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Eugene Francois Vidocq oˈʒɛn fʀɑ ˈswa viˈdɔk 23 Juli 1775 in Arras 11 Mai 1857 in Paris war ein franzosischer Krimineller und Kriminalist dessen Leben zahlreiche Schriftsteller wie Victor Hugo und Honore de Balzac inspirierte Durch seine Aktivitaten als Begrunder und erster Direktor der Surete nationale sowie die anschliessende Eroffnung einer Privatdetektei die wahrscheinlich die erste der Welt war wird er von Historikern heute als Vater der modernen Kriminalistik 1 2 und der franzosischen Polizei 3 betrachtet und gilt als erster Detektiv 4 uberhaupt 5 Eugene Francois Vidocq 1830 Eugene Francois Vidocq Portrat von Achille Deveria Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und Jugend 1775 1794 1 2 Abenteuerjahre und Gefangnis 1795 1800 1 3 Die Wende 1800 1811 1 4 Die Surete 1811 1832 1 5 Le bureau des renseignements 1833 1848 1 6 Die letzten Jahre 1849 1857 2 Vidocqs Person 3 Kriminalistisches Vermachtnis 3 1 Umgestaltung des Polizeiapparates 3 2 Identifikation von Verbrechern 3 3 Experimente Der Glaube an die Wissenschaft 4 Kulturelle Rezeption 4 1 Literarisches 4 2 Theater 4 3 Verfilmungen 5 Anmerkungen 6 Weiterfuhrende Informationen 6 1 Werke von Vidocq 6 2 Biografien Auswahl 6 3 Uber Vidocqs Auswirkungen auf die Kriminalistik 6 4 Uber Vidocqs Einfluss auf die Literatur 6 5 Weblinks 6 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenEugene Francois Vidocq wurde in der Nacht vom 23 auf den 24 Juli 1775 als drittes Kind des Backermeisters Nicolas Joseph Francois Vidocq 1744 1799 und der diesem am 2 September 1765 angetrauten Frau Henriette Francoise Vidocq 1744 1824 geborene Dion in Arras in der Rue du Mirroir de Venise 1856 umbenannt in Rue des Trois Visages geboren Kindheit und Jugend 1775 1794 Bearbeiten Uber die Kindheit von Vidocq ist nur wenig bekannt Der Vater war gebildet und da er sich auch als Getreidehandler betatigte fur damalige Verhaltnisse vermogend Vidocq hatte sechs Geschwister zwei altere Bruder von denen einer bereits gestorben war als Vidocq geboren wurde zwei jungere Bruder und zwei jungere Schwestern Vidocqs Jugendjahre waren turbulent Er wird als unerschrocken rauflustig und durchtrieben sehr begabt jedoch auch sehr faul beschrieben Er verbrachte viel Zeit in den Waffensalen von Arras und erwarb den Ruf eines furchterregenden Fechters und den Beinamen le Vautrin dt Wildschwein A 1 Mit kleinen Diebereien verschaffte er sich einigen Luxus Mit dreizehn Jahren stahl er das Silbergeschirr seiner Eltern brachte das dafur erhaltene Geld jedoch innerhalb eines Tages durch Drei Tage nach dem Diebstahl wurde er verhaftet und in das lokale Gefangnis Baudets gebracht Erst nach zehn Tagen erfuhr er dass sein eigener Vater den Arrest veranlasst hatte Nach insgesamt vierzehn Tagen wurde er wieder entlassen aber selbst diese Warnung und weitere Strafen vermochten ihn nicht zu bandigen Mit vierzehn entwendete er einen grossen Betrag aus der Geldkassette seiner Familie und versuchte sich in Ostende nach Amerika einzuschiffen Dabei betrog man ihn und so stand er schliesslich mittellos da Um zu uberleben verdingte er sich als Gaukler wobei er sich trotz regelmassiger Prugel vom Stalljungen zum Jahrmarktsmonster hinaufarbeitete In dieser Rolle als karibischer Kannibale musste er rohes Fleisch essen Lange hielt er das nicht aus Er wechselte zu einer Gruppe von Puppenspielern aus der er jedoch verjagt wurde weil er mit der jungen Frau seines Arbeitgebers angebandelt hatte Nach einer Arbeit als Strassenhandler kehrte er nach Arras zuruck wo er seine Eltern um Verzeihung anflehte und von seiner Mutter mit offenen Armen empfangen wurde Am 10 Marz 1791 verpflichtete er sich dem Regiment de Bourbon und bestatigte seinen Ruf als furchterregender Duellant Innerhalb von sechs Monaten focht er 15 Duelle und totete dabei zwei Manner Obwohl er weitere Schwierigkeiten verursachte verbrachte er in dieser Zeit nur insgesamt 14 Tage im Gefangnis Dabei half er einem Mitgefangenen erstmals bei einer erfolgreichen Flucht nbsp Schlacht bei ValmyNachdem Frankreich am 20 April 1792 Osterreich den Krieg erklart hatte musste sich Vidocq wahrend des ersten Koalitionskrieges oft an Kampfen beteiligen So nahm er im September 1792 an der Schlacht bei Valmy teil und wurde am 1 November zum Caporal der Grenadiere befordert Wahrend der Feier zum Anlass seiner Beforderung forderte er einen hoheren Offizier zu einem Duell heraus Als man ihn dafur vor das Kriegsgericht stellen wollte desertierte er von seinem Regiment und wechselte zu den 11e bataillon de chasseurs Jager zu Fuss naturlich ohne seine Vorgeschichte zu erwahnen Am 6 November 1792 kampfte er unter General Dumouriez in der fur die Franzosen erfolgreichen Schlacht bei Jemappes gegen die Osterreicher Im April 1793 wurde er jedoch als Deserteur identifiziert und folgte daraufhin dem General bei dessen Wechsel ins feindliche Lager Nach einigen Wochen kehrte Vidocq ins franzosische Lager zuruck da er sich aus Beteiligungen an Kampfhandlungen gegen seine Landsleute nicht mehr herauszureden vermochte Ein befreundeter Jager Capitaine vermittelte fur ihn woraufhin er wieder bei den Jagern aufgenommen wurde Schliesslich trat er aus der Armee aus nachdem er bei seinen Kameraden nicht mehr gern gesehen war Mit 18 kehrte er nach Arras zuruck und machte sich als Frauenheld einen Ruf Da seine Verfuhrungen oft in Duellen endeten fand er sich am 9 Januar 1794 in dem ihm bereits bekannten Gefangnis Baudets wieder aus dem man ihn am 21 Januar wieder entliess Am 8 August 1794 heiratete der gerade 19 Jahre alt gewordene Vidocq die funf Tage altere Marie Anne Louise Chevalier nachdem sie vorgetauscht hatte schwanger zu sein Die Ehe war von Anfang an nicht glucklich und als Vidocq bemerkte dass seine Frau ihn mit dem 14 Jahre alteren Adjutanten Pierre Laurent Vallain betrog schwindelte er ihr ein wenig Geld ab und fluchtete zuruck zur Armee Erst 1805 sahen sie sich aus Anlass ihrer Scheidung wieder Abenteuerjahre und Gefangnis 1795 1800 Bearbeiten Vidocq blieb nicht lange bei der Armee Im Herbst 1794 hielt er sich meist in Brussel auf und lebte von kleinen Betrugereien Dann geriet er eines Tages in eine Kontrolle der Polizei Vidocq hatte jedoch als Deserteur keine gultigen Papiere Er gab sich als Herr Rousseau aus Lille aus und entkam wahrend seine Angaben noch uberpruft wurden 1795 trat er noch immer unter dem Namen Rousseau der armee roulante dt Fliegenden Armee bei Diese Armee bestand aus Offizieren die kein Patent und kein Regiment hatten Mit Hilfe gefalschter Marschrouten Range und Uniformen verschafften sie sich Unterkunfte und Rationen blieben jedoch weit weg von den Schlachtfeldern Vidocq alias Rousseau begann als Sous lieutenant der Jager beforderte sich jedoch nach und nach zum Capitaine der Husaren In dieser Rolle lernte er eine reiche Witwe kennen die Gefallen an ihm fand Ein Vorgesetzter Vidocqs machte sie glauben einen jungen Adeligen auf der Flucht vor sich zu haben Kurz vor der geplanten Hochzeit bekam Vidocq jedoch Skrupel und beichtete Danach verliess er die Stadt mit einem grosszugigen Geldgeschenk ihrerseits Am 2 Marz 1795 erreichte er Paris wo er in der Unterwelt nicht Fuss fassen konnte und einen Grossteil seines Geldes wegen einer Frau verlor Er ging zuruck in den Norden und schloss sich einer Gruppe bohmischer Zigeuner an die er wiederum fur eine Frau Francine Longuet verliess die ihn kurze Zeit spater mit einem Soldaten betrog Er uberraschte und verprugelte die