Euclid – benannt nach dem antiken Mathematiker Euklid von Alexandria – ist ein Weltraumteleskop der ESA, das im Rahmen des Programmes Cosmic Vision 2015–2025 zur genauen Vermessung der Expansion des Universums entwickelt wurde. Dazu messen zwei Instrumente sichtbares Licht und Infrarotstrahlung im Wellenlängenbereich von 550 bis 2000 nm. Die gewonnenen Daten sollen Erkenntnisse zur vermuteten Dunklen Energie und Dunklen Materie liefern. Das Weltraumteleskop wurde am 1. Juli 2023 mit einer Falcon-9-Rakete des Raumfahrtdienstleisters SpaceX gestartet und erreichte am 28. Juli 2023 seinen Zielort, den zweiten Lagrange-Punkt (kurz L2) im Erde-Sonne-System. Dort angekommen sendete das Teleskop erste Bilder, die am 31. Juli 2023 veröffentlicht wurden. Es soll mindestens sechs Jahre lang den Weltraum erkunden und mehr als ein Drittel des gesamten Himmels durchmustern.
Euclid (Weltraumteleskop) | ||||||||||
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Euclid-Weltraumteleskop | ||||||||||
NSSDC ID | 2023-092A | |||||||||
Missionsziel | genaue Vermessung der Expansion des Universums | |||||||||
Betreiber | ESA | |||||||||
Hersteller | EADS Astrium und Thales Alenia Space | |||||||||
Trägerrakete | Falcon 9 Block 5 | |||||||||
Startmasse | 2160 kg | |||||||||
Instrumente | ||||||||||
Visual Imager Instrument (VIS), Near Infrared Spectrometer and Photometer Instrument (NISP) | ||||||||||
Verlauf der Mission | ||||||||||
Startdatum | 1. Juli 2023, 15:12 UTC | |||||||||
Startrampe | SLC-40, Cape Canaveral SFS | |||||||||
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Missionsziele Bearbeiten
Die Mission untersucht den Zusammenhang zwischen Rotverschiebung und der Entwicklung der kosmischen Strukturen, beispielsweise von Galaxien und Galaxienhaufen. Erfasst werden die Formen von Galaxien und Galaxienhaufen bis zu einer Rotverschiebung von ungefähr 2. Damit reicht der Blick ungefähr 10 Milliarden Jahre zurück und deckt damit den Zeitraum ab, in dem sich die Entwicklung des Universums vor allem durch den Einfluss von Dunkler Materie erklären lässt. Aus den Daten soll die bisher größte und genaueste 3D-Karte des Universums entstehen, mit Milliarden Sternen und Galaxien und einem sehr großen Vorrat an Daten, die von der Forschung über viele Jahre hin ausgewertet werden.
Euclid soll helfen, die folgenden Fragen zu beantworten:
- Wie verteilt sich Dunkle Materie im Universum?
- Wie vollzog sich die Ausdehnung des Universums?
- Was sagt uns das über mögliche Eigenschaften Dunkler Energie?
- Lassen sich die Beobachtungen durch einen mit der Zeit sich ändernden Anteil an Dunkler Energie erklären?
- Wie formen sich die großräumigen Strukturen im Universum?
Für die Beantwortung dieser Fragen nutzt Euclid hauptsächlich zwei Mittel:
- Schwache Gravitationslinsen: Sie sind ein Mittel, um die Verteilung von dunkler Materie erfassen zu können, indem die Verzerrungen von Galaxien durch ungleich verteilte Massen entlang der Sichtlinien untersucht werden.
- Baryonische Akustische Oszillationen: Dies sind Wellen, die in großen Galaxienhaufen erkannt werden können. Aus diesen Wellenmustern kann ein Maßstab für die Ausdehnung des Universums und für die mutmaßliche Beschleunigung durch Dunkle Energie abgeleitet werden.
Ablauf Bearbeiten
Bauvergabe und Bau Bearbeiten
Die Verträge mit den beteiligten Instituten, die die beiden wissenschaftlichen Instrumente bauen sollten, wurden am 20. Juni 2012 unterschrieben. Am 24. Januar 2013 wurde bekannt gegeben, dass die NASA Sensoren für das Infrarotinstrument von Euclid liefern wird. US-Wissenschaftler sind damit an Euclid beteiligt.
