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Bei der Aberration der Gravitation handelt es sich um einen Effekt der auftrate wenn man das newtonsche Gravitationsgesetz unter bestimmten Bedingungen mit einer endlichen Gravitationsgeschwindigkeit kombiniert Dieses Problem wurde schliesslich durch die Verbindung des Gravitationsgesetzes mit den sich damals entwickelnden Feldtheorien gelost Endpunkt dieser Entwicklung war schliesslich die bis heute akzeptierte Allgemeine Relativitatstheorie von Albert Einstein Inhaltsverzeichnis 1 Laplace und die newtonsche Gravitation 2 Elektrostatische Felder 3 Lorentz kovariante Modelle 4 Allgemeine Relativitatstheorie 5 EinzelnachweiseLaplace und die newtonsche Gravitation BearbeitenNach dem newtonschen Gravitationsgesetz breiten sich Anderungen im Gravitationsfeld instantan d h ohne Zeitverlust aus Pierre Simon Laplace versuchte nun um 1800 das newtonsche Modell mit einer endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation zu kombinieren indem er das Gravitationsfeld als eine Art Strahlungsfeld bzw Flussigkeit definierte Bewegungsanderungen der zentralen Masse mussten sich hier in Form einer Welle der Umgebung mitteilen was zu Einflussen auf die Bewegung der Himmelskorper von der Grossenordnung v c fuhrt wobei v die Geschwindigkeit des Korpers und c die Geschwindigkeit der Welle ist Es ergibt sich hier also ein ahnlicher Zusammenhang wie bei der Aberration des Sternenlichts 1 Die Konsequenzen lassen sich am besten durch ein Beispiel erklaren Betrachten wir die Erde und die Sonne und nehmen wir eine Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation an die der Lichtgeschwindigkeit entspricht Dann wurde auf die Erde eine Kraft in Richtung des Ortes wirken an dem die Sonne vor acht Minuten war und auf die Sonne wirkte eine Kraft in Richtung des Ortes an dem die Erde vor acht Minuten war Diese Verzogerung hatte zur Folge dass sich der Abstand zwischen Erde und Sonne standig vergrosserte das heisst die Orbits waren instabil Ahnliches ware bei Erde und Mond zu erwarten Dies widerspricht jedoch der Beobachtung Beim Mond z B andert sich der Abstand jahrlich nur um etwa 4 cm und dies kann durch die Gezeitenreibung zwischen Erde und Mond Verlust von Rotationsenergie Drehimpulsverlust erklart werden Die Stabilitat der Orbits lasst sich daher im newtonschen Modell nur erreichen indem man eine hohere Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation annimmt Laplace gab diese mit 7 106 c an wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist Diese hohe Geschwindigkeit der Gravitationswechselwirkung die bei der newtonschen Gravitation notig ware ist ein Angriffspunkt den einige Kritiker im 19 Jahrhundert generell gegen alle Theorien mit endlicher Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation wie z B der Le Sage Gravitation oder Gravitationserklarungen auf elektrischer Basis benutzten Elektrostatische Felder BearbeitenAberration tritt also in allen Feldern auf die sich strahlenformig ausbreiten und deren Komponenten folglich einer bestimmten Richtung unterworfen sind wie z B ein Strahlungsfeld um eine Lichtquelle Sie tritt jedoch nicht bei statischen Feldern wie z B elektrostatischen Feldern auf da ein solches Feld betrachtet im Ruhesystem der Quelle immer stationar ist und sich nicht ausbreitet wenn es einmal aufgebaut ist sodass die Anziehung immer genau zur Position der Feldquelle gerichtet ist Abweichungen davon treten nur dann auf wenn Beschleunigungen nicht mehr zu vernachlassigen sind was wiederum zur Emission von elektromagnetischen Wellen fuhrt Die Effekte bewegter Ladungen gemass der Maxwellschen Elektrodynamik werden durch das Lienard Wiechert Potential bestimmt Erste Versuche ein elektrostatisches Feld auch fur die Gravitation zu benutzen wurden am Ende des 19 Jahrhunderts gemacht wobei die im Bereich der Elektrodynamik bewahrten Grundsatze von Wilhelm Eduard Weber Carl Friedrich Gauss Bernhard Riemann mit dem Gravitationsgesetz kombiniert wurden Diese Modelle wurden vor allem zur Erklarung der Periheldrehung des Merkur benutzt welche sich einer Erklarung durch das Gravitationsgesetz Newtons entzog doch die meisten dieser Modelle lieferten keine exakten Werte Erst Maurice Levy konnte 1890 durch eine Kombination von weberschen