www.wikidata.de-de.nina.az
Die Relativitat der Gleichzeitigkeit ist eine Aussage der speziellen Relativitatstheorie Sie besagt dass es auf die Frage ob zwei Ereignisse an verschiedenen Orten gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden keine fur alle Beobachter gleichermassen gultige Antwort gibt Inhaltsverzeichnis 1 Erlauterung 2 Kausalitat sowie Zukunft und Vergangenheit im Minkowski Raum 3 Der beschleunigte Beobachter 4 Gleichzeitigkeit im Alltag 5 Literatur 6 WeblinksErlauterung BearbeitenGleichzeitigkeit ist ein grundlegender Begriff in der Physik Alle Aussagen uber Zeitablaufe beruhen auf Zeitvergleichen und somit auf dem Begriff Gleichzeitigkeit Ein Beobachter kann jederzeit problemlos erkennen ob in seiner unmittelbaren Umgebung zwei Ereignisse gleichzeitig stattfinden oder nicht Bei weiter entfernten Ereignissen ist dies nicht ohne weiteres der Fall Im Rahmen der newtonschen Physik scheint es moglich ein einheitliches Zeitsystem zu definieren das fur das gesamte Universum gilt Damit ist gemeint dass zwei Beobachter zwar unter Umstanden verschiedene Zeitpunkte fur bestimmte Ereignisse messen dass sich aber diese Zeitpunkte eindeutig einander zuordnen lassen so dass klar ist welche Ereignisse gleichzeitig stattfinden und welche nicht unabhangig davon wo sich diese Beobachter befinden und in welcher Weise sie sich bewegen Man spricht in diesem Zusammenhang von einer absoluten Zeit Gabe es eine absolute Zeit so waren sich auch alle Beobachter uber die Reihenfolge von Ereignissen einig Insbesondere hatten sie dieselbe Vorstellung von Vergangenheit Gegenwart und Zukunft Erst in der speziellen Relativitatstheorie wird die Existenz einer universell gultigen Zeit und somit eines universellen Verstandnisses von Gleichzeitigkeit widerlegt nbsp Gegeneinander bewegte Beobachter sind sich uneins ob zwei Ereignisse gleichzeitig sind oder nicht Ausgangspunkt fur die spezielle Relativitatstheorie ist die durch zahlreiche Beobachtungen bestatigte Tatsache dass die Messung der Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem und unter allen Umstanden stets denselben Wert liefert Man spricht von der Invarianz der Lichtgeschwindigkeit Unter dieser Voraussetzung machen wir folgendes Gedankenexperiment Ein Zug fahrt mit hoher Geschwindigkeit durch einen Bahnhof Nun wird im Zug mittig zwischen zwei mitgefuhrten Uhren A1 und A2 ein Lichtblitz ausgelost wobei bei Ankunft der Lichtblitze an den Uhren die jeweilige Uhr zu laufen beginnt Da die Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem in allen Richtungen gleich gross ist siehe oben wird ein Fahrgast des Zuges also ein Beobachter im Ruhesystem des Zuges durch spateren Uhrenvergleich feststellen dass A1 und A2 von den Lichtblitzen gleichzeitig erreicht wurden und die beiden Uhren somit synchron zu laufen begannen Vom Standpunkt eines Beobachters im Ruhesystem des Bahnhofes sieht die Reihenfolge der Ereignisse aber anders aus Um den Zeitpunkt der Ankunft der Lichtblitze bei A1 und A2 genau bestimmen zu konnen hat er mit Lichtsignalen synchronisierte und mit Sensoren ausgestattete Uhren am Bahnsteig befestigt Fur diesen Beobachter bewegt sich der Zug mit hoher Geschwindigkeit in der Abbildung Durchfahrt von links nach rechts Daraus folgt dass der Blitz zu A2 einen langeren Weg zurucklegen muss als zu A1 weil A2 sich von der Stelle von der der Blitz ausgegangen ist fortbewegt wohingegen A1 sich auf diese Stelle zubewegt Die an den Gleisen befestigten Uhren werden folglich anzeigen dass A1 zeitlich vor A2 vom Blitz getroffen wurde und fruher zu laufen begann A1 und A2 sind aus Sicht des Ruhesystems des Bahnhofes also nicht synchron Die Relativitat der Gleichzeitigkeit besagt somit dass an unterschiedlichen Orten stattfindende Ereignisse die in einem Inertialsystem gleichzeitig