beiden worauf ihn der Soldat verklagte Vidocq wurde im September 1795 zu drei Monaten Gefangnis verurteilt die er im Tour Saint Pierre in Lille absitzen sollte Vidocq war 20 und passte sich schnell an das Leben im Gefangnis und die dort ublichen Gepflogenheiten an Als seine drei Monate abgelaufen waren wurde er jedoch nicht freigelassen Drei seiner Mitgefangenen hatten ihn in eine Flucht verwickelt und nun wurde er der Dokumentenfalschung und Fluchtbeihilfe verdachtigt Mit viel Ideenreichtum und Frechheit aber auch dank der Unterstutzung der mittlerweile reuigen Francine fluchtete er in den nachsten Wochen mehrmals wurde jedoch immer wieder schnell aufgegriffen Bei einem seiner Ausfluge aus dem Gefangnis ertappte ihn Francine bei der er sich immer versteckte mit einer anderen Frau Daraufhin tauchte er fur mehrere Tage vollig unter und erfuhr erst spater dass Francine durch mehrere Messerstiche verletzt aufgefunden worden war Plotzlich sah er sich auch noch einer Anklage wegen versuchten Mordes gegenuber die erst fallen gelassen wurde als Francine angab sich die Wunden selbst zugefugt zu haben Sein Kontakt zu Francine brach schliesslich ab als sie wegen Fluchtbeihilfe zu einem halben Jahr Gefangnis verurteilt wurde Als er sie Jahre spater das nachste Mal traf war sie verheiratet nbsp Vidocqs Eintrag in den Registern des Bagno von Toulon Nach langer Verzogerung kam es doch noch zu dem Prozess wegen Dokumentenfalschung Am 27 Dezember 1796 wurden Vidocq der stets seine Unschuld beteuert hatte und ein zweiter Angeklagter Cesar Herbaux schuldig gesprochen und zu je acht Jahren Schwerstarbeit in einem Bagno verurteilt Erschopft von Misshandlungen aller Art erschopft von einer Uberwachung die seit meiner Verurteilung noch verdoppelt wurde hutete ich mich wohl Berufung einzulegen ich hatte dann noch einige Monate langer im Untersuchungsgefangnis bleiben mussen Was mich in meinem Entschluss noch bestarkte war die Nachricht dass die Verurteilten sofort nach Bicetre abgefuhrt werden und von dort dem Hauptschub fur das Zuchthaus zu Brest angegliedert werden sollten Ich brauche wohl nicht erst bemerken dass ich unterwegs zu fluchten hoffte Vidocq Landstreicherleben S 119 nbsp Le Malheureux Cloquemin Sous les Verroux 1830 stellt den Transport in Ketten von Bicetre zum Bagno darIm Gefangnis von Bicetre musste er mehrere Monate auf den Transport ins Bagno von Brest warten Ein Mitgefangener lehrte ihn die Kampftechnik Savate was ihm spater noch oft nutzlich wurde Ein Fluchtversuch am 3 Oktober 1797 scheiterte und brachte ihm acht Tage Kerkerhaft ein Am 21 November erfolgte schliesslich der Transport nach Brest Obwohl sich auf dem Weg dorthin keine Gelegenheit fur eine Flucht eroffnete hatte er im Bagno selbst Gluck Bereits am 28 Februar 1798 gluckte ihm als Matrose verkleidet die Flucht Er wurde zwar unterwegs wegen fehlender Papiere noch einmal aufgegriffen doch wahrend man seine neuen Identitatsangaben als Auguste Duval uberprufte entwendete er im Gefangnisspital den Habit einer Nonne und entkam mit dieser Tarnung erneut In Cholet heuerte er als Ochsentreiber an und gelangte so bis nach Paris Arras Brussel Ancer und schliesslich Rotterdam wo ihn Hollander schanghaiten Nach einer nur kurzen Karriere als Freibeuter wurde er erneut verhaftet und nach Douai gebracht wo er als Vidocq identifiziert wurde Daraufhin uberstellte man ihn in das Bagno von Toulon wo er am 29 August 1799 eintraf Nach einem gescheiterten Fluchtversuch entkam er schliesslich am 6 Marz 1800 mit Hilfe einer Prostituierten erneut Die Wende 1800 1811 Bearbeiten Vidocq kehrte heimlich nach Arras zuruck Sein Vater war 1799 verstorben so kam er bei seiner Mutter unter Er versteckte sich fast ein halbes Jahr bei ihr bevor er erkannt wurde und wieder floh Unter einer falschen Identitat als Osterreicher lebte er einige Zeit mit einer Witwe zusammen mit der er um 1802 auch nach Rouen zog Vidocq baute sich einen guten Ruf als Kaufmann auf und liess seine Mutter nachkommen Schliesslich holte ihn seine Vergangenheit aber wieder ein er wurde verhaftet und nach Louvres gebracht Dort erfuhr er dass er in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war wogegen er auf Anraten des dortigen Staatsanwaltes Berufung einlegte Wahrend der folgenden funf Monate in denen er im Gefangnis auf ein Ergebnis wartete benachrichtigte ihn Louise Chevalier von der Scheidung Am 28 November 1805 entwich er schliesslich erneut indem er in einem unbeaufsichtigten Moment aus einem Fenster in die daran vorbeifliessende Scarpe sprang Die nachsten vier Jahre verbrachte er wieder auf der Flucht So hielt er sich einige Zeit in Paris auf wo er Zeuge der Hinrichtung von Cesar Herbaux wurde jenes Mannes mit dem Jahre zuvor durch die Verurteilung wegen Falschung seine Probleme angefangen hatten Bei Vidocq setzte erstmals ein Umdenkprozess ein Gemeinsam mit seiner Mutter und einer Frau er nannte sie in seinen Memoiren Annette die er auch Jahre spater noch als Liebe seines Lebens bezeichnete zog er in den nachsten Jahren mehrmals um Immer wieder begegneten ihm Personen aus seiner Vergangenheit die den mittlerweile als Kaufmann zu Geld Gekommenen erpressten nbsp Das Pariser Staatsgefangnis La ForceAm 1 Juli 1809 wurde Vidocq kurz vor seinem 34 Geburtstag erneut verhaftet Er beschloss nun endgultig sein Leben am Rand der Gesellschaft zu beenden und bot der Polizei seine Dienste an Sein Angebot wurde angenommen und so sperrte man ihn am 20 Juli in Bicetre ein wo er seine Arbeit als Spitzel begann Am 28 Oktober setzte er diese Arbeit im Pariser Staatsgefangnis La Force fort Insgesamt 21 Monate lang horchte er seine Mitgefangenen aus und leitete uber Annette seine Informationen zu gefalschten Identitaten und bisher unaufgeklarten Verbrechen an den Pariser Polizeichef Jean Henry weiter Ich glaubte ich hatte ewig Spitzel bleiben konnen so fern war man dem Gedanken in mir einen Agenten der Polizei zu vermuten Selbst die Turschliesser und die Warter hatten keine Ahnung von der Mission die mir anvertraut war Ich wurde von den Dieben geradezu angebetet die rohesten Banditen achteten mich auch diese Leute kennen ein Gefuhl das sie Achtung nennen Ich konnte zu jeder Zeit auf ihre Ergebenheit rechnen Sie hatten fur mich durchs Feuer gehen mogen Vidocq uber seine Tatigkeit als Spitzel Landstreicherleben S 309 Schliesslich wurde Vidocq auf Empfehlung von Henry aus dem Gefangnis entlassen Um kein Misstrauen unter seinen Mitgefangenen zu verursachen arrangierte man eine Flucht die am 25 Marz 1811 stattfand Frei war er deshalb jedoch nicht denn nun war er Henry verpflichtet Deshalb setzte er seine Tatigkeit fur die Pariser Polizei als Geheimagent fort Er nutzte seine Kontakte und den Ruf seines Namens in der Halb und Unterwelt um sich Vertrauen zu erschleichen verkleidete sich als entflohener Strafling tauchte in das Netzwerk von Helfern der kriminellen Szene ab und nahm teils eigenhandig gesuchte Straftater fest Seine Erfolgsrate war hoch Die Surete 1811 1832 Bearbeiten Ende 1811 organisierte Vidocq inoffiziell die Brigade de la Surete dt Sicherheitsbrigade Nachdem das Polizeiministerium den Wert der Zivilagenten erkannt hatte wurde aus dem Experiment im Oktober 1812 offiziell eine Sicherheitsbehorde unter dem Dach der Pariser Polizei Vidocq wurde zu ihrem Chef ernannt Am 17 Dezember 1813 schliesslich unterschrieb Napoleon Bonaparte ein Dekret das aus der Brigade eine staatliche Sicherheitspolizei machte die sich ab diesem Tag Surete nationale nannte Die Surete hatte