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Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums sind die Grundlagen fur das Berufsbeamtentum in Deutschland Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Geschichte 3 Verhaltnis zur Europaischen Menschenrechtskonvention 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenSiehe auch Beamtentum Deutschland Gemass Art 33 Abs 5 GG ist das Recht des offentlichen Dienstes unter Berucksichtigung der hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln Das Fortentwicklungsgebot wurde im Rahmen der Foderalismusreform 2006 in den Artikel eingefugt Das Bundesverfassungsgericht definiert die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums als den Kernbestand von Strukturprinzipien die allgemein oder doch ganz uberwiegend und wahrend eines langeren Tradition bildenden Zeitraums mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind vgl BVerfGE 8 332 Zu den hergebrachten Grundsatzen des Berufsbeamtentums zahlen unter anderem die Ausgestaltung des Beamtenverhaltnisses als offentlich rechtliches Dienst und Treueverhaltnis die grundsatzliche Anstellung auf Lebenszeit Unkundbarkeit das Laufbahnprinzip eng verknupft mit lebenslangen Berufsbeamten das Leistungsprinzip sichert und beherrscht den grundgesetzlich verankerten Zugang zu allen offentlichen Amtern beim Eintritt in den Staatsdienst und beim Aufstieg das Alimentationsprinzip vgl BVerfGE 70 251 das Abstandsgebot Verbot der Einebnung des Abstandes zwischen Besoldungsgruppen 1 Mindestabstandsgebot Nettoalimentation zuzuglich Kindergeld muss mindestens 15 Prozent uber dem Niveau der Grundsicherung liegen 2 das Prinzip der amtsangemessenen Beschaftigung der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung 18 BBesG Wohlverhaltenspflicht Das inner und ausserdienstliche Verhalten von Beamten muss gem 34 Abs 1 Satz 3 BeamtStG der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden die ihr Beruf erfordern die volle Hingabe an den Beruf jetzt in 34 Abs 1 Satz 1 BeamtStG als voller personlicher Einsatz bezeichnet Dienstleistungspflicht ist durch standige Dienstbereitschaft gepragt die Residenzpflicht 72 f BBG ehemals 36 BRRG die Neutralitatspflicht der Beamten unparteiische Amtsfuhrung Eintreten fur die Freiheitliche demokratische Grundordnung 33 BeamtStG 60 BBG die Amtsverschwiegenheit gilt auch noch nach Beendigung des aktiven Beamtenverhaltnisses 37 BeamtStG 67 BBG ehemals 39 BRRG das Streikverbot Verbot kollektiver Massnahmen zur Wahrung gemeinsamer Berufsinteressen das Recht auf Beamtenvertretungen Beamte haben das Recht sich in Gewerkschaften oder Berufsverbanden zusammenzuschliessen und Personalvertretungen zu bilden das Recht auf Einsicht in die eigene Personalakte 110 BBG der gerichtliche Rechtsschutz Beamte sind uber Beschwerden und Behauptungen tatsachlicher Art zu horen es ist ihnen der Beschwerdeweg einzuraumen die Fursorgepflicht des Dienstherrn 45 BeamtStG 78 ff BBG der Anspruch auf eine amtsangemessene Amtsbezeichnung BVerfGE 38 1 12 Diese Grundsatze ergeben im Zusammenhang mit Absatz 5 gemeint ist Art 33 Abs 5 GG dass das Grundgesetz in Anknupfung an die deutsche Verwaltungstradition im Berufsbeamtentum eine Institution sieht die gegrundet auf Sachwissen fachliche Leistung und loyale Pflichterfullung eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenuber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kraften darstellen soll BVerfGE 7 155 Art 33 Abs 5 GG umfasst auch die hergebrachte Stellung von Richtern als besonderer Gruppe von Angehorigen des offentlichen Dienstes und raumt diesen grundrechtsahnliche Individualrechte ein soweit sich fur sie vom Gesetzgeber zu beachtende hergebrachte Grundsatze des richterlichen Amtsrechts nachweisen lassen die gerade die personliche Rechtsstellung des Richters mitgestalten 3 Zu den hergebrachten Grundsatzen des Richteramtsrechts zahlt insbesondere auch der Grundsatz der sachlichen und personlichen Unabhangigkeit 4 Inhalt der hergebrachten Grundsatze des Richteramtsrechts im Sinne des Art 33 Abs 5 GG kann indes nur sein was Inhalt der Unabhangigkeit des Richters im Sinne des Art 97 GG ist 5 Die Grundsatze sind u a in Art 33 V GG dem Bundesbeamtengesetz BBG und in den Landesbeamtengesetzen sowie im Bundesbesoldungsgesetz BBesG und den Landesbesoldungsgesetzen normiert ferner im Beamtenrechtsrahmengesetz das im April 2009 durch das Beamtenstatusgesetz weitgehend abgelost wurde Geschichte BearbeitenDie alteste erhaltene Ernennung eines Berufsbeamten ist die Ernennung Dietrichs von Kleve durch den