sind aus Sicht eines relativ dazu bewegten Inertialsystems nicht gleichzeitig sind Die Diskrepanz ist umso grosser je hoher die Relativgeschwindigkeit und je grosser der raumliche Abstand der Ereignisse ist Wichtig dabei ist dass die Messungen in allen Inertialsystemen unmittelbar am Ort der Ereignisse mittels synchronisierter Uhren durchgefuhrt wurden Kausalitat sowie Zukunft und Vergangenheit im Minkowski Raum Bearbeiten nbsp Lichtkegel in einer Raumzeit mit zwei Raumdimensionen Unter Kausalitat versteht man die eindeutige Beziehung von Ursache und Wirkung Ein Ereignis kann nur dann die Ursache fur ein zweites Ereignis sein wenn es zeitlich vor ihm eintritt Da aber die Reihenfolge von Ereignissen vom Beobachter bzw von dessen Bewegungszustand abhangt konnte dies zu Problemen mit der Kausalitat fuhren Denn wenn in einem Bezugssystem Ereignis A vor Ereignis B eintritt im anderen Bezugssystem jedoch Ereignis B vor Ereignis A dann folgt daraus dass sowohl A Ursache von B als auch B Ursache von A sein konnte Damit lassen sich Paradoxien konstruieren bei denen ein Ereignis sich selbst in der Vergangenheit ruckwirkend verhindert Ausserdem waren Zeitreisen mit Uberlichtgeschwindigkeit moglich Man reist von A zum spateren Ereignis B Dann wechselt man durch normale Beschleunigung in ein Bezugssystem in dem A spater als B stattfindet Anschliessend reist man wiederum mit Uberlichtgeschwindigkeit von B zu einem Ereignis vor A Dies ist einer der Grunde dafur warum generell angenommen wird dass Uberlichtgeschwindigkeit nicht moglich ist Die Lichtgeschwindigkeit stellt also eine Maximalgeschwindigkeit dar und die Raumzeit zerfallt in drei Bereiche Aus Sicht eines Beobachters gibt es eine Zukunft die von ihm beeinflussbar ist eine Vergangenheit deren Auswirkungen ihn betreffen und ein Anderswo mit dem er in keiner kausalen Beziehung steht Diese drei Bereiche werden im Minkowski Raum durch den Doppelkegel des Lichts voneinander getrennt Da die Lichtgeschwindigkeit invariant ist ist die Zuordnung von Ereignissen zu einem der drei Bereiche fur alle Beobachter gleich Das bedeutet dass verschiedene Beobachter zwar die Gleichzeitigkeit und die Reihenfolge von manchen Ereignissen unterschiedlich bewerten konnen namlich dann wenn sich eines der Ereignisse im Anderswo des anderen befindet dass sie sich aber bezuglich der Kausalitat stets einig sind Ob ein Ereignis A die Ursache fur ein Ereignis B sein kann hangt nicht vom Bezugssystem des Beobachters ab Insofern ist es korrekt von einer absoluten Zukunft und einer absoluten Vergangenheit zu sprechen wenn es auch eine absolute Gegenwart nicht gibt ausser im Hier und Jetzt Der Raumzeitpunkt des Beobachters Hier und Jetzt wird im Folgenden mit A bezeichnet Ein zweites beliebiges Ereignis mit B Folgende Aussagen uber diese beiden Ereignisse sind gultig Falls B sich im Zukunftslichtkegel von A befindet Der Beobachter kann das Ereignis erreichen indem er sich langsamer als das Licht bewegt In diesem Fall gibt es ein Bezugssystem in dem B am selben Ort wie A stattfindet namlich das Ruhesystem des Beobachters Es gibt aber kein Bezugssystem in dem beide Ereignisse gleichzeitig eintreten Alle Beobachter sind sich daruber einig dass B spater als A eintritt Diese Lage von Ereignissen zueinander nennt man zeitartig Falls sich B auf der Oberflache des Zukunftslichtkegels von A befindet Der Beobachter konnte das Ereignis B nur erreichen wenn er sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen wurde Auch in diesem Fall sind sich alle Beobachter uber die Reihenfolge von A und B einig Es gibt weder ein Bezugssystem in dem beide Ereignisse am gleichen Ort noch ein Bezugssystem in dem beide Ereignisse zur selben Zeit stattfinden Diese Lage der Ereignisse zueinander nennt man lichtartig Falls sich B ausserhalb der