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Das Granulat ist eine Arzneiform die aus trockenen und festen Kornern besteht Dabei stellt jedes Korn ein Agglomerat aus Pulverpartikeln dar Granulate werden meist zur Tablettierung oder zum Fullen von Kapseln verwendet Des Weiteren konnen sie vor oraler Einnahme in Wasser oder einer anderen geeigneten Flussigkeit gelost oder dispergiert werden Auch zur direkten peroralen Applikation sind sie geeignet Durch weitere Verarbeitungsschritte wie das Auftragen verschiedener funktioneller Uberzuge Zugabe von Geschmackskorrigenzien oder Farbstoffen lassen sich die Eigenschaften von Granulaten weiter modifizieren Weitere Anforderungen an Granulate zum Tablettieren sind eine einheitliche Grosse eine hohe Gleitfahigkeit und Festigkeit eine geringe Restfeuchte von 3 bis 5 und ein maximaler Pulveranteil von 10 Inhaltsverzeichnis 1 Arten von Granulaten 1 1 Nach Europaischem Arzneibuch 10 0 1 2 Unterteilung anhand physikochemischer Eigenschaften 2 Pellets 3 Herstellung von Granulaten 3 1 Abbaugranulierung 3 1 1 Feuchtgranulierung 3 1 2 Trockengranulierung 3 2 Aufbaugranulierung 4 Vor und Nachteile von Granulaten 5 Literatur 6 EinzelnachweiseArten von Granulaten BearbeitenNach Europaischem Arzneibuch 10 0 Bearbeiten Nach Europaischem Arzneibuch werden folgende Granulate unterschieden Brausegranulate Sind nicht uberzogen und enthalten sauer reagierende Substanzen sowie Carbonate oder Hydrogencarbonate Zu den sauer reagierenden Substanzen zahlen beispielsweise Citronensaure und Weinsaure wobei diese in fester Form verwendet werden mussen Die aziden Stoffe reagieren mit den Carbonaten und bilden Kohlensaure die schnell in Wasser und CO2 zerfallt HCO 3 H H 2 CO 3 H 2 O CO 2 displaystyle ce HCO3 H gt H2CO3 gt H2O CO2 nbsp Uberzogene Granulate Der Uberzug kann die Freisetzung beeinflussen Grunde zum Uberziehen sind unter anderem der Schutz des Arzneistoffes und die verbesserte Patienten Compliance Geschmack und Geruchmaskierung Granulate mit veranderter Wirkstofffreisetzung Sie konnen uberzogen oder nicht uberzogen sein Aufgrund der Formulierung konnen gezielt der Ort der Freisetzung die Geschwindigkeit und der Zeitpunkt modifiziert werden Hier wird unterteilt in verlangerte und verzogerte Wirkstofffreisetzung Magensaftresistente Granulate Sind Granulate mit veranderter Wirkstofffreisetzung die im Magensaft bestandig sind und ihren Wirkstoff erst im Darm freisetzen Unterteilung anhand physikochemischer Eigenschaften Bearbeiten Fur eine Klassifizierung anhand der physikochemischen Eigenschaften eines Granulates eignen sich am besten die interpartikularen Brucken innerhalb des Granulates die zum Zusammenhalt fuhren Hierbei unterscheidet man Kohasive interpartikulare Bindungen Flussigkeitsbrucken und Feststoffbrucken Die kohasiven interpartikularen Bindungen beruhen zum Teil auf Coulombschen Wechselwirkungen zwischen geladenen Pulverpartikeln Ausserdem kann durch das formschlussige Verhaken einzelner nicht spharischer Partikel eine sehr gute Bindung generiert werden Des Weiteren konnen kohasive interpartikulare Bindungen durch Wassersorptionshullen zwischen einzelnen Partikeln gebildet werden Diese Wassersorptionshullen und die daraus entstehenden Krafte sind durch die Oberflachenspannung des Wassers erklarbar Die Flussigkeitsbrucken werden durch Kapillarflussigkeiten in Partikelporen ausgebildet