und riemannschen Grundgesetzen korrekte Werte ableiten 2 In eine ahnliche Richtung zielte der Versuch von Paul Gerber dem es 1898 gelang aus einer Theorie in der sich das Gravitationspotential mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet den korrekten Wert fur die Periheldrehung des Merkur abzuleiten Aus der gewonnenen Formel errechnete Gerber eine Ausbreitungsgeschwindigkeit des Gravitationspotentials von ca 305 000 km s also praktisch Lichtgeschwindigkeit 3 4 Gerbers Herleitung der entsprechenden Gleichung wobei diese Gleichung formal mit derjenigen der Allgemeinen Relativitatstheorie ubereinstimmt wurde jedoch als fehlerhaft eingestuft und deswegen von vielen u a auch von Einstein nicht als brauchbarer Ansatz fur eine Gravitationstheorie in Betracht gezogen 5 Auch folgt aus seiner Theorie ein um den Faktor 3 2 zu hoher Wert fur die Ablenkung des Lichtes im Gravitationsfeld Mit der Ablosung der weberschen durch die maxwellsche Elektrodynamik wurden diese Versuche jedoch nicht mehr weiterverfolgt und sind uberholt Der erste Versuch auf Basis der maxwellschen Elektrodynamik die Gravitation zu erklaren stammt von Hendrik Lorentz 1900 Dabei ging er wie vor ihm Mossotti und Zollner von der Vorstellung aus dass die Anziehung zweier ungleichnamiger elektrischer Ladungen um einen Bruchteil starker sei als die Abstossung zweier gleichnamiger Ladungen Das Ergebnis ware nichts anderes als die universelle Gravitation Lorentz konnte zeigen dass auch diese Theorie von der laplaceschen Kritik nicht betroffen ist und nur Einflusse in der Grossenordnung v c auftreten jedoch erhielt er fur die Periheldrehung einen viel zu geringen Wert Lorentz fasste seine Bemuhungen folgendermassen zusammen Die besondere Form dieser Terme kann moglicherweise modifiziert werden Doch was bis jetzt gesagt wurde reicht aus um zu zeigen dass die Gravitation auf Aktionen zuruckgefuhrt werden kann welche sich nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten 6 7 Lorentz kovariante Modelle BearbeitenHenri Poincare stellte 1904 fest dass zur Aufrechterhaltung des Relativitatsprinzip sichergestellt sein muss dass kein Signal schneller als die Lichtgeschwindigkeit ist ansonsten wurde die Synchronisationsvorschrift fur Lichtsignale und somit die Ortszeit Relativitat der Gleichzeitigkeit im Rahmen der speziellen Relativitatstheorie und der lorentzschen Athertheorie nicht mehr gelten Er konnte jedoch 1905 zeigen dass keine Bahninstabilitaten im Sinne von Laplace in einer Theorie welche die Lorentztransformation berucksichtigt auftreten konnen Dies kann in Analogie zu elektrostatischen Feldern verstanden werden Wie oben gezeigt wurde gibt es in solchen Feldern betrachtet im Ruhesystem der Sonne keine Aberration Daran kann naturlich auch keine Transformation in ein Inertialsystem etwas andern in dem z B die Erde ruht und die Sonne bewegt ist In einem solchen System wurde zwar die Beschreibung des Feldes der Sonne erheblich komplizierter ausfallen es werden eine Reihe von geschwindigkeitsabhangigen Zusatztermen auftreten jedoch muss das Ergebnis dasselbe sein wie im Ruhesystem der Sonne und die Zusatzterme werden sich gegenseitig kompensieren Denn durch eine Transformation werden nur die Koordinaten der physikalischen Ereignisse geandert das Auftreten der Ereignisse selbst ist davon nicht beeintrachtigt Poincare schrieb Laplace zeigte namlich dass die Ausbreitung entweder instantan oder sehr viel schneller als die des Lichtes erfolgt Jedoch untersuchte Laplace die Hypothese der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit ceteris non mutatis im Gegensatz dazu sind hier dieser Hypothese viele andere beigefugt und es kann sein dass zwischen ihnen eine mehr oder weniger vollstandige Kompensation stattfindet Die Anwendung der Lorentz Transformation hat uns bereits viele solcher Beispiele gezeigt 8 9 Ahnliche Modelle wurden nachher auch von Hermann Minkowski 1907 und Arnold Sommerfeld 1910 entworfen Die Forschungen in diese Richtung wurden jedoch durch die Entwicklung der Allgemeinen Relativitatstheorie beendet 10 Allgemeine Relativitatstheorie BearbeitenObige Hypothesen wurden schliesslich durch die deutlich weitergehende Allgemeine Relativitatstheorie abgelost Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation ist auch