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Die Versicherungspramie oder Versicherungsbeitrag englisch insurance premium franzosisch prime d assurance ist die Gegenleistung des Versicherungsnehmers fur den in einem Versicherungsvertrag vom Versicherer gewahrten Versicherungsschutz Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsfragen 3 Kalkulation 4 Rechnungslegