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Als Arzneiform oder auch galenische Form bezeichnet man eine Zubereitung die aus Arzneistoff und zugesetzten Hilfsstoffen besteht Manchmal ist es notwendig eine Arzneiform vor der Anwendung in die Darreichungsform umzuformen Ein Beispiel dafur ist der Antibiotikatrockensaft der aufgrund von Stabilitatsproblemen erst vor der Anwendung in eine Suspension umgewandelt wird Wenn keine Hilfsstoffe benotigt werden stellt der Wirkstoff selbst schon die vollstandige Arzneiform dar Allerdings haben einzeln dosierte Pulver sei es als reiner Wirkstoff oder als Gemisch aus Wirk und Hilfsstoffen als eigenstandige Arzneiform aufgrund der vielen Nachteile heute kaum noch Bedeutung Eine Arzneiform besteht demnach aus Wirk und Hilfsstoffen die in einer besonderen Art verarbeitet sind FilmtablettenDer Arzneiform kommt neben dem eigentlichen Wirkstoff oder Wirkstoffgemisch eine entscheidende Bedeutung fur die Wirksamkeit des Arzneimittels zu Sie bestimmt die wesentlichen Eigenschaften der fertigen pharmazeutischen Zubereitung Herstellung Lagerung Haltbarkeit Pharmakokinetik mikrobielle Reinheit Verpackung usw mit Um die Wirkung eines Medikamentes richtig zu beurteilen muss die Arzneiform neben dem reinen Wirkstoff mitberucksichtigt werden Inhaltsverzeichnis 1 Einteilung der Arzneiformen 2 Arzneiformen des Mittelalters und der fruhen Neuzeit 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEinteilung der Arzneiformen BearbeitenFlussig Losung Sirup Saft Sucus Ol Medizinalwasser 1 oder Arzneiwasser Absud spater auch Destillat Wundtrank 2 3 Heiltrank insbesondere Absud mit chirurgischer Indikation Tinktur Tee Injektions und Infusionslosung Drogenextrakt Perkolat Spray Fest Puder Pulver Granulat Tablette Filmtablette Dragee Weichkapsel Hartkapsel Brausetablette Pille Stift Stabchen Caplet Halbfest Suspension Emulsion Paste Creme Salbe Gel Lotion Suppositorium Zapfchen Liniment Latwerge Buccaltablette Weitere Nanosuspension Pflaster Transdermales Pflaster Schmelzfilm Inhalat ImplantatBeispiele zu Arzneiformen nbsp Kapseln nbsp Suspension zur Injektion nbsp Suspension zur Inhalation nbsp Losung zum Eintropfen in die Augen nbsp ZapfchenArzneiformen des Mittelalters und der fruhen Neuzeit BearbeitenEine von der Antike und bis ins Mittelalter die fruhe Neuzeit hinein haufig verwendete Arzneiform ist die Latwerge lateinisch Electuarium 4 Bei dieser Arzneimittel Konservierungsform handelt es sich um eine eingedickte Saft Honig Zubereitung 5 Eine besondere Bekanntheit hatte die Kaiser Karls Latwerge ein vor allem gegen Heiserkeit eingesetztes Mittel das aus einem fruheren electuarium Karoli hervorging und dessen Zutaten spater auch in einer anderen Arzneiform namlich Kaiser Karls Magenpulver wiederzufinden sind 6 Einige Zubereitungsformen wurden auch mit lateinisch Confectio confita und confecta 7 bezeichnet 8 Ein aus meist groberen Pulvern gemischtes etwa zur Halfte aus Zucker bestehendes Magenpulver das gewurzhafte oder purgierende Zusatze enthielt wurde Tragea communis Tragema oder Trisenet genannt Als abfuhrendes Magenpulver nannte man es Tragea laxativa 9 Eine typisch fruhneuzeitliche Arzneiform ist die Morselle Morsellen lateinisch Morselli sind langlich viereckige Tafelchen aus eingedampfter Zuckerlosung und zerkleinerten Gewurzen die ausgegossen und zerschnitten werden Diese galten im spaten 16 und 17 Jahrhundert als typisches Apothekerkonfekt das man vor allem zur Verdauungsforderung einsetzte Bis heute werden sie in Apotheken als Leckerei angeboten Eine eng mit den Morsellen verwandte Arzneiform ist die Rotula die eine runde Form besitzt und innerlich appliziert wurde Rotulae wurden vornehmlich aus Zucker hergestellt 10 und dienten als Arzneistofftrager fur schlecht schmeckende Drogen Solche Rotula Rezepturen sind beispielsweise in der Pharmacopoea Wirtenbergica 1741 vorzufinden Eine weitere interne trockene Arzneiform bzw Aufbewahrungsform stellte die Trochiske von griechisch lateinisch trochiscos griechisch troxiskos kleine Scheibe kleines Rad 11 auch Zeltlein oder Zeltchen genannt vgl Zelte dar eine zu einer runden Pastille geformte Arzneimittelmasse 12 13 Bei diesen Trochisci handelte