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Die Feierliche Ubersetzung der kaiserlich koniglichen auch herzoglich osterreichischen hochsten Leichen am 14 November 1770 war eine von Furstabt Martin Gerbert initiierte kirchenpolitische Massnahme zum Erhalt der Benediktinerabtei St Blasien im Vorfeld der Sakularisation Der anachronistische mit Pompa funa Pomp funebre inszenierte Leichenzug markiert das Ende barocker offentlicher Feierlichkeiten in Vorderosterreich Der sich im Schritt bewegende Zug bewaltigte an diesem Tag auf einer ansteigenden Strecke von etwa 23 Kilometern mit 650 Metern Hohenunterschied mehrere Stationen Ubergaben und zeremonielle Handlungen Die Epitaphe aus der Furstengruft im Dom St Blasien 1785 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Ablauf 2 1 Vorbereitungen 2 2 Ankunft der Gebeine in Osterreich 2 3 Weg des Trauerzugs nach St Blasien 3 Ausbauplane der Grablege in St Blasien 3 1 Joseph II in Konigsfelden 3 2 Geplante Furstengruft in der Domkrypta 4 Umzug nach St Paul im Lavanttal 5 Literatur 6 Weblinks 7 Siehe auch 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn den 1760er Jahren entwickelte sich in Wien als Nebenzentrum der europaischen Aufklarung eine kritische Einstellung gegenuber geistlichen Orden und Klostern die zunehmend die Kaiserin Maria Theresia und ihre Ratgeber einnahm In dieser Situation suchte der Furstabt von St Blasien Martin Gerbert nach einer tragfahigen Strategie und nach Konzepten zum Erhalt der altehrwurdigen Benediktinerabtei St Blasien Die Abte von St Blasien betrachteten sich als erste Vikare des Hauses Habsburg Die habsburgische Grablege in Konigsfelden sieben Kilometer vom blasianischen Dinghof in Kirchdorf entfernt stand daher auch nach der eidgenossischen Eroberung des Aargaus 1415 im Fokus der Abtei St Blasien Bereits auf Wunsch von Furstabt Franz Schachtelin wurde die Grablege 1739 geoffnet und untersucht 1 Martin Gerbert der 1769 Material fur eine geschichtswissenschaftlichen Abhandlung uber die Grabstatten der fruhen Angehorigen des Hauses Habsburg sammelte uberkam bei seiner zweiten Untersuchung der renovierungsbedurftigen habsburgischen Grabanlage im Kloster Konigsfelden die Vision zu einem Wiederaufbau des 1768 niedergebrannten Klosterkirche Blasien als Gedenkdom und Gruft fur die in der Eidgenossenschaft verwaisten Gebeine der Angehorigen des Hauses Habsburg Mit dieser Massnahme glaubte er das Wohlwollen des Kaiserhauses fur die Abtei dauerhaft bewahren zu konnen Ablauf BearbeitenVorbereitungen Bearbeiten nbsp Die leere Habsburgergruft in der Klosterkirche KonigsfeldenDank seiner bilateral guten Beziehungen nach Innsbruck Wien Bern und Basel und einem gewissen Desinteresse der Beteiligten gelang es Martin Gerbert in nur drei Monaten die Zustimmung zur Umbettung der sterblichen Uberreste von prominenten Angehorigen des Hauses Habsburg nach St Blasien zu erhalten 2 Kaiserin Maria Theresia unterstutzte das Projekt in einem Schreiben an die Berner und Basler Regierungen Am 10 September 1770 wurden in der Klosterkirche Konigsfelden sterbliche Uberreste folgender Personen exhumiert Friedrich 1316 wenige Tage nach Geburt Sohn von Friedrich dem Schonen Elisabeth von Gorz Tirol um 1262 1313 Gemahlin von Konig Albrecht I Leopold I 1290 1326 Sohn von Konig Albrecht I Heinrich 1299 1327 Sohn von Konig Albrecht I Gutta 1302 1329 Tochter von Konig Albrecht I Gemahlin des Ludwig VI von Oettingen Katharina von Savoyen um 1297 1304 1336 Gemahlin von Herzog Leopold I Elisabeth von Virneburg um 1303 1343 Gemahlin von Herzog Heinrich Katharina 1320 1349 Tochter von Herzog Leopold I Gemahlin des Enguerrand VI de Coucy Elisabeth um 1285 1352 Tochter von Konig Albrecht I Gemahlin des Friedrich IV von Lothringen Agnes um 1281 1364 Tochter von Konig Albrecht I Gemahlin des Konigs Andreas III von Ungarn Leopold III 1351 1386 Sohn von Herzog