romisch deutschen Konig Rudolf von Habsburg im Jahre 1279 6 Zu dieser Zeit entstand die Verwaltung durch Berufsbeamte in allmahlicher Abkehr von der Verwaltung durch Lehnsleute Dabei wirkte der Treuebegriff des Lehnswesens im Berufsbeamtentum fort 7 Das Rechtsverhaltnis zwischen dem Monarchen und dem Berufsbeamten entstand indessen auf Basis der Grundherrschaft Begrundet wurde es einseitig durch eine Aufnahme an den Hof des Monarchen wo diesem als Grundherrn ein umfassendes Recht an der Person des Hofangehorigen einschliesslich einer Gerichtsbarkeit 8 zustand und zugleich eine damit korrespondierende Fursorgepflicht oblag Der Berufsbeamte fungierte in seinem Amt als Hofangehoriger ausser Hauses 9 Der geregelte Beamtenberuf geht zuruck auf den preussischen Soldatenkonig Friedrich Wilhelm I 1688 1740 der daher auch Vater des Berufsbeamtentums genannt wurde Unter seiner Agide entstanden erstmals der Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprufung Sein aufgeklart absolutistischer Sohn Friedrich II der Grosse 1712 1786 war es der das Gemeinwohl zum Primarziel erhob und sich selbst als ersten Diener des Staates sah Damit war gedanklich der Weg geebnet fur einen Eintritt des Staates in die Position des Dienst und Treueberechtigten die ursprunglich dem Monarchen zukam 10 Friedrich fuhrte den Ausbau des Berufsbeamtentums fort Die erste zusammenfassende gesetzliche Regelung des Beamtenberufs wurde im Preussischen Allgemeinen Landrecht von 1794 ausgestaltet Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staates Seitdem war der Beamte nicht mehr Diener seines Fursten sondern Diener des Staates Die Stadte hatten im Mittelalter fur die Verwaltung ihrer wirtschaftlichen Privilegien und Freiheiten ein eigenstandiges Amterwesen entwickelt das teils auf Burgerpflichten und teils auf vertraglichen Bindungen beruhte Infolge der verstarkten Wahrnehmung staatlicher Verwaltungsaufgaben durch die Stadte seit dem 18 Jahrhundert wurden die stadtischen Amtstrager mit der Zeit zu mittelbaren Staatsbeamten und ihre Rechtsverhaltnisse denen der unmittelbaren staatlichen Beamten angepasst 11 Die besondere Rechtsstellung der Richter ist Folge der Gewaltenteilung speziell der Gewahrleistung einer von der Exekutive unabhangigen Rechtsprechung die im Verlauf des 19 Jahrhunderts Eingang in das Gesetzesrecht fand 12 Der fur heute massgebliche Wert des Berufsbeamtentums erwies sich mit dem Ubergang zum Rechtsstaat Das Berufsbeamtentum etablierte sich als Instrument zur objektiven und zuverlassigen Umsetzung des im politischen Prozess gebildeten staatlichen Willens 13 Die Kernregelungen die sich spatestens in Art 129 Abs 1 bis 3 der Weimarer Verfassung verfestigt hatten 14 zahlen zu den hergebrachten Grundsatzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art 33 Abs 5 Grundgesetz fur die Bundesrepublik Deutschland GG nicht jedoch der Schutz wohlerworbener Rechte der Beamten nach Art 129 Abs 1 Satz 3 der Weimarer Verfassung 15 In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Stellung der Berufsbeamten durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zur Durchsetzung der rassistischen Ideologie missbraucht Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wurden durch das Bundesverfassungsgericht weitere vereinzelte Rechte und Pflichten als zu den hergebrachten Grundsatzen des Berufsbeamtentums gehorig anerkannt Verhaltnis zur Europaischen Menschenrechtskonvention BearbeitenDie Europaische Menschenrechtskonvention EMRK steht im Widerspruch zu einigen der Grundsatze des Berufsbeamtentums So erlaubt die EMRK Ausnahmen von der Koalitionsfreiheit und dem damit verbundenen Streikrecht nur fur Polizeivollzugsbeamte Soldaten und hoheitlich tatige Personen nicht aber fur andere Beamte Der gleiche Grundsatz gilt fur Einschrankungen der politischen Betatigung und der Meinungsfreiheit Das Bundesverwaltungsgericht hat Anfang 2014 entschieden dass der Gesetzgeber diesen Konflikt auflosen musse wobei er den Beschaftigten des offentlichen Dienstes ausserhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung ein Wahlrecht zwischen den Beschaftigungsverhaltnissen einraumen oder eine Tarifbeschaftigung vorsehen konne 16 Das Bundesverfassungsgericht entschied am 12 Juni 2018 uber vier Verfassungsbeschwerden von verbeamteten Lehrern dass das Streikverbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist Das Gericht widmete sich in seinem Urteil ausfuhrlich den Entscheidungen des Europaischen Gerichtshofes fur Menschenrechte EGMR zur in Artikel 11 EMRK 17 niedergelegten Koalitionsfreiheit und dem damit