es sich gemass Zekert um Zuckerzeltchen aus Drogenpulvern und Zucker mit Gummi 14 Zu den im Mittelalter haufig verwendeten Arzneiformen ist auch das Medizinalwasser aqua medicinalis zu rechnen das durch Destillationsverfahren vgl auch Buchlein von den ausgebrannten Wassern hergestellt wurde 15 Im Ende des 14 Jahrhunderts entstandenen Gothaer Arzneibuch 16 17 werden 57 aquae medicinales aufgefuhrt die mit einfachen oder zusammengesetzten mineralischen bzw pflanzlichen Arzneidrogen zubereitet werden konnen 18 19 Im Spatmittelalter und in der fruhen Neuzeit finden sich Rezepturen fur Pillen welche die Zusammensetzung und die Herstellung vorschreiben Meist enthielten die Pillen Bitterdrogen Gummiarten oder Harze Als Anstossflussigkeit fur die gepulverten Drogen verwendete man Malvasierwein Rosenwasser oder Pflanzensafte Zum Ankneten dienten als Flussigkeiten haufig Sirup oder Honig Die angestossene Pillenmasse wurde in Form von sogenannten Magdaleonen von magdalion 20 gerundete in Zylinderform gerollte Gebilde halbfester Drogenmassen in Form von Stangen aufbewahrt Zur Konservierung wurden diese in Leder oder Wachspapier gewickelt Zu Beginn des 18 Jahrhunderts verwendete man Pillen aus Eisen oder Messing um den ausgerollten Pillenstrang gleichmassig zu zerteilen Mit der 1777 erstmals erwahnten Pillenmaschine liess sich eine bestimmte Anzahl von Pillen gleichzeitig teilen und ausrollen In der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts begann die industrielle Herstellung der Pillen Dabei wurde die Pillenmasse in einer Knetmaschine zubereitet mittels Strangpresse in Strange geformt und auf einer Pillenschneidemaschine zu Pillen gewunschter Grosse geformt Unter den ausserlich zu applizierenden Arzneiformen nahm das Pulver siehe auch Pulver Pharmazie im Mittelalter 21 eine Sonderstellung ein da man es auch innerlich anwenden konnte Die Pulverzubereitungen nahmen jedoch im Laufe des 19 Jahrhunderts bestandig ab sodass im DAB 5 nur noch eine Pulvermonographie genannt wird Die Salbenbereitung anderte sich im Gegensatz zu anderen Arzneiformen im Mittelalter 22 kaum Im 16 Jahrhundert wandte man Salben sowohl zur Oberflachenbehandlung der Haut bei Schleimhautentzundungen als auch mit tiefenwirksamem Effekt bei Kopfschmerzen und allgemeinen Schmerzzustanden an Zur Salbenherstellung verwendete man den bereits in den antiken Hochkulturen nachzuweisenden Morser und das Pistill Salbenzubereitungen finden sich auch heute noch als Monographien des Arzneibuchs Die auch im Mittelalter beliebte Arzneiform Pflaster enthielt neben Fetten und Wachs vor allem Harz das ihr Klebrigkeit verlieh Die Herstellung der Pflaster geschah durch Schmelzen und Mischen sowie anschliessendes Ruhren der Pflastermasse Anschliessend wurde die Pflastermasse in Stangen oder Tafeln gegossen und mit der Pflasterpresse ausgeformt Das Heftpflaster auf Kautschukbasis wurde seit 1891 von der Firma Beiersdorf industriell hergestellt 23 Siehe auch BearbeitenDarreichungsform Pharmazeutische Technologie Gleichformigkeit einzeldosierter ArzneiformenLiteratur BearbeitenKurt H Bauer Karl Heinz Fromming Claus Fuhrer Bernhardt C Lippold Lehrbuch der Pharmazeutischen Technologie 8 Auflage Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2006 ISBN 3 8047 2222 9 Willem Frans Daems Arzneiformen In Lexikon des Mittelalters Munchen Zurich 1978 ff hier Band 1 1980 Sp 1094 1096 Rudolf Voigt Alfred Fahr Pharmazeutische Technologie 9 Auflage Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart 2006 ISBN 3 7692 2649 6 Einzelnachweise Bearbeiten Bernhard D Haage Wolfgang Wegner Medizinalwasser In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 950 f Gundolf Keil Wundtrank In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1507 f Klaus Muller Gundolf Keil Hilde Marie Gross Wundtranke in der deutschen medizinischen Fachprosa des 13 bis 15 Jahrhunderts Studien zum mittelalterlichen Bedeutungsumfeld eines Erstbelegs im Breslauer Arzneibuch In Acta historica et museologica Band 6 2003 Sbornik k 60 narozeninam doc PhDr Dana Gawreckeho CSc Hrsg von Jaroslav Bakala u a S 119 141 Franz Josef Kuhlen Elektuarien In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 3 