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Girolamo Diruta eigentlich Girolamo Mancini um 1561 in Deruta Provinz Perugia Umbrien nach 1612 moglicherweise in Gubbio war ein italienischer Komponist Organist und Musiktheoretiker der spaten Renaissance 1 2 3 4 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Bedeutung 3 Werke 4 Ausgaben 5 Literatur Auswahl 6 Weblinks 7 QuellenLeben und Wirken BearbeitenDie musikhistorische Forschung hat langere Zeit vermutet dass Girolamo Diruta ein Sohn des beruhmten Keramikers Giacomo Mancini gewesen sein konnte Uber Giacomos Elternhaus und seine fruhe Zeit sind keine Informationen uberliefert Die erste biografische Nachricht uber ihn ist sein Eintritt in den Orden der Fratri Minori Conventuali Minoriten Orden eine Unterabteilung des Franziskanerordens in deren Kloster in der Stadt Correggio in der Nahe von Reggio nell Emilia am 19 Juni 1574 Vermutlich bekam er dort bei dem Organisten Padre Battista Capuani seine ersten musikalischen Unterweisungen Etwa um das Jahr 1580 verliess er Correggio hielt sich dann in verschiedenen Stadten auf wo er keinen guten Unterricht bekam schliesslich kam er nach Venedig wo er an der beruhmten Kirche San Marco ein unvergleichliches Wettspiel auf zwei Orgeln horte Er war begierig die beiden gehorten Meister kennen zu lernen und wurde auf diesem Wege mit Claudio Merulo und Andrea Gabrieli bekannt So wurde er Schuler von Merulo auch von Costanzo Porta der ebenfalls Franziskaner war sowie bei Gioseffo Zarlino beides Schuler von Adrian Willaert Nachdem Merulo Venedig im Jahr 1584 verlassen hat war der erwahnte Unterricht vor diesem Jahr die Lehre bei Costanzo Porta fand zwischen 1580 und 1589 in Ravenna statt Merulo war von der erreichten Fertigkeit seines Schulers im Orgelspiel sehr angetan in einem Brief aus dem Jahr 1593 bemerkte er Ich bin unendlich stolz dass er bei mir gelernt hat weil er in diesem Fach des Orgelspiels sowohl sich selbst als auch mir eine besondere Ehre erwiesen hat wie es von einer Person von hoher Begabung erwartet werden kann Diruta wirkte zunachst noch in Venedig an der Kirche Santa Maria dei Frari bis zum Jahr 1593 In diesem Jahr bekam er dann die Position des Domorganisten in Chioggia eine Stellung in der er bis zum Jahr 1602 blieb In dem letztgenannten Jahr ausserte er in einem Brief an den Magistrat von Deruta den Wunsch nach der Ruckkehr in seine Geburtsstadt Dieses Verlangen erfullte sich offenbar denn Diruta wurde nach 1602 Domorganist in Gubbio unweit von Deruta In diesem Amt blieb er mindestens bis zum Jahr 1612 Dies wird auch von Adriano Banchieri bestatigt der sich in seiner Schrift Conclusioni nel suono d organo Bologna 1609 folgendermassen aussert Nel Duomo di Ugubbio ritrovasi un organo stupendissimo suonato da Girolamo Diruta im Dom von Gubbio habe ich eine hochst wunderbare Orgel wiedergefunden gespielt von Girolamo Diruta Als Dirutas zweiter Nachdruck des ersten Teils seines Transilvano im Jahr 1612 erschien hatte der Komponist sein Amt in Gubbio noch inne Fur die Zeit danach gibt es keine Informationen mehr uber ihn so dass weder der Ort noch das Datum seines Ablebens bekannt geworden sind Bedeutung BearbeitenDie herausragende Bedeutung von Girolamo Diruta beruht auf seinem zweiteiligen Lehrwerk Il transilvano der erste Teil erschien 1593 der zweite 1609 in dem das Spiel auf Tasteninstrumenten behandelt wird Es ist in Dialogform geschrieben und eine grundlegende Informationsquelle fur die damalige Spielpraxis auf Orgel Cembalo und Clavichord und daruber hinaus fur die Entwicklung des italienischen speziell des venezianischen Toccatenspiels Gewidmet ist der erste Teil dieses Werks dem Serenissimo Prencipe di Transilvania il Signor Sigismondo Battori Regierungszeit 1588 1598 Furst Sigismund Bathory war ein Enkel des polnischen Konigs ein grosser Feldherr