Albrecht II Im Falle des 1316 im Kleinkindalter verstorbenen Friedrich des Sohnes von Friedrich dem Schonen wurden nur sechs Bretter seines Sarges entnommen und vom Berner Hofmeister Carl Ludwig Ougspurger an den vorderosterreichischen Regierungs und Kammerrat Johann Nepomuk Freiherren von Wittenbach als zustandigem Hofkommissar ubergeben Die Leiche Friedrichs konnte nicht mehr aufgefunden werden Daher konnten nur sechs Bretter seines Sarges geborgen werden Der Freiherr von Wittenbach lagerte die Gebeine zunachst in der blasianischen Propstei Klingnau nbsp Das verwaiste Grabmal der Gertrud von Hohenberg im Basler MunsterAn der Westwand des Konigsfeldener Erbbegrabnisses erinnert eine Wandtafel an die Exhumierungen Anno MDCCLXX den 10ten Septembris sind obbeschriebene Erzt Herzogliche Corper auf Ansuchen seiner Kayserl Konigl Apostol Mayestat mit Einwilligung eines Hohen Freystandes Bern denen geordneten Seiner Hochfurstl Gnaden dess Herren Abbten von St Blasien um in dasiger Stiffts Kirche beygesetzt zu werden durch den dieser Zeit hier Regierenden H Herren Hofmeister Carl Ludwig Ougsburger ubergeben worden 3 Franz Ludwig Haller der das gut erhaltene Skelett von Leopold III 1769 1770 und nochmals 1806 untersuchte beschrieb frontale und rechtstemporale Hieb und Stichverletzungen des Schadels 4 Intensive Nachforschungen im Kloster Toss ergaben keine Hinweise auf dort noch vorhandene habsburgische Bestattungen Am 10 November 1770 erfolgten im Basler Munster die Exhumierungen der sterblichen Uberreste von Karl 1276 wenige Tage nach Geburt Sohn von Konig Rudolf I Hartmann um 1263 1281 Sohn von Konig Rudolf I Gertrud von Hohenberg um 1225 1281 Gemahlin von Konig Rudolf I Die sterblichen Uberreste dieser drei Habsburger wurden ebenfalls umgehend nach Klingnau verschifft Ankunft der Gebeine in Osterreich Bearbeiten Der weitere Transport der gesammelten Bestattungen fuhrte von der blasianischen Propstei Klingnau uber die Aare und uber den Rhein zur vorderosterreichischen Stadt Waldshut Dort ubergab der Freiherr von Wittenberg am 14 November 1770 nach der Anlandung im Waldshuter Rheinhafen die Bestattungen und bleiernen Beschriftungen der Sarge an den k u k Hofkommissar und osterreichischen Reprasentanten in der Eidgenossenschaft Freiherrn Josef von Nagel Von einem Trauerzug mit 24 Abteilungen aus Rats und Regierungsmitgliedern Einungsmeistern der gesamten weltlichen Geistlichkeit der Vater Kapuziner mit ihrem Kreuz und dem Posaunenchor der Stadtmusik wurde der reprasentativ ausgeschmuckte Trauerwagen mit Pomp funebre vor dem neu erbauten mit Trauerflor ausgekleidetem Rathaus an die Bevollmachtigten des Klosters St Blasien ubergeben Von dort wurde der Trauerwagen von den Pralaten von St Trudpert und St Peter in vollem Ornat und einem Trauerzug in 15 Abteilungen in das Kloster St Blasien geleitet In Waldkirch an der Grenze zum blasianischen Zwing und Bann wurde der Zug vom Hauensteiner Landsturm und den Stadtmusikanten an die blasianischen Ordnungskrafte ubergeben Nach Anbruch der Dunkelheit erreichte der Zug das illuminierte St Blasien und wurde dort mit militarischen Ehren empfangen Auf einem eigens angefertigtem Trauerpodest erfolgte die erste Einsegnung durch den Furstabt dessen Rede in der titelgleichen Festschrift von 1770 mit einer Abbildung des Aufbaues von Johann Baptist Haas uberliefert ist 5 Ein ausfuhrlicherer und explizit illustrierter zweiter Bericht De translatis Habsburgo Austriacorum principium erschien 1772 in der Klosterdruckerei Weg des Trauerzugs nach St Blasien Bearbeiten Der Trauerzug folgte dem bis heute nicht vollstandig geklarten fruhneuzeitlichen Saumpfad vom Waldshuter Rheinhafen in das Kloster St Blasien uber Waldkirch und Hochenschwand Die Strecke wurde 1780 nach Westen uber den Gupfen und nordlich mit dem Doktorstich der Leibarzt des Klosters hatte 1766 erfolgreich gegen die Trasse