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Der Grosse Eichenbock Cerambyx cerdo auch Heldbock Riesenbock oder Spiessbock genannt ist ein in Deutschland vom Aussterben bedrohter Kafer aus der Familie der Bockkafer Unterfamilie Cerambycinae Die Art zahlt zu den grossten Kafern Mitteleuropas Der Grosse Eichenbock ist in Mittel und Sudeuropa auch in Sudschweden in Nordafrika und im Kaukasus beheimatet Der Lauf des Dnepr bildet in etwa die ostliche Verbreitungsgrenze Die Art ist in Mitteleuropa sehr selten geworden und aus weiten Teilen Deutschlands verschwunden Grosser EichenbockHeldbock Cerambyx cerdo MannchenSystematikKlasse Insekten Insecta Ordnung Kafer Coleoptera Unterordnung PolyphagaFamilie Bockkafer Cerambycidae Gattung CerambyxArt Grosser EichenbockWissenschaftlicher NameCerambyx cerdoLinnaeus 1758Illustration in Reitter 1912 Grosser Eichenbock Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensraum 3 Lebensweise 4 Ruckgang und Gefahrdungsursachen 5 Schutzmassnahmen und strategien 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDer schwarzbraune Grosse Eichenbock wird 24 bis 53 Millimeter lang und zahlt damit zu den grossten Kafern Mitteleuropas Die Fuhler konnen beim Mannchen das Doppelte der Korperlange erreichen die Fuhler des Weibchens erreichen in etwa Korperlange Die Fuhler sind im ersten Glied verdickt punktiert und runzlig Kopf Brust Beine und Fuhler sind schwarz die schwarzen Flugeldecken werden nach hinten heller bis braunrot Die Flugeldeckennaht ist zu einem feinen Dorn ausgezogen An der Unterseite des ersten und zweiten Hinterfussgliedes befindet sich eine Langsrille Ahnlich sehen die in Sudeuropa bis Sud Osterreich und Slowakei anzutreffenden Cerambyx welensii Kuster 1846 und C miles Bonelli 1812 aus Lebensraum BearbeitenDer Grosse Eichenbock bevorzugt sonnenexponierte krankelnde oder absterbende alte Stieleichen seltener Traubeneichen Buchen oder Ulmen Vollstandig tote Baume s a Totholz werden gemieden Bevorzugt werden durchfeuchtete Stamme an sonnenexponierten Stellen ursprunglich wohl in Eichen Urwaldern der Zerfallsphase und Hartholzauen Restvorkommen gibt es vor allem in alten Parkanlagen und Hutewaldern Es handelt sich damit um ein Urwaldrelikt Lebensweise BearbeitenDie vollentwickelte Imago des Grossen Eichenbocks halt sich fast ausschliesslich an ihrem Geburtsbaum auf Tagsuber versteckt sie sich unter loser Rinde in alten Frassgangen oder im Laub im direkten Umfeld des Baumes In warmen Sommernachten mit Temperaturen uber 18 C vor allem im Juni und Juli fliegt die Imago kleinere Strecken selten auch bis zu 4 Kilometer Entsprechend gering ist die Verbreitungstendenz dieser sehr ortstreuen Tiere Zwischen 20 und 22 Uhr ist ihre Hauptaktivitat Sie ernahren sich am Saftfluss verletzter Eichen und reifem Obst Die adulten Tiere werden maximal 46 Tage Mannchen bzw 59 Tage Weibchen alt Wahrend seiner nachtlichen Aktivitat erzeugt der Grosse Eichenbock stridulierende Gerausche indem er die vorderen zwei seiner drei Brustsegmente aneinander reibt Je ein bis drei Eier auf einmal insgesamt 60 bis 450 legt das Weibchen mehrmals in die knorrige Rinde alter Eichen Nach bis zu drei Wochen schlupfen die Larven und fressen sich zur ersten Uberwinterung in das Kambium im zweiten Jahr ins Splintholz und im dritten bis funften Jahr ins Kernholz Die neun bis zehn Zentimeter langen Larven ernahren sich von den Assimilaten Vitaminen und Mineralstoffen im Saftfluss des Baumes Sie verpuppen sich im Juli oder August im Hakengang Nach vier bis sechs Wochen schlupfen je Baum bis zu 200 Kafer von Ende September bis Oktober