und Forderer der Kunste an seinem Hof in Gyulafehervar Alba Iulia im heutigen Rumanien empfing er viele italienische Musiker allen voran Antonio Romanini 1637 Transylvania entspricht dem ehemals deutschsprachigen Siebenburgen im heutigen Rumanien Der Kontakt mit Diruta kam mit grosser Wahrscheinlichkeit durch den Cancelliere des Fursten Istvan Josika zustande der bei einigen Italienaufenthalten politische Dinge abzuwickeln hatte und auch italienische Musiker anwarb Die dritte beteiligte Person in dieser Sache Vermittlung des Kontakts zwischen Josika und Diruta war der papstliche Abgesandte Signor Cavalier Michele der im Ubrigen die heikle Aufgabe hatte die Aufhebung des Aufenthaltsverbots fur Jesuiten in Transsylvanien herbeizufuhren Der zweite Teil des Lehrwerks ist dagegen der Illustrissima Signora Duchessa Leonora Ursina Sforza gewidmet weil sich in Siebenburgen die politischen Verhaltnisse stark verandert hatten Josika war verhaftet und enthauptet worden und die Herrschaft Bathorys war zu Ende Die besondere Bedeutung des ersten Teils von Il transilvano besteht weniger in den enthaltenen allgemein musikalischen Definitionen wie Noten Schlussel etc sondern hauptsachlich in der detaillierten Behandlung von auffuhrungstechnischen Fragen bei Tasteninstrumenten Diruta unterscheidet genau zwischen Cembalo und Orgel und beschreibt die Haltung der Hande den Fingersatz sowie die Ausfuhrung von Verzierungen und anderen Einzelheiten Der Organist soll sich aufrecht vor die Mitte der Klaviatur setzen wobei Hande und Arme auf einer Ebene liegen und die Finger sich geringfugig uber den Tasten krummen sollten Insbesondere aber moge die Hand weich und entspannt sein sopra la tastatura leggiera e molle und weil sonst die Finger sich nicht gut mit Lebhaftigkeit und Schnelligkeit bewegen konnen per che altrimenti le dita non si potrebbono movere con agilita e con prontezza Bei dem im Vorwort behandelten Unterschied zwischen Orgel und Cembalo Re degl instrumenti wird sowohl auf die Spieltechnik als auch auf die Zweckbestimmung der Instrumente hingewiesen Bei der Orgel seien die Tasten zu drucken um eine geringe Anschlagsgeschwindigkeit zu erreichen und die Akkorde seien gebunden zu spielen Auf dem Cembalo sei tanzen und klopfen mit den Fingern angebracht saltare e battare con le dita und die Akkorde seien mit Tremoli und Verzierungen auszufuhren daruber hinaus sind Tanze und weltliche Lieder dem Cembalo oder Clavichord vorbehalten weil das Konzil von Trient solche Musik aus der Kirche verbannt hatte In diesem ersten Teil wird auch der unterschiedliche Einsatz von wie er sie nennt guten und schlechten Fingern erlautert Der zweite Teil von Il transilvano besteht aus vier Buchern in denen die Themen des ersten Teils vertieft werden daruber hinaus behandelt er die Regeln zur Intavolierung den Kontrapunkt die Kirchentonarten und deren Transkription die Begleitung von Hymnen und Magnificat und die Register der Orgel Beachtung verdienen auch die dazu gehorigen musikalischen Beispiele aus der Vokalmusik und deren Intavolierung fur Tasteninstrumente Zu den grundlegenden Bewegungen des Kontrapunkts fuhrt Diruta aus dass man von einer perfekten oder imperfekten Konsonanz zu einer perfekten Konsonanz durch eine Gegenbewegung gelangt wahrend man von einer perfekten oder imperfekten Konsonanz zu einer imperfekten durch eine freie Fortschreitung kommt Dieser zweite Teil enthalt ausserdem zur Erlauterung seiner Thesen noch zahlreiche Musikbeispiele eine wahre Mustersammlung der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit so von Adriano Banchieri Vincenzo Bellavere Andrea und Giovanni Gabrieli Gioseffo Guami Giovanni Battista Guarini Claudio Merulo Luzzasco Luzzaschi Paolo Quagliati Antonio Romanini sowie Kompositionen von ihm selbst Die in diesem Teil enthaltenen Toccaten sind eher