anfangs acht dann zwolf 1823 schliesslich 20 Mitarbeiter und erfuhr im folgenden Jahr noch eine Aufstockung auf 28 Geheimagenten Dazu kamen acht Personen die im Geheimen fur die Sicherheitsbehorde arbeiteten aber statt eines Gehaltes die Lizenz fur eine Spielhalle erhielten Wie Vidocq selbst stammte ein Grossteil seiner Untergebenen aus dem kriminellen Milieu Manche holte er fur ihre Tatigkeit erst aus den Bagnos heraus wie etwa Coco Lacour den er selbst in seiner Anfangszeit als Spitzel ins Gefangnis gebracht hatte und der spater sein Nachfolger als Chef der Surete werden sollte Vidocq beschrieb den Dienst aus dieser Zeit Mit diesem so winzigen Personal mussten uber zwolfhundert Entlassene aus den Zuchthausern und Gefangnissen und ahnliche Individuen beaufsichtigt ferner vier bis funfhundert Verhaftungen sowohl im Namen des Polizeiprafekten wie der Gerichtsbehorden vorgenommen Nachforschungen angestellt allerhand Gange besorgt die im Winter so beschwerlichen verschiedenartigen Nachtrunden gemacht werden Ausserdem musste die Sicherheitsbrigade die Polizeikommissare bei Haussuchungen und beim mundlichen Verhor unterstutzen die offentlichen Versammlungen in und ausserhalb der Stadt besuchen und die Eingange zu den Theatern die Boulevards die Schenken vor den Toren und alle anderen Orte wo sich Beutelschneider und Spitzbuben ein Rendezvous geben uberwachen Vidocq Landstreicherleben S 371f Vidocq bildete seine Agenten personlich aus z B in Hinsicht auf die richtige Kostumierung fur einen Auftrag Auch selbst ging er immer noch auf die Jagd nach Kriminellen Seine Memoiren enthalten zahlreiche Geschichten daruber wie er Verbrecher unterschiedlichster Gattung uberlistete sei es nun als verlassener Ehemann der die Blute seiner Jahre schon langst hinter sich hatte oder aber als Bettler Er schreckte nicht mal vor der Simulation seines eigenen Todes zuruck Doch trotz seiner Position als Chef einer Polizeibehorde war Vidocq nach wie vor ein gesuchter Krimineller Seine Verurteilung wegen Dokumentenfalschung hatte er nie vollstandig abgesessen und so erhielten seine Vorgesetzten neben Beschwerden und Denunziationen immer wieder auch Anfragen des Gefangnisdirektors von Douai die jedoch ignoriert wurden Erst am 26 Marz 1817 veranlasste Comte Jules Angles der Pariser Polizeiprafekt auf eine Petition von Vidocq hin dessen offizielle Begnadigung durch Konig Ludwig XVIII nbsp Honore de Balzac Daguerreotypie von Louis Auguste Bisson 1842Im November 1820 heiratete Vidocq erneut die mittellose Jeanne Victoire Guerin uber deren Herkunft nichts bekannt ist was damals zu einigen Spekulationen fuhrte Sie zog in sein Haus in die Rue de l Hirondelle 111 wo auch Vidocqs Mutter und deren Nichte die 27 jahrige Fleuride Albertine Maniez 22 Marz 1793 lebten 1822 lernte er Honore de Balzac kennen der Vidocq als Vorbild mehrerer Figuren in seinen Werken verwendete Vidocqs Ehefrau die zeit ihres Ehelebens kranklich war starb keine vier Jahre nach der Eheschliessung im Juni 1824 in einem Krankenhaus Sechs Wochen spater am 30 Juli starb auch seine 83 jahrige Mutter die er in allen Ehren bestatten liess Wahrend der 1820er Jahre traten einige Ereignisse ein die sich auch auf den Polizeiapparat auswirkten Nach der Ermordung des Duc de Berry im Februar 1820 musste der bisherige Polizeiprafekt Angles zurucktreten und wurde durch den Jesuiten Guy Delavau ersetzt der grossen Wert auf die Religiositat seiner Untergebenen legte 1824 starb Ludwig XVIII Sein Nachfolger wurde der ultrareaktionare Karl X der repressiv herrschte und zu diesem Zweck immer wieder Agenten von ihren eigentlichen Tatigkeiten abberief Schliesslich ging auch noch Polizeichef Henry der Vidocq Jahre zuvor angestellt hatte in Pension Ihm folgte Parisot den man aber rasch durch den ambitionierten aber auch sehr formellen Marc Duplessis ersetzte Die Abneigung zwischen ihm und Vidocq war gross Immer wieder beschwerte sich Duplessis wegen der Aufenthalte von Vidocqs Agenten in Bordellen und Lokalen mit ublem Ruf wo diese Kontakte knupften und Informationen sammelten Nachdem Vidocq innerhalb kurzester Zeit zwei Verwarnungen erhielt hatte er genug Am 20 Juni 1827 reichte der 52 Jahrige seinen Rucktritt ein Depuis dix huit ans je sers la police avec distinction Je n ai jamais recu un seul reproche de vos predecesseurs Je dois donc penser n en avoir pas merite Depuis votre nomination a la deuxieme division voila la deuxieme fois que vous me faites l honneur de m en adresser en vous plaignant des agents Suis je le maitre de les contenir hors du bureau Non Pour vous eviter monsieur la peine de m en adresser de semblables a l avenir et a moi le desagrement de les recevoir j ai l honneur de vous prier de vouloir bien recevoir ma demission Achtzehn Jahre lang habe ich der Polizei mit Auszeichnung gedient Ich habe nie einen einzigen Vorwurf von Ihren Vorgangern erhalten Ich muss daher glauben dass ich nie einen verdient habe Seit Ihrer Ernennung zu der Zweiten Abteilung ist das das zweite Mal dass Sie mir die Ehre antun sich an mich zu wenden und sich uber meine Agenten zu beklagen Bin ich ihr Herr und Gebieter in ihren ausserdienstlichen Zeiten Nein Um Ihnen mein Herr die Muhe zu ersparen sich zukunftig mit weiteren ahnlichen Beschwerden an mich zu wenden und mir selbst die Unannehmlichkeit sie zu erhalten habe ich die Ehre Sie zu bitten meine Abdankung entgegennehmen zu wollen Vidocq in seinem Abschiedsgesuch vom 20 Juni 1827 Anschliessend schrieb er seine Memoiren in denen er die Notwendigkeit und die Effektivitat seiner Sicherheitspolizei darstellte und sich strikt gegen die politische Polizei wandte Denn politische Polizei heisst eine Einrichtung hervorgerufen durch den Wunsch sich auf Kosten des Staates zu bereichern dessen Unruhe man bestandig kunstlich in Atem halt Politische Polizei ist gleichbedeutend mit dem Bedurfnis Geheimgelder aus dem Budget zu beziehen mit dem Bedurfnis gewisser Beamten sich selbst als unentbehrlich zu zeigen indem der Staat in angeblicher Gefahr gezeigt wird Vidocq Landstreicherleben S 372 nbsp Heiratsurkunde Seite 1 von 3 Vidocq der nach seinem Rucktritt ein reicher Mann war wurde nun Unternehmer In Saint Mande einem Ort nordlich von Paris wo er am 28 Januar 1830 auch seine Cousine Fleuride Maniez heiratete grundete er eine Papierfabrik und stellte vorwiegend entlassene Zuchthausler sowohl Manner als auch Frauen ein Das stellte einen unerhorten Skandal dar der zu Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft fuhrte Dazu kosteten die Maschinen Geld die Arbeiter die erst angelernt werden mussten brauchten Essen und Kleidung und schliesslich weigerten sich seine Kunden Marktpreise zu bezahlen Der Betrieb konnte sich nicht lange halten Vidocq machte 1831 als Fabrikant Bankrott Polizeiprafekt Delavau und Polizeichef Duplessis mussten in seiner Abwesenheit zurucktreten und Karl X wahrend der Julirevolution 1830 abdanken Nachdem Vidocq wertvolle Tipps zur Aufdeckung eines Einbruchs lieferte setzte ihn der neue Polizeiprafekt Henri Gisquet wieder als Chef der Surete ein Doch die Kritik an ihm und seiner Organisation wuchs Am 5 Juni 1832 ging seine Truppe angeblich mit grosser Harte gegen Unruhen vor die im Rahmen einer Cholera Epidemie beim Begrabnis von General Jean Maximilien Lamarque ausbrachen und den Thron des Burgerkonigs Louis Philippe gefahrdeten Dazu kam dass Vidocq im Verdacht stand jenen Diebstahl dessen Aufklarung ihm seine Wiedereinstellung einbrachte selbst initiiert zu haben um seine Unentbehrlichkeit