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Arbeiter vor dem Magistrat zeitgenossisch auch Arbeiter und Stadtrat oder Ein Stadtrat aus dem Jahr 1848 ist der Titel eines Hauptwerks des Dusseldorfer Genremalers Johann Peter Hasenclever Das Olgemalde das zu den fruhen sozialkritischen Schopfungen der Dusseldorfer Malerschule zahlt zeigt Arbeiter bei der Ubergabe einer Petition an einen Stadtrat im Revolutionsjahr 1848 Das politische Ereignisbild gilt als die erste Darstellung selbstbewusst auftretender Arbeiter in der deutschen Malerei Arbeiter vor dem MagistratJohann Peter Hasenclever 1848 1850Ol auf Leinwand154 225 4 cmMuseum Kunstpalast DusseldorfVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtlicher Hintergrund 2 Bildbeschreibung 3 Interpretation 4 Ausstellung Rezeption und Verbleib 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichtlicher Hintergrund BearbeitenDas Bild Arbeiter vor dem Magistrat hat einen realen geschichtlichen Hintergrund Am 9 Oktober 1848 reichte eine Delegation von 600 erwerbslos gewordenen Arbeitern beim Rat der Stadt Dusseldorf eine Petition mit der Bitte um Weiterbeschaftigung ein die Bitte um Arbeit 1 Ein kommunales Beschaftigungsprogramm das unter anderem aus Notstandsarbeiten auf der Golzheimer Insel bestanden hatte war kurz zuvor ausgelaufen Da die vorgesehenen Mittel bei der Stadt Dusseldorf jedoch erschopft waren erhielten die Bittsteller vom Gemeinderat eine abschlagige Antwort Am Vortag hatten viele der Petenten an einer Grossdemonstration mit rund 5000 Teilnehmern im nahen Gerresheim teilgenommen in der sie fur ihre Forderung nach Fortsetzung eines kommunalen Beschaftigungsprogramms die Unterstutzung des sozialistischen Volksklubs erhalten hatten einer politischen Vereinigung der fruhen Arbeiterbewegung in Dusseldorf in deren Fuhrung sich insbesondere die Juristen Ferdinand Lassalle und Julius Wulff sowie der Dichter Ferdinand Freiligrath engagierten Eingebettet waren diese Ereignisse in die Deutsche Revolution 1848 1849 in der sich nach der Februarrevolution 1848 die im Vormarz angestauten sozialen wirtschaftlichen und politischen Probleme Deutschlands entluden Auch in Dusseldorf dem Parlamentssitz der preussischen Rheinprovinz war das Klima angespannt Dort hatten sich im Zuge einer verstarkten Politisierung von Bevolkerungsgruppen verschiedene politische Zirkel gebildet in denen die Burger eine neue Verfassung diskutierten und politische Forderungen erhoben Julius Wullf trug in einer Sitzung des Volksklubs am 3 Juli 1848 Max Cohnheims Flugschrift Republikanischer Katechismus vor die mit dem Aufruf zur Grundung einer deutschen demokratischen Republik schloss Kurz darauf liessen ihn die preussischen Staatsorgane wegen Hochverrats verhaften und ins Dusseldorfer Arresthaus bringen In dieser Situation verfasste Freiligrath im Juli 1848 das Revolutionsgedicht Die Todten an die Lebenden Darin verhohnte Freiligrath ein uberzeugter Republikaner und Anhanger der Volkssouveranitat den preussischen Konig Friedrich Wilhelm IV als abgethanen Mann Im Zusammenhang mit dem Kolner Dombaufest am 14 August 1848 wenige Tage nachdem Dusseldorfer Burger das Fest der deutschen Einheit mit der Forderung nach einem vereinigten und demokratisch regierten Deutschland sowie nach einer konstitutionellen Beschrankung der Monarchie gefeiert hatten kam der Konig hochstpersonlich nach Dusseldorf Dort wollte er seinem Cousin dem Dusseldorfer Divisionskommandeur Friedrich von Preussen eine Visite abstatten Bei der Anfahrt zu dessen Residenz Schloss