen mit einigen namentlich nicht bekannten Mitschwestern die Nonne Elsbeth Stagel die kurz nach 1300 in Zurich als Tochter eines Zurcher Ratsherrn geboren schon als Kind nach Toss gekommen war In einer Mischung von Kurzviten und ausfuhrlicheren Darstellungen greift das Buch auf unterschiedliches Quellenmaterial zuruck moglicherweise auch auf einige ursprunglich selbstandige Gnadenviten etwa bei der Vita der Mechthild von Stans 4 Den Abschluss des Buches bildet die nachtraglich hinzugefugte Vita der ungarischen Konigstochter Elisabeth von Ungarn Insgesamt vermittelt das Werk wie alle Schwesternbucher weniger eine realistische Abbildung des Alltagslebens als vielmehr eine Unterweisung in religiosen Fragestellungen und in den Idealen klosterlicher Spiritualitat In diesem Sinne erfolgte auch die Rezeption im 15 Jahrhundert als der Klosterreformator Johannes Meyer ein Vorwort hinzufugte um das Buch fur die Zielsetzungen der Klosterreform zu nutzen Blutezeit Bearbeiten Nach dem Tod des Stifters des Klosters der 1264 ohne direkte Erben gestorben war kamen seine Besitzungen an Rudolf von Habsburg 1424 kam die Grafschaft zuerst pfandweise 1452 definitiv an die Stadt Zurich Das Kloster erfreute sich vor allem bei Angehorigen des Landadels und der stadtischen Rats und Patrizierfamilien grosser Beliebtheit Die Aufnahme setzte ein bestimmtes Vermogen voraus dadurch gelangte das Kloster durch Schenkungen und Kaufe zu beachtlichem Grundbesitz Um 1300 war es das reichste Kloster der Region Das Kloster besass grosse Teile des Dorfes Toss das Dorf Dattlikon die Muhlen entlang der Toss sowie grosse Grundbesitze in Neunforn bei Rorbas Buch und Berg am Irchel Der Grundbesitz in der Stadt Zurich wurde von einem eigenen Amtmann verwaltet Dem Kloster unterstanden auch zahlreiche Leibeigene deren erste urkundliche Bestatigung stammt aus dem Jahr 1274 In seiner Blutezeit im ausgehenden 13 und im 14 Jahrhundert lebten uber hundert Nonnen im Kloster Die Attraktivitat des Klosters war trotz der strengen Vorschriften so gross dass die Zulassung der Nonnen zeitweise beschrankt wurde Die Bindung des Klosters Toss an den Adel wurde im 14 Jahrhundert verstarkt durch Elisabeth von Ungarn die von 1309 bis zu ihrem Tod im Jahr 1336 in Toss lebte 5 Ihr zu Ehren nahm das Kloster das ungarische Doppelkreuz ins Wappen auf das auch heute noch Bestandteil des Gemeindewappens von Toss ist Ab 1430 besass das Kloster ein Burgrecht mit der Stadt Winterthur dieses wurde 1488 erneuert 1514 bestand das Burgrecht ohne einen bestimmten Anlass oder Verfugung jedoch nicht mehr Ursachen konnten Streitereien um die Rechte an der Eulach die gewahrten Zollfreiheiten oder die Besitzesrechte am Lindberg und in der Neuwiesen sein 6 Zwischen 1469 und 1491 erlaubten die guten wirtschaftlichen Verhaltnisse den Nonnen ein neues zweigeschossiges Klausurgebaude errichten und den neuen Kreuzgang unter anderen von Hans Haggenberg ausmalen zu lassen 7 Die Ruckwande des Kreuzganges massen rund 40 Meter die Innenwande 30 Meter Gerold Meyer von Knonau schrieb 1844 in seinem Handbuch Der Kanton Zurich Der Kreuzgang mit 61 Spitzbogen mit 80 Frescogemalden geziert von welchem im Jahre 1837 noch 35 gut erhalten waren Als Stifterin des Kreuzganges gilt die Nonne Clara Egghart die aus einer Konstanzer Patrizierfamilie stammt und dem Kloster Toss nebendem auch den Zukauf