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48 884118 16 654882 Koordinaten 48 53 2 8 N 16 39 17 6 O Dreifachgrab von Dolni Vestonicep1Das Dreifachgrab nach der Freilegung im August 1986Das Dreifachgrab nach der Freilegung im August 1986p4Dreifachgrab von Dolni Vestonice Tschechien Wann vor ca 30 000 JahrenWo Dolni Vestonice in Sudmahren TschechienDas Dreifachgrab von Dolni Vestonice war eine jungpalaolithische Mehrfachbestattung die 1986 bei Dolni Vestonice in Sudmahren Tschechoslowakei heute Tschechien gefunden wurde In dem rund 30 000 Jahre alten Grab waren die Skelette von drei jungen mannlichen Cro Magnon Menschen 1 sowie Schmuckbeigaben und weitere Artefakte in uberwiegend sehr gutem Zustand erhalten 2 3 Neben diesem und dem Fund in der Hohle Barma Grande in Italien sind keine weiteren Dreifachbestattungen aus dem mittleren Jungpalaolithikum bekannt 1 4 Inhaltsverzeichnis 1 Kontext und Fund 2 Befund 3 Individuen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Anmerkungen 7 EinzelnachweiseKontext und Fund BearbeitenDie zu dem Fluss Thaya hin abfallenden Hugel der Pollauer Berge sind seit 1924 Ziel zahlreicher archaologischer Ausgrabungen Bei den benachbarten Ortschaften Dolni Vestonice Pavlov und Milovice wurden im Loss seither dreizehn Begehhorizonte aus der archaologischen Kultur des Pavlovien freigelegt 3 Neben zahllosen Mammutresten konnten Stein und Knochenwerkzeuge Figuren aus Mammutelfenbein und gebranntem Ton Venus von Dolni Vestonice sowie sechs vollstandige menschliche Skelette Zahne und Teile von Schadeln geborgen werden Allein das Inventar der Fundstellen bei Pavlov umfasste bereits Anfang der 1990er Jahre uber 1 Million Artefakte 2 1986 wurden in dem Gelande oberhalb der bereits erforschten Fundstelle Dolni Vestonice I DV I grosse Mengen Loss fur den Bau eines Staudamms an der Thaya abgebaut Da in dem Gebiet weitere Fundschichten vermutet wurden begleiteten Archaologen dieses Vorhaben Nachdem sich Anfang Mai in 5 m Tiefe ein Siedlungshorizont abgezeichnet hatte wurden die Baggerarbeiten eingestellt Bei einer anschliessenden Rettungsgrabung durch die Tschechoslowakische Akademie der Wissenschaften wurden die Reste einer Freilandstation mit mehreren Feuerstellen und weitere menschliche Schadelfragmente freigelegt Die Fundstelle erhielt daraufhin die Bezeichnung Dolni Vestonice II DV II Am 13 August 1986 fand der Archaologe Bohuslav Klima in dem flachen Hang unterhalb des Lagers eine Mehrfachbestattung mit den Skeletten von drei nebeneinander abgelegten Individuen Der aussergewohnliche Fund mit den zum grossen Teil sehr gut erhaltenen Skeletten wurde freigelegt prapariert und in situ von einer Fachkommission begutachtet Am 18 19 August 1986 wurden zunachst die Arm und Beinknochen einzeln geborgen und anschliessend die Rumpfskelette mit den Schadeln jeweils en bloc 5 Befund Bearbeiten nbsp Dolni Vestonice II Die Fundstelle der Dreifachbestattung befand sich etwa 10 m vor der Boschung auf Hohe der Pfeilspitze Ende der 1980er Jahre wurde der Loss bis auf das heutige Niveau abgegraben Die drei Toten waren zeitgleich nebeneinander mit gestreckten Beinen in einer eingetieften Grabgrube abgelegt worden die Schadel nach Suden die Gesichter nach Westen ausgerichtet Durch die bei allen anthropologischen Funden von Dolni Vestonice ubliche fortlaufende Nummerierung erhielten die Individuen die Bezeichnungen DV 13 links DV 14 rechts und DV 15 Mitte Bei der gemeinsamen Bestattung war zunachst DV 15 in Ruckenlage mit aufeinandergelegten Sprunggelenken mittig in der Mulde abgelegt worden Anschliessend wurde links davon DV 13 ebenfalls in Ruckenlage beigesetzt Durch die Ausformung der Grube lag der Korper leicht zu DV 15 geneigt Beide Hande wurden auf der Leistenregion von DV 15 positioniert die Unterarme lagen exakt aufeinander in einem Winkel von 120 gestreckt Zuletzt wurde DV 14 bauchlings am rechten Grabrand abgelegt sein linker Arm lag auf dem linken Arm von DV 15 Anschliessend wurden die drei Schadel mit einem Gemisch aus Lehm und Rotel bedeckt