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Ein transdermales Pflaster ist eine Darreichungsform fur die systemische Verabreichung von Arzneistoffen in Pflasterform Es wird auf die Haut geklebt und setzt den Wirkstoff kontrolliert frei welcher dann uber die Haut resorbiert wird Der Wirkstoff gelangt in das Blutgefasssystem ohne vorzeitig im Magen Darm Trakt oder der Leber abgebaut zu werden Transdermale Pflaster wurden erstmals Ende der 1960er Jahre von Alejandro Zaffaroni entwickelt 1 Verhutungspflaster fur Demonstrationszwecke ohne WirkstoffAls Synonym wird auch der Begriff Transdermales therapeutisches System TTS oder Transdermal Drug Delivery System TDDS verwendet 2 der jedoch mit dem Aufkommen von technologischen Weiterentwicklungen solchen transdermalen Darreichungsformen vorbehalten ist die den Wirkstoff aktiv freisetzen d h durch die Einwirkung ausserer Krafte etwa Strom Ultraschall chemische Reaktion 3 Transdermale Pflaster setzen den Wirkstoff hingegen passiv uber einen langeren Zeitraum frei und sind zum Aufkleben auf die unversehrte Haut vorgesehen 4 Transdermale Pflaster sind weiterhin abzugrenzen von ortlich topisch wirksamen Pflastern vgl Artikel Arzneipflaster Inhaltsverzeichnis 1 Anwendungsgebiete 2 Technische Aspekte 3 Vor und Nachteile des Pflasters 4 Wirkstofffreisetzung aus transdermalen Pflastern 5 Einzelnachweise 6 LiteraturAnwendungsgebiete BearbeitenTransdermale Pflaster werden seit uber zwanzig Jahren in verschiedenen Anwendungsgebieten eingesetzt Besonders bekannt ist die Verabreichung von Nikotin mittels eines Nikotinpflasters das Rauchern bei der Entwohnung helfen soll Weiterhin ist auch die transdermale Verabreichung bestimmter Hormone moglich siehe Hormonpflaster So gibt es transdermale Pflaster fur Estrogene bzw Estrogen Gestagen Kombinationen wie sie zur Hormonersatztherapie bei klimakterischen Beschwerden oder zur Empfangnisverhutung verwendet werden oder auch fur Testosteron Weitere Arzneistoffe die sich transdermal verabreichen lassen sind beispielsweise Scopolamin gegen Reisekrankheit Nitroglycerin zur Vorbeugung vor Angina pectoris und Herzinfarkt Clonidin zur Behandlung des Bluthochdrucks die Opioide Fentanyl und Buprenorphin zur Behandlung schwerer Schmerzen Rotigotin zur Behandlung der Parkinson Krankheit sowie Rivastigmin zur Behandlung der Alzheimer Krankheit Technische Aspekte BearbeitenAllen Systemen eigen ist die Deckfolie backing layer welche das Pflaster und seinen Inhalt nach aussen schutzt und gegebenenfalls mit Informationen bedruckt ist Zur Hautseite hin ist es mit einer Abziehfolie versehen release liner die die klebrige Pflasterseite abdeckt Die Abziehfolie wird vor dem Aufkleben des Pflasters entfernt und ist zwecks leichteren Ablosens oftmals silikonisiert Hinsichtlich der Technik der kontrollierten Wirkstoffabgabe aus dem Pflaster unterscheidet man Matrix Pflaster der Wirkstoff ist in einer aus einer oder mehreren Schichten bestehenden Matrix enthalten die mit Hilfe einer Kleberschicht direkt auf der Haut aufliegt Die Diffusionsgeschwindigkeit des Wirkstoffes aus der Matrix heraus bestimmt die Resorptionsgeschwindigkeit In Sonderfallen kann es zwischen Matrix und Klebeschicht eine zusatzliche Membran geben welche den Wirkstofffluss steuert Membran Pflaster auch Depot Pflaster genannt unter einer Tragerfolie liegt ein Reservoir des Wirkstoffs der aus dem Reservoir kontrolliert durch eine porose Membran in die Haut abgegeben wird Damit die Wirkstofffreisetzung durch das therapeutische System gesteuert werden kann muss die Resorption durch die Haut rascher verlaufen als die Wirkstoffabgabe durch die Pflastermembran oder aus der Matrix heraus