die dann ein drittes Mal in der Puppenwiege uberwintern In manchen Fallen dauert die Entwicklung auch vier oder funf Jahre nbsp nbsp nbsp Ruckgang und Gefahrdungsursachen Bearbeiten nbsp Mannchen bei der Nahrungsaufnahme nbsp Larvengange und Ausbohrlocher des Grossen Eichenbocks in einer EicheWann der Ruckgang der Art begonnen hat ist heute nicht mehr nachvollziehbar In der Forstwirtschaft wurde der Grosse Eichenbock als Schadling beschrieben Das war aber anscheinend nicht immer so In C G Kalwers s Kaferbuch 1 ca 1880 wird beim Mulmbock erwahnt dass er sehr oft schadlich wird beim grossen Eichenbock war dies nicht der Fall Wahrend in der 3 Auflage Der Forstschutz 2 von Hess 1898 der Eichenbock noch nicht bei den schadlichen Bockkafern aufgelistet wird ist 1927 in der 5 Auflage von Forstschutz 3 Hess Beck der Kafer bereits aufgefuhrt und als Bekampfungsmassnahme das Wegfangen der schwarmenden Kafer in der Abenddammerung empfohlen worden Ausloser dieser Anderung in der Betrachtungsweise muss nicht unbedingt ein verstarktes Auftreten der Kafer in Deutschland gewesen sein Vermutlich fuhrten zwei grossere Schadereignisse zu Beginn des 20 Jahrhunderts zu den Erwahnungen in der Schadlings Literatur Von 1910 bis 1917 war der Grosse Eichenbock im ehemaligen Jugoslawien Mitverursacher eines grosseren Eichensterbens und in den 1920er Jahren kam es in den Eichenwaldern der Waldsteppengebiete Sudrusslands zu einer Kalamitat bei der auf 10 000 ha etwa jede dritte Eiche befallen war Weckwerth 4 bezeichnet den Kafer noch 1954 als grossten Holzzerstorer in der Familie der Bockkafer und gibt an dass man ihn in Deutschland in allen grosseren Eichenwaldern findet und besonders haufig in der Ukraine Schwenke 5 berichtet 1974 dass der Kafer in den letzten Jahrzehnten viel an Bedeutung verloren habe und nur noch lokal haufig sei In einigen Regionen stand er zu dieser Zeit bereits unter Schutz Allerdings werde er in Sud und Sudosteuropa nach wie vor zu den grossten Forstschadlingen gezahlt Kovacevic 6 listet den Grossen Eichenbock 1957 bei den wichtigsten Forstschadlingen in Jugoslawien auf Hierbei schrankt er allerdings ein dass der Grosse Eichenbock mehr ein technischer als physiologischer Holzschadling sei Der Grosse Eichenbock ist heute vom Aussterben bedroht und nach der FFH Richtlinie Anh II und IV der EU streng geschutzt In Deutschland ist die Art in Thuringen ausgestorben in Schleswig Holstein Mecklenburg Vorpommern Nordrhein Westfalen und Bayern sind nur noch Einzelvorkommen bekannt die zum Teil auf einzelne Baume beschrankt sind In Berlin sind zurzeit an vier Orten Vorkommen bekannt Flachenhafte Vorkommen sind noch in Sudhessen Baden Wurttemberg Grossraum Karlsruhe Rheinland Pfalz ausserster Sudosten Niedersachsen Sachsen Sachsen Anhalt und Brandenburg 7 vorhanden In Deutschland ist der Grosse Eichenbock als eine nationale Verantwortungsart innerhalb der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung eingestuft 8 Die IUCN fuhrt die Art als vulnerable 9 Bekannte und anhaltende Ruckgangsursachen sind vor allem Umwandlung von Hartholz Auwaldern in Grunland und Acker Umwandlung von Eichenwaldern in Nadelholzforsten Umwandlung von Urwaldern mit Eichenmischbestanden in Wirtschaftswalder mit Nutzung der Baume lange vor dem biologischen Alterstod Aufgabe bzw Umwandlung von Hutewaldern in andere Forsten Aufforstung von Lichtungen und Bestandslucken und damit Beschattung der Alteichen Beseitigung oder Sanierung von absterbenden Alteichen in Park und sonstigen Grunanlagen aus asthetischen Grunden oder im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht Schutzmassnahmen und strategien BearbeitenDer Ruckgang des Grossen Eichenbocks lasst sich nur langsam bremsen da Eichen erst in einem Alter ab 80 bis 150 Jahren fur diese Kaferart interessant werden Die Ausbreitung Wiederbesiedelung und der genetische Austausch der Populationen ist durch die sehr kleine kritische Verbunddistanz von weniger als zwei Kilometern in der heutigen intensiv genutzten Landschaft Mitteleuropas und Westeuropas nicht mehr gegeben vgl a Biotopverbund Die verbliebenen und potenziellen Habitate des Grossen Eichenbocks sind daher streng zu schutzen und mussen durch eine angepasste Pflege und Bewirtschaftung erhalten werden Dies ist eine der national vorrangig zu verfolgenden Massnahmen nach der FFH Richtlinie Der Umbau der Forsten zu naturnahen Waldgesellschaften ist trotz der langen Laufzeiten weiter zu verfolgen Grossere zusammenhangende Laubwaldokosysteme vor allem auf naturlichen Standorten der Stieleiche sollten ihrer naturlichen Sukzession uberlassen werden Gegebenenfalls muss steuernd eingegriffen werden um Neophyten wie Robinie und amerikanische Roteiche und Zerreiche die direkte und starke Standortkonkurrenten sind zu verdrangen Eine extensive Forstwirtschaft die Bevorzugung der langsamwuchsigen Stieleiche gegenuber Kiefern und ein weitgehender Verzicht auf Baumpflege in Parks Friedhofen und Garten konnten den weiteren Ruckgang der Art bremsen Literatur BearbeitenVolker Neumann Herbert Kuhnel Der Heldbock Cerambyx cerdo Die Neue Brehm Bucherei Band 566 Ziemsen Wittenberg Lutherstadt 1985 103 S Volker Neumann Der Heldbockkafer Cerambyx cerdo L Vorkommen und Verhalten eines vom Aussterben bedrohten Tieres unserer Heimat Report der Umsiedlungsaktion in Frankfurt am Main Antonow Frankfurt am Main 1996 69 S ISBN 3 924086 81 8 Manfred Niehuis Die Bockkafer in Rheinland Pfalz und im Saarland Fauna und Flora in Rheinland Pfalz Beiheft Nr 26 Gesellschaft fur Naturschutz und Ornithologie Rheinland Pfalz e V GNOR GNOR Mainz 2001 604 S ISBN 3 9807669 0 X Jiri Zahradnik Irmgard Jung Dieter Jung Jarmila Hoberlandtova Ivan Zpevak Kafer Mittel und Nordwesteuropas Parey Berlin 1985 ISBN 3 490 27118 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grosser Eichenbock Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Artensteckbrief Heldbock von Ulrich Schaffrath im Auftrag des HDLGN Kassel 2003 PDF 916 kB Faltblatt der Forstdirektion Freiburg Bestimmungshilfe der verwandten Arten franzosisch Potsdam ist Welthauptstadt des Heldbocks Einzelnachweise Bearbeiten Hrsg G Jager C G Calwer s Kaferbuch Stuttgart ca 1880 S 487 und 489 Richard Hess Der Forstschutz Band 1 Leipzig 1898 Max Dingler Hess Beck Forstschutz Band 1 j Neumann Neudamm 1927 Walter Weckwerth Unsere bekanntesten Bockkafer und ihre Bedeutung Fur die Forstwirtschaft unter Berucksichtigung des Naturschutzgedankens Die Neue Brehm Bucherei Band 122 2 unveranderte Auflage Westarp Wissenschaften Hohenwarsleben 2004 ISBN 3 89432 587 9 40 S Nachdruck der 1 Auflage Ziemsen Wittenberg 1954 Wolfgang Schwenke Hrsg et al Die Forstschadlinge Europas Ein Handbuch in 5 Banden Band 2 Kafer Parey Hamburg und Berlin 1974 S 161 163 ISBN 3 490 11216 4 Z Kovazek Die Probleme des Forstschutzes in Jugoslawien Ubersicht der wichtigsten Forstschadlinge Anzeiger fur Schadlingskunde 30 Heft 5 1957 S 65 69 Landesstiftung Grosstes Heldbock Kafer Vorkommen entdeckt Arten in besonderer Verantwortung Deutschlands auf der Homepage des Bundesamtes fur Naturschutz abgerufen am 3 Juni 2016 IUCN Datensatz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grosser Eichenbock amp oldid 237393265