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Dieser Artikel beschaftigt sich mit der antibolschewistischen Bergrepublik im Kaukasus 1917 1920 Fur die oft ebenfalls als Bergrepublik bezeichnete sowjetische Nachfolgerin siehe Sowjetische Gebirgsrepublik Die nordkaukasische Bergrepublik russisch Gorskaya respublika vollstandig russisch Soyuz obedinyonnyh gorcev Severnogo Kavkaza i Dagestana in deutschsprachiger Fachliteratur ubliche Ubersetzung Union der Bergvolker Nordkaukasiens und Dagestans manchmal auch als Autonome Bergvolkerunion bezeichnet war ein in Folge des Zerfalls des Russischen Kaiserreiches in der Februarrevolution und der Oktoberrevolution 1917 ausgerufenes anfangs autonomes spater unabhangiges Staatswesen in Nordkaukasien mit Dagestan das bis 1918 19 bzw 1920 bestand Die Bergrepublik war kein sehr stabiles Staatsgebilde und im Zuge des Russischen Burgerkrieges immer wieder in heftige Kampfe gegen lokale Gruppen der Bolschewiki verwickelt die in Kaukasien unter dem Oberbefehl von Sergo Ordschonikidse standen Einige Politiker der Union schlossen sich auch den Bolschewiki an die den nationalen Minderheiten eine weitgehende Autonomie versprachen Die Republik wurde schliesslich im Dezember 1918 Januar 1919 von der weissen Freiwilligenarmee unter General Denikin zerschlagen Manchmal wird sie mit der Republik Ter Dagestan verwechselt mit der sie verbundet war obwohl deren Regierung unter Nadschmuddin Gozinski in Temir Chan Schura sass und die sich nach der Zerschlagung als Nachfolgerin der Bergrepublik sah und manchmal auch so bezeichnete Einige Politiker sassen gleichermassen in der Regierung der Bergrepublik und in der Regierung der Republik Ter Dagestan die allerdings nur die Gebiete der Oblast Terek der Oblast Dagestan und einige nordlichere Gebiete fur sich beanspruchte Sie bestand faktisch bis zur Eroberung durch die Rote Armee im Januar Marz 1920 Flagge der Bergrepublik Territorien auf die die Bergrepublik in einer Deklaration im Mai 1918 Anspruch erhob sie aber im Burgerkrieg gegen die Weisse Armee und Rote Armee oder aufgrund der diplomatischen Beziehungen zu den Demokratischen Republiken Georgien und Aserbaidschan faktisch nie vollstandig kontrollierte bzw den Anspruch bald aufgegeben hatte 1 Inhaltsverzeichnis 1 Regierung 2 Geschichte 3 Nachfolger 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseRegierung Bearbeiten nbsp Die Regierung der Bergrepublik Vorn in der Mitte sitzend Abdul Medschid Tapa Tschermojew rechts daneben Haidar Bammatow 3 von rechts stehend Pschemacho Kozew Das Zentralkomitee das von ihm bestimmte 15 17 kopfige Prasidium und die ebenfalls vom ZK bestimmte Regierung sassen in Wladikawkas und nach dessen Verlust kurzzeitig in Nasran Im ca 30 kopfigen Zentralkomitee sassen die Vorsitzenden der nach der Februarrevolution 1917 gewahlten Nationalrate der zahlreichen Volker Nordkaukasiens und Dagestans die grosseren sind die Tschetschenen Awaren Tscherkessen Lesgier Darginer Osseten Kumyken Karatschaier und Inguschen daneben kleinere Volker Als Folge der damaligen Sozialstruktur dieser Volker waren die Mitglieder des ZK und der Regierung meist Fursten Stammesfuhrer Sufi Scheichs und islamische Geistliche sowie einige Unternehmer Intellektuelle und Ingenieure Premierminister war der tschetschenische ehemalige Offizier und wohlhabende Olunternehmer aus Grosny Tapa Tschermojew Weitere bekannte Personlichkeiten 2 waren Aussenminister Haidar Bammatow ein Rechtsanwalt der kabardinische osttscherkessische Furst Pschemacho Kozew Premierminister in den