Der Bau des Raumflugkörpers wurde im Juni 2012 ausgeschrieben. In Astriums Entwurf für Euclid bestehen die beiden ersten der drei Teleskopspiegel aus Siliziumcarbid. Im alternativen Entwurf von Thales Alenia Space sollten diese Teleskopspiegel aus Glaskeramik bestehen, die von einer Stützstruktur aus Siliciumnitrid stabilisiert wird.
Astrium in Toulouse gewann am 11. Juni 2013 den Auftrag für das Nutzlastmodul von Euclid mit Teleskopspiegeln aus Siliciumcarbid. Thales Alenia Space (TAS) hingegen wurde am 27. Juni 2013 als Hauptauftragnehmer für Euclid ausgewählt. TAS baute demnach die Versorgungseinheit. In diese wurde dann das Nutzlastmodul von Astrium eingebaut.
Im Juli 2020 waren die Arbeiten und Tests an den beiden Instrumenten abgeschlossen.
Start Bearbeiten
Das Weltraumteleskop sollte nach ursprünglicher Planung mit einer Sojus-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou starten. Aufgrund des Russischen Überfalls auf die Ukraine und der darauf folgenden Embargos wurden im März 2022 die geplanten Starts mit der Sojus-Rakete aufgekündigt. Stattdessen startete Euclid mit einer Falcon-9-Rakete des privaten Raumfahrtdienstleisters SpaceX. Dafür wurde das Teleskop von Cannes nach Savona und von dort am 15. April 2023 per Schiff zum Kennedy Space Center in Florida transportiert.
Die Falcon 9 startete am 1. Juli 2023 um 17:12 MESZ. Der Start verlief gut. Am 2. Juli wurde eine kleine Korrektur der Flugbahn vorgenommen und die Geschwindigkeit um 2,14 m/s geändert.
Missionsverlauf Bearbeiten
Während der Reise zu L2 wurde zunächst das Raumfahrzeug auf korrekte Funktion getestet, dann begann die Kommissionierungsphase. Vom 4. bis 8. Juli wurde der Hauptspiegel in Richtung Sonne gedreht. Hierdurch wurde der Spiegel erhitzt, und eventuell verbleibende Eisablagerungen auf dem Spiegel konnten so verdampfen. Die beiden Instrumente wurden für den Einsatz vorbereitet. Am 9. Juli wurde die Hochgewinnantenne ausgefahren, anschließend wurde vom 11. bis 12. Juli die Elektronik der Nutzlasten einschließlich der redundanten Systeme getestet.
Schließlich wurde das Feinausrichtungssystem getestet. Das erste Licht der Instrumente war zwischen dem 15. und 18. Juli. Die ersten, noch unfokussierten Bilder zeigten, dass alle Instrumente voll funktionsfähig waren und die erwarteten Qualitäten aufweisen. Das VIS-Instrument zeigte jedoch bei einer bestimmten Ausrichtung zur Sonne ein unerwartetes Muster. Vermutet wurde zuerst, dass dieses vor allem durch Streulicht verursacht wird, das unter bestimmten Umständen auf den Feinausrichtungssensor fällt. Der Sensor konnte die Leitsterne nicht finden. Dann stellte sich heraus, dass bei hoher Sonnenaktivität, wie es zur Zeit der Kommissionierung der Fall war, Protonen aus dem Sonnenwind beim Einschlag auf dem Detektor des Feinausrichtungssystems als Sterne interpretiert werden. Außerdem verursachte Röntgenstrahlung von der Sonne weitere Störungen. Zur Lösung des Problems wurde eine neue Software für eine veränderte Beobachtungsfolge installiert. Der Sensor ist dabei dauerhaft in eine Richtung weg vom Sonnenwind ausgerichtet.
Die Instrumente wurden fokussiert und das Raumfahrzeug erreichte am 28. Juli 2023 die Umlaufbahn um L2. Die ersten Fotos wurden am 31. Juli veröffentlicht, erste hochaufgelöste Bilder am 7. November desselben Jahres.