Falls erforderlich konnen Resorptionsbeschleuniger in das Pflaster eingebracht werden die die Hautpassage beschleunigen Als Beispiele sind Sulfoxide und Harnstoff zu nennen Bei den vorstehend genannten Pflastertypen diffundiert der Wirkstoff durch die Haut und gelangt uber die hautnahen Blutgefasse in den Blutkreislauf Bei der Diffusion handelt es sich um einen passiven Vorgang Dabei dringen die Wirkstoffe nur in geringem Masse durch Poren und Haarfollikel in die Haut ein sondern meist durch mikroskopisch kleine Zellzwischenraume oder durch die Zellen selbst Dies setzt eine ausreichende Lipophilie Fettloslichkeit der Wirkstoffe voraus Weiterentwicklungen sind aktive transdermale Systeme welche iontophoretische oder sonophoretische Methoden benutzen sowie Systeme mit Mikrokanulen oder Nadel Letztere durchdringen die oberen Schichten der Haut und gelangen direkt an ihren Wirkungsort oder in die ausseren Blutgefasse Iontophoretische Systeme hingegen stellen eine nichtinvasive Technik dar sie legen ein schwaches elektrisches Feld an um den Arzneistoff durch die Haut zu schleusen Ein Beispiel fur ein iontophoretisch arbeitendes transdermales Pflaster ist ein System mit Fentanyl das auf Knopfdruck seitens des Patienten eine Dosis von 40 Mikrogramm frei setzt IONSYS nicht mehr im Markt 5 Fur die transdermale Applikation eignen sich generell nur Wirkstoffe mit einer relativ geringen Molekulgrosse die uberdies bereits in recht kleinen Dosierungen wirksam sind hochpotente Arzneistoffe Bei einem hoch zu dosierenden Arzneistoff wie beispielsweise Acetylsalicylsaure musste das Pflaster einen grossen Teil der Korperoberflache eines Menschen ausmachen um den Wirkstoff einer Tablette aufzunehmen Grosse Molekule wie etwa Peptide insbesondere Insulin oder Impfstoffe konnen bislang nicht uber ein Pflaster appliziert werden Dies konnte allerdings durch alternative in der Erforschung befindliche Pflaster mit tausenden von Mikrokanulen die in die Haut eindringen sollen mit aktiven iontophoretischen Systemen durch die Anwendung von Ultraschall oder mit Nanoemulsionen oder partikeln moglich sein Eine Neuentwicklung wird die Impfung uber das transdermale System sein 6 Vor und Nachteile des Pflasters BearbeitenDer wesentliche Vorteil der Applikation von Wirkstoffen mittels transdermaler Pflaster liegt darin dass ein Pflaster oft erst nach mehreren Tagen gewechselt werden muss Ein Grossteil der Pflaster wird uber einen Zeitraum von drei Tagen getragen Ab dieser Zeitspanne kann sich das Mikroklima der Haut unterhalb des Pflasters ungunstig andern und die Nachteile dieser Applikation uberwiegen zu herkommlichen Darreichungsformen Ausnahmen zu diesem Drei Tage Wechsel sind Hormonpflaster zur Verhutung welche sieben Tage lang getragen werden Nach der Einmalgabe oraler nicht retardierter oder auch sublingualer Darreichungsformen kommt es nur fur kurzere Zeitraume von 4 16 Stunden zu ausreichend hohen Wirkspiegeln Auch werden manche Wirkstoffe durch die Magen und Darmflussigkeiten sowie nach der Aufnahme im Darm durch den Lebermetabolismus teilweise abgebaut First Pass Effekt weswegen nur bei hoherer Wirkstoffdosis ahnliche Arzneistoffspiegel wie beim Pflaster erreicht werden Nach transdermaler Verabreichung hingegen gelangen hautgangige Wirkstoffe ohne weitere Veranderungen direkt oder uber das Depotgewebe Fett nach einigen Stunden in den Blutkreislauf Die Abgabe kann nur langsam gesteuert werden sodass Dosisanpassungen bei schnell veranderlichen Krankheitsgeschehen z B Durchbruchschmerzen schlecht moglich sind Hier wird die Therapie im Regelfall durch sublinguale buccale oder orale Arzneiformen mit schnellem Wirkungseintritt erganzt