letzten Monaten ab Dezember 1918 der kumykische Furst Nuch Bek Tarkowski Furst Sultan Kaplan Girej ein Nachkomme der Herrscherdynastie des Krimkhanates der Urenkel des langjahrigen Aufstandsfuhrers gegen Russland Imam Schamil Muhammad Said bey Schamil der ossetisch christliche Intellektuelle Nikolai Dschiojew oder die beiden islamischen Geistlichen und Sufi Scheichs Nadschmuddin Gozinski Nadschm ad Din aus Hozob und Ali Chadschi Akuschinski Ali Hadschi aus Akuscha er verbundete sich spater mit den Bolschewiki 3 Daneben gab es einen Geistlichen Rat Nordkaukasiens aus islamischen Geistlichen darunter Gozinski Bis Januar 1919 betrachtete sich die Bergrepublik aber als uberreligios an der sich neben muslimischen auch christliche und judische Bewohner beteiligen konnten Geschichte BearbeitenIm Mai 1917 wurde die Bergrepublik auf dem 2 Kongress der Bergvolker Nordkaukasiens in Maikop als Autonome Union der Bergvolker ausgerufen Daran beteiligten sich alle Nationalrate der Volker Nordkaukasiens der Abchasen der sudlichen Osseten in Georgien der Nogaier der Kalmucken der turkmenischen Minderheit in der Region Stawropol und die Rada der Kubankosaken deren Gebiete alle beansprucht wurden 4 Kurzzeitig vereinigte sich die Bergrepublik im Januar 1918 auf Betreiben der drei Kosaken Atamane der Donkosaken Ataman Kaledin Terekkosaken Ataman Karaulow und der Kubankosaken Ataman Filomonow zum Sudostbund der Kosaken Berg und Steppenvolker mit der Hauptstadt Jekaterinodar zerfiel aber schon im nachsten Monat wieder in die Bergrepublik und in die autonomen Staatswesen der Kuban Terek und der Donkosaken 5 Im Zuge der Kampfe gegen die Bolschewiki fluchtete die Fuhrung der Bergrepublik im Marz 1918 aus Wladikawkas in die georgische Hauptstadt Tiflis die Bergrepublik wurde am 11 Mai 1918 aber mit osmanischer und deutscher Hilfe in Wladikawkas erneut gegrundet 6 Die Bergrepublik erhielt Unterstutzung und offizielle Anerkennung vom Deutschen Reich vom Osmanischen Reich und den anderen Mittelmachten des Ersten Weltkrieges spater auch von der Demokratischen Republik Georgien und der Demokratischen Republik Aserbaidschan Auch der autonomen Volksrepublik der Kubankosaken war die Bergrepublik freundschaftlich verbunden Die Bergrepublik versuchte die Beziehungen zu den demokratischen Republiken im Sudkaukasus zu starken Im November 1918 nahmen die Mitglieder der Regierung der Bergrepublik zusammen mit Vertretern Georgiens und Aserbaidschans an der Konferenz zur Planung der Politik der gemeinsamen kaukasischen Interessen in Tiflis teil Mit Aserbaidschan kam es jedoch zu diplomatischen Spannungen weil die Bergrepublik das Verbreitungsgebiet Nordostkaukasischer Sprachen in Nord Aserbaidschan beanspruchte Aserbaidschan dagegen die Stadt Derbent und deren Umgebung in Dagestan wo vorwiegend Aserbaidschanisch gesprochen wird 7 Dagegen waren die Beziehungen zu Georgien bis zum Ende freundschaftlich Georgien sah den Kampf der Bolschewiki und der Denikin Armee gegen die Gebirgsrepublik als Bedrohung fur sich selbst an und unterstutzte die Bergabrepublik sowohl finanziell als auch militarisch und diplomatisch Um die Wirtschaftskrise infolge des Burgerkriegs zu uberwinden gewahrte die georgische Regierung der Bergrepublik im Marz 1919 ein Darlehen von 3 Millionen Manat und schickte eine Legion unter dem Kommando von General Leo Kereselidse in den Nordkaukasus Im Oktober 1919 sandte der georgische Aussenminister Ewgeni Gegetschkori eine Notiz an die Vertreter europaischer Lander in der er um Unterstutzung fur die Bergrepublik bat 8 