zu beweisen Einer seiner Agenten wurde wegen dieser Affare zu zwei Jahren Haft verurteilt Schliesslich beriefen sich immer ofter Verteidiger darauf dass er und seine Agenten durch ihre Vergangenheit als Kriminelle als Augenzeugen unglaubwurdig waren Damit wurde Vidocqs Position endgultig unhaltbar Am 15 November 1832 reichte er unter dem Vorwand einer Krankheit seiner Frau erneut seinen Rucktritt ein J ai l honneur de vous informer que l etat maladif de mon epouse m oblige de rester a Saint Mande pour surveiller moi meme mon etablissement Cette circonstance imperieuse m empechera de pouvoir a l avenir diriger les operations de la brigade de surete Je viens vous prier de vouloir bien recepter ma demission et recevoir mes sinceres remerciements pour toutes les marques de bonte dont vous avez daigne me combler Si dans une circonstance quelconque j etais assez heureux pour vous servir vous pouvez compter sur ma fidelite et mon devouement a toute epreuve Ich habe die Ehre Sie zu informieren dass die Kranklichkeit meiner Ehefrau mich zwingt in Saint Mande zu bleiben um mein Etablissement selbst zu uberwachen Dieser dringende Umstand wird mich daran hindern in Zukunft die Operationen der Sicherheitsbrigade lenken zu konnen Ich bitte Sie meine Abdankung entgegenzunehmen und meinen aufrichtigen Dank fur alle Zeichen der Gute mit denen mich zu uberhaufen Sie geruht haben zu empfangen Wenn ich unter jedweden Umstanden glucklich sein sollte Ihnen noch einmal dienen zu konnen konnen Sie auf jeden Fall auf meine Treue und Hingabe zahlen Vidocq in seinem Abschiedsgesuch vom 15 November 1832 Noch am selben Tag wurde die Surete aufgelost und neu gegrundet Agenten mit Vorstrafen waren nun nicht mehr erlaubt Vidocqs Nachfolger wurde Pierre Allard Le bureau des renseignements 1833 1848 Bearbeiten Vidocq grundete 1833 Le bureau des renseignements dt Nachrichtenburo ein Unternehmen das zwischen einem Detektiv bzw Auskunftsburo und einer Privatpolizei einzustufen ist und als erstes Unternehmen dieser Art gilt 6 Wieder stellte er vorwiegend ehemalige Kriminelle ein Seine Truppe die anfangs aus elf Detektiven zwei Beamten und einem Sekretar bestand nahm im Auftrag von Geschafts und Privatleuten den Kampf gegen Faiseurs Gauner Betruger Bankrotteure auf wobei sie gelegentlich auch illegale Mittel nutzte 7 Ab 1837 stand er wegen seiner Tatigkeit und diffusen Beziehungen zu diversen Regierungsbehorden wie dem Kriegsministerium in standigen Auseinandersetzungen mit der offiziellen Polizei Am 28 November 1837 unternahm die Polizei eine Hausdurchsuchung und beschlagnahmte uber 3 500 Akten und Dokumente Vidocq wurde einige Tage spater festgenommen und verbrachte Weihnachten und Neujahr im Gefangnis Ihm wurden drei Verbrechen zur Last gelegt namlich Aneignung von Geld durch arglistige Tauschung die Korruption von Beamten des offentlichen Dienstes und die Anmassung offentlicher Funktionen Im Februar 1838 lehnte der zustandige Richter nach Anhorung zahlreicher Zeugen alle drei Anklagen ab Vidocq war wieder frei Vidocqs Person wurde zunehmend zum Gegenstand der Literatur und der offentlichen Diskussion Balzac schrieb mehrere Romane und Theaterstucke in denen Figuren nach Vidocqs Vorbild auftauchten nbsp Die ConciergerieDie Agentur florierte doch Vidocq schuf sich weiter zum Teil machtige Feinde Am 17 August 1842 sturmten 75 Polizeibeamte im Auftrag des Pariser Polizeiprafekten Gabriel Delessert sein Burogebaude und verhafteten ihn und einen seiner Agenten diesmal schien der Fall eindeutig Er hatte in Ermittlungen wegen Unterschlagung eine unrechtmassige Verhaftung vorgenommen und dem verhafteten Betruger einen Wechsel uber das erschwindelte Geld abverlangt Die nachsten Monate verbrachte der mittlerweile 67 jahrige Vidocq in Untersuchungshaft in der Conciergerie Erst am 3 Mai 1843 fanden die ersten Anhorungen vor dem Richter Michel Barbou einem engen Bekannten von Delessert statt Wahrend der Verhandlungen musste Vidocq auch fur viele andere Falle Rechenschaft ablegen so unter anderem fur die Entfuhrung mehrerer Frauen die er angeblich gegen deren Willen im Auftrag ihrer Familien in Kloster gebracht hatte Auch seine Tatigkeit als Geldgeber und eventuelle Vorteile die er daraus gezogen hatte wurden durchleuchtet Schliesslich verurteilte ihn das Gericht zu funf Jahren Haft und 3 000 Franc Geldstrafe Vidocq ging sofort in Berufung und erhielt durch die Intervention politischer Freunde wie des Grafen Gabriel de Berny und des Generalstaatsanwaltes Franck Carre rasch einen neuen Prozess dieses Mal vor dem Vorsitzenden Richter des court royale Die Verhandlung am 22 Juli 1843 war eine Sache von Minuten nach elf Monaten in der Conciergerie war Vidocq wieder ein freier Mann Doch der Schaden war angerichtet Das Verfahren war sehr teuer und sein Ruf hatte Schaden genommen weshalb auch die Geschafte in der Agentur nicht mehr richtig liefen Dazu versuchte Delessert ihn als ehemaligen Kriminellen der Stadt verweisen zu lassen Der Versuch scheiterte zwar doch Vidocq uberlegte immer ofter die Agentur loszuwerden Einzig qualifizierte und zugleich einigermassen seriose Kaufer fehlten Vidocq veroffentlichte in den kommenden Jahren mehrere kleine Bucher in denen er sein Leben darstellte in direkter Auseinandersetzung mit den freien Schilderungen die uber ihn kursierten Ausserdem legte er 1844 einen Essay uber Gefangnisse Zuchthauser und die Todesstrafe vor Am Morgen des 22 September 1847 starb auch seine dritte Frau Fleuride nach 17 Ehejahren Vidocq heiratete nicht mehr lebte aber bis an sein Lebensende mit Partnerinnen zusammen 1848 brach in Paris die Februarrevolution aus bei der Burgerkonig Louis Philippe abgesetzt wurde Die Zweite Republik mit Alphonse de Lamartine an der Spitze einer Ubergangsregierung wurde ausgerufen Und obwohl Vidocq vorher auf seine Empfange bei Hof stolz war und sich seines Zugangs zu Louis Philippe ruhmte bot er seine Dienste nun unmittelbar der neuen Regierung an Seine Aufgabe in den nachsten Monaten bestand in der Uberwachung politischer Gegner wie Charles Louis Napoleons des Neffen von Napoleon Bonaparte Wahrenddessen versank die neue Regierung in Chaos und Gewalt Bei den fur den 10 Dezember 1848 angesetzten Prasidentenwahlen erhielt Lamartine weniger als 8000 Stimmen Vidocq selbst stellte sich im 2 Arrondissement auch zur Wahl auf erhielt aber nur eine Stimme Eindeutiger Gewinner und damit Prasident der Zweiten Republik wurde Charles Louis Napoleon der auf Vidocqs Angebot fur ihn zu arbeiten nicht reagierte Die letzten Jahre 1849 1857 Bearbeiten Vidocq musste 1849 noch ein letztes Mal kurz ins Gefangnis die Anklage wegen Betrugs wurde jedoch fallen gelassen Er zog sich mehr und mehr ins Privatleben zuruck und ubernahm meist nur noch kleine Auftrage In den letzten Jahren seines Lebens litt er unter massiven Schmerzen an einem im Kampf gebrochenen und nie richtig verheilten Arm Dazu hatten ihn Fehlinvestitionen einen grossen Teil seines Vermogens gekostet weshalb er seinen Lebensstandard einschranken und wieder zur Miete wohnen musste Im August 1854 uberlebte er trotz anders lautender Prognosen seines Arztes die Cholera Erst im April 1857 verschlechterte sich sein Zustand derart dass er nicht mehr aufzustehen vermochte Am 11 Mai 1857 starb Vidocq im Alter von 82 Jahren im Beisein seines Arztes seines Anwalts und eines Pfarrers Je l aimais je l estimais Je ne l oublierai jamais et je dirai hautement que c etait un honnete homme Ich mochte ihn ich schatzte ihn Ich werde ihn nie vergessen und