hier die Lichtgeschwindigkeit Es tritt keine Aberration im Sinne von Laplace auf da wie in obigen Feldtheorien durch Anteile des Gravitationsfeldes bewegter Korper der Effekt fast genau aufgehoben wird 11 Die Abweichung realer Planetenbahnen von reinen Keplerbahnen kann stattdessen im Zusammenhang mit der Abstrahlung von Gravitationswellen verstanden werden der eine allmahliche Verkleinerung der Bahnradien bewirkt Sie ist eine direkte Folge von Drehimpuls und Energieerhaltung Diese mussen erfullt sein da die Wirkung invariant unter Lorentztransformationen ist Die Allgemeine Relativitatstheorie erklart somit nicht nur die Stabilitat des Zweikorpersystems und die Periheldrehung des Merkur sondern liefert auch den korrekten Wert fur die Ablenkung von Licht im Gravitationsfeld Was die Messung der Gravitationsgeschwindigkeit betrifft wird vor allem als indirekte Methode auf den Nachweis von Gravitationswellen gesetzt Ein solcher Nachweis erfolgte tatsachlich durch Russell Hulse und Joseph Taylor durch Beobachtungen des Doppelpulsars PSR J1915 1606 deren Umlaufbahnen sich um einen Faktor verringerten der dem Energieverlust durch Abstrahlung von Gravitationswellen entspricht 12 2002 veroffentlichten Sergei Kopeikin und Edward Fomalont eine Arbeit in der sie behaupteten mit Hilfe von VLBI die Geschwindigkeit der Gravitation indirekt gemessen zu haben wobei das Ergebnis zwischen 0 8 und 1 2 c liege also durchaus in Ubereinstimmung mit der Allgemeinen Relativitatstheorie Dies wurde jedoch von anderen Experten wie Clifford Will und Steve Carlip zuruckgewiesen welche meinen dass in diesem Experiment nicht die Gravitationsgeschwindigkeit sondern lediglich die Geschwindigkeit des Lichtes gemessen wurde Eine Einigung konnte bislang nicht erzielt werden 13 Mit dem Gravitationswellenereignis GW170817 vom 17 August 2017 wurde zeitgleich 1 7 s spater auch ein elektromagnetisches Signal gemessen Daraus liess sich ableiten dass sich die Gravitation mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet relative Unsicherheit 3 10 15 7 10 16 14 Einzelnachweise Bearbeiten P S Laplace A Treatise in Celestial Mechanics translated by N Bowditch Chelsea New York 1966 Volume IV Book X Chapter VII J Zenneck Gravitation Encyklopadie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen Vol V 1 Leipzig 1903 1921 S 25 67 Faksimile Zenneck S 49 51 P Gerber Die raumliche und zeitliche Ausbreitung der Gravitation In Zeitschrift fur mathematische Physik 43 1898 S 93 104 Gerber s Gravity Mathpages H A Lorentz Considerations on Gravitation In Proc Acad Amsterdam Band 2 1900 S 559 574 The special form of this terms may perhaps be modified Yet what has been said is sufficient to show that gravitation may be attributed to actions which are propagated with no greater velocity than that of light Henri Poincare Sur la dynamique de l electron In Rendiconti del Circolo matematico di Palermo Band 21 1906 S 129 176 Siehe auch deutsche Ubersetzung Laplace a montre en effet que cette propagation est ou bien instantanee ou beaucoup plus rapide que celle de la lumiere Mais Laplace avait examine l hypothese de la vitesse finie de propagation ceteris non mutatis ici au contraire cette hypothese est compliquee de beaucoup d autres et il peut se faire qu il y ait entre elles une compensation plus ou moins parfaite comme celles dont leu applications de la transformation de Lorentz nous ont deja donne tant d exemples Scott A Walter The Genesis of General Relativity Hrsg J Renn M Schemmel Band 3 Springer Berlin 2007 Breaking in the 4 vectors the four dimensional movement in gravitation 1905 1910 S 193 252 S Carlip Aberration and the Speed of Gravity In Phys Lett A 267 1999 S 81 87 arxiv gr qc 9909087 Online The Detection of gravitational waves PDF 5 5 MB Januar 2000 archiviert vom Original am 10 Marz 2016 abgerufen am 7 Januar 2009 englisch S 4 Clifford M Will Has the Speed of Gravity Been Measured Enthalt eine Liste von Arbeiten zu dieser Kontroverse bis 2006 B P Abbott et al Gravitational Waves and Gamma Rays from a Binary Neutron Star Merger GW170817 and GRB 170817A In The Astrophysical Journal Letters Band 848 Nr 2 2017 doi 10 3847 2041 8213 aa920c arxiv 1710 05834 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aberration Gravitation amp oldid 228019906