Die nominale Missionsdauer beträgt sechs Jahre, plus ca. 6 Monate für die Kommissionierung und Kalibrierung, eine Verlängerung um weitere fünf Jahre ist möglich.
Wissenschaftliche Auswertung Bearbeiten
Die Daten von Euclid werden vom internationalen Euclid-Konsortium ausgewertet. Gegen Ende 2023 waren ungefähr 2600 Teilnehmer am Euclid-Konsortium registriert, davon ca. 1000 Astrophysiker, Kosmologen, theoretische Physiker und Teilchenphysiker, die in rund 200 Instituten und Laboratorien arbeiten, mit dem Zweck der Auswertung der Missionsdaten und zur Überprüfung der Erkenntnisse mit erdgebundenen Teleskopen und in Laboratorien aller Art. Die Prozesse sollen in ähnlicher Weise laufen wie DPAC, das Daten der Gaia-Mission auswertet. Euclid befasst sich jedoch mehr mit Galaxien und Gravitationslinsen als mit einzelnen Sternen. Die Sterne der Milchstraße insgesamt sind bei der Auswertung eher hinderlich und die beobachteten Himmelsbereiche umgehen die Regionen der Milchstraße mit hoher Sternendichte und die Regionen mit Zodiakallicht.
Die Zentrale des Konsortiums befindet sich am Institut d’Astrophysique de Paris. Mitarbeiter und Wissenschaftler können sich zudem über nationale Büros registrieren. Solche Büros gibt es in Österreich, Belgien, Kanada, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Rumänien, Schweiz, Vereinigtes Königreich, USA.
Aufbau des Satelliten Bearbeiten
Servicemodul Bearbeiten
Das Servicemodul enthält alle nötigen Komponenten, die zum Betrieb des Raumfahrzeugs und der Nutzlast notwendig sind. Dazu zählen das Telemetrie- und Kommunikationssystem, die Energieversorgung, die Navigations- und Lagekontrolle, die Triebwerke, die Temperaturkontrolle, Bordcomputer, Speichermodule, die Tanks für Hydrazin und Kaltgas etc.
Sonnenschild Bearbeiten
Ein Sonnenschild aus carbonfaserverstärktem Kunststoff schützt das Teleskop vor Wärmeeinstrahlung. Sonnensensoren ermöglichen die Ausrichtung zur Sonne hin. Am oberen Ende hat der Sonnenschild drei Blenden mit abnehmender Höhe, die eine Beugung des Sonnenlichts an der Kante in Richtung Öffnung des Teleskops minimieren. Auf der Rückseite des Schilds und zwischen Servicemodul und Nutzlastmodul sind mehrere Lagen von Kaptonfolie zur Wärmeisolierung angebracht. Im Bereich des VIS-Instruments ist eine zusätzliche Abschirmung gegen Weltraumstrahlung angebracht.
Stromversorgung Bearbeiten
Der Sonnenschild ist mit Solarzellen bedeckt, die zwischen 2430 und 1780 Watt an elektrischer Leistung generieren. Die Power Conditioning and Distribution Unit (PCDU) sorgt für eine geregelte Bordspannung von 28 Volt. Alle Verbraucher zusammen benötigen maximal 1360 W, dabei ist die Alterung der Bauteile gegen Ende der geplanten Nutzungsdauer, Leitungsverluste, eine Toleranz von 20 % und die maximale Bordspannung eingerechnet. Für die Startphase gibt es eine Batterie, die bis zu 419 Watt abgeben kann und eine Kapazität von 300 Wattstunden hat. Nach der Startphase befindet sich das Raumfahrzeug permanent im Sonnenlicht und braucht die Batterie zum Betrieb nicht mehr.