ich kann nur sagen er war ein ehrlicher Mann Alphonse de Lamartine 8 nbsp Eintrag in das Sterberegister von Saint DenysSeine Leiche wurde in die Kirche Saint Denys gebracht wo auch der Trauergottesdienst stattfand Es ist nicht bekannt wo Vidocq begraben ist weshalb sich darum einige Geruchte ranken Eines davon das beispielsweise in der Biografie von John Philip Stead erwahnt wird ist dass sein Grab am Friedhof von Saint Mande liegt 9 Dort befindet sich ein Grabstein mit der Aufschrift Vidocq 18 Laut Auskunft der Stadt ist dieses Grab jedoch auf Vidocqs letzte Ehefrau Fleuride Albertine Maniez registriert Sein Vermogen bestand zum Schluss aus 2907 50 Franc aus dem Verkauf seiner Guter und 867 50 Franc Pension 6 Insgesamt elf Frauen meldeten sich als Besitzer eines letzten Willens den sie fur ihre Gunst anstelle von Geschenken erhalten hatten Sein verbliebenes Vermogen erhielt Anne Heloise Lefevre bei der er zum Schluss gewohnt hatte Vidocq hatte keine Kinder zumindest keine die bekannt waren Anerkennungsversuche von Emile Adolphe Vidocq dem Sohn seiner ersten Ehefrau der zu diesem Zweck seinen Nachnamen geandert hatte scheiterten Vidocq hatte Beweise hinterlassen die seine Vaterschaft ausschlossen Zum Zeitpunkt der Empfangnis war er im Gefangnis Vidocqs Person BearbeitenAuch wenn eine Vielzahl literarischer und vermeintlich realer Schriften das Leben und die Person Vidocqs darstellen oder sich zumindest an ihm anlehnen bleiben doch seine Memoiren aus dem Jahr 1827 die beste Quelle um seine Personlichkeit zu erfassen Seine Biografen sind sich einig Vidocq war ein eindimensionaler Mensch mit einem engen Blickwinkel auf das Leben und seine Zeit Er lebte in turbulenten Zeiten die franzosische Revolution pragte das Umfeld seiner Jugend Napoleon Bonaparte und die napoleonischen Kriege waren der Grund seines Eintritts in die Armee Die Restauration bot ihm die Moglichkeit nicht nur in die Pariser Polizei einzutreten sondern sie zu formen und die Unruhen des Jahres 1832 und schliesslich der Februarrevolution wurfelten die Gesellschaft durcheinander Vidocq sah das alles nicht Ihn interessierte nur sein eigenes Leben Fur Vidocq haben Eruptionen unter denen Europa Landesgrenzen anderte nur Existenz soweit sie ihm zu Fressen und Frauen verhelfen Ludwig Rubiner im Vorwort zu seiner Ubersetzung von Vidocqs Memoiren Landstreicherleben S 7 Die Kriege waren nur Gelegenheit zum Untertauchen der Staat existierte in der Frage nach dem Namen dem Pass und den Vorstrafen Irgendein eigenes Verstandnis von Staat oder Gesellschaft entwickelte Vidocq nie Seine lockere Art die Seiten zu wechseln war die logische Folge er kannte keine Loyalitat er fuhlte sich nichts verbunden nicht seinen Frauen seinen Kameraden den Mitgliedern seiner Truppe oder einer Idee Kriminalistisches Vermachtnis BearbeitenVidocq gilt unter Historikern heute als Vater der modernen Kriminalistik Seine Vorgehensweise war fur die damalige Zeit neuartig und einmalig Ihm werden die Einfuhrung der Undercover Arbeit Ballistik Tests und des Dateikartensystems bei der Polizei zugeschrieben Dabei wurde sein Wirken aufgrund seiner kriminellen Vergangenheit in Frankreich lange nicht anerkannt Im September 1905 stellte die Surete Nationale eine Gemaldereihe mit den ehemaligen Oberhauptern der Behorde aus Das erste Gemalde der Reihe zeigte allerdings Pierre Allard den Vidocq als seinen Nachfolger vorgeschlagen hatte Die Zeitung L Exclusive berichtete am 17 September 1905 dass sie auf Anfrage bezuglich der Auslassung die Auskunft erhalten hatte dass Vidocq nie Chef der Surete gewesen sei Umgestaltung des Polizeiapparates Bearbeiten Als Vidocq um 1810 auf die Seite der Polizei wechselte gab es in Frankreich zwei Polizeiorganisationen Zum einen die police politique dt politische Polizei deren Agenten sich mit der Aufdeckung von Verschworungen und Intrigen beschaftigten zum anderen die normale Polizei die alltagliche Verbrechen wie Diebstahl Betrug Prostitution und Mord untersuchte Bereits im Mittelalter trugen deren Gendarmen Identifizierungsinsignien aus denen sich im Laufe der Zeit vollstandige Uniformen entwickelt hatten Im Gegensatz zu der auch verdeckt agierenden politischen Polizei waren sie leicht zu erkennen Die uniformierten Gendarmen konnten sich in manche Pariser Stadtteile aus Furcht vor Ubergriffen nicht wagen ihre Moglichkeiten bei der Kriminalpravention waren dementsprechend eingeschrankt Vidocq uberredete seine Vorgesetzten die Agenten seiner Sicherheitsbrigade zu denen auch Frauen gehorten in Zivil oder der Situation entsprechend verkleidet einzusetzen Sie fielen somit nicht auf und kannten als ehemalige Kriminelle die Schlupfwinkel und Methoden der Kriminellen Uber ihre Kontakte erfuhren sie teils von geplanten Verbrechen und fassten die Verbrecher dadurch oft auf frischer Tat Auch Vidocqs Verhore liefen anders ab als ublich In seinen Memoiren erzahlt er mehrmals wie er mit gerade Verhafteten nicht direkt zum Gefangnis gefahren ist sondern sie zuvor zum Essen einlud bei dem er sich mit ihnen unterhielt Neben Informationen zu anderen Verbrechen die er dabei oft beilaufig erhielt fuhrte diese gewaltlose Methode auch oft zu Gestandnissen und dem Anwerben kunftiger Informanten und sogar Agenten August Vollmer erster Polizeichef von Berkeley und eine der fuhrenden Personlichkeiten in der Entwicklung der Kriminalpolizei in den Vereinigten Staaten 10 beschaftigte sich im Rahmen der Polizeireform vor allem mit den Werken von Vidocq und dem osterreichischen Kriminologen Hans Gross 11 Seine Reformen wurden von der International Association of Chiefs of Police IACP ubernommen deren Prasident er war und wirkten sich infolgedessen aus auf J Edgar Hoover und das von ihm geleitete FBI das 1908 von Bonapartes Grossneffen Charles Joseph Bonaparte gegrundet worden war 12 Robert Peel der 1829 in seiner Funktion als britischer Innenminister Scotland Yard grundete entsandte 1832 eine Kommission nach Paris die sich mehrere Tage mit Vidocq besprach 1843 reisten erneut zwei Kommissare von Scotland Yard zur Weiterbildung nach Paris Sie verbrachten allerdings nur zwei Tage mit dem Surete Chef Allard und sprachen anschliessend bei Vidocq vor Eine Woche lang begleiteten sie ihn und seine Agenten bei deren Arbeit Identifikation von Verbrechern Bearbeiten nbsp BertillonageJurgen Thorwald bescheinigt Vidocq in seinem Werk Das Jahrhundert der Detektive ein fotografisches Gedachtnis das es ihm ermoglichte bereits auffallig gewordene Kriminelle selbst in Verkleidung jederzeit zu erkennen Der Biograf Samuel Edwards berichtet in The Vidocq Dossier von einer Verhandlung gegen den Betruger und Falscher Lambert in der er sich selbst auch auf sein Gedachtnis bezog Vidocq besuchte regelmassig die Gefangnisse um sich die Inhaftierten einzupragen Auch seine Agenten waren zu diesen Besuchen verpflichtet Die englische Polizei ubernahm diese Methode Noch bis in die spaten 1980er Jahre besuchten englische Detektive Gerichtsverhandlungen um die Zuschauer auf den offentlichen Galerien zu beobachten und auf eventuelle Komplizen aufmerksam zu werden Wie Vidocq bei der Lambertschen Gerichtsverhandlung sagte war zwar sein Gedachtnis phanomenal er konnte dies jedoch nicht bei seinen Agenten voraussetzen Deshalb legte er zu jedem Verhafteten sorgfaltig eine Karteikarte an die eine Personalbeschreibung Pseudonyme fruhere Verurteilungen die typische Vorgehensweise und sonstige Informationen enthielt Die Karteikarte vom Falscher Lambert enthielt unter anderem eine Schriftprobe