Jagerhof wurde der in einer offenen Kutsche reisende Souveran auf der Kastanienallee heute Konigsallee aus einer ihm grimmig begegnenden Menschenmenge heraus mit Pfiffen begrusst und mit Pferdeapfeln beworfen Als sodann preussisches Militar gegen Burger auf den Strassen der Garnisonsstadt vorging schritt die im Marz 1848 gebildete Dusseldorfer Burgerwehr unter ihrem Kommandeur Lorenz Cantador ihrerseits gegen das Militar ein und stellte Ordnung und Ruhe wieder her Elf der 66 gewahlten Offiziere der Burgerwehr waren Maler der Maler Hasenclever war ein stellvertretender Zugfuhrer Von dem Auftritt der Arbeiter im Dusseldorfer Rathaus fertigte Hasenclever zunachst ein Aquarell auf einer Bleistiftzeichnung Stadtisches Museum Remscheid und eine Skizze in Ol Westfalisches Landesmuseum Munster 2 Kurz danach entstanden Olgemalde in denen Hasenclever sein Motiv der Arbeiterpetition in unterschiedlichen Variationen behandelte nbsp Erste Fassung in Ol Bergisches Museum Schloss Burg an der Wupper nbsp Zweite Fassung in Ol Museum Kunstpalast Dusseldorf Bildbeschreibung BearbeitenIn der im Dusseldorfer Museum Kunstpalast erhaltenen zwischen 1848 und 1850 entstandenen Hauptfassung wird in Ol auf Leinwand in den Massen 154 225 4 cm ein Ratssaal als Tagungsort eines Stadtrates dargestellt In der rechten Bildhalfte sind die Ratsherren um einen grossen Tisch versammelt auf dem sich Bucher Papiere und Schreibutensilien befinden Eine Akte auf dem Tisch fuhrt die Jahreszahl 1848 In der linken Bildhalfte stehen sechs Vertreter der erwerbslosen Arbeiter und uberreichen durch ihren Anfuhrer die Petition Die Wande des Ratssaal weisen ein Dekor im Rokoko und Zopfstil sowie ovale Medaillons mit den Portrats von Herrschern mit Allongeperucken auf Im Bildzentrum fallt der Blick durch ein geoffnetes Fenster auf einen von Burgerhausern gesaumten Marktplatz auf dem gerade unter einem gewittrigen Himmel eine politische Kundgebung mit erregten Teilnehmern stattfindet Dieser Blick verweist auf einen sich ereignenden Konflikt als gesellschaftliche Rahmenhandlung ausserhalb des Ratssaals Uber den Kopfen der Teilnehmer der Kundgebung werden die schwarz rot goldene Fahne und eine rote Fahne gezeigt Ebenfalls herausgehoben in der Nahe eines St Georg Standbildes auf der Platzmitte steht mit ausgebreiteten Armen und einem Papier in der Hand ein burgerlich gekleideter Mann der vor der Volksmenge eine Rede halt Das Tageslicht das durch das geoffnete Fenster in den Ratssaal hereinfallt beleuchtet den grossen Tisch der Ratsherren und einen Teil der Wand dahinter an der sich eine Gipsbuste mit dem Bildnis des Landesherrn Friedrich Wilhelm IV und ein darunter aufgehangtes Bild mit Wechselrahmen befinden Dieses Bild zeigt einen Stich mit dem Portrat des Reichsverwesers Johann von Osterreich Das Glas auf diesem Bild ist gesprungen In einer Ecke des Raums steht eine dunkle Ritterrustung mit einer Hellebarde Links neben dem Fenster steht eine schwarz rot goldene Fahne an der Wand Sowohl die Ratsherren als auch die bittstellenden Arbeiter sind in unterschiedlichen Korperhaltungen und Gesten farblich und qualitativ variierender Bekleidung sowie differenzierten Physiognomien dargestellt Besonders auffallig ist ein etwas untersetzter Ratsherr mit gelber Weste und goldener Uhrkette im Vordergrund der rechten Bildhalfte der sich mit einem grossen Schnupftuch den Schweiss aus dem Gesicht wischt Auf der Seite der Petenten die ihre mit Kokarden verzierten Kopfbedeckungen abgenommen haben ist ihr Anfuhrer durch die Geste der