Bordcomputer Bearbeiten
Der Bordcomputer (Command and Data Management Unit, CDMU) steuert das Raumfahrzeug und kontrolliert Lage und Flugbahn und die Datenverarbeitung. Der Computer ist modular aufgebaut und verwendet eine Standard-Zentraleinheit, dazu speziell gefertigte Module für die Ein- und Ausgabe von Daten. Die Zentraleinheit basiert auf einem für die Raumfahrt zugelassenen Mikroprozessor (LEON-FT) mit einer Leistung von 40 MIPS und 5 MFLOPS. Es sind zwei redundante Einheiten verbaut zur Fehlertoleranz. Eine Speichereinheit kann die Wissenschaftsdaten von bis zu 72 Stunden aufnehmen, dazu die Telemetriedaten des Raumschiffs für 20 Tage. Für den Datenaustausch benutzt das System zwei Mil-Std-1553-Busse. Einer dient den Komponenten der Versorgungseinheit, der andere verbindet die Instrumente und die Speichereinheit. Die Instrumente liefern ihre großen Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit direkt mit Space-Wire an die Speichereinheit.
Kommunikation Bearbeiten
Die Telemetrie- und Steuerbefehle von Euclid werden im X-Band übertragen. Das X-Band ist stabiler in der Datenübertragung und unempfindlich gegen widrige Wetterverhältnisse an der Bodenstation, erreicht aber nicht die Datenrate im Ka-Band. Die X-Band-Antenne wird weiterhin zur Positionsbestimmung und zur Entfernungsmessung benutzt. Zur Absicherung der Notfallkommunikation im X-Band gibt es drei Niedergewinnantennen. Zwei davon mit halbkugelförmiger Richtcharakteristik sind an gegenüberliegenden Seiten angebracht und ermöglichen die Kommunikation aus jeder beliebigen Richtung. Dafür dient ein redundanter Transceiver mit einer Datenrate von 2 kbit/s. Die dritte Antenne ist zusammen mit der Hochgewinnantenne an einem schwenkbaren Arm befestigt und lässt sich zur Erde ausrichten, sie arbeitet mit einer Datenrate von 26 kbit/s. Im Notfall können auch Wissenschaftsdaten im X-Band übertragen werden. Im Uplink von der Bodenstation sind Datenraten von 4 kbit/s oder 16 kbit/s im X-Band möglich.
Die gewonnenen Daten der Instrumente und ggf. auch Telemetriedaten werden im Ka-Band (26 GHz) über eine ausklappbare bewegliche Hochgewinnantenne im Durchmesser von 70 cm an die Bodenstation gesandt. Der Mechanismus ist in zwei Achsen ±55° im Azimut und zwischen −70° und +40° in der Höhe beweglich. Im normalen Betrieb soll Euclid vier Stunden am Tag im Ka-Band senden, mit einer Datenrate von durchschnittlich 55 Mbit/s. Der Sender ist redundant und kann zwischen einer Datenrate von 73,85 Mbit/s und einer reduzierten Datenrate von 36,92 Mbit/s wechseln, dies ermöglicht einen Gewinn von 3 dB zusätzlich bei schlechtem Wetter. Der Sender hat direkten Zugriff auf die Daten der Speichereinheit.
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Die Lagekontrolle muss zwei unterschiedliche Funktionen ermöglichen: zum einen eine sehr stabile Ausrichtung in einer Richtung, zum anderen zügige Schwenks von einem Beobachtungsfeld zum anderen mit einer hohen Präzision und möglichst wenig Korrekturmanövern. Die Lagekontrolle erlaubt Schwenks mit einer relativen Resttoleranz von 75 Millibogensekunden über einen Zeitraum von 700 Sekunden bei einer absoluten Ausrichtung von ±7,5 Bogensekunden. Ein Feinausrichtungssensor mit vier CCD-Sensoren, die auf der Bildebene im VIS-Instrument montiert sind, wird für die Feinausrichtung benutzt. Die Feinausrichtung geschieht durch Kaltgastriebwerke mit einem Schub im Millinewton-Bereich. Drei Sternsensoren und ein Gyroskop helfen bei der Lagekontrolle. Die Sternsensoren sind auf dem Versorgungsmodul montiert und unterliegen wärmebedingten Verformungen, die eine genaue Ausrichtung erschweren. Aus diesem Grund verfügt der Feinausrichtungssensor über einen eigenen Katalog von Referenzsternen, die es erlauben, dass die Sternentracker und der Feinausrichtungssensor ihre Referenzrahmen gegenseitig kalibrieren können. Es gibt zur Stabilisierung ein Gyroskop und vier Reaktionsräder, die die Schwenks ausführen. Nach jedem Schwenk werden die Reaktionsräder gestoppt, sodass während der Aufnahmen keine Vibration von den Rädern auftritt. Vier Tanks enthalten Stickstoff für die Kaltgastriebwerke. Die betankte Menge von 70 kg ist nominal berechnet für sieben Jahre (6 Jahre für die Mission und 1 Jahr für die Kommissionierung) mit einem Sicherheitszuschlag von 100 %.