votiert 6 uber Hausern abgeandert Der Rheinhafen lag 1770 am Salzhaus unterhalb der Ochsensteige in Waldshut Durch das Laufenburger Tor erreichte der Trauerzug das Waldshuter Rathaus in der Sonnengasse Die Stadt verliess er durch das Waldkirchnertor in das Schmitzinger Tal Durch den Spitalwald erreichte der Trauerzug in Waldkirch den blasianischen Zwing und Bann Uber Oberalpfen Remetschwiel Brunnadern Tiefenhausern wurde der hochste Punkt der Strecke in Hochenschwand erreicht Von dort aus fuhrte ein steil abfallender Teilabschnitt uber das Albtal nach St Blasien Ausbauplane der Grablege in St Blasien BearbeitenJoseph II in Konigsfelden Bearbeiten Am 26 Juli 1777 stattete Kaiser Joseph II auf seiner Ruckreise von Frankreich Konigsfelden einen kurzen Besuch ab wobei er St Blasien links der Wegstrecke liegen liess Zuvor hatte er Martin Gerbert in Freiburg getroffen und im Freiburger Munster am 20 Juli ein vom Furstabt zelebriertes Hochamt besucht Das offensichtliche Desinteresse des Kaisers an der Ahnengruft in St Blasien war dem weiteren Ausbau des Projektes nicht forderlich Der Kaiser beschaftigte sich in diesen Tagen mit einem viel weitreichenderen Projekt Als Kompensation fur die von ihm beanspruchte bayerische Thronfolge beabsichtigte er alle westlich von Konstanz gelegenen Besitzungen Karl Theodor von der Pfalz zu uberlassen Der Bayerische Erbfolgekrieg beendete die Unternehmung in den beiden Folgejahren Geplante Furstengruft in der Domkrypta Bearbeiten nbsp Riss d Ixnards der nicht ausgefuhrten Furstengruft 1791Die Furstengruft in der Krypta des Doms zu St Blasien befanden sich bei der Ankunft des Trauerwagens allerdings noch in der Planungsphase Daher wurden die in Kisten verpackten Gebeine einstweilen im Klosterarchiv zwischengelagert Der monumentale Entwurf d Ixnards fur eine grosse Krypta mit Oberlicht unter der Domkuppel kam nicht zur Ausfuhrung 1778 wurden die Kisten nach einer Hochmesse allerdings ohne grosseres uberregionales Aufsehen in einer bescheidener dimensionierten Grabanlage unter der Orgel verbracht und dort erneut bestattet 7 D Ixnards Entwurf eines Altars oder eines Grabmals fur die Gruft hat sich als aquarellierte Zeichnung im Stift St Paul erhalten 8 Fur den Altar der Gruft schenkte Maria Theresia dem Furstabt am 9 Februar 1771 ein wahrscheinlich von Joseph Moser gefertigtes Bustenreliquiar des Hl Leopold 9 Die haufig gebrauchte Bezeichnung Habsburgergruft ist irrefuhrend da in St Blasien Kuno von Rheinfelden und andere Hochadelige bestattet wurden die nicht direkt dem Haus Habsburg angehorten Daher ist die fruhere Bezeichnung Furstengruft zutreffender 10 Die leere Grabkammer diente nach der Abwanderung der Benediktinermonche als Kartoffelkeller 11 Umzug nach St Paul im Lavanttal BearbeitenMagazin der Gebeinkisten in der Krypta von St Paul im LavanttalFoto Gerhard TrumlerLink zum Bild Bitte Urheberrechte beachten nbsp Epitaph mit den Wappen der Habsburger in St Paul im Lavanttal1805 regelte Freiherr Ferdinand Fechtig von Fechtenberg die Abwicklung der Benediktinerabtei St Blasien die von Kaiser Franz II das Angebot erhalten hatte in das Stift St Paul im Lavanttal ubersiedeln zu durfen Die Benediktiner unter ihrem letzten Furstabt Berthold Rottler verliessen im September 1807 St Blasien Die Gruft liessen sie einstweilen zuruck da die grossherzoglich badischen Behorden vor der Mitnahme ein schriftliches Ersuchen aus Wien forderten Am 22 April 1808 konnte der zuruckgebliebene Benediktiner Frowin Meister die Gebeine in ihren Kisten nach Stift Spital am Pyhrn umbetten Da ihnen das dortige Kollegiatstift zu klein und das Klima zu rau war ubersiedelte der Konvent bereits 1809 nach St Paul im Lavanttal damit gelangten die Gebeine erst 1809 dauerhaft nach Karnten 1818 wurden die Gebeine zum vierten Mal eingesegnet und in St Paul in einer eigens errichteten Tumba erneut bestattet Da die