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Ein Antimykotikum griech ἀnti anti gegen und mὑkhs mykes Pilz mit lateinischer Endung Mehrzahl Antimykotika Adjektiv antimykotisch Adjektiv engl antifungal ist eine antimikrobielle Substanz die gegen durch Pilze verursachte Erkrankungen Mykosen wirkt Davon unterschieden werden Fungizide die als Biozide oder Desinfektionsmittel gegen Pilze wirksam sein konnen und in der Landwirtschaft in der Technik in der Lebensmittelindustrie im Gesundheitswesen oder anderen Lebensbereichen aber nicht krankheitsbezogen erregerspezifisch am Menschen oder Tier zum Einsatz kommen Eine effektive und nebenwirkungsarme Therapie setzt die moglichst selektive Wirkung gegen den Krankheitserreger voraus Aufgrund der molekularbiologischen Ahnlichkeit zwischen den Zellen der Pilze und denen der Menschen und Tiere standen lange Zeit nur unspezifische und unzureichend wirksame Mittel zur Verfugung Beginnend mit der Einfuhrung des Griseofulvins und der Polyen Antimykotika in den 1960er Jahren gibt es mittlerweile eine Reihe gut wirksamer Arzneistoffe nicht zuletzt auch durch die vergleichsweise noch jungen Antimykotika vom Azol Typ Man unterscheidet nach Wirkungsweise in fungizide abtotende oder fungistatische vermehrungshemmende als Fungistatika bezeichnete Substanzen nach Anwendungsart in lokal bzw topisch auf der Haut bzw Schleimhaut oder systemisch uber den Blutkreislauf im gesamten Organismus verteilt verabreichbare Substanzen nach Wirkspektrum in Breitband und therapeutisch eng begrenzte Antimykotika Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Hemmstoffe der Ergosterin Biosynthese 3 Polyen Antimykotika Porenbildner 4 Hemmstoffe der Zellwandsynthese 5 Hemmstoffe der DNA Synthese 6 Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen 7 Indikation 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenErst in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts begann sich die medikamentose Behandlung von Pilzerkrankungen durchzusetzen Zunachst beschrankte man sich auf die Anwendung der Pechkappe la calotte zur Haarentfernung bei Kopfmykosen 1897 wurden Thalliumverbindungen von dem franzosischen Dermatologen Raymond Jaques Adrien Sabouraud 1864 1938 als Epilationsmittel angewendet Da die Atiologie der Hautpilzerkrankungen zu Beginn des 19 Jahrhunderts noch unbekannt war verwendete man auch verschiedene Zubereitungen von Metallsalzen wie Kupfer und Bleiverbindungen zur lokalen Behandlung der erkrankten Hautpartien Aufgrund der Beobachtung dass Schornsteinfeger fast nie an Hauterkrankungen litten setzte 1834 der franzosische Arzt Pierre Blaud 1774 1858 Russabkochungen zur Behandlung von Hauterkrankungen ein Seit den 1880er Jahren setzte man zudem Resorcin als Antimykotikum ein Als besonders wirksame Antimykotika erwiesen sich spater einige Antibiotika 1958 empfahl Gustav Riehl 1894 1975 Griseofulvin zur Behandlung von Haut Nagel und Haarmykosen Das von Elizabeth Lee Hazen 1885 1975 und Rachel Fuller Brown 1898 1980 aus dem Strahlenpilz Streptomyces noursaei isolierte Nystatin erwies sich als klassisches Mittel bei Hefepilzinfektionen Als Trichosept wurde das Fungistatikum Trichomycin von Grunenthal vertrieben 1 Amphotericin 1955 von W Gold erstmals gewonnen galt vor allem bei Systemmykosen als Mittel der Wahl 1962 stellten J Berger und Duschinsky die fungistatische Wirkung von Fluorocytosin gegenuber Hefen und Schimmelpilzen fest Das 1967 von Karl Heinz Buchel synthetisierte Clotrimazol gelangte 1973 als Canesten auf den Arzneimittelmarkt Naftifin ein Allylaminderivat wurde von D Berney und K Schuh hergestellt und gelangte 1985 aufgrund seiner Wirksamkeit gegenuber Schimmelpilzen und Dermatophyten als Exoderil in den Arzneischatz 2 Hemmstoffe der Ergosterin Biosynthese BearbeitenDie Wirkungsweise der modernen Antimykotika beruht vielfach auf der Hemmung der Biosynthese von Ergosterin Ergosterol einem fur die Zellmembran von Pilzen essentiellen Bestandteil der im Organismus von Saugetieren nicht vorkommt Dabei kann die Hemmung an verschiedenen Schritten der Biosynthese erfolgen Wirkstoffbeispiele Allylamine bzw Squalenepoxidase Hemmer Naftifin zur lokalen Anwendung als Creme Gel oder Losung und Terbinafin zur lokalen Anwendung als Creme Gel oder zum Einnehmen als Tabletten Tolnaftat zur lokalen Anwendung als Creme oder Losung Morpholine Amorolfin zur lokalen Anwendung als Creme oder Nagellack Pyrrole Pyrrolnitrin wird ebenfalls lokal angewendet Azol Antimykotika Imidazole und Triazole Azole enthalten als gemeinsames Merkmal ein N substituiertes Imidazol oder Triazol Beispiele sind Clotrimazol Bifonazol