Für das Einschwenken in den Orbit und die monatliche Stabilisierung der Bahn am L2 sowie die Versetzung in einen Friedhofsorbit am Ende der Nutzung gibt es redundant zwei mal zehn Hydrazin-Triebwerke, die aus einem Tank mit 137,5 kg Hydrazin versorgt werden. Während diese Triebwerke in Betrieb sind, wird der Wissenschaftsbetrieb unterbrochen.
Auch die Elektronik der Instrumente ist im Nutzlastmodul untergebracht.
Nutzlast und Instrumente Bearbeiten
Das Nutzlastmodul befindet sich permanent im Schatten des Sonnenschilds und ist durch eine Struktur aus drei Fiberglas-Zweibeinen vom Nutzlastmodul getrennt, zusätzlich gibt es eine mehrlagige Schicht von Kaptonfolien zur Wärmeisolierung. Die Art der Montierung verhindert, dass Temperaturänderungen im Servicemodul mechanische Bewegung auf die Nutzlast übertragen und somit Verzerrungen verursachen können.
Das 1,2-m-Korsch-Teleskop mit drei Spiegeln und 24,5 m Brennweite und einem Sichtfeld von 1,25 x 0,727° ist senkrecht zur Sonnenrichtung ausgerichtet. Die Teleskopachse darf aus der Senkrechten maximal drei Grad in Richtung Sonne und 10 Grad von der Sonne weg ausgerichtet werden. Die Spiegel und die Stützstrukturen bestehen aus Siliziumcarbid. Zur Rauschunterdrückung wird das Teleskop passiv und aktiv gekühlt. Der Primärspiegel M1 wird passiv gekühlt auf einer Temperatur von unter 130 K gehalten mit einer Temperaturschwankung von weniger als 50 mK. Der Sekundärspiegel M2 ist in drei Freiheitsgraden ausrichtbar. Das Wärmemanagement ist ähnlich zu dem von Gaia.
Ein dichroitischer Spiegel teilt das Licht in zwei Spektralbereiche auf für die beiden Instrumente NISP und VIS. Beide Instrumente verwenden rasterförmig quadratisch angeordnete CCD-Sensoren, die von e2v (jetzt Teledyne e2v) hergestellt wurden, betrachten denselben Himmelsausschnitt und machen im gleichen Zeitraum die Messungen. Für die Auswertung können die Aufnahmen der verschiedenen Spektralbereiche von VIS und NISP übereinander gelegt werden. Für die große Menge an anfallenden Daten gibt es für beide Instrumente einen gemeinsamen Speicher mit 4 Tbit Kapazität.
NISP Bearbeiten
Das Near Infrared Spectrometer and Photometer Instrument (NISP) arbeitet im nahen Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums zwischen 950 und 2020 nm. Das Instrument besitzt für diesen Spektralbereich mehrere Filterräder, kann Fotos oder Spektren aufnehmen und verwendet dafür 16 rechteckig angeordnete CCDs aus Quecksilber-Kadmium-Tellurid (HgCdTe) von je 2040 × 2040 Pixeln; das sind insgesamt ungefähr 64 Megapixel. Die Auflösung ist 0,3 Bogensekunden pro Pixel. Die einzelnen Pixel haben eine größere Fläche als die Pixel des VIS-Instruments, was zum einen weniger Auflösung, aber andererseits eine höhere Empfindlichkeit bewirkt. Die Magnitudengrenze (geringste noch erkennbare Helligkeit) liegt bei 25. Das Sichtfeld ist 0,763° × 0,722°, das ist eine Fläche von 0,57 Quadratgrad.