vom Baumeister Pietro Rudolfi aus Udine errichtete Tumba infolge von Baumangeln durchfeuchtet war mussten die verrotteten Kisten 1917 ausgetauscht und im Folgejahr zum funften Mal bestattet werden Die letzte Umbettung und Bestattung folgte 1936 nach dem Abriss der Tumba Das derzeitige Magazin der Gebeinkisten liegt unter dem Hochaltar der Stiftskirche von St Paul 12 Literatur BearbeitenMartin Gerbert Franz Kreutter Feyerliche Uebersetzung der kayserlich koniglich auch herzoglich oesterreichischen hochsten Leichen aus ihren Grabstadten Basel und Konigsfelden in der Schweiz nach dem furstlichen Stift St Blasien auf dem Schwarzwald den 14ten Wintermonats 1770 Uffizin des Klosters St Blasien St Blasien 1770 1 Martin Gerbert De translatis Habsburgo Austriacorum principum eorumque coniugum cadaveribus ex ecclesia cathedrali Basileensi et monasterio Koenigsveldensi in Helvetia ad Conditorium novum monasterii S Blasii in silva nigra Typis San blasianis 1772 Neuauflage 1785 unter dem Titel Crypta San Blasiana nova principum Austiacorum translatis eorum cadaveribus ex cathedrali ecclesia Basileensi et monasterio Koenigsfeldensi in Helvetia anno MDDLXX ad conditiorum novam monasterii S Blasii in nigra siva 2 Ernst Adolf Birkenmayer Eine habsburgische Leichenfeier In Beitrage zur Geschichte der Pfarrei Waldshut Freiburger Diozesan Archiv Band 21 Herderverlag Freiburg 1890 S 254 257 3 Johannes Gut Die Habsburgergruft des Furstabtes Martin Gerbert In Aus der Geschichte St Blasien im Schwarzwald hg v der Stadt St Blasien Buhl B 1997 S 62 82 Franz Ludwig v Haller von Konigsfelden Darstellung der merkwurdigsten Schweizerschlachten vom Jahre 1298 bis 1499 Wallis 1826 Anmerkung 60 auf S 205 4 Leopold Scheichenberger Die Gruft der Habsburger in St Paul zu Karnten In Archiv fur Geographie Historie Staats und Kriegskunst Band 9 1820 S 270ff Richard Strelli St Paul der ersten Habsburger letzte Ruhestatte Anhang Grabdenkmaler in der Habsburgergruft zu St Blasien Federzeichnungen von Marijan Marolt Komm Verlag der Buchh Styria 1918 Weblinks BearbeitenGrabmacherjoggi Basel zu den Umbettungen der Konigin AnnaSiehe auch BearbeitenBestattung Zitas von Bourbon Parma 1989 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Katalog Landesausstellung St Paul 1997 Band I 18 11 auf S 315 Vgl Christiane Thomas Osterreichisches Staatsarchiv Siebenhundert Jahre Schweiz Berger 2001 S 34 Emil Maurer Die Kunstdenkmaler des Kantons Aargau Band 3 Birkhauser Basel 1954 S 64f Franz Ludwig Haller Darstellung der merkwurdigsten Schweizerschlachten vom Jahre 1298 bis 1499 Wallis 1826 Anmerkung 60 auf S 205 Martin Gerbert Franz Kreutter Feyerliche Uebersetzung der kayserlich koniglich auch herzoglich oesterreichischen hochsten Leichen aus ihren Grabstatten Basel und Konigsfelden in der Schweiz nach dem furstlichen Stift St Blasien auf dem Schwarzwald den 14ten Wintermonats 1770 Uffizin des Klosters St Blasien St Blasien 1770 Franz Josef Baer Chronik uber Strassenbau und Strassenverkehr in dem Grossherzogthum Baden Berlin Springer 1878 S 244 Dieter Speck Kleine Geschichte Vorderosterreichs G Braun Karlsruhe 2010 S 192f Vgl Katalog der Landesausstellung St Paul 1991 Nummer 18 10 Band 1 S 315 Vgl Katalog der Landesausstellung St Paul 1991 Nummer 18 13 Band 1 S 316 Vgl Archiv der Gesellschaft fur Altere Deutsche Geschichtskunde zur Beforderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften Deutscher Geschichten des Mittelalters Band 1 Frankfurt 1820 S 270 Hermann Lauer Geschichte der katholischen Kirche im Grossherzogtum Baden Von der Grundung des Grossherzogtums bis zur Gegenwart Herder Freiburg 1908 S 37 Vgl Katalog Landesausstellung St Paul 1991 Band 1 Nummer 18 14 S 317 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Feierliche Ubersetzung der kaiserlich koniglichen auch herzoglich osterreichischen hochsten Leichen amp oldid 232447576