verbundenen Streikrecht befand aber wegen der Besonderheiten des deutschen Systems des Berufsbeamtentums dass das Streikverbot jedenfalls nach Art 11 Abs 2 Satz 1 EMRK beziehungsweise Art 11 Abs 2 Satz 2 EMRK gerechtfertigt ist 18 Beim Streikrecht fur Beamte betont Karlsruhe dass Strassburg uber Falle aus einer anderen nationalen Rechtsordnung entschieden habe in diesem Fall aus der Turkei Man musse aber den Kontext und den rechtskulturellen Hintergrund im jeweiligen Staat beachten und daher die Urteile hier nicht eins zu eins ubernehmen 19 Gegen das Urteil sind Individualbeschwerden beim EGMR gemass Artikel 34 EMRK 20 erhoben worden 21 Die Kammer bei der die Rechtssache anhangig war hat diese am 6 September 2022 gemass Artikel 30 EMRK 22 an die Grosse Kammer des Gerichtshofs abgegeben 23 die am 1 Marz 2023 verhandelt hat 24 Literatur BearbeitenRudolf Summer Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums ein Torso In Zeitschrift fur Beamtenrecht 1992 S 1 6 Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Frankfurt 2008 Rechtshistorische Reihe Band 357 ISBN 978 3 631 56706 7 Maximilian Schweiger Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschaftigung PDF 160 kB In Zeitschrift fur Beamtenrecht Heft 7 8 2011 S 29 Weblinks BearbeitenBVerfGE 3 58 Beamtenverhaltnisse BVerfGE 8 332 Wartestandsbestimmungen BVerfGE 12 81 hergebrachte Grundsatze des richterlichen Amtsrechts BVerfGE 38 1 Richteramtsbezeichnungen BVerfGE 39 334 Extremistenbeschluss BVerfGE 76 256 BeamtenversorgungEinzelnachweise Bearbeiten Beschluss des Zweiten Senats 2 BvR 883 14 Leitsatze Rn 74 ff In Bundesverfassungsgericht 23 Mai 2017 abgerufen am 5 September 2020 Leitsatze 1 Das Abstandsgebot stellt einen eigenstandigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar der in enger Anbindung zum Alimentationsprinzip und zum Leistungsgrundsatz steht 2 Das Abstandsgebot untersagt dem Besoldungsgesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen soweit der Gesetzgeber nicht in dokumentierter Art und Weise von seiner Befugnis zur Neueinschatzung der Amterwertigkeit und Neustrukturierung des Besoldungsgefuges Gebrauch macht Beschluss des Zweiten Senats 2 BvL 4 18 In Bundesverfassungsgericht 4 Mai 2020 abgerufen am 5 September 2020 Rn 47 BVerfG Beschluss vom 14 Juli 2016 2 BvR 661 16 Rdnr 14 m w N vgl BVerfGE 12 81 88 55 372 391 f vgl BVerfGE 38 139 151 Urkunde ediert und ubersetzt bei Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Anhang B Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel XVII lit c Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel VIII lit 4 Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel VII lit 1 Kapitel XVII lit e Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel XII lit 1 3 Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel X lit 1 2 Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel VI lit 3 2 Ferdinand Krause Die hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums Kapitel XV lit 2 Die Verfassung des Deutschen Reichs Weimarer Reichsverfassung vom 11 August 1919 documentArchiv de abgerufen am 15 September 2022 BVerfG Urteil vom 17 Dezember 1953 1 BvR 147 52 BVerfGE 3 58 openJur 2012 132654 abgerufen am 18 September 2022 Bundesverwaltungsgericht Beamtenrechtliches Streikverbot beansprucht weiterhin Geltung Gesetzgeber muss die Kollision mit der Europaischen Menschenrechtskonvention auflosen Pressemitteilung von 27 Februar 2014 Urteil vom 27 Februar 2014 BVerwG 2 C 1 13 Rn 62 Artikel 11 Versammlungs und Vereinigungsfreiheit auf menschenrechtskonvention eu Bundesverfassungsgericht Urteil des Zweiten Senats vom 12 Juni 2018 in den Verfahren 2 BvR 1738 12 2 BvR 1395 13 2 BvR 1068 14 und 2 BvR 646 15 Pressemitteilung Nr 46 2018 vom 12 Juni 2018 mit dem Titel Streikverbot fur Beamte verfassungsgemass Volltext der Entscheidung Frank Brautigam Entscheidung des Verfassungsgerichts Warum Beamte nicht streiken durfen Tagesschau 12 Juni 2018 Artikel 34 Individualbeschwerden auf menschenrechtskonvention eu Klaus Lorcher Urteilsanmerkung In HSI Newsletter 1 2019 S 9 ff 16 Artikel 30 Abgabe der Rechtssache an die Grosse Kammer auf menschenrechtskonvention eu La Grande Chambre saisie d une affaire relative au droit de greve d enseignants Presseerklarung CEDH 275 2022 vom 7 September 2022 Audience de Grande Chambre sur le droit de greve d enseignants jouissant du statut de fonctionnaire Presseerklarung CEDH 065 2023 vom 1 Marz 2023Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hergebrachte Grundsatze des Berufsbeamtentums amp oldid 237970300