Uberreichung der Bittschrift und durch seine von den anderen Arbeitern etwas abgeruckte Position im Vordergrund der linken Bildhalfte hervorgehoben Auf sein von Sonnenlicht bestrahltes Gesicht sind die Blicke der meisten Ratsherren gerichtet Interpretation Bearbeiten nbsp Selbstportrat Johann Peter Hasenclever Ausschnitt um 1850Hasenclevers Bild zeigt nicht den konkreten Dusseldorfer Ratsaal und nicht den konkreten Dusseldorfer Marktplatz sondern er stellt diese Raume in verallgemeinernder Form dar um die Marzrevolution 1848 im Rheinland in ihrer generellen uber das Lokale hinausweisenden Bedeutung zu schildern Gleichwohl sind Parallelen erkennbar die fur den ortskundigen Betrachter den Bezug auf die Dusseldorfer Ereignisse die den Entstehungskontext des Bildes liefern herstellen So entspricht das St Georg Standbild dem Jan Wellem Reiterdenkmal und die Kirche deren Turm uber die Giebel der Burgerhauser des Marktplatzes hinausragt ahnelt der Dusseldorfer Lambertuskirche Neben der Jahreszahl 1848 auf der auf dem Tisch liegenden Akte weisen das Portrat des Reichsverwesers Johann von Osterreich sowie die schwarz rot goldenen Fahnen und Kokarden auf Ereignisse und politische Programmatik der Marzrevolution im Konigreich Preussen hin dessen Landesherr Friedrich Wilhelm IV im Rheinland als Reprasentant des Ancien Regime wahrgenommen wurde Viele Rheinlander die im Katholizismus wurzelnden allzumal fuhlten sich seit dem Wiener Kongress als Musspreussen und befurworteten eine Einbindung ihres Landes in ein grossdeutsch konzipiertes Reich mit einem Kaiser dessen Macht durch eine freiheitliche Verfassung begrenzt werden sollte Das zur Zeit der Bildentstehung bereits altlich wirkende Raumdekor des Ratssals im Rokoko und Zopfstil und die dunkle Ritterrustung als Schreckgespenst einer fernen Vergangenheit deuten darauf hin dass der Maler die herrschenden gesellschaftlichen Verhaltnisse damit symbolisch als obsolet oder ruckstandig politisieren wollte Auch die Ratsherren die der Maler durch satirische Uberzeichnung ihrer teilweise ratlosen und beklommenen teilweise uninteressierten Minen und Gesten ins Lacherliche zieht erscheinen in einem ironisch kritischen Licht Insbesondere der schwitzende Ratsherr mit gelber Weste und goldener Uhrkette wird in Balzacscher Manier als Vertreter des Besitzburgertums karikiert dem die sozialen Forderungen der bittstellenden Arbeiter als Vertreter der Arbeiterklasse und die revolutionare Kundgebung auf dem Marktplatz als politische Antwort auf den Pauperismus und die soziale Frage Angste um Positionen und Vermogen einflossen Demgegenuber erscheint der Anfuhrer der Arbeiter sehr serios womit der Maler eine grundsatzliche Ubereinstimmung mit Forderungen der Arbeiter zum Ausdruck bringt Ausstellung Rezeption und Verbleib Bearbeiten nbsp Portrat Ferdinand Freiligrath Gemalde von Johann Peter Hasenclever 1851Hasenclevers Bild wurde von Freiligrath am 12 Mai 1851 auf seiner Flucht zunachst nach London mitgenommen Nach Ausstellungen in London Sommer 1851 und Manchester Sommer 1852 wurde es anlasslich der Exhibition of the Industry of All Nations im Jahr 1853 im New York Crystal Palace ausgestellt Karl Marx hatte das Bild moglicherweise in London gesehen 3 In der New York Daily Tribune schrieb er in einem zur Besichtigung des Bildes auffordernden Artikel am 12 August 1853 den er auf Bitten Freiligraths verfasst hatte uber Hasenclever und das im Bild geschilderte Ereignis Der hervorragende Maler hat das in seiner ganzen dramatischen Vitalitat wiedergegeben was