Die Bergrepublik wurde nach langwierigen Kampfen gegen die Bolschewiki schliesslich durch einen Feldzug der Weissen Armee zwischen Oktober 1918 und Dezember 1918 bzw Januar 1919 zerschlagen Am 15 Dezember 1918 erklarte sie zwar noch ihre Unabhangigkeit bald darauf fluchteten aber die fuhrenden Politiker ins Exil nach Baku Tiflis Batumi oder Temir Chan Schura 9 10 Nachfolger Bearbeiten nbsp Karte mit der Republik Ter Dagestan als Bergrepublik Gruntone im Nordosten ca Ende April 1919 nbsp Nadschmuddin Gozinski Atelierfoto das spater zum sowjetischen Fahndungsfoto wurde vgl Bildbeschreibung nbsp Usun Haddschi Saltinski Wie erwahnt betrachtete sich die Republik Ter Dagestan als Nachfolgerin der Bergrepublik beanspruchte aber nur nordost und mittelnordkaukasische Gebiete fur sich faktisch beherrschte sie aber nur das nordostkaukasische Bergland und Umgebung etwas das heutige Dagestan Tschetschenien und Inguschetien im Bundnis mit der Bergrepublik Sie hatte sich am 1 Dezember 1917 als autonome Zeitweilige Ter Dagestanische Regierung russisch Vremennoe Tersko Dagestanskoe pravitelstvo in Stellvertretung der verbundeten Bergrepublik unter Premierminister Nadschmuddin Gozinski in Temir Chan Schura ausgerufen und schon im Mai 1918 rief sie voreilig ihre Unabhangigkeit von Russland aus 11 Nach Zerschlagung der Bergrepublik sah sie sich als ihre Nachfolgerin einige Politiker der Bergrepublik schlossen sich ihr an Allerdings wurden auch grosse Teile ihres Herrschaftsgebietes bis Mai 1919 bis auf einige Berggebiete in die sich die Regierung gefluchtet hatte von Denikin erobert Daraufhin verliess Gozinski die Regierung und rief in Erinnerung an Imam Schamil das Imamat Kaukasus und sich selbst als Imam des Kaukasus aus Der mit ihm befreundete Usun Hadschi Saltinski rief parallel dazu in Tschetschenien das Emirat Kaukasus aus und erklarte sich zum Emir des Kaukasus Die Regierung der Ter Dagestanischen Republik loste sich allmahlich auf und wurde endgultig mit dem Einmarsch der Roten Armee zerschlagen Im September 1919 gelang es den Bergbewohnern Dagestans und Tschetscheniens in einem Aufstand unter Gozinskis Fuhrung bei Beteiligung Usun Hadschis Denikins Truppen aus den Bergen wieder zu vertreiben 12 Im Gegensatz zur fruheren Bergrepublik hatten Ter Dagestan Imamat und Emirat seit Januar 1919 einen starker islamischen Charakter Seit dieser Zeit wurden wie fruher unter Imam Schamil Scharia Gerichte eingesetzt 13 Schliesslich wurde Nordostkaukasien im Januar Marz 1920 von der Roten Armee unter Sergo Ordschonikidse erobert Gozinski leistete aber noch bis 1925 Usun Hadschi sogar bis 1929 in den Bergen Widerstand gegen die Sowjetunion Auch die Autonomen Sowjetrepubliken ASSR Dagestan und ASSR der Bergvolker letztere spater in mehrere Republiken aufgeteilt waren territorial noch Erben der Bergrepublik und der Ter Dagestanischen Republik Sie waren ebenso wie die SSR Abchasien 1921 31 spater ASSR Abchasien die Autonome Oblast Sudossetien und die ASSR Kalmuckien ein Zugestandnis an die Selbststandigkeits und Autonomiebestrebungen der Volker im Grossen Kaukasus und Umgebung teilweise auch im Bundnis mit den Bolschewiki nbsp Flagge der Konfoderation der Kaukasusvolker Auch die Konfoderation der Kaukasusvolker mit Sitz in Sochumi entstand 1991 mit dem allmahlichen Zerfall der Sowjetunion in Erinnerung an die Union der Bergvolker 14 Auch sie war ein Verbund oppositioneller Nationalparteien der Volker Nordkaukasiens mit Dagestan und auch der Abchasen und Sudosseten 15 Anfangs gegen Russland oppositionell verlor sie