Das Karteikartensystem wurde nicht nur von der franzosischen Polizei beibehalten sondern auch von Polizeieinheiten anderer Lander ubernommen Allerdings offenbarte es in den nachsten Jahren auch seine Schwachen Als Alphonse Bertillon 1879 als Hilfsschreiber zur Surete kam waren die auf den Kartchen festgehaltenen Beschreibungen der Kriminellen schon langst nicht mehr detailliert genug um Verdachtige auch tatsachlich nur mit deren Hilfe identifizieren zu konnen Das veranlasste Bertillon zur Entwicklung eines anthropometrischen Systems der Personenidentifizierung der Bertillonage Die Sortierung der Karteikasten die zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Raume fullten wurde auf Korpermasse umgestellt der erste von vielen Versuchen Struktur und Aufbau der Sortierung zu verbessern Mit Beginn des Informationszeitalters wurden die Karteikarten digitalisiert und die Karteikartensysteme von Datenbanksystemen abgelost Dazu gehoren unter anderem vom FBI verwaltete Datenbanken wie das biometrische IAFIS ein AFIS das alle in den Vereinigten Staaten gesammelten Fingerabdrucke enthalt das MUPS Missing Unidentified Persons System das Daten zu vermissten Personen und unidentifizierten Leichen enthalt und das NIBRS National Incident Based Reporting System das kriminelle Vorfalle dokumentiert Experimente Der Glaube an die Wissenschaft Bearbeiten Eine forensische Wissenschaft gab es zu Vidocqs Zeiten noch nicht Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen war der praktische Nutzen durch die Polizei noch nicht erkannt worden was auch Vidocq nicht andern sollte Dennoch war er Experimenten gegenuber nicht so abgeneigt wie seine Vorgesetzten hatte im jeweiligen Burogebaude auch meist ein kleines Laboratorium eingerichtet In den Archiven der Pariser Polizei befinden sich einige Berichte von Fallen zu deren Aufklarung er bereits Jahrzehnte vor ihrer tatsachlichen Anerkennung forensische Methoden anwandte Chemische Verbindungen Im Frankreich zu Vidocqs Zeit gab es bereits Schecks und Wechsel Falscher kauften Schecks auf und anderten diese zu ihren Gunsten Um dem Problem zu begegnen beauftragte Vidocq 1817 zwei Chemiker mit der Entwicklung eines falschungssicheren Papiers Dieses Papier fur das Vidocq ein Patent anmeldete war mit Chemikalien behandelt die bei nachtraglichen Anderungen die Tinte verschmieren liessen wodurch Scheckfalschungen zu erkennen waren Laut dem Biografen Edwards nutzte Vidocq seine Kontakte ausgiebig und bewarb das Papier gegenuber den Betrogenen hauptsachlich Bankiers die ihn mit der Ausforschung der Betruger beauftragten Dadurch fand das Papier weite Verbreitung Vidocq nutzte es zusatzlich fur seine Karteikarten um dadurch deren Zuverlassigkeit vor Gericht hervorheben zu konnen Zudem liess er eine Tinte herstellen die sich nicht mehr unsichtbar machen liess Diese wurde unter anderem ab Mitte der 1860er Jahre von der Franzosischen Regierung fur den Druck von Banknoten genutzt Tatortuntersuchungen Louis Mathurin Moreau Christophe zeitgenossischer Generalinspektor der franzosischen Gefangnisse beschreibt in seinem Buch Le monde des coquins wie Vidocq Spuren am Tatort nutzte um anhand seiner Kenntnisse uber die Verbrecher und deren Vorgehensweise den Tater zu ermitteln Als konkretes Beispiel nennt Moreau Christophe einen Einbruchsdiebstahl in der Bibliotheque Royale 1831 bei dessen Untersuchung er selbst auch anwesend war Vidocq inspizierte dabei ein Paneel der Tur die der Tater aufgebrochen hatte genauer und erklarte dass aufgrund der angewendeten Methode und der Perfektion mit der diese ausgefuhrt worden ware eigentlich nur ein Tater infrage kommen konne der Dieb Fossard der allerdings momentan im Gefangnis sasse Er erhielt daraufhin von dem ebenfalls anwesenden Polizeichef Lecrosnier die Auskunft dass Fossard vor acht Tagen ausgebrochen sei Zwei Tage spater konnte Vidocq den Dieb verhaften der den Einbruch auch tatsachlich begangen hatte Spurensicherung Die Karteikarte fur den Dieb Hotot dokumentiert einen der ersten Falle der Uberfuhrung eines Kriminellen durch seine am Tatort hinterlassenen Schuhabdrucke Der ihm bekannte Dieb war Vidocq wegen dessen nasser und mit Schlamm beschmutzter Kleidung aufgefallen Als er zum Tatort eines Diebstahls gerufen wurde fielen ihm im Garten des Hauses Schuhabdrucke auf Er holte die Schuhe des Diebes und liess sie mit den Spuren vergleichen Mit der Ubereinstimmung der Abdrucke konfrontiert gestand der Dieb Um 1910 formulierte der forensische Pionier Edmond Locard Direktor des franzosischen Polizeilabors in Lyon das bereits von Vidocq genutzte Prinzip als Locard sche Regel Kein Kontakt ohne Materialubertragung Dessen Anwendung das neben Finger und Schuhabdrucken auch Reifen und Schmauchspuren Fasern DNA Ruckstande und vieles mehr umfasst ist heute gangiges Mittel zur Tateruberfuhrung und wird durch Experten durchgefuhrt Daktyloskopie nbsp FingerabdruckFingerabdrucke wurden bereits von den antiken Babyloniern und den amerikanischen Ureinwohnern von Nova Scotia als Unterschriften genutzt 1684 schrieb der britische Botaniker Nehemiah Grew erstmals eine Arbeit uber die Muster an den Fingerkuppen die er dem Royal College of Physicians of London prasentierte 1823 veroffentlichte Jan Evangelista Purkyne eine Arbeit in der er uber die Individualitat von Fingerabdrucken schrieb und eine erste Klassifikation vornahm Es ist nicht bekannt ob Vidocq diese Arbeit gelesen hat aber sowohl Balzac als auch Hugo haben beide laut dem Biografen Edwards Notizen hinterlassen aus denen hervorgeht dass er sich ab etwa dieser Zeit mit Fingerabdrucken beschaftigte und sich zu diesem Zweck auch ein Huygens Mikroskop zulegte Anscheinend diskutierte er mit seinen Freunden uber seine Experimente und war fest davon uberzeugt sie zur Identifizierung von Verbrechern nutzen zu konnen Dumas schrieb dass sich Vidocq auf die Suche nach einem Physiker gemacht habe den er von seinen Ideen uberzeugen konnte Wahrenddessen uberredete er Gefangene aus Bicetre zur Abnahme ihre Fingerabdrucke Dabei stellte er fest dass normale Tinte bei diesem Vorgang verschmierte Auch seine eigene Tinte brachte keinen Erfolg da diese zu schnell trocknete dadurch nur schwache Abdrucke hinterliess und zudem wochenlang an den Fingern seiner Versuchskaninchen haften blieb Feuchte Lehmplatten erzeugten zwar deutlich bessere Abdrucke brauchten dafur jedoch zu viel Platz in den Archivraumen Bis zu seinem ersten Austritt aus der Surete hatte Vidocq keine zufrieden stellende Losung fur die Sicherstellung von Fingerabdrucken gefunden und verfolgte dieses Projekt spater nicht mehr weiter da er auch keinen Physiker uberzeugen konnte ihn zu unterstutzen Er erfuhr nicht mehr dass Ivan Vucetic mit einfacher Tusche ein verwendbares Mittel gefunden hatte Allerdings glaubte er bis zu seinem Lebensende an die Nutzbarkeit von Fingerabdrucken und diskutierte das Thema oft unter anderem 1845 in einem Interview mit zwei Reportern der London Times und der New York Post Ein Jahr nach seinem Tod fuhrte William Herschel in Indien die Verwendung von Fingerabdrucken zur Vermeidung von Pensionsbetrug ein 1888 veroffentlichte Francis Galton seine erste Arbeit uber die Einzigartigkeit von Fingerabdrucken und ebnete damit der Daktyloskopie ihren Weg in Europa 1892 wurde in Argentinien erstmals ein Mord mit Hilfe dieser Wissenschaft aufgeklart die heute ein Standardverfahren ist Ballistik Alexandre Dumas hinterliess Aufzeichnungen die einen Mordfall von 1822 beschreiben Die Comtesse Isabelle d Arcy