beiden Lichtkegel von A befindet Nichts kann von B nach A oder von A nach B gelangen denn dafur musste es sich mit Uberlichtgeschwindigkeit bewegen In diesem Fall gibt es ein Bezugssystem in dem beide Ereignisse zur selben Zeit stattfinden sich also nur im Ort unterscheiden Es gibt aber kein Bezugssystem in dem beide Ereignisse am gleichen Ort stattfinden Daher nennt man diese Lage von Ereignissen zueinander raumartig In diesem und nur in diesem Fall ist die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse vom Bewegungszustand des Beobachters abhangig Hinsichtlich der Kausalitat spielt das aber keine Rolle da alle Beobachter auch darin ubereinstimmen dass keines der Ereignisse Ursache des anderen Ereignisses sein kann Der beschleunigte Beobachter Bearbeiten nbsp Raumzeit aus Sicht eines beschleunigten Beobachters Die Animation links demonstriert wie sich die Minkowski Raumzeit fur einen beschleunigten Beobachter darstellt Die punktierte Linie stellt dabei die Weltlinie des Beobachters dar der sich jeweils in der Mitte des Bildes befindet Die dicken Punkte markieren gleiche Eigen zeitintervalle Dehnung und Stauchung der Weltlinie zeigen Beschleunigung des Beobachters in Bewegungsrichtung Krummung Beschleunigung quer dazu Das Diagramm zeigt die Welt zu jedem Zeitpunkt im Inertialsystem also aus Sicht des Beobachters Bei den Beschleunigungen kann man beobachten dass Punkte der Raumzeit nach oben also entgegen dem Zeitfluss laufen Jedoch uberqueren sie dabei niemals den Lichtkegel die Diagonallinien von unten dieser wird durch den Zeitablauf stets nur nach unten durchquert Somit kann ein Punkt niemals in den Vorwartslichtkegel eintreten man kann durch Beschleunigung kein Ereignis in die absolute Zukunft versetzen und niemals den Ruckwartslichtkegel verlassen man kann Ereignisse durch Beschleunigung nicht aus der absoluten Vergangenheit herausholen Man sieht auch dass die Weltlinie des Beobachters stets innerhalb des Lichtkegels verlauft Ereignisse die den Beobachter erreichen bzw erreicht haben liegen stets in seiner absoluten Zukunft bzw Vergangenheit die Reihenfolge dieser Ereignisse lasst sich durch Beschleunigung nicht verandern Insbesondere kann der Beobachter vergangene Ereignisse nicht zu zukunftigen Ereignissen machen Gleichzeitigkeit im Alltag BearbeitenFur menschliche Alltagserfahrung spielen relativistische Effekte der Gleichzeitigkeit keine Rolle Selbst wenn man auf dem Mount Everest stunde und aufs Meer hinaussehen konnte ware fur den gesamten sichtbaren Bereich der Erdoberflache bis zum Horizont die Relativitat der Gleichzeitigkeit auf einen Bereich von wenigen Millisekunden beschrankt Dieses Zeitintervall liegt unterhalb der Schwelle ab der Menschen uberhaupt in der Lage sind die Reihenfolge von Ereignissen aufzulosen und unterhalb der Schwelle ab der Menschen optische Eigenschaften als nichtgleichzeitig wahrnehmen konnen Fur die Alltagserfahrung ist das Licht stets derart schnell dass der Eindruck einer Gleichzeitigkeit der Ereignisse entsteht Literatur BearbeitenAlbert Einstein Zur Elektrodynamik bewegter Korper In Annalen der Physik und Chemie 17 1905 S 891 921 als Faksimile PDF 1 9 MB als digitalisierter Volltext bei Wikilivres und kommentiert und erlautert bei Wikibooks P Mittelstaedt Der Zeitbegriff in der Physik 1980 ISBN 3 411 01585 3 H Reichenbach Axiomatik der relativistischen Raum Zeit Lehre Vieweg Braunschweig 1924 H Reichenbach Philosophie der Raum Zeit Lehre de Gruyter Berlin amp Leipzig 1928Weblinks BearbeitenDetaillierte Beschreibung der Relativitat der Gleichzeitigkeit englisch Was ist Gleichzeitigkeit aus der Fernseh Sendereihe alpha Centauri ca 15 Minuten Erstmals ausgestrahlt am 10 Juni 2001 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Relativitat der Gleichzeitigkeit amp oldid 223527982