Econazol Isoconazol Tioconazol und Sertaconazol werden ausschliesslich lokal angewendet Es gibt Cremes Gele Losungen und Sprays fur die Haut aber auch Cremes Tabletten und Zapfchen zur Behandlung der Vaginalschleimhaut Die Substanzen Ketoconazol und Miconazol sind lokal oder auch systemisch verwendbar Ebenfalls fur die systemische Therapie als Tabletten bzw Kapseln stehen Itraconazol und Fluconazol zur Verfugung Voriconazol ist als Saft Tabletten oder Infusionslosung zur systemischen Anwendung vorgesehen Posaconazol ebenfalls Voriconazol und Posaconazol sind relativ neue Substanzen in der antimykotischen Therapie Voriconazol und Posaconazol haltige Arzneimittel sind zur Behandlung von schweren Pilzinfektionen beispielsweise bei Patienten mit Krebserkrankungen unter laufender Chemotherapie oder Patienten mit schwerer AIDS Erkrankung zugelassen Posaconazol bislang nur als second line Therapie bei Resistenz oder Unvertraglichkeit gegen die Standardtherapie Fosfluconazol ist derzeit in Deutschland nicht erhaltlich Azol Antimykotika haben ein breites Wirkspektrum und wirken vorwiegend fungistatisch wobei die Wirkung relativ langsam einsetzt Wahrend die lokal wirksamen Vertreter im Allgemeinen gut vertraglich sind ist bei den systemisch verwendeten eine moglicherweise auftretende leberschadigende Wirkung und die fruchtschadigende Wirkung zu berucksichtigen Polyen Antimykotika Porenbildner BearbeitenEin weiterer Wirkmechanismus ergibt sich aus der Erhohung der Durchlassigkeit der Membran der Pilzzelle Porenbildung Durchlocherung und in Folge aus dem Verlust von Zellbestandteilen Moglich ist dies durch den amphiphilen Charakter der Makromolekule die mit den Sterinverbindungen in der Zellmembran wechselwirken Da auch eine Affinitat zu Sterinen z B Cholesterin des Wirtsorganismus besteht sind diese Arzneistoffe bei parenteraler Verabreichung relativ toxisch Wirkstoffbeispiele Amphotericin B fur die lokale Behandlung als Suspension oder Tabletten zum Lutschen oder Einnehmen fur die systemische Behandlung bei schweren Infektionen als Infusionspraparat Nystatin zur lokalen Behandlung von Pilzinfektionen der Haut Schleimhaut und des Magen Darm Traktes Natamycin zur lokalen AnwendungHemmstoffe der Zellwandsynthese BearbeitenDurch Hemmung der Biosynthese des Zellwandbestandteils Chitin und durch Funktionsstorung der Mikrotubuli wirkt Griseofulvin das ausschliesslich gegen Dermatophyten wirksam ist Es kommt in Tablettenform z B Likuden zur Anwendung wenn eine lokale Therapie nicht ausreichend wirksam ist Ebenfalls hemmend auf die Zellwandsynthese wirkt das Caspofungin Es wird ausschliesslich per Infusion verabreicht Wegen Nebenwirkungen nicht in den Handel gekommen ist der Wirkstoff Cilofungin Hemmstoffe der DNA Synthese BearbeitenAls Antimetabolit in der DNA Synthese des Pilzes wirkt 5 Fluorcytosin Es wird meistens in Kombination mit Amphotericin B gegen schwerste Organmykosen eingesetzt Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen BearbeitenAls Fungizid durch die Bildung von reaktiven und fur den Pilz toxischen Sauerstoffverbindungen wirkt Ciclopirox bzw dessen Ethanolaminsalz Ciclopiroxolamin Es kommt in vielen Darreichungsformen zur lokalen Anwendung auf Haut Schleimhaut und Nageln vor Indikation BearbeitenDie Wahl eines geeigneten Antimykotikums hangt ab von der Resistenz des Erregers und der Art und Schwere der Infektion opportunistisch generalisiert systemisch lokal kutan subkutan Dementsprechend wird die Nutzen Risiko Abwagung getroffen Siehe auch BearbeitenFungizidresistenzLiteratur BearbeitenJoachim Morschhauser Resistenzen und Resistenzmechanismen Wie entkommen Pilze der Therapie In Pharmazie in unserer Zeit Bd 32 Nr 2 2003 S 124 129 doi 10 1002 pauz 200390029 Werner Heinz Infektionen durch Pilze In Marianne Abele Horn Hrsg Antimikrobielle Therapie Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten Unter Mitarbeit von Werner Heinz Hartwig Klinker Johann Schurz und August Stich 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Peter Wiehl Marburg 2009 ISBN 978 3 927219 14 4 S 269 287 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Antimykotikum Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Karl Wurm A M Walter Infektionskrankheiten In Ludwig Heilmeyer Hrsg Lehrbuch der Inneren Medizin Springer Verlag Berlin Gottingen Heidelberg 1955 2 Auflage ebenda 1961 S 9 223 hier S 55 Wolf Dieter Muller Jahncke Christoph Friedrich Ulrich Meyer Arzneimittelgeschichte 2 uberarb und erw Auflage Wiss Verl Ges Stuttgart 2005 ISBN 978 3 8047 2113 5 S 213 215 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Antimykotikum amp oldid 235534480