allerdings aufgrund zahlreicher Streitigkeiten zwischen den Volkern vgl z B zwischen Laken und Tschetschenen zwischen Kumyken und Bergvolkern zwischen den Volkern in Kabardino Balkarien und Karatschai Tscherkessien Abspaltung Inguschetiens von Tschetschenien usw bis hin zu einem kurzen Krieg 1992 zwischen Osseten und Inguschen vgl Artikel Inguschetien ihre Glaubwurdigkeit Sie existiert bis heute hat aber wenig politischen Einfluss An den Namen des Kaukasus Emirates von Usun Hadschi knupft der Name der terroristischen Untergrundorganisation Kaukasus Emirat unter Doku Umarow an dessen Anhangerschaft allerdings im Gegensatz zu der von Usun Hadschis Emirat grosstenteils aus anti sufistischen Islamisten besteht Literatur BearbeitenWolfdieter Bihl Die Kaukasus Politik der Mittelmachte Teil 2 Die Zeit der versuchten kaukasischen Staatlichkeit 1917 1918 Bohlau Wien 1992 S 277 279 ISBN 3 205 05517 9 Karl Grobe Hagel Russlands Dritte Welt Nationalismus und Nationalitatenkonflikte und das Ende der Sowjetunion Frankfurt am Main 1992 S 142 143 ISBN 3 88332 183 4 Timur M Muzaev Soyuz gorcev Russkaya revolyuciya i narody Severnogo Kavkaza 1917 mart 1918 g deutsch Timur M Musajew Die Bergvolkerunion Die russische Revolution und die Volker des Nordkaukasus 1917 Marz 1918 Patrija Moskau 2007 ISBN 978 5 902940 02 9 Werner Zurrer Kaukasien 1918 1921 Der Kampf der Grossmachte um eine Landbrucke zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer Droste Dusseldorf 1978 S 28 41 S 220 229 S 306 341 ISBN 3 7700 0515 5Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bergrepublik im Nordkaukasus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Artikel uber die Bergrepublik aus der dagestanischen Geschichtszeitschrift Achulgo auf der Seite gazavat ru russisch Einzelnachweise Bearbeiten Basis dieser Karte ist offensichtlich diese Karte der Bergrepublik des Kaukasus Historikers Artur Zuzijew aus dem 2006 auf Russisch in Wladikawkas erschienenen Atlas der Ethno Politischen Geschichte des Kaukasus der 2014 bei Yale University Press auch in englischer Ubersetzung erschien Bei Zuzijew hellgrun gehaltenen Regionen sind mit Davon Gebiete mit vorwiegend christlicher Bevolkerung beschriftet Abchasien Nordossetien und die Gebiete der Sunscha Kosaken wahrend die dunkelgrunen Regionen vorwiegend muslimisch besiedelt sind Zum Aufbau und den Personlichkeiten vgl Bihl S 278 79 Akuschinski war spater der erste Volkskommissar fur das kanonische islamische Recht in der ASSR Dagestan Emanuel Sarkisyanz Geschichte der orientalischen Volker Russlands bis 1917 Munchen 196 S 140 Auch Gozinski und Usun Hadschi hatten anfangs Kontakte zu Bolschewiki gegen die Weisse Armee Zurrer S 41 Bihl S 277 Artikel zur Bergrepublik im russischen Geschichtsmagazin Chronos russisch 2 und 3 Absatz Zurrer S 222 Iremadse Irakli Demokratische Bergrepublik in Enzyklopadie Worterbuch der Demokratischen Republik Georgiens Verlag der Staatlichen Universitat Tiflis 2018 S 276 277 georgisch Bihl S 279 Zurrer S 306 ff Bihl S 278 Zurrer S 310 11 Artikel zur Bergrepublik im russischen Geschichtsmagazin Chronos russisch 3 Absatz letzter Satz Dittmar Schorkowitz Postkommunismus und verordneter Nationalismus Frankfurt am Main 2008 S 139 Vgl z B Uwe Halbach Von Mansur zu Dudajew Widerstandstraditionen der nordkaukasischen Bergvolker In Uwe Halbach Hrsg Krisenherd Kaukasus Baden Baden 1995 S 196 215 besonders S 197 Normdaten Geografikum GND 6015664 8 lobid OGND AKS VIAF 125253578 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bergrepublik amp oldid 238689970