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Das Grand Hotel war ein Luxushotel in Baden im Kanton Aargau Es stand im Baderquartier am Ufer der Limmat Das Hotel wurde ab 1873 nach Planen des Architekten Paul Adolphe Tieche erbaut und Ende Juni 1876 eroffnet Mit 176 Zimmern war es damals das grosste Hotel der Stadt Mit verschiedenen Innovationen konnte es eine vermogende internationale Kundschaft anlocken Beispielsweise war es 1882 das erste dauerhaft mit elektrischer Energie versorgte Gebaude Badens Zahlreiche Prominente gehorten zu den Gasten Der Erste Weltkrieg sturzte das Grand Hotel in eine tiefe Krise von der es sich wegen des mittlerweile eingesetzten Strukturwandels nie wieder erholte Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde es im September 1939 geschlossen und schliesslich im August 1944 durch die Schweizer Armee gesprengt Das Grand Hotel um 1890 Inhaltsverzeichnis 1 Planung und Bau 2 Betrieb Innovationen und Gaste 3 Krisenjahre und Ende 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweisePlanung und Bau BearbeitenAm Standort des spateren Grand Hotels befand sich mindestens seit dem 14 Jahrhundert der Hinterhof Neben dem Staadhof war dieser Badegasthof einst die renommierteste Adresse im Baderquartier Mitte des 19 Jahrhunderts hatte er seine besten Zeiten aber langst hinter sich Die erste Anregung zur Errichtung eines Neubaus ging moglicherweise von elsassischen Badegasten aus die nach dem Deutsch Franzosischen Krieg von 1870 71 nicht mehr in Baden Baden kuren wollten 1872 wurde die Neue Kuranstalt AG mit einem Aktienkapital von 500 000 Franken gegrundet Dem Verwaltungsrat gehorten uberwiegend Personen aus Biel an darunter Nationalrat Albert Locher als Prasident Einziger Vertreter aus Baden war Joseph Borsinger der Hotelier des Verenahofs 1 Die Aktiengesellschaft erwarb zunachst den Hinterhof die angrenzende Matteli Wiese die Hinterhofquelle sowie Anteile am Grossen Heissen Stein am Kleinen Heissen Stein und an der Limmatquelle 1873 kaufte sie auch den Staadhof mitsamt der Staadhof Kesselquelle und der Kleinen Staadhofquelle Damit besass sie rund ein Drittel des Baderquartiers 2 Von Juli bis Oktober 1872 fand ein Architektenwettbewerb statt Preisrichter waren die renommierten Architekten Friedrich Salvisberg Jakob Friedrich Wanner und Bernhard Simon Den ersten Preis gewann Alfred Chiodera sein Projekt wurde aber nicht ausgefuhrt weil es zu uberdimensioniert war Den Zuschlag erhielt stattdessen Paul Adolphe Tieche 3 Im Herbst 1873 begannen die Bauarbeiten die auch die Beseitigung der letzten mittelalterlichen Reste des Hinterhofs umfassten Der anvisierte Eroffnungstermin im Sommer 1875 konnte nicht eingehalten werden wozu vor allem Probleme beim Innenausbau beitrugen Trotz der Verdoppelung des Aktienkapitals der Ausgabe zusatzlicher Obligationen und der Aufnahme einer Hypothek rutschte das Unternehmen 1876 in die roten Zahlen 4 Insgesamt betrugen die Baukosten fur das als Neue Kuranstalt bezeichnete Hotel rund drei Millionen Franken Aus finanziellen Grunden musste ein Teil der Mobel gemietet werden Ebenso konnte Tieches Projekt nicht vollstandig ausgefuhrt werden Fur den Osttrakt fehlte das Geld weshalb man einen im Jahr 1860 erbauten Annexbau stehen liess und zur Dependance ausbaute Die geplante Eroffnung am 1 Mai 1876 verzogerte sich auf Ende Juni Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise nach dem Grunderkrach kamen weniger Touristen als erhofft sodass das Unternehmen zwar die Verluste laufend verringern konnte aber nie einen Gewinn erzielte Schliesslich erfolgte am 9 Marz 1885 eine Zwangsversteigerung Der bisherige Hoteldirektor erwarb das Hotel zum vergleichsweise gunstigen Preis von 1 280 823 Franken 5 Die Neue Kuranstalt erhielt den neuen Namen Grand Hotel um den Anspruch als erstes Haus am Platz zu untermauern 6 Betrieb Innovationen und Gaste BearbeitenDer Baustil des Grand Hotels stand am Ubergang zwischen schlichtem Klassizismus und pomposem Neobarock Obwohl es kleiner war als vergleichbare Hotelbauten dieser Ara empfanden es die Einwohner Badens als protzig 7 Ursprunglich dicht an das Hotel angebaut war die aus dem 12 Jahrhundert stammende Dreikonigskapelle Sie