Die Partikelfestigkeit ist durch kapillare Haftkrafte der genannten Kapillarflussigkeiten begrundet Flussigkeitsbrucken treten auch als Vorstufe bei der Feuchtgranulierung auf Feststoffbrucken werden durch Eindringen des klebstoffhaltigen Bindemittels wie beispielsweise Polyvinylpyrrolidon oder HPMC in die oberflachlichen Kapillarporen und nachfolgendem Austrocknen erzeugt Somit werden zwischen den einzelnen Pulverpartikeln sogenannte Klebstoffbrucken gebildet Eine andere Moglichkeit stellt das Anlosen der obersten Partikelschicht mit einem geeigneten Losungsmittel wie Wasser oder wassrig organischen Gemischen dar Durch nachfolgende Verdunstung des Losungsmittels mittels Trocknung entstehen kristalline Brucken zwischen einzelnen Partikeln Solche Granulate die durch Anlosen der Partikeloberflache entstehen werden auch Krustengranulate genannt Pellets BearbeitenPellets stellen eine besondere Form von Granulaten dar Im Vergleich zu herkommlichen Granulaten sind Pellets annahernd kugelformig und weisen dadurch verhaltnismassig bessere Fliesseigenschaften auf Dies liegt unter anderem an der geringeren Haftreibung aufgrund der verkleinerten Oberflache im Verhaltnis zum Partikelvolumen Pellets werden hauptsachlich in einem Wirbelschichter oder mit Hilfe eines Spheronizers hergestellt Auch die Herstellung mit einem Pelletierteller wird in seltenen Fallen durchgefuhrt Pellets konnen in Kapseln abgefullt werden Nicht selten finden sich in einer Kapsel verschieden verarbeitete Pellets wodurch eine gewunschte Wirkstofffreisetzung erreicht werden kann Beispielsweise zerfallen unbehandelte Pellets sofort im Magen mit Retarduberzugen versehene Pellets in der gleichen Kapsel geben ihren Wirkstoff mit gleichbleibender Geschwindigkeit uber einen langeren Zeitraum frei Vermehrt werden Pellets mittlerweile zu sogenannte MUPS Tabletten Multiple Unit Pellet System verpresst Herstellung von Granulaten BearbeitenDie Herstellung von Granulaten kann grob in zwei Verfahren unterteilt werden Aufbau und Abbaugranulierung Daruber hinaus kann die Abbaugranulierung in Feucht und Trockengranulierung eingeteilt werden Abbaugranulierung Bearbeiten Bei der Abbaugranulierung wird das Pulver durch Feuchtigkeit beziehungsweise Druck aggregiert Durch den Abbau werden sie dann auf eine spezifische Korngrosse zerteilt Feuchtgranulierung Bearbeiten Dabei wird bei der abbauenden Feuchtgranulierung zunachst eine teigartige homogene Masse hergestellt die anschliessend in die Granulate zerkleinert wird Diese besteht aus verschiedenen Wirk und Hilfsstoffen wie unter anderem Geschmackskorrigenzien Fullstoffe Farbstoffe Zerfallsbeschleuniger und der Granulier Flussigkeit Die Granulier Flussigkeiten bestehen entweder aus gelosten Klebstoffen oder einem wassrig organischen Losungsmittelgemisch Klebstoffgranulate sind in der Regel stabiler als Krustengranulate da sich bei der Trocknung Bindemittelbrucken erharten welche eine relativ hohe Elastizitat aufweisen 1 Klebstoffe zur Herstellung von Klebstoffgranulaten sollen nicht toxisch sein und keine eigene pharmakologische Wirkung entfalten Ausserdem muss eine Inkompatibilitat mit den eingesetzten Inhaltsstoffen ausgeschlossen werden Gangige Klebstoffe fur die Herstellung von Klebstoffgranulaten sind Polyvinylpyrrolidone ein vollsynthetisches Bindemittel welches kalt verarbeitet werden kann Celluloseether halbsynthetische