in dem durchbohrte Wolfs und Fuchszahne sowie kleine gelochte Elfenbeinperlen erhalten blieben Ursprunglich waren diese wahrscheinlich an Kopfbedeckungen oder Stirnbandern befestigt Der Schoss von DV 15 wurde mit Rotel bestreut Zwischen den Oberschenkeln legte man eine retuschierte Feuersteinklinge und mehrere Absplisse Zwischen den Kiefern von DV 15 befand sich ein Stuck Pferderippe das die Wissenschaftler als ein Beissholz zur Schmerzlinderung interpretierten Abschliessend wurde eine Schicht aus Fichtenzweigen und stammen uber dem Grab abgebrannt und dieses dann mit Erde abgedeckt Ahnlich wie in einem Kohlenmeiler wurde das Holz zu grossen Teilen in Holzkohle umgewandelt Dadurch entstanden in dem Grab sehr gute Erhaltungsbedingungen 2 Das Alter der Bestattung konnte anhand der Holzkohlen mit der Radiokarbonmethode bestimmt werden Es lag zwischen 24 470 190 BP und 27 660 80 BP was einem mit CalPal kalibrierten Alter zwischen 27 290 485 v Chr und 30 246 218 v Chr entspricht Proben GrN 11003 und GrN 13962 3 Direkte Datierungen mit Proben aus den Oberschenkelknochen der drei Individuen ergaben geringfugig hohere Alter 6 Individuen BearbeitenJedes der drei Skelette weist eine Reihe von Besonderheiten und Anomalien auf aus denen zum Teil Ruckschlusse auf die Lebensumstande Todesursachen und die genetischen Beziehungen untereinander gezogen werden konnen Anhand des massiven Schadelbaus und der Form der Beckenknochen konnten DV 13 und DV 14 zweifelsfrei als mannlich identifiziert werden Bei DV 15 sind im Bereich des Beckens die aussergewohnlich grosse Schambeinfuge und das in Form spatenformig statt dreieckig und Grosse 50 fur beide Geschlechter untypisch ausgebildete Kreuzbein auffallig Wegen des zudem grazilen Schadelbaus war man bis 2014 von einem weiblichen oder intersexuellen Individuum ausgegangen 2 Es handelte sich jedoch ebenfalls um einen Mann 1 DV 13 mannlich ca 21 25 Jahre 168 169 cm ca 65 kg 3 Haplogruppe U8c 7 Anatomische Besonderheiten Verheilte Verletzungen mit Narben auf Stirn und Scheitelbein moglicherweise durch Schlage mit stumpfen Gegenstanden wie Langknochen oder Holzstangen Todliche Stichverletzung im Bereich des Beckens durch einen holzernen Speer mit Fraktur des rechten Sitzbeins Beifunde 20 durchbohrte Wolfs und Fuchszahne und kleine tropfenformige Elfenbeinperlen Bruchstuck eines Speers im Beckenbereich 2 DV 14 mannlich ca 16 20 Jahre 179 180 cm ca 68 kg 3 Haplogruppe U5 7 Anatomische Besonderheiten Todliche Schadelverletzung durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand splitterige Schadelfraktur uber den gesamten Hinterkopf mit einem Defekt von 6 cm Durchmesser im Hinterhauptbein Beifunde 3 durchbohrte Wolfs und Fuchszahne und kleine tropfenformige Elfenbeinperlen 2 DV 15 mannlich ca 21 25 Jahre 159 cm 66 68 kg 3 Haplogruppe U5 7 Anatomische Besonderheiten Der Zustand der Zahnkronen lasst auf wiederholte infektiose fiebrige Erkrankungen und Vitamin D Mangel wahrend der Wachstumsphase schliessen In deren Folge kam es zum Durchbiegen des rechten Oberschenkelknochens nach hinten und einer Beinlangendifferenz von 15 mm die wiederum zu einem Beckenschiefstand mit nach rechts verschobener Wirbelsaule fuhrte Auch der rechte Oberarmknochen weist eine Biegung auf die linken Unterarmknochen sind verkurzt Die an den Schulterblattern und am Becken vorhandenen Fehlbildungen sowie die Huftdysplasie konnten auch angeboren sein Beifunde 4 durchbohrte Fuchszahne eine Pferderippe als Beissholz Feuersteinabsplisse und eine retuschierte Feuersteinklinge 2 Aufgrund der Fundumstande und des Sterbealters der Individuen nahm man zunachst an dass in dem Grab Geschwister oder Verwandte 2 Grades beigesetzt sein konnten Um ein moglicherweise verwandtschaftliches Verhaltnis nachweisen zu konnen wurden die Skelette auf gemeinsame Normvarianten untersucht Bei allen Individuen liessen sich mehrere morphologische Besonderheiten feststellen die auf eine enge genetische Beziehung hinwiesen Im Bereich der Schultergurtel konnten neben Anzeichen einer Sprengel