wurde wegen Baufalligkeit abgerissen und 1882 durch einen Neubau von Robert Moser auf der gegenuberliegenden Strassenseite ersetzt Die Hotelgesellschaft liess fur 50 000 Franken die Parkstrasse errichten womit eine direkte Verbindung zwischen dem Baderquartier und dem Bahnhof Baden bestand Das Matteli eine Parkanlage mit dichtem Baumbestand war haufig ein zentraler Aspekt von Werbekampagnen Zum Hotelbetrieb gehorten auch Wascherei eine Gartnerei und eine Fuhrhalterei 8 Im Grand Hotel arbeiteten bei guter Auslastung zwischen 100 und 120 Personen 9 Insgesamt zahlte des Hotel 176 Zimmer und 60 Baderaume 6 Hinzu kamen ein Telegrafenburo Restaurant Billard und Rauchsalons ein Speisesaal fur 300 Personen ein Lese und Schreibsalon mit Bibliothek sowie Konversationssale Neben den ublichen Einzel und Doppelzimmern gab es auch mehrere Suiten mit Salon Schlaf Toiletten und Dienerzimmer Samtliche Raume waren geheizt und mit Wasserleitungen ausgestattet 10 Stets war das Hotel bestrebt seinen Gasten die neuesten technischen Errungenschaften zur Verfugung zu stellen Von Anfang an war es mit einem Wasserballast Aufzug der Firma Rieter ausgestattet einem der ersten in der Schweiz uberhaupt Im Mai 1882 schloss der Hoteldirektor einen Vertrag zwecks Mitbenutzung des Wasserkraftwerks der Firma Oederlin am gegenuberliegenden Flussufer Daraufhin wurde das Hotel als erstes Gebaude in Baden und vermutlich im gesamten Schweizer Mittelland dauerhaft mit elektrischer Energie versorgt 11 Der Speisesaal war am 17 Juni 1879 Schauplatz eines wichtigen Moments der Schweizer Verkehrsgeschichte als Bundesrat Emil Welti der italienische Botschafter Luigi Amedeo Melegari und der deutsche Botschafter Heinrich von Roeder die Ratifikationsurkunden zum Zusatzvertrag uber den Bau und Betrieb der Gotthardbahn austauschten 12 1897 mussten die oberen Stockwerke des Westflugels nach einem Brand erneuert werden 1926 27 nahm Emil Vogt eine Renovation des Speisesaals und der Eingangshalle vor 13 Im Grand Hotel stiegen zahlreiche bekannte Gaste ab Dazu gehoren im Bereich Politik und Militar die die ehemalige franzosische Kaiserin Eugenie de Montijo mehrmals in den 1870er und 1880er Jahren die Bundesrate Emil Welti 1878 und Bernhard Hammer 1890 der Bundeskanzler Gottlieb Ringier 1899 die Generale Hans Herzog 1888 Karl von Bulow 1902 Edward Montagu Stuart Wortley 1902 Adolf von Seckendorff 1902 Robert von Massow 1903 und Walter von Schleinitz 1913 sowie der franzosische Ministerprasident Charles de Freycinet 1915 Die Schriftsteller Gottfried Keller 1886 und Conrad Ferdinand Meyer 1896 stiegen hier ebenso ab wie die Maler Arnold Bocklin 1889 Pierre Puvis de Chavannes 1896 und Rudolf Koller 1899 Besonders beliebt scheint das Grand Hotel bei Wissenschaftlern gewesen zu sein wie z B die Mediziner Johann Friedrich Horner 1879 Oskar Liebreich 1880 Rudolf Virchow 1883 Otto Stoll 1898 und Albert Schweitzer 1906 der Psychiater Gustav Huguenin 1879 der Astrophysiker Lewis Morris Rutherfurd 1879 der Naturforscher Louis Lortet 1900 die Historiker Jacob Burckhardt 1889 Pasquale Villari 1892 und Johann Rudolf Rahn 1897 die Physiker Jakob Amsler Laffon 1881 Marie Curie und Pierre Curie 1898 und Heike Kamerlingh Onnes 1914 der Chemiker Hans Heinrich Landolt 1887 und Heinrich Jacob Goldschmidt 1890 sowie der Theologe Frederic Godet 1885 Hinzu kommen der Museumsdirektor Justus Brinckmann 1899 der Bankier Alphonse de Rothschild 1890 der Industrielle Theodor Reinhart 1893 und der Filmpionier Louis Lumiere 1899 14 Krisenjahre und Ende Bearbeiten nbsp Abbruch des Grand Hotel 1944In den 1910er Jahren befand sich die Schweizer Tourismusbranche auf dem Hohepunkt Allerdings herrschte ein Uberangebot an Hotels so auch in Baden Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs am 28 Juli 1914 sturzte den Tourismus in eine schwere Krise die Gastezahlen brachen ein In der Zwischenkriegszeit vollzog sich ein Strukturwandel An die Stelle auslandischer Besucher trat vermehrt Schweizer Kundschaft die aber weniger an der bisher ublichen mondanen Gesellschaftskur interessiert war Vielmehr nutzte sie das medizinisch therapeutische Angebot zumal die Sozialversicherungen die Kuraufenthalte ganz oder teilweise