Etuden oder Studien die sich mit einzelnen technischen Problemen befassen wie sprunghaften oder stufenweisen Passagen die sonst mit beiden Handen ausgefuhrt werden hier begleitet jedoch die jeweils andere Hand mit Akkorden Diruta ist im ersten Teil selbst mit vier Toccaten vertreten ausserdem im zweiten Teil mit funf Ricercaren in letzteren wechseln geradtaktige fugierte Abschnitte uber ein oder mehrere Themen mit ungeradtaktigen Passagen ab Von Girolamo Diruta stammen auch 20 funfstimmige Motetten die in der Publikation Il primo libro de contrapunti sopra il canto fermo delle antifone delle feste principali de tutto l anno enthalten sind Hiervon sind jedoch nur jeweils die Sopran und Altstimme uberliefert die anderen Stimmen sind verloren gegangen Uber die Behandlung des Spiels auf Tasteninstrumenten hinaus hat Diruta in seinem Lehrwerk noch andere Instrumente behandelt In dieser systematischen Darstellung hat er in Il transilvano alles Wesentliche zusammengefasst und nichts ubersehen was zur Technik des jeweiligen Instruments gehort Gleichzeitig hat er an den Traditionen der venezianischen Schule und besonders an den Grundsatzen seines Lehrers Claudio Merulo festgehalten Sein Werk enthalt daruber hinaus noch Abhandlungen der spanischen Komponisten Juan Bermudo Declaration de los instrumentos musicales Ossuna 1555 mit spieltechnischen Darstellungen fur Orgel Vihuela und Harfe sowie des Dominikaners Tomas de Santa Maria Arte de Taner Fantasia Valladolid 1565 einer Einfuhrung in die Improvisationskunst auf Tasteninstrumenten basierend auf dem Werk Tratado de Glosas von Diego Ortiz Rom 1553 Werke BearbeitenVokalmusik 20 Motetten zu je funf Stimmen in Il primo libro de contrapunti sopra il canto fermo delle antifone delle feste principali de tutto l anno Venedig 1580 nur Sopran und Alt erhalten Instrumentalmusik 4 Toccaten in Il transilvano Teil 1 1593 5 Ricercare in Il transilvano Teil 2 1609 Schriften Il Transilvano Dialogo sopra il vero modo di sonar organi ed istromenti da penna del R P Girolamo Diruta Perugino dell ordine de Fratri Minori Conv di San Francesco organista del duomo di Chioggia Nel quale facilmente amp presto s impara di conoscere sopra la tastatura il luogo di ciascuna parte amp come nel diminuire si devono portar le mani amp il modo di intendere la intavolatura provando la verita amp necessita delle sue regole con le toccate le diversi eccellenti organistici poste nel fine del libro Opera nuovamente ritrovata utilissima amp necessaria a professori d organo Con privilegio Teil 1 Venedig 1593 Widmung an Sigismund Bathory Furst von Siebenburgen enthalt neben vier Toccaten von Diruta eine von Claudio Merulo zwei von Andrea und eine von Giovanni Gabrieli eine von Luzzasco Luzzaschi eine von Paolo Quagliati eine von Gioseffo Guami eine von Vincenzo Bell haver und eine von Antonio Romanini Seconda parte del Transilvano Dialogo diviso in quattro libri del R P Girolamo Diruta Perugino Minor Conventuale di San Francesco organista del duomo di Agubbio Nel quale si contiene il vero modo amp la vera regola d intavolare ciascun canto semplice amp diminuito con ogni sorte di diminutioni amp nel fin dell ultimo libro v e la regola la quale scopre con brevita e facilita il modo d imparar presto a cantare Opera nuovamente dell istesso composta utilissima amp necessaria a professori d organo Con privilegio Teil 2 Venedig 1609 Widmung an die Herzogin Leonora Ursina Sforza enthalt Canzone detta la Spiritata von Giovanni Gabrieli Canzone detta l Albergona von Antonio Mortaro sowie zwei Ricercare von Luzzasco Luzzaschi vier von G Fattorini zwei von Adriano Banchieri und funf von Diruta selbst Ausgaben BearbeitenIl Transilvano Faksimile Bologna 1969 Anthology of Early Keyboard Methods hrsg und ubersetzt von B Sachs B Ife Cambridge 1981 Il Transilvano hrsg von T Zaszkaliczky