Während das Instrument selbst eine Temperatur von weniger als 140 K hat, werden die Sensoren weiter abgekühlt auf ungefähr 95 K. Die Elektronik dazu befindet sich im Servicemodul und wird warm bei ungefähr 290 K betrieben. Das Instrument hat eine elektrische Leistungsaufnahme von 180 W und produziert 290 GBit an Daten täglich.
Im Betrieb wechselt das Instrument regelmäßig zwischen zwei verschiedenen Modi. Der photometrische Modus ist für Bilder mit Breitbandfiltern und der spektroskopische Modus für die Aufnahme von spaltlosen Spektren auf den Sensoren.
Die Filter haben einen Durchmesser von 130 mm; damit sind sie die größten Nahinfrarotfilter, die bisher bei einer Weltraummission eingesetzt wurden.
Die drei photometrischen Bänder sind
- YE Band: 950−1212 nm
- JE Band: 1168−1567 nm
- HE Band: 1522–2021 nm
Die Gitterprismen liefern Spektren mit einer Auflösung von 400 für eine Auswahl von ungefähr 50 Millionen Galaxien, die für die Entfernungsbestimmung benötigt werden.
- Rot 0° und 180° Dispersion: 1254−1850 nm
- Blau 0° Dispersion: 920−1300 nm
Alle diese Bänder sind Infrarotbänder, Rot und Blau sind demnach nicht rote und blaue Farben, wie sie das menschliche Auge sieht. Rote Spektren haben demnach größere Wellenlängen und sind weniger energiereich als die blauen. Die drei Gitterprismen streuen das Licht in drei verschiedene Richtungen.
Jedes Beobachtungsfeld wird für 565 s spektroskopisch aufgenommen, danach folgen drei Aufnahmen von jeweils 112 s in den drei photometrischen Bändern YE, JE, HE. Die Räder mit den Filtern und Gitterprismen werden zwischen den Aufnahmen weiterbewegt, damit das Instrument jeweils im richtigen Beobachtungsmodus ist. Um die Integrationszeit zu beenden und die Sensoren auszulesen, wird kein Verschluss benötigt. Das Filterrad hat aber eine Position „geschlossen“, die für die Kalibrierung genutzt wird. Die Sensoren bleiben auch verschlossen, solange das Teleskop geschwenkt wird, damit sich in der Zeit keine dauerhafte unerwünschte Ladung aufbauen kann. Die Position „offen“ enthält keinen Filter und lässt das Licht von den Gitterprismen unbehindert durch.
VIS Bearbeiten
Das Visual Imager Instrument (VIS) arbeitet mit nur einem Breitbandfilter im sichtbaren Licht mit Wellenlängen zwischen 550 und 900 nm. Das Instrument benutzt 36 im 6-×-6-Raster angeordnete CCDs. Jeder dieser Sensoren hat 4096 × 4132 Pixel, das sind insgesamt ungefähr 609 Megapixel. Die Magnitudengrenze liegt bei 24. Das Sichtfeld ist 0,57 Quadratgrad groß, was ungefähr der dreifachen Fläche des Vollmonds entspricht. Typischerweise wird ein Feld 4200 Sekunden lang aufgenommen, dabei gibt es vier Aufnahmen mit je 565 Sekunden Belichtungszeit und zwei kürzere Belichtungen von 100 Sekunden Dauer, dazu Aufnahmen für die Kalibrierung. Das Bildfeld der vier langen Aufnahmen ist jeweils etwas versetzt, damit auch Objekte, die zufällig auf die kleine Lücke zwischen den Sensoren fallen, wenigstens auf drei der Aufnahmen sichtbar sind. Die Sättigungsgrenze liegt bei Magnitude 17,8 für die lange Belichtung und 16,0 für die kurze Belichtungszeit. Das Instrument verfügt über eine Kalibrierungseinheit und hat einen Verschlussmechanismus, der die Sensoren während des Ausleseprozesses abdeckt. Der Verschluss ist so konstruiert und ausbalanciert, dass die Auslösung keine Auswirkung auf die Ausrichtung des Teleskops hat. Täglich sollen circa 22 Beobachtungsfelder aufgenommen werden.