Deformitat mit Schulterhochstand auch abnorm gekrummte Rander der Schulterblatter und lappenartige Ausformungen an den Schulterkammen nachgewiesen werden wie sie sonst nur bei Schweinen vorkommen Eine positive Ahnlichkeitsanalyse von seltenen Merkmalen an den Zahnkronen und wurzeln sowie die bei allen Individuen fehlende rechte Stirnhohle wurden als Hauptindizien fur das Vorliegen von Geschwistern gewertet 2 8 Eine aDNA Analyse lieferte zunachst das Ergebnis dass die drei Toten unterschiedliche mtDNA Sequenzen tragen und daher keine Geschwister oder Cousins mutterlicherseits gewesen sein konnen 9 Anm 1 Spatere Untersuchungen zeigten dass DV 14 und DV 15 denselben Haplotyp haben somit auf der mutterlichen Linie nah verwandt und moglicherweise Geschwister waren 7 Anm 2 Siehe auch BearbeitenKrems Wachtberg Pavlov I SungirLiteratur BearbeitenJiri A Svoboda et al Dolni Vestonice II Chronostratigraphy Paleoethnology Paleoanthropology Dolni Vestonice Studies 21 Brunn 2016 Jiri A Svoboda Perspectives on the Upper Palaeolithic in Eurasia the Case of the Dolni Vestonice Pavlov sites in Human Origin Sites and the World Heritage Convention in Eurasia UNESCO Paris 2015 ISBN 978 92 3 100107 9 S 190 204 Jiri A Svoboda Dolni Vestonice Pavlov Unter Wisternitz und Pollau Ort Sudmahren Zeit 30 000 Jahre v Chr Regionalmuseum Mikulov Hrsg Mikulov 2010 ISBN 978 80 85088 37 3 S 64 69 Emanuel Vlcek Die Mammutjager von Dolni Vestonice Anthropologische Bearbeitung der Skelette aus Dolni Vestonice und Pavlov Archaologie und Museum Heft 022 Liestal Schweiz 1991 ISBN 3 905069 17 2 Bohuslav Klima Die jungpalaolithischen Mammutjager Siedlungen Dolni Vestonice und Pavlov in Sudmahren Archaologie und Museum Heft 023 Liestal Schweiz 1991 ISBN 3 905069 18 0Anmerkungen Bearbeiten All three individuals carry a different mtDNA sequence and are therefore not directly maternally related i e no siblings or cousins The two individuals DV 14 and DV 15 found together with DV 13 in a triple burial share a common haplotype indicating that they are closely related through the maternal lineage possibly siblings Einzelnachweise Bearbeiten a b c Erik Trinkaus The Dolni Vestonice Studies Band 20 2014 Life death and burial at Dolni Vestonice II Institute of Archeology of the Academy of Sciences of the Czech Republic Hrsg Brno 2014 S 67 72 a b c d e f g h Emanuel Vlcek Die Mammutjager von Dolni Vestonice Anthropologische Bearbeitung der Skelette aus Dolni Vestonice und Pavlov Archaologie und Museum Heft 022 Liestal Schweiz 1991 a b c d e f Jiri A Svoboda Dolni Vestonice Pavlov Unter Wisternitz und Pollau Ort Sudmahren Zeit 30 000 Jahre v Chr Regionalmuseum Mikulov Hrsg Mikulov 2010 Vincenzo Formicola Brigitte M Hol Tall guys and fat ladies Grimaldi s Upper Paleolithic burials and figurines in an historical perspective Journal of Anthropological Sciences 93 2015 S 1 18 Bohuslav Klima Das jungpalaolithische Massengrab von Dolni Vestonice Vorlaufige Mitteilung Brno Helen Fewlass Sahra Talamo Bernd Kromer Edouard Bard Thibaud Thuna Yoann Fagault Matt Sponheimer Christina Ryder Jean Jacques Hublin Angela Perri Sandra Sazelova Jiri A Svoboda Journal of Archaeological Science Reports Band 27 2019 Direct radiocarbon dates of mid Upper Palaeolithic human remains from Dolni Vestonice II and Pavlov I Czech Republic S 1 8 a b c d Alissa Mittnik Johannes Krause The Dolni Vestonice Studies Dolni Vestonice II Chronostratigraphy Paleoethnology Paleoanthropology Hrsg Academy of Sciences of the Czech Republic Institute of Archaeology Band 21 Brno 2016 ISBN 978 80 7524 004 0 Genetic analysis of the Dolni Vestonice human remains S 377 384 Kurt W Alt Sandra Pichler Werner Fach Die Dreifachbestattung von Dolni Vestonice Mahren CR Kollaterale versus affinale Verwandte Anthropologie XXXIV 1 2 Mikulov 1996 S 115 122 Johannes Krause Jiri A Svoboda First genetic analysis from triple burial of Dolni Vestonice Vesmir 2011 S 282 284 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dreifachgrab von Dolni Vestonice amp oldid 235911098