Transdermale Pflaster weisen einen verzogerten Wirkungseintritt auf Die angestrebten Plasmaspiegel werden in der Regel erst nach 5 bis 6 Halbwertszeiten des jeweiligen Wirkstoffs erreicht Somit sind transdermale Pflaster nicht fur die Akuttherapie geeignet Der Wirkstoff wird nur mit konstanter Geschwindigkeit abgeben solange der Konzentrationsgradient zwischen Pflasterreservoir und Haut ausreichend hoch ist Sie konnen nur solange genutzt werden wie die Freisetzungskinetik nach annahernd nullter Ordnung vorliegt sich also die Freisetzungsrate nicht wesentlich verringert Aus diesem Grund mussen die Pflaster vom Applikationsort entfernt werden obwohl noch ein erheblicher Teil des Wirkstoffs ungenutzt im Pflaster vorliegt Die Entsorgung ist hier vor allem bei Schmerzpflastern mit Betaubungsmitteln problematisch 7 8 weil die Restmenge durchaus in der Lage ist bei opiatnaiven Personen den Tod durch Atemdepression herbeizufuhren Diesem Effekt wird durch sogenannte Multilayersysteme entgegengewirkt Bei dieser Form der Matrix Pflaster nimmt die Konzentration des Wirkstoffes nach aussen hin zu eine rapide Abnahme der Konzentration in der hautnahen Schicht und damit eine potentiell geringere Wirksamkeit soll dadurch verhindert werden Die Wirkung dauert nach Ablosen des Pflasters noch an da sich im subkutanen Fettgewebe ein Arzneistoffdepot aufbaut Eine potentielle Gefahr von sogenannten Depotpflastern ist die sogenannte Sturzentleerung engl dose dumping die bei mechanischer Zerstorung des Systems eine schlagartige Freigabe des gesamten flussigen Wirkstoffreservoirs bewirken kann 9 Dieser Gefahr wurde durch die Weiterentwicklung der Matrixpflaster entgegengewirkt die den Wirkstoff gebunden in der Matrix vorliegen haben Ein Zerschneiden von transdermalen Matrix Pflastern zur Dosisanpassung ist moglich sollte aber von geschultem Personal durchgefuhrt werden da Fehldosierungen auftreten konnen Transdermale Pflaster sind meist deutlich kostenintensiver als retardierte orale Arzneiformen Wirkstofffreisetzung aus transdermalen Pflastern BearbeitenUm Wirksamkeit und Sicherheit der Arzneiformulierung zu gewahrleisten sieht das Arzneibuch die Prufung der Wirkstofffreisetzung vor 4 die innerhalb der fur das Praparat spezifizierten Grenzen liegen muss Die Grenzwerte werden in der pharmazeutischen Entwicklung ermittelt und festgelegt sie stellen sicher dass einerseits die fur die therapeutische Wirksamkeit erforderliche Freisetzungsgeschwindigkeit erreicht wird andererseits keine toxisch wirkenden Wirkstoffmengen aus dem Pflaster austreten Die Prufung erfolgt in einem zylindrischen Gefass genormter Grosse mit einem halbkugelformigen Boden und einem Fassungsvolumen von 1 Liter das mit einer definierten Menge einer geeigneten wassrigen Prufflussigkeit gefullt wird Die Temperatur wird auf 32 C eingestellt das auf einer Vorrichtung fixierte transdermale Pflaster eingebracht und die Konzentration des abgegebenen Wirkstoffes in der durch Agitation durchmischten Prufflussigkeit zu mehreren festgelegten Zeitpunkten gemessen 10 Fur die Fixierung des Pflasters oder falls erforderlich und moglich eines Pflasterzuschnitts sind drei Vorrichtungen beschrieben die je nach Zusammensetzung Form und Abmessungen des Pflasters wahlweise zum Einsatz kommen konnen 10 Freisetzungsscheibe Das transdermale Pflaster wird mit der wirkstoffhaltigen Seite nach oben auf eine Scheibe mit Drahtgewebe aus rostfreiem Stahl aufgebracht Zu diesem Zweck darf man das Pflaster auf eine geeignete Grosse zuschneiden sofern es sich nicht um ein Membranpflaster handelt Bei einem Membranpflaster ware ein dose dumping das heisst die sofortige Freisetzung des gesamten