Budapest 1981 Musica per la tastiera Keyboard Music from the 16th and 17th Century Nr 3 Il Transilvano vollstandiges Faksimile mit Einleitung von E J Soehnlen M C Bradshaw Buren 1983 Bibliotheca organologica Nr 44 englische Ubersetzung von denselben 2 Bande Henryville Pennsylvania 1984 Institute of Medieval Music Nr 38 Literatur Auswahl BearbeitenK Krebs Girolamo Dirutas Transilvano Ein Beitrag zur Geschichte des Orgel und Klavierspiels im 16 Jahrhundert in Vierteljahresschrift fur Musikwissenschaft Nr 8 1892 S 307 388 O Kinkeldey Orgel und Klavier in der Musik des 16 Jahrhunderts Leipzig 1910 G Pannain Le origini e lo sviluppo dell arte pianistica in Italia dal 1500 al 1730 Neapel 1917 Willibald Gurlitt Hrsg Girolamo Diruta in Riemann Musiklexikon Band 12 Personenteil A K Mainz 1959 S 403 Gotthold Frotscher Geschichte des Orgelspiels und der Orgelkomposition Berlin 1935 3 Auflage 1966 Band 1 F Briganti Il primo libro dei contrappunti di G Diruta ignorato degli storici della musica in Perugia 6 September 1951 Z Falvy Diruta Il Transilvano in Studia musicilogica Nr 11 1969 S 123 131 N Meeus La Naissance de l octave courte et ses differentes formes au XVIeme siecle Contribution a l etude de l histoire des instruments a clavier Dissertation an der Universitat Lowen 1971 Hans Musch Zur Interpretation der italienischen Orgelmusik des 17 Jahrhunderts in Musica sacra Nr 42 1972 Heft 2 S 74 79 und Heft 3 S 104 108 Carl Dahlhaus Hrsg Riemann Musiklexikon Band 12 Personenteil A K Erganzungsband Mainz 1972 S 283 E J Soehnlen Diruta and His Contemporaries Tradition and Innovation in the Art of Registration in The Organ Yearbook Nr 10 1979 S 15 33 Isolde Ahlgrimm Hrsg Manuale der Orgel und Cembalotechnik Fingerubungen und Etuden 1571 1760 Wien 1982 J C Guidarini Ubersetzer Il Transilvano Dialogo sopra il vero modo di sonar organi et istromenti da penna di Girolamo Diruta in Orgues meridionales Nr 33 1989 S 3 100 G Wagner Zur Bedeutung von buono und cattivo bei G Diruta in Die Musikforschung Nr 43 1990 Heft 3 s 245 247 B Brauchli Aspects of Early Keyboard Technique Hand and Finger Positions as seen in early Treatises and Iconographical Documents in Journal of the American Musical Instrument Society Nr 18 1992 S 62 102 L Berozowskaja Transil vanec Dzirolamo Diruty in Musykal naja akademija Nr 3 1995 S 198 203 D Borghi L intavolatura come arte di transcrizione in Arte organaria e organistica Nr 19 1997 Heft 4 S 8 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Girolamo Diruta Sammlung von Bildern Literatur von und uber Girolamo Diruta im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Girolamo Diruta in der Deutschen Digitalen Bibliothek Noten und Audiodateien von Girolamo Diruta im International Music Score Library ProjectQuellen Bearbeiten Lisa Navach Diruta Girolamo in Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart zweite Ausgabe Personenteil Band 5 Cov Dz Barenreiter Metzler Kassel u a 2001 ISBN 3 7618 1115 2 Spalte 1089 1092 Marc Honegger Gunther Massenkeil Das grosse Lexikon der Musik Band 2 Herder Freiburg im Breisgau 1979 ISBN 3 451 18052 9 The New Grove Dictionary of Music and Musicians hrsg von Stanley Sadie 2nd Edition Band 7 McMillan Publishers London 2001 ISBN 0 333 60800 3 Hermann Josef Busch Matthias Geuting Hrsg Lexikon der Orgel 2 Auflage Laaber Verlag Laaber 2008 ISBN 978 3 89007 508 2 S 173Normdaten Person GND 12166032X lobid OGND AKS LCCN n85386725 VIAF 116703606 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Diruta GirolamoALTERNATIVNAMEN Mancini Girolamo Diruta Hieronymus Girolamo da DiruttaKURZBESCHREIBUNG italienischer Organist Komponist und MusiktheoretikerGEBURTSDATUM 16 JahrhundertGEBURTSORT DerutaSTERBEDATUM nach 1612STERBEORT Gubbio unsicher Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Girolamo Diruta amp oldid 225086959