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1986 ISBN 3 7608 8903 4 Sp 1798 Thomas Gleinser Anna von Diesbachs Berner Arzneibuchlein in der Erlacher Fassung Daniel von Werdts 1658 Teil II Glossar Medizinische Dissertation Wurzburg jetzt bei Konigshausen amp Neumann Wurzburg 1989 Wurzburger medizinhistorische Forschungen 46 S 177 Hartmut Broszinski Kaiser Karls Latwerge In Verfasserlexikon 2 Auflage Band 4 Sp 944 f Vgl auch Konditorei und Konfekt Wouter S van den Berg Hrsg Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolai Ms 15624 15641 Kon Bibl te Brussel met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolai Hrsg von Sophie J van den Berg N V Boekhandel en Drukkerij E J Brill Leiden 1917 S 227 f Otto Zekert Hrsg Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570 Hrsg vom osterreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft fur Geschichte der Pharmazie Deutscher Apotheker Verlag Hans Hosel Berlin 1938 S 157 Tragea Vgl auch Otto Zekert Hrsg Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570 Hrsg vom osterreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft fur Geschichte der Pharmazie Deutscher Apotheker Verlag Hans Hosel Berlin 1938 S 153 Rotulae Morselli Zuckerkugelchen oder Platzchen Siehe auch Wouter S van den Berg Hrsg Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolai Ms 15624 15641 Kon Bibl te Brussel met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolai Hrsg von Sophie J van den Berg N V Boekhandel en Drukkerij E J Brill Leiden 1917 S 272 Trocisci Daems Arzneiformen 1980 S 1094 und 1096 Werner Gaude Die alte Apotheke Eine tausendjahrige Kulturgeschichte 1979 2 Auflage Stuttgart 1986 S 143 und 177 Otto Zekert Hrsg Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570 Hrsg vom osterreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft fur Geschichte der Pharmazie Deutscher Apotheker Verlag Hans Hosel Berlin 1938 S 158 dort Trochisci Alhandeli Koloquinthenzeltchen Trochisci Aliptae moschatae mit Moschus Trochisci Bechii albi nigri weisse bzw schwarze Brustzeltchen und Trochisci Hedichroi Zeltchen von schoner Farbe Agi Lindgren Gothaer Medizinalwasser In Burghart Wachinger u a Hrsg Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon 2 vollig neu bearbeitete Auflage ISBN 3 11 022248 5 Band 3 Gert van der Schuren Hildegard von Bingen Berlin New York 1981 Sp 114 116 Karl Regel Aus dem Gothaischen Arzneibuche In Jahrbuch des Vereins fur niederdeutsche Sprachforschung Niederdeutsches Jahrbuch Band 6 1879 S 61 108 Sven Norrbom Hrsg Das Gothaer mittelniederdeutsche Arzneibuch und seine Sippe Philosophische Dissertation Upsala Hamburg 1921 Mittelniederdeutsche Arzneibucher Band 1 Gundolf Keil Gothaer Medizinalwasser In Werner E Gerabek u a Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 505 Agi Lindgren Die aquae medicinales des mittelniederdeutschen Gothaer Arzneibuches Stockholm 1979 Acta universitatis Stockholmiensis Stockholmer germanistische Forschungen Band 24 Wouter S van den Berg Hrsg Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolai Ms 15624 15641 Kon Bibl te Brussel met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolai Hrsg von Sophie J van den Berg N V Boekhandel en Drukkerij E J Brill Leiden 1917 S 237 Petra Hille Anne Rappert Gundolf Keil Die Arzneiform Pulver in der chirurgischen Fachliteratur des Hoch und Spatmittelalters In Istvan Gazda u a Hrsg Ditor ut ditem Tanulmanyok Schultheisz Emil professzor 80 szuletesnapjara Budapest 2003 Magyar tudomanytorteneti szemle konyvtara Band 36 S 54 104 Gundolf Keil Dagmar Schelletter und Anne Rappert Aphorismen zur Arzneiform Salbe unter besonderer Berucksichtigung chirurgischer Fachprosa des deutschen Mittelalters In Menso Folkerts Stefan Kirschner Andreas Kuhne Hrsg Pratum floridum Festschrift Brigitte Hoppe Augsburg 2002 Munchner Universitatsschriften Algorismus Studien zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften Band 38 S 369 403 Wolf Dieter Muller Jahncke Christoph Friedrich Ulrich Meyer Arzneimittelgeschichte 2 uberarb und erw Auflage Wiss Verl Ges Stuttgart 2005 ISBN 978 3 8047 2113 5 S 22 29 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arzneiform amp oldid 231715030