Bindemittel wie beispielsweise Hypromellose Gelatine wird als naturliches Bindemittel heutzutage eher seltener verwendet Zum einen muss Gelatine zur Herstellung der Klebstofflosung erwarmt werden was ihren Einsatz aufwendiger gestaltet Daruber hinaus wird wegen verschiedener ethischer und religioser Hintergrunde Gelatine heutzutage seltener eingesetzt Dabei entstehen die sogenannten Klebstoffgranulate Die mit dem Einsatz von Losungsmitteln hergestellten Granulate werden als Krustengranulate bezeichnet Verwendete Losungsmittel sind hierbei v a Wasser Ethanol Wasser Mischungen und Isopropanol Um ein Krustengranulat erstellen zu konnen muss sich zumindest ein Teil des zu granulierenden Stoffes in der Flussigkeit losen damit an der Partikeloberflache eine konzentrierte Losung mit Klebkraft entstehen kann So werden die Partikel miteinander verbunden und beim Verdampfen der Flussigkeit entsteht eine solide Kruste 1 Die hergestellte Grundmasse wird im Anschluss mit Hilfe geeigneter Gerate und verschiedener Techniken zu den Granulaten zerkleinert Hierbei kann zwischen Lochscheiben Press und Schuttelgranulaten unterschieden werden Eine weitere Moglichkeit ist die anschliessende Weiterverarbeitung zu Pellets mit Hilfe eines Spheronizers Danach werden die Losemittel der Granulierflussigkeiten mittels Hordentrockner in Vakuumtrockenschranken oder durch Mikrowellen entfernt Trockengranulierung Bearbeiten In der abbauenden Trockengranulierung werden Granulate durch Kompaktierung des Pulvers mittels Druckanwendung erzeugt Dazu werden entweder Walzenkompaktoren oder in seltenen Fallen Tablettenpressen eingesetzt Das erzeugte Pressgut wird danach auf die gewunschte Grosse weiter verkleinert Vorteile insbesondere gegenuber der Feuchtgranulierung sind u a ein geringerer Zeitaufwand dass keine Energie zum Trocknen aufgebracht werden muss und dass keine Losungsmittel zuruckgewonnen werden mussen Zudem ist dieses Verfahren besonders zum Verarbeiten hydrolyseempfindlicher Wirkstoffe geeignet 1 Aufbaugranulierung Bearbeiten Bei der Aufbaugranulierung werden die Granulate direkt aus Pulverpartikeln hergestellt Es kann in Partikelaufbau oder Partikeleinlagerung unterschieden werden Der Partikelaufbau also das Ausbilden grosserer Agglomerate erfolgt durch das Bespruhen von z B Pulverpartikeln mit feststoffhaltiger Losung und anschliessendem Verdunsten der Flussigkeit Dadurch reichert sich Feststoff auf der Partikeloberflache an wobei zwar die Masse bzw das Volumen der Partikel vergrossert wird die Anzahl der Partikel jedoch konstant bleibt Bei der Partikeleinlagerung werden die Partikel zuerst mit einer Flussigkeit benetzt Anschliessend werden die Flussigkeitsfilme wahrend des Granulierungsprozesses z B durch Druck immer naher aneinandergepresst bis diese agglomerieren sich also vereinigen Wahrend hierbei ebenfalls die Masse bzw das Volumen der Partikel vergrossert wird sinkt die Partikelanzahl durch das Vereinigen 1 Die Aufbaugranulierung kann durch unterschiedliche Gerate erfolgen Hierzu kann beispielsweise ein Wirbelschichter verwendet werden Dabei werden Pulverpartikel in einem Luftstrom verwirbelt und mit einer Granulierflussigkeit bespruht Die Pulverpartikel lagern sich hierbei zu Agglomeraten zusammen welche durch den andauernden Luftstrom getrocknet werden Des Weiteren konnen Granulate mit High shear mixern hergestellt werden Diese