Bodensegment Bearbeiten
Die Missionskontrolle (Missions Operations Control, MOC) für Euclid liegt bei ESOC in Darmstadt. Von dort wird die Flugbahn und die korrekte Funktion des Raumfahrzeugs überwacht. Von dort aus wird auch das Antennennetz gesteuert.
Als primäre Bodenstation für den Empfang der Daten war von Anfang an Cebreros in Spanien vorgesehen. Die große Datenmenge – Euclid soll täglich bis zu 855 Gigabit übertragen – machte einen weiteren Ausbau der Datenverarbeitung des ESTRACK-Antennennetzwerks notwendig. Die Station in Cebreros wurde bis 2017 für den Empfang im Ka-Band aufgerüstet. Die Netzverbindungen wurden in Cebreros und Malargüe von 10 Mb/s auf 147 Mb/s ausgebaut, außerdem wurde Malargüe von 2017 bis 2019 um Ka-Band-Empfang (26 GHz) erweitert. In New Norcia in Australien wird eine vierte 35-Meter-Antenne für X- und Ka-Band gebaut, die 2024 in Betrieb gehen soll. Damit wäre dann flexibel zu jeder Zeit die Datenübertragung sowohl im X- als auch im Ka-Band möglich. Während der sechs Jahre der Primärmission soll eine Datenmenge übertragen werden, die etwa einer Million DVDs entspricht.
Die wissenschaftliche Missionskontrolle (Science Operation Control, SOC) befindet sich im ESAC in Villafranca und erarbeitet zusammen mit ESOC den Beobachtungsplan. Die Leitung und die Besetzung der wissenschaftlichen Missionkontrolle wird sowohl von ESA, als auch vom Euclid Consortium gemeinsam bestimmt. Zu den Aufgaben gehören die Auswertung der Daten der Nutzlast, der Betrieb der Instrumente, die Bestimmung der Missionsziele sowie die Speicherung und Archivierung der Daten.
Quellen Bearbeiten
- Euclid – Euclid definition study report (Red Book); ISSUE 1.1. (PDF; 17 MB; englisch). In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 1. September 2019, abgerufen am 4. Juli 2023.
Weblinks Bearbeiten
- Euclid Consortium: A space mission to map the Dark Universe (englisch)
- Euclid-Seiten bei ESA Science & Technology (englisch)
- Stephen Clark: Europe plans solar orbiter and dark energy probe in Spaceflight Now, 8. Oktober 2011 (englisch)
- Euclid: ESA-Satellit soll dunkles Universum erforschen. Astronews, 20. Juni 2012
- Vortrag von Frank Grupp unter anderem über Euclid
Einzelnachweise Bearbeiten
- Alejandro Alcantarilla Romera: SpaceX launches ESA’s Euclid Telescope to explore the dark universe. In: NASASpaceflight.com. 1. Juli 2023, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Euclid – Mission Summary. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 1. September 2019, abgerufen am 4. Juli 2023. „Primary goal: To understand the nature of dark energy and dark matter by accurate measurement of the accelerated expansion of the Universe through different independent methods.“
- Katharina Menne: Euclid ist erfolgreich ins dunkle Universum gestartet. In: Spektrum.de. 1. Juli 2023, abgerufen am 4. Juli 2023.
- ESA’s Euclid mission. In: twitter.com. ESA, 28. Juli 2023, abgerufen am 5. August 2023.
- Tillman Althaus: Weltraumteleskop Euclid öffnet seine Augen. In: Spektrum.de. 1. August 2023, abgerufen am 5. August 2023.