die sehr viel junger als ihr Ehemann war und diesen betrogen hatte war erschossen aufgefunden worden worauf die Polizei den Comte d Arcy verhaftete Vidocq hatte mit dem Mann gesprochen und war der Meinung dass der alte Gentleman nicht die Personlichkeit eines Morders hatte Er untersuchte dessen Duellpistolen und stellte fest dass diese entweder nicht abgefeuert oder seither gereinigt wurden Daraufhin uberredete er einen Arzt heimlich die Kugel aus dem Kopf der Adeligen zu entfernen Ein einfacher Vergleich zeigte dass die Kugel viel zu gross war um aus den Pistolen des Comte zu stammen Daraufhin durchsuchte Vidocq die Wohnung des Liebhabers der Ermordeten und fand darin neben zahlreichen Schmuckstucken auch eine grosse Pistole zu der die Kugeln von der Grosse her passten Der Comte identifizierte die Schmuckstucke als die seiner Frau Vidocq fand daraufhin ausserdem einen Hehler bei dem der Verdachtige bereits einen Ring versetzt hatte Mit den Beweisen konfrontiert gestand der Liebhaber den Mord Der erste richtige Abgleich zwischen einer Waffe und einer Kugel fand 1835 durch Henry Goddard einen Bow Street Runner statt Am 21 Dezember 1860 berichtete die London Times uber ein Gerichtsurteil bei dem der Morder Thomas Richardson in Lincoln erstmals nur mit Hilfe der Ballistik zum Tod verurteilt wurde 1990 wurde in Philadelphia die Vidocq Society gegrundet Deren Mitglieder sind forensische Experten FBI Profiler Ermittler der Mordkommission Wissenschaftler Psychologen und Leichenbeschauer die bei ihren monatlichen Treffen unentgeltlich unaufgeklarte alte Falle aus aller Welt durchleuchten und gemass ihrem Motto Veritas veritatum dt Wahrheit erzeugt Wahrheit versuchen den jeweiligen Ermittlern neue Anhaltspunkte zu verschaffen Kulturelle Rezeption BearbeitenLiterarisches Bearbeiten nbsp Rastignac und Vautrin auf dem Titelblatt von Le Pere GoriotUm 1827 verfasste Vidocq eine Autobiografie uber sein bisheriges Leben die er im Sommer 1828 bei dem Buchhandler Emile Morice veroffentlichen wollte Die befreundeten Autoren Honore de Balzac Victor Hugo und Alexandre Dumas fanden das dunne Buchlein jedoch zu kurz worauf Vidocq sich einen neuen Verleger suchte Dieser Louis Francois L Heritier brachte noch im Dezember desselben Jahres die Memoiren heraus die mit Hilfe einiger Ghostwriter auf vier Bande angewachsen waren Das Werk wurde zu einem Bestseller und verkaufte sich bereits im ersten Jahr laut Biograf Samuel Edwards uber 50 000 Mal Der Erfolg regte Nachahmer an 1829 veroffentlichten zwei Journalisten unter dem Pseudonym des Kriminellen Malgaret das Buch Memoires d un forcat ou Vidocq devoile das Vidocqs angebliche kriminelle Aktivitaten aufdecken sollte Auch andere Polizeibeamte folgten Vidocqs Beispiel und schrieben in den nachsten Jahren eigene Biografien so auch der Polizeiprafekt Henri Gisquet Vidocq inspirierte mit seiner Lebensgeschichte auch viele zeitgenossische Schriftsteller von denen er viele zu seinem engen Bekanntenkreis zahlte So bildet er in Balzacs Schriften regelmassig das Vorbild literarischer Figuren Im dritten Teil von Illusions perdues 1837 1843 dt Verlorene Illusionen Souffrance de L Inventeur dt Die Leiden des Erfinders werden seine Erfahrungen als gescheiterter Unternehmer aufgegriffen in Gobseck 1829 stellt Balzac erstmals den Polizisten Corentin vor am deutlichsten wird aber die Verbindung Vidocqs mit der Figur des Vautrin Dieser tritt erstmals in Balzacs Roman Vater Goriot 1834 frz Le Pere Goriot auf dann in Illusions perdues Splendeurs et miseres des courtisanes als Hauptfigur La Cousine Bette Le Contrat de mariage und ist schliesslich die Hauptfigur des Theaterstucks Vautrin von 1840 Vidocqs Methoden und Verkleidungen inspirieren Balzac auch zu vielen weiteren Bezugen in seinem Werk In Victor Hugos Les Miserables 1862 dt Die Elenden sind die Charaktere sowohl Jean Valjeans als auch Inspektor Javerts Vidocq nachempfunden ebenso der Polizist Jackal aus Les Mohicans de Paris 1854 1855 dt Die Mohikaner von Paris von Alexandre Dumas Er war die Grundlage fur Monsieur Lecoq einen Inspektor der in zahlreichen Abenteuern von Emile Gaboriau die Hauptrolle spielte und fur Rodolphe de Gerolstein der in den Zeitungsromanen von Eugene Sue allwochentlich fur Gerechtigkeit sorgte Und er kann auch in dem das Genre der Kriminalliteratur begrundenden Werk Der Doppelmord in der Rue Morgue von Edgar Allan Poe 13 und den Geschichten Moby Dick von Herman Melville 14 und Great Expectations von Charles Dickens wiedergefunden werden Theater Bearbeiten nbsp Melodram am Pariser Boulevard du Crime Honore DaumierVidocq war ein grosser Freund des Theaters In der Pariser Bevolkerung war zu seinen Lebenszeiten der so genannte Boulevard du Crime dt Boulevard des Verbrechens recht beliebt An dieser Strasse lagen mehrere Theaterhauser in denen allabendlich Kriminalgeschichten in Form von Melodramen dargestellt wurden Eines dieser Theater war das Theatre de l Ambigu Comique das von Vidocq in grossem Ausmass gefordert und unterstutzt wurde Laut Biograf James Morton reichte er auch selbst ein Stuck ein das allerdings nie produziert wurde Auch hatte er Plane sich selbst als Darsteller zu versuchen die er aber nie verwirklichte Zahlreiche seiner Geliebten waren Schauspielerinnen aber auch viele seiner Freunde und Bekannten stammten aus der Theater Szene Zu ihnen gehorte der bekannte Schauspieler Frederick Lemaitre der unter anderem die Hauptrolle in der Inszenierung von Balzacs Vautrin ubernahm als das Stuck am 14 Marz 1840 nach zahlreichen Problemen mit der Zensur im Theatre de la Porte Saint Martin uraufgefuhrt wurde Er bemuhte sich dabei sein Aussehen moglichst dem von Vidocq anzupassen auf dem die Figur ja basierte Bereits bei der Premiere kam es zu Tumulten da die gewahlte Perucke zu grosse Ahnlichkeit mit der des Konigs Louis Philippe hatte weshalb das Stuck nach einem entsprechenden Verbot durch den franzosischen Innenminister kein zweites Mal aufgefuhrt wurde Aber nicht nur die durch Vidocq inspirierten Werke schafften es auf die Buhne auch seine eigene Lebensgeschichte mit den Memoiren als literarischer Vorlage wurde mehrmals aufgefuhrt Besonders in England war die Begeisterung fur Vidocq gross Seine Memoiren wurden rasch ins Englische ubersetzt und schon wenige Monate spater fand am 6 Juli 1829 im Surrey Theater im Londoner Stadtteil Lambeth die Urauffuhrung von Vidocq The French Police Spy statt Das Melodram in 2 Akten das von Robert William Elliston produziert wurde stammte aus der Feder von Douglas William Jerrold Vidocqs Rolle wurde von T P Cooke ubernommen der auch in Jerrolds Erfolgsstuck Black eyed Susan aus demselben Jahr die Hauptrolle spielte Obwohl die Kritiken u a in The Times durchaus positiv waren wurde das Stuck im ersten Monat nur neun Mal aufgefuhrt und danach abgesetzt Einige Jahre nach Vidocqs Tod wurde im Dezember 1860 im Britannia Theater in Hoxton unter dem Titel Vidocq or The French Jonathan Wild ein weiteres Theaterstuck basierend auf Vidocqs Memoiren aufgefuhrt das von F Marchant geschrieben wurde aber nur eine Woche auf dem Spielplan stand 1909 schrieb Emile Bergerat das Melodram Vidocq empereur des policiers in 5 Akten und 7 Szenen Die Produzenten Hertz und Coquelin lehnten es aber ab worauf Bergerat sie erfolgreich auf 8 000 Franc Schadenersatz verklagte Das Stuck wurde dann 1910 im Theatre Sarah Bernhardt uraufgefuhrt Jean Kemm der Jahre spater auch an einem Film uber Vidocq beteiligt sein sollte ubernahm die Hauptrolle nbsp Buhnenstuck uber Vidocq