von Landereien ermoglichte Auf 160 Metern Wandflache waren Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament abgebildet In der Sockelzone wurden Wappen und Namen von Nonnen und ihren Verwandten festgehalten Die Wandmalereien wurden im 19 Jahrhundert zusammen mit dem Gebaude zerstort sind jedoch dank Nachzeichnungen von Paul Julius Arter 1797 1839 August Corrodi und Johann Conrad Werdmuller uberliefert 8 Bilder von Johann Conrad Werdmuller aus dem Kreuzgang nbsp nbsp nbsp nbsp Niedergang Bearbeiten nbsp Situationsplan um 1800Zu Beginn waren die Klosterregeln in Toss so ausgelegt dass die sozialen Unterschiede der Herkunft der Frauen ausgeglichen wurden Im Laufe des 15 Jahrhunderts mit zunehmendem Reichtum wurden die Regeln gelockert 1514 erlaubte eine Bulle das Tragen bequemerer Kleidung Einzelne Klosterfrauen verwalteten ihr Privatvermogen selbstandig lebten im Kloster wie in einer Pension und hielten sich Dienstbotinnen Einige erholten sich bei Verwandten oder bei einem Kuraufenthalt in Baden vom eintonigen Klosteralltag und waren offenbar auch einer Erganzung der Kur durch irdische Freuden nicht abgeneigt Nonnen verliessen das Kloster ohne Erlaubnis und die Badestube wurde auch von Auswartigen benutzt Zudem sollte die Morgenmesse nicht mehr gesungen sondern nur noch gelesen werden Wie im Kloster Oetenbach in Zurich kam es auch im Kloster Toss zu einem allmahlichen Zerfall der Sitten die Klausurregeln wurden nur noch beschrankt beachtet und die Frommigkeit verlor sich Aber bis zur Reformation blieb Toss ein angesehenes und wohlhabendes Kloster Auflosung Bearbeiten nbsp Kloster Toss auf der Kantonskarte von Jos Murer 1566 nbsp Bauernsturm von 1525 im Hintergrund die Kyburg nbsp Ehemaliges Muhlengebaude nbsp Das Areal des Klosters Toss 1869 mit den Fabrikanlagen der Rieter Links der Mitte die ehemalige Kirche erkennbar an den Fenstern an der Front Links das ehemalige Muhlengebaude siehe Bild obenSchon vor der Reformation tatigte das Kloster keine grosseren Kaufe mehr Unter dem Einfluss neuer Ideen verliessen erste Nonnen das Kloster und forderten das eingebrachte Gut zuruck Nach der Reformation in der Karwoche 1525 schaffte der Rat von Zurich auf Zwinglis Veranlassung die Messe ab und ersetzte sie durch das Abendmahl Im Juni des gleichen Jahres versammelten sich aufgebrachte Bauern vor den Toren des Klosters Sie stellten zahlreiche Forderungen an die Zurcher Obrigkeit und drohten das Kloster zu zerstoren Eine Plunderung konnte zwar vermieden werden aber Zurich entschied das Kloster aufzuheben Noch im Juni entfernte ein vom Rat eingesetzter Aufseher Bilder und Heiligenstatuen Am 9 Dezember 1525 nach knapp 300 Jahren des Bestehens ging das Kloster in den Besitz des Staates uber und wurde zu einem Amt Sein Besitz wurde von der Zurcher Regierung beschlagnahmt fur die Verwaltung wurde ein Amtmann eingesetzt In den folgenden Jahren wurden die Gebaude als Amtshauser benutzt Einige Nonnen traten zum reformierten Glauben uber manche heirateten oder wurden von Verwandten aufgenommen Andere erhielten von der Regierung eine Art Rente zugesprochen Die Schwestergemeinschaft blieb jedoch bestehen denn noch 1527 urkundeten Schwestern des Klosters Toss 1532 werden uber dreissig ehemalige Klosterfrauen und gegen zwanzig Laienschwestern erwahnt Die letzte Klosterfrau des Klosters Toss Katharina von Ulm starb 