- ↑ (Memento vom 3. März 2016 im Internet Archive). In: DLR.de. 20. Juni 2012, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Euclid – Mission-Science. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 25. Juni 2020, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Michael Clormann: Euclid soll Licht ins Dunkel bringen. In: Raumfahrer.net. 25. Januar 2013, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Stephen Clark: NASA signs on to European dark energy mission. In: Spaceflightnow.com. 25. Januar 2013, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Dark Universe mission blueprint complete. In: ESA.int. 20. Juni 2012, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Euclid to probe dark Universe with Astrium science module. In: ESA.int. 11. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- (Memento vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive). In: Space-AirbusDS.com. 11. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Thomas Weyrauch: TAS Hauptauftragnehmer für ESA-Teleskop Euclid. In: Raumfahrer.net. 28. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2023.
- (Memento vom 4. November 2016 im Internet Archive). In: ThalesGroup.com. 27. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Euclid – The Euclid space telescope is coming together. In: sci.esa.int. 9. Juli 2020, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Euclid – Fact Sheet. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 24. Januar 2023, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Jason Rainbow, Brian Berger: Soyuz embargo strands satellites with limited launch options. In: SpaceNews.com. 10. März 2022, abgerufen am 4. Juli 2023.
- European Space Agency to launch two missions on SpaceX rockets. In: Phys.Org. Science X Network, 20. Oktober 2022, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Jeff Foust: ESA moves two missions to Falcon 9. In: SpaceNews.com. 20. Oktober 2022, abgerufen am 4. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
- Euclid consortium scientists visit Thales Alenia Space in Cannes to see satellite undergoing final integration. In: ThalesAleniaSpace.com. 23. Februar 2023, abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Christian Wingeier: „Euclid“ soll die Entstehung des Universums erforschen. In: Inside-IT.ch. 21. Februar 2023, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Jeff Foust: Falcon 9 launches ESA’s Euclid space telescope. In: SpaceNews.com. 1. Juli 2023, abgerufen am 4. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
- Seeking Euclid’s hidden stars: commissioning looks up. Abgerufen am 12. November 2023 (englisch).
- Guide stars found as Euclid’s navigation fine tuned. Abgerufen am 12. November 2023 (englisch).
- Euclid Consortium – Euclid Consortium. Abgerufen am 21. November 2023 (britisches Englisch).
- ↑ Euclid Consortium: Mission characteristics. (Nicht mehr online verfügbar.) 1. Juni 2019, archiviert vom am 16. März 2022; abgerufen am 4. Juli 2023 (englisch).
- Euclid – Telescope. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 19. September 2019, abgerufen am 4. Juli 2023.
- Telescope – Euclid Consortium. Abgerufen am 21. November 2023 (britisches Englisch).
- Euclid – Euclid NISP instrument. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 19. September 2019, abgerufen am 4. Juli 2023.
- NISP – Euclid Consortium. Abgerufen am 21. November 2023 (britisches Englisch).
- E. Medinaceli, L. Valenziano, N. Auricchio, E. Franceschi, F. Gianotti, P. Battaglia, R. Farinelli, A. Balestra, S. Dusini, C. Sirignano, E. Borsato, L. Stanco, A. Renzi, A. Troja, L. Gabarra, S. Ligori, V. Capobianco, L. Corcione, D. Bonino, G. Sirri, L. Patrizii, M. Tenti, D. Di Ferdinando, C. Valieri, N. Mauri, F. Giacomini, D. Le Mignant, E. Prieto, M. Carle, F. Ducret, W. Gillard, A. Secroun, T. Maciaszek, S. Ferriol, R. Barbier, F. Grupp, W. Holmes, M. Pniel, A. Waczynski, S. Prado, M. Seiffert, M. Jhabvala, R. Laureijs, G. Racca, J. C. Salvignol, T. Boenke, P. Strada: EUCLID’s near infrared spectro-photometer ready for flight: review of final performances. In: Space Telescopes and Instrumentation 2022: Optical, Infrared, and Millimeter Wave. Band 12180. SPIE, 27. August 2022, S. 631–641 (spiedigitallibrary.org [abgerufen am 22. November 2023]).
- Euclid – Euclid VIS instrument. In: sci.esa.int. ESA Science & Technology, 18. Oktober 2019, abgerufen am 4. Juli 2023.
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- Doing up the deep dish. Abgerufen am 4. Juli 2023 (britisches Englisch).