der Schriftsteller nur analysieren konnte 4 Er bezog sich damit auf seine eigene mit Friedrich Engels verfasste Artikelfolge Revolution und Konterrevolution in Deutschland 5 Bei den Malern des 19 Jahrhunderts erzielte das Gemalde im Zusammenwirken mit anderen Bildern der Tendenzmalerei der Dusseldorfer Schule eine grosse Vorbildwirkung z B auf Axel Kulles 1877 entstandenes Genrebild Der Kirchenvorstand Motiv aus Deutschland Im Januar 1854 wurde das Gemalde auf der Ausstellung des New York Crystal Palace von der Jury durch eine Honorable Mention geehrt Da Hasenclever im Vormonat gestorben war konnte er diesen Erfolg nicht mehr erleben Um finanzielle Probleme der Witwe Hasenclevers und eigene Finanznote zu bewaltigen unternahm es Freiligrath in der Folgezeit das Bild in einer Reihe weiterer Bilder Hasenclevers zu veraussern Er schaffte es das Bild an den Kunstsammler Ferdinand J Dreer aus Philadelphia zu verkaufen der es mindestens dreimal ausstellte 1855 und 1857 sowie 1877 in der Pennsylvania Academy of the Fine Arts in Philadelphia Spater ging es in die Sammlung von Victoria Dreyfus 1881 1976 aus Brewster New York Im Oktober 1976 gelangte es in eine Auktion von Sotheby Parke Bernet Dort wurde es von der Galerie Paffrath ersteigert 6 1978 konnte das Museum Kunstpalast das Bild mit Unterstutzung des Landes Nordrhein Westfalen erwerben Seither bildet es in der dortigen Kollektion einen Schwerpunkt in der kunsthistorisch musealen Vermittlung der Malerei der Dusseldorfer Schule Siehe auch BearbeitenMarzforderungenLiteratur BearbeitenHanna Gagel Die Dusseldorfer Malerschule in der politischen Situation des Vormarz und 1848 In Wend von Kalnein Hrsg Die Dusseldorfer Malerschule Verlag Philipp von Zabern Mainz 1979 ISBN 3 8053 0409 9 S 68 ff Kurt Soine Johann Peter Hasenclever Ein Maler im Vormarz Bergische Forschungen 21 Neustadt Aisch 1990 S 166 190 Kathrin DuBois Arbeiter vor dem Magistrat um 1848 50 In Bettina Baumgartel Hrsg Die Dusseldorfer Malerschule und ihre internationale Ausstrahlung 1819 1918 Michael Imhof Verlag Petersberg 2011 ISBN 978 3 86568 702 9 Band 2 S 310 f Katalog Nr 261 Weblinks BearbeitenArbeiter vor dem Magistrat in der Deutschen Digitalen Bibliothek Der Streik in der Kunst Webseite im Portal dhm de Deutsches Historisches Museum Einzelnachweise Bearbeiten Dietmar Niemann Die Revolution von 1848 49 in Dusseldorf Geburtsstunde politischer Parteien und Burgerinitiativen Dissertation Universitat Koln 1991 1992 Stadtarchiv Dusseldorf Dusseldorf 1993 ISBN 978 3 926490 02 5 S 167 ff Arbeiter vor dem Magistrat Datenblatt und Erlauterung zur gleichnamigen Olskizze Inv Nr 270 WKV im LWL Museum fur Kunst und Kultur abgerufen im Portal lwl org am 8 Mai 2016 Margaret A Rose Gemalte Politik J P Hasenclevers Arbeiter und Stadtrath von 1848 und 1850 In Norbert Otto Eke Bernd Fullner Hrsg Forum Vormarzforschung Jahrbuch 2015 Aisthesis Verlag Bielefeld S 185 ff Englischsprachiger Originaltext in der New York Daily Tribune vom 12 August 1853 What the writer could only analyze the eminent painter has reproduced in its dramatic vitality Vgl Friedrich Engels Revolution und Konterrevolution in Deutschland Webseite im Portal mlwerke de Karl Marx Friedrich Engels Werke Band 8 Dietz Verlag Berlin DDR 1960 S 5 108 Albert Boime Social Identity and Political Authority in the Response of Two Prussian Painters to the Revolution of 1848 In Art History Vol 13 No 3 September 1990 S 350 PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arbeiter vor dem Magistrat amp oldid 239505869