1572 Die Klosterkirche diente fortan als Pfarrkirche nbsp Das Kloster Toss um 1825Nach der Franzosischen Revolution um 1800 standen die Klostergebaude leer 1833 600 Jahre nach der Grundung hob der Kanton Zurich alle Amter auf und das Kloster wurde versteigert Der Unternehmer Heinrich Rieter 1788 1851 erstand am 30 Juli 1833 9 die Anlage fur 103 000 Franken und errichtete an der Stelle seine Maschinenfabrik die meisten Gebaude wurden abgerissen 1834 kaufte Rieter die Kirche dazu Sie blieb bis 1916 stehen und wurde wegen ihrer Hohe als Fabrikhalle genutzt Zwischen Autobahn und Fabrik hat sich ein ehemaliges Muhlengebaude erhalten das heute als Durchgangszentrum fur Asylsuchende genutzt wird Daneben erinnert in Toss nur noch die an der Maschinenfabrik entlang fuhrende Klosterstrasse an das ehemalige Kloster Toss Siehe auch BearbeitenKloster St KatharinentalLiteratur BearbeitenEmanuel Dejung Richard Zurcher Hans Hoffmann Kunstdenkmaler des Kantons Zurich Band VI Die Stadt Winterthur und die Stadt Zurich kunstgeschichtliche Zusammenfassung Birkhauser Basel 1952 Christian Folini Katharinental und Toss Zwei mystische Zentren in sozialgeschichtlicher Perspektive Chronos Zurich 2007 ISBN 978 3 0340 0841 9 zugleich Dissertation an der Universitat Freiburg Schw 2004 Klaus Grubmuller Die Viten der Schwestern von Toss und Elsbeth Stagel Uberlieferung und literarische Einheit In Zeitschrift fur deutsches Altertum und deutsche Literatur 98 1969 S 171 204 Alfred Haberle Toss Kloster In Historisches Lexikon der Schweiz Heinrich Sulzer Johann Rudolf Rahn Das Dominikanerinnenkloster Toss Zurich 1903 1904 Silvia Volkart Bilderwelt des Spatmittelalters Die Wandmalereien im Kloster Toss Mit Beitragen von Heinz Hinrikson und Peter Niederhauser sowie Zeichnungen von Beat Scheffold Chronos Zurich 2011 ISBN 978 3 0340 1059 7 ISBN 978 3 908050 33 9 Stadtbibliothek Winterthur Hrsg Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur Band 345 Sigmund Widmer Zurich eine Kulturgeschichte Band 3 Artemis Zurich 1976 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Toss Abbey Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Artikel im Tossemer Kloster Toss bei Happes net Blog der Kantonsarchaologie Zurich zur Ausgrabung des Klosters Toss Wikisource Schwesternbucher Tosser SchwesternbuchEinzelnachweise Bearbeiten Hans Stadler Kyburg Hartmann IV von der Altere In Historisches Lexikon der Schweiz Kunstdenkmaler der Schweiz Kanton Zurich Bd VI Birkhauser Verlag Basel 1952 Sigmund Widmer Zurich eine Kulturgeschichte Band 3 Artemis Verlag Zurich 1976 S 54 Martina Wehrli Johns Mechthild von Stans In Historisches Lexikon der Schweiz Martina Wehrli Johns Elisabeth von Ungarn In Historisches Lexikon der Schweiz Werner Ganz Geschichte der Stadt Winterthur Einfuhrung in seine Geschichte von den Anfangen bis 1798 In 292 Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur Winterthur 1960 S 236 237 Martin Rohde Haggenberg Hans In Historisches Lexikon der Schweiz Chronos Verlag Henry Muller Vom Kloster zur Maschinenfabrik In De Tossemer Juni 2009 S 12 amp 13 toess ch PDF 2 6 MB abgerufen am 28 August 2017 47 487658 8 70321 Koordinaten 47 29 15 6 N 8 42 11 6 O CH1903 695302 260423 Normdaten Geografikum GND 1058344676 lobid OGND AKS VIAF 310686564 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kloster Toss amp oldid 230374571