Wirkstoffes zu befurchten Die Freisetzungsscheibe mit dem aufgeklebten Pflaster wird auf den Boden des Prufgefasses gelegt und die Prufflussigkeit mit einem Blattruhrer bei einer definierten Umdrehungsgeschwindigkeit durchmischt z B 100 Umdrehungen pro Minute Vorgeschrieben ist ein Abstand von 25 mm zwischen der Unterseite des Ruhrblattes und der Oberseite des transdermalen Pflasters auf der Scheibe Extraktionszelle Die sogenannte Extraktionszelle besteht aus einer Halterung einer Abdeckung mit einer zentralen Offnung und falls notwendig aus einer Membran die auf das Pflaster aufgebracht wird um es von der Prufflussigkeit zu isolieren falls diese die physikalisch chemischen Eigenschaften des Pflasters verandern oder ungunstig beeinflussen kann Nach dem Einspannen des Pflasters in die Extraktionszelle und Einbringen in das Prufgefass halt die Extraktionszelle das Pflaster flach mit der Freisetzungsseite nach oben und parallel zur Unterkante des Ruhrblatts wobei ein Abstand von 25 mm zwischen der Unterseite des Ruhrblattes und der Oberflache der Extraktionszelle einzuhalten ist Die Prufflussigkeit wird mit einem Blattruhrer bei einer definierten Umdrehungsgeschwindigkeit durchmischt Rotierender Zylinder Es wird die Blattruhrerapparatur aus der Prufung mit der Freisetzungsscheibe benutzt aber anstelle des Ruhrblattes wird ein Zylinder aus rostfreiem Stahl eingesetzt Das Pflaster wird mit der Freisetzungsseite nach aussen auf den Zylinder aufgebracht indem man es mit Kleber bestreicht oder mit doppelseitigen Klebestreifen versieht und vorsichtig aufdruckt Der Kleber oder die Klebestreifen durfen die Wirkstofffreisetzung nicht beeintrachtigen und das Pflaster sollte den Zylinder umschliessen Der mit dem Pflaster versehene Zylinder wird in die Apparatur eingesetzt und sofort mit der festgelegten Umdrehungszahl in Rotation versetzt Zu mehreren festgelegten Zeitpunkten wird eine Probe aus dem Prufgefass gezogen und das entnommene Volumen gegebenenfalls erganzt Der Gehalt der Probe wird mittels einer geeigneten Analysenmethode gemessen Die Prufung wird mit mehreren Pflastern durchgefuhrt Einzelnachweise Bearbeiten Patent US3598123A Bandage for administering drugs Angemeldet am 1 April 1969 veroffentlicht am 10 August 1971 Anmelder ALZA Corp Erfinder Alejandro Zaffaroni Guideline on quality of transdermal patches EMA CHMP QWP 608924 2014 PDF 242 kB vom 23 Oktober 2014 Eintrag Transdermal System in der Standard Terms Database des EDQM Concept creation date 2006 03 14 a b Europaisches Arzneibuch 9 Ausgabe Grundwerk 2017 Monographie 1011 Transdermale Plaster Europaische Arzneimittelagentur empfiehlt Aussetzung der Zulassung fur IONSYS Pressemitteilung Janssen Cilag GmbH 20 November 2008 Influenza Impfstoff im Pflaster Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 29 2010 Fentanyl Patch Can Be Deadly to Children FDA 2018 Schmerzpflaster So sollten sie entsorgt werden Pharmazeutische Zeitung 7 Juni 2018 Neue Arzneiformen verbessern die Vertraglichkeit Pharmazeutische Zeitung 9 Juni 1997 a b Europaisches Arzneibuch 9 Ausgabe Grundwerk 2017 Abschnitt 2 9 4 Wirkstofffreisetzung aus Transdermalen Pflastern Literatur BearbeitenU Schmidt Transdermale Pflaster Arzneimittel zum Aufkleben Spektrum der Wissenschaft 10 2003 42 A Wokovich Transdermal drug delivery system TDDS adhesion as a critical safety efficacy and quality attribute Eur J Pharm Biopharm 2006 Aug 64 1 1 K Mader U Weidenauer Innovative Arzneiformen Ein Lehrbuch fur Studium und Praxis Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2009 ISBN 978 3 8047 2455 6Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Transdermales Pflaster amp oldid 220050080