funktionieren nach dem Rotor Stator Prinzip mit einer niedrigen Drehzahl Aus der Bauweise resultieren hohe Scherkrafte die zu kleinen Partikeln fuhren Der high shear mixer ist zusatzlich mit einem seitlich angebrachten Zerhacker versehen welcher fur die Zerkleinerung zu grosser Agglomerate sorgt In einem high shear mixer wird zu Verarbeitungsbeginn das Pulver eingebracht Die Granulier Flussigkeit wird uber die Prozessdauer mit einer Intervallpumpe Schlauchquetschpumpe zugefuhrt Durch die hohen Scherkrafte und die Reibung an der Geratewand entstehen gleichmassige Granulatagglomerate Zur Herstellung von Pellets kann ein Pelletierteller verwendet werden wobei das Material durch die Drehbewegung des Tellers nach oben befordert und parallel mit Granulier Flussigkeit bespruht wird Durch die Abrollbewegung und gleichzeitiges Bespruhen mit der Granulierflussigkeit entstehen gleichmassige und runde Pellets Die Grosse der Pellets kann dabei durch Schragstellung des Tellers variiert werden Vor und Nachteile von Granulaten BearbeitenGranulate verfugen uber bessere Fliesseigenschaften als Pulver was vor allem fur eine anschliessende Tablettierung von Vorteil ist Begrundet liegt dies in den geringeren Adhasionskraften zwischen den einzelnen Granulatkornern aufgrund der kleineren Oberflache im Verhaltnis zum Volumen verglichen zu Pulvern Pellets weisen aufgrund ihrer spharischen Form eine noch bessere Fliesseigenschaft auf Granulate weisen durch die verbesserten Fliesseigenschaften eine hohere Dosiergenauigkeit auf Eine hohe Dosiergenauigkeit ist beispielsweise beim Tablettiervorgang von grosser Relevanz um eine gleichmassige und reproduzierbare Befullung der Matrize der Tablettenpresse zu gewahrleisten Als Matrize bezeichnet man die Form der Tablettenpresse in welche das Tablettiergut eingefullt und im Anschluss verpresst wird Durch das Granulieren kommt es zu weniger Entmischungsprozessen und somit weniger Dosierungsungenauigkeiten da die Granulate aus einem homogenen Pulvergemisch bestehen Die aus Granulaten resultierenden Tabletten besitzen im Regelfall eine hohere mechanische Festigkeit als Tabletten die generell direkt aus Pulvern gepresst werden Erklarbar ist dies durch die rauen unebenen Oberflachen der Granulate und die dadurch entstehende Verzahnung der Korner untereinander Ein weiterer Vorteil besteht in der verminderten Staubkontamination wodurch Cross Contamination verringert wird Als nachteilig anzusehen sind der hohe Arbeitsaufwand und die damit verbundenen hoheren Produktionskosten im Vergleich zur Direkttablettierung Daruber hinaus sind feuchtigkeits und warmeempfindliche Arzneistoffe fur das Verfahren der Granulierung nur eingeschrankt einsetzbar Literatur BearbeitenAlfred Fahr Voigt Pharmazeutische Technologie 12 Auflage Deutscher Apotheker Verlag ISBN 978 3 7692 6194 3 Alfred Fahr Voigt Pharmazeutische Technologie 13 Auflage Deutscher Apotheker Verlag ISBN 978 3 7692 7306 9 Bauer Fromming Fuhrer Pharmazeutische Technologie 10 Auflage Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart ISBN 978 3 8047 3268 1 Europaisches Arzneibuch 8 0Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Alfred Fahr Voigt Pharmazeutische Technologie 13 Auflage Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart 2021 ISBN 978 3 7692 7306 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Granulat Pharmazie amp oldid 233861443