mit Zeha Schroder und Johan Schuling 2017 Die Renaissance des Vidocq Stoffs zeigte sich auch im Theater 2017 brachte das Ensemble Freuynde Gaesdte mit der Tragikomodie Kaschemme Punkt acht von Zeha Schroder eine moderne Theatralisierung von Vidoqcs Leben in Munster zur Urauffuhrung Das Stuck zeigt den Ganoven am Wendepunkt seiner Biografie als er dem Polizeichef Henry 1809 seine Dienste anbietet um der Kriminalitat zu entkommen Die Gesprachssituation in einer zwielichtigen Kaschemme ist zwar fiktiv doch der Stucktext basiert zu weiten Teilen auf den Memoiren Vidocqs von 1828 15 Verfilmungen Bearbeiten Bereits 1909 entstand der erste Film uber Vidocq Am 13 August 1909 16 erschien der auf Vidocqs Memoiren basierende Kurz Stummfilm La Jeunesse de Vidocq ou Comment on devient policier in Frankreich Vidocq wurde von Harry Baur dargestellt der die Rolle auch in den beiden Fortsetzungen L Evasion de Vidocq 1910 17 und Vidocq 1911 18 verkorperte Unter der Regie von Jean Kemm entstand 1922 der nachste Stummfilm Vidocq dessen Drehbuch von Arthur Bernede 19 nach den Memoiren konzipiert worden war Die Hauptrolle spielte Rene Navarre Der erste Tonfilm wurde 1938 veroffentlicht Jacques Daroy drehte den wieder nach der Hauptfigur benannten Film mit Andre Brule als Vidocq Der Film der sich grosstenteils mit der Verbrecherlaufbahn Vidocqs beschaftigt war im Vergleich zu zeitgenossischen Kriminalfilmen eher glanzlos wurde aber dennoch auch ausserhalb Frankreichs gespielt 20 Am 19 Juli 1946 erschien der erste von Amerikanern gedrehte Film uber Vidocq Ein eleganter Gauner 21 George Sanders stellte Vidocq in Douglas Sirks Verfilmung dar die den Aufstieg eines Gauners in der Gesellschaft verbunden mit einer Liebesgeschichte zeigt Bereits im April 1948 folgte wieder eine franzosische Version der Lebensgeschichte Vidocqs Le Cavalier de Croix Mort wurde 1947 von Lucien Ganier Raymond mit Henri Nassiet in der Hauptrolle gedreht 22 Ab dem 7 Januar 1967 sendete der franzosische Fernsehsender ORTF die erste von zwei Fernsehserien Vidocq 23 mit Bernard Noel in der Titelrolle 13 Folgen zu je 26 Minuten wie alle bisherigen Verfilmungen in Schwarzweiss Die zweite Serie Les Nouvelles Aventures de Vidocq 24 hatte am 5 Januar 1971 Premiere In 13 Folgen in Farbe zu je 55 Minuten wird Vidocq von Claude Brasseur verkorpert 2001 erschien Vidocq schliesslich unter der Regie von Pitof als eine Mischung aus Fantasy und Horror Die Figur Vidocq wird darin durch Gerard Depardieu mit all seinen Eigenheiten und Talenten relativ authentisch dargestellt die dargestellten Ereignisse rund um den Alchemisten sind jedoch nie wirklich geschehen 2018 erschien mit Vidocq Herrscher der Unterwelt eine weitere Verfilmung von Jean Francois Richet mit Vincent Cassel in der Titelrolle 25 Anmerkungen Bearbeiten Die heutige franzosische Bezeichnung lautet sanglier Vautrin ist eine mundartliche Bezeichnung fur Wildschwein in Nordfrankreich Artois und Picardie die sich vermutlich vom reflexiven Verb se vautrer dt sich suhlen herleitet Weiterfuhrende Informationen BearbeitenWerke von Vidocq Bearbeiten Memoires de Vidocq chef de la police de Surete jusqu en 1827 1828 Digitalisat Deutsche Ubersetzung von Ludwig Rubiner aus dem Jahr 1920 Landstreicherleben als Volltext auf Wikisource Biografie Les voleurs Paris 1836 Roy Terry Digitalisat eine Studie uber Diebe und Betruger Dictionnaire d Argot 1836 PDF 982 kB ein Argot Worterbuch Considerations sommaires sur les prisons les bagnes et la peine de mort 1844 PDF 208 kB Uberlegungen uber Mittel zur Verringerung der Kriminalitat Les chauffeurs du nord 1845 Erinnerungen an seine Zeit als Bandenmitglied Les vrais mysteres de Paris 1844 Roman geschrieben von Horace Raisson und Maurice Alhoy aber aus Werbegrunden unter Vidocqs Namen veroffentlicht Biografien Auswahl Bearbeiten Samuel Edwards The Vidocq Dossier The story of the world s first detective Houghton Mifflin Boston Mass 1977 ISBN 0 395 25176 1 Dieses Werk enthalt allerdings viele teils sehr offensichtliche Fehler Louis Guyon Biographie des Commissaires et des Officiers de Paix de la ville de Paris Edition Goullet Paris 1826 Edward A Hodgetts Vidocq A Master of Crime Selwyn amp Blount London 1928 Barthelemy Maurice Vidocq Vie et aventures Laisne Paris 1861 John Philip Stead Vidocq Der Konig der Detektive Vidocq Picaroon of Crime Union Deutsche Verlags Gesellschaft Stuttgart 1954 James Morton The first detective The life and revolutionary times of Vidocq criminal spy and private eye Ebury Press London 2005 ISBN 0 09 190337 8 Jean Savant La vie aventureuse de Vidocq Librairie Hachette Paris 1973 Uber Vidocqs Auswirkungen auf die Kriminalistik Bearbeiten Clive Emsley Haia Shpayer Makov Police Detectives in History 1750 1950 Ashgate Publishing Aldershot 2006 ISBN 0 7546 3948 7 Gerhard Feix Das grosse Ohr von Paris Falle der Surete Verlag Das Neue Berlin Berlin 1979 Dominique Kalifa Naissance de la police privee Detectives et agences de recherches en France 1832 1942 Civilisations et Mentalites Plon Paris 2000 ISBN 2 259 18291 7 Paul Metzner Crescendo of the Virtuoso Spectacle skill and self promotion in Paris during the age of revolution University of California Press Berkeley Cal 1998 ISBN 0 520 20684 3 ark cdlib org Jurgen Thorwald Wege und Abenteuer in der Kriminalistik Droemer Knaur Munchen 1981 ISBN 3 85886 092 1 fruherer Titel Das Jahrhundert der Detektive Uber Vidocqs Einfluss auf die Literatur Bearbeiten Paul Gerhard Buchloh Jens P Becker Der Detektivroman Studien zur Geschichte und Form der englischen und amerikanischen Detektivliteratur Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1978 ISBN 3 534 05379 6 Sandra Engelhardt The investigators of crime in literature Tectum Verlag Marburg 2003 ISBN 3 8288 8560 8 Regis Messac Le Detective Novel et l influence de la pensee scientifique Neue Ausgabe Les Belles Lettres coll Travaux Paris 2011 ISBN 978 2 251 74246 5 Nachdruck der Ausgabe Paris 1929 Alma E Murch The development of the detective novel P Owen London 1968 Charles J Rzepka Detective Fiction Polity Press Cambridge 2005 ISBN 0 7456 2941 5 Ellen Schwarz Der phantastische Kriminalroman Untersuchungen zu Parallelen zwischen roman policier conte fantastique und gothic novel Tectum Verlag Marburg 2001 ISBN 3 8288 8245 5 zugl Dissertation Universitat Giessen 2001 Julian Symons Bloody Murder From the Detective Story to the Crime Novel a history Pan Books London 1994 ISBN 0 330 33303 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eugene Francois Vidocq Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Eugene Francois Vidocq Quellen und Volltexte Literatur von und uber Eugene Francois Vidocq im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Eugene Francois Vidocq in der Deutschen Digitalen Bibliothek Werke von Vidocq im Project Gutenberg Vidocq Du Bagne a la Police de Surete franzosisch Vidocq In Arras Online com Arras zahlt Vidocq neben dem 17 Jahre fruher geborenen Maximilien de Robespierre zu den beruhmtesten Sohnen der Stadt franzosisch The Vidocq Society beschaftigt sich mit lange ungelosten und komplexen Verbrechen Die Mitglieder sind Spezialisten aus zahlreichen Bereichen der Kriminalistik englisch Einzelnachweise Bearbeiten Jay A Siegel Forensic Science The Basics CRC Press 2006 ISBN 0 8493 2132 8 S 12 James Andrew Conser Gregory D Russell Law Enforcement in the United States Jones amp Bartlett Publishers 2005 ISBN 0 7637 8352 8 S 39 Clive Emsley Haia 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