als Mittel zur Rehabilitation und Wiedererlangung der Arbeitskraft bezahlten Die neue Ausrichtung hatte einen Attraktivitatsverlust fur das klassische kaufkraftige Kurpublikum zur Folge das Baden nun weitgehend fernblieb 15 Besonders unter dem Strukturwandel litt das Grand Hotel das als Relikt der untergegangenen und dekadenten Belle Epoque galt Immer starker musste an Unterhalt und Personal gespart werden Dank eines Kredits der 1921 gegrundeten Schweizerischen Hotel Treuhand Gesellschaft SHTG konnte der Betrieb zunachst aufrechterhalten werden Der Grand Hotel AG gelang es jedoch nie die Kredite vollstandig zuruckzuzahlen Sie war 1935 mit vier Jahreszinsen in Verzug und gelangte zur Uberzeugung dass eine Sanierung der Gesellschaft wohl kaum erfolgversprechend ware Der Verkauf von Nebengebauden brachte 1936 nur geringe Entlastung da der Erlos dringend fur Reparaturen und sonstige Verbesserungen benotigt wurde 1937 lehnte die SHTG die Gewahrung eines weiteren Kredits ab 1938 erhielt das Grand Hotel den Namenszusatz Quellenhof und versuchte mit einem weniger pratentiosen Auftritt neue Kundschaft anzulocken 16 Am 18 September 1939 knapp drei Wochen nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schloss das Grand Hotel seine Tore Man ging zunachst von einer saisonalen Schliessung aus Schon bald darauf wurden die Raume des Hotels requiriert Der Gymnastiksaal diente als Schulzimmer fur die Kinder aus Ennetbaden der Stab der 8 Division der Schweizer Armee richtete Buros ein und nutzte andere Zimmer zum Ubernachten die Autogarage diente als Pferdestall Ob das Hotel auch als Fluchtlingsunterkunft genutzt wurde lasst sich nicht mit Sicherheit nachweisen 17 Nachdem weitere Sanierungsvorschlage gescheitert waren sahen die Glaubiger der Grand Hotel AG keine Zukunft mehr fur den unrentablen Betrieb und forderten den Abbruch des Gebaudes Mit dem Verkauf des Mobiliars und der Wiederverwertung des Baumaterials sollte die Grundlage fur ein neues deutlich kleineres und moderneres Hotel geschaffen werden Am 18 Juni 1943 erfolgte die Liquidation der Betriebsgesellschaft 18 Im Sommer 1944 diente das leergeraumte Hotel als Ubungsobjekt fur verschiedene militarische Einheiten und fur Feuerloschubungen des Luftschutzes Ebenso liess man dort einen Blindganger explodieren der nach der irrtumlichen Bombardierung von Schaffhausen gefunden und hierher gebracht worden war Grenadiere des Fusilierbataillons 251 sprengten schliesslich das Gebaude am 18 August 1944 In diesem Zusammenhang fuhrte das Institut fur Geophysik der ETH Zurich Erschutterungsmessungen mit Seismographen durch Anschliessend wurde der Schutt weggeraumt 19 Der als Dependance genutzte Annexbau das spatere Romerbad blieb weitere sieben Jahrzehnte bestehen und wurde am 17 Januar 2017 abgebrochen um Platz fur eine neue von Mario Botta geplante Therme zu schaffen Literatur BearbeitenFlorian Muller Das vergessene Grand Hotel Leben und Sterben des grossten Badener Hotels 1876 1944 hier jetzt Baden 2016 ISBN 978 3 03919 408 7 Fabian Furter Bruno Meier Andrea Schaer Ruth Wiederkehr Stadtgeschichte Baden hier jetzt Baden 2015 ISBN 978 3 03919 341 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grand Hotel Baden Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Muller Das vergessene Grand Hotel S 20 22 Muller Das vergessene Grand Hotel S 26 27 Muller Das vergessene Grand Hotel S 27 29 Muller Das vergessene Grand Hotel S 30 33 Muller Das vergessene Grand Hotel S 33 36 a b Schaer Stadtgeschichte Baden S 72 Muller Das vergessene Grand Hotel S 38 39 Muller Das vergessene Grand Hotel S 47 Muller Das vergessene Grand Hotel S 129 Muller Das vergessene Grand Hotel S 51 57 Muller Das vergessene Grand Hotel S 84 87 Muller Das vergessene Grand Hotel S 121 Muller Das vergessene Grand Hotel S 39 Muller Das vergessene Grand Hotel S 190 195 Schaer Stadtgeschichte Baden S 80 Muller Das vergessene Grand Hotel S 149 152 Muller Das vergessene Grand Hotel S 158 160 Muller Das vergessene Grand Hotel S 170 Muller Das vergessene Grand Hotel S 175 47 48155 8 31235 Koordinaten 47 28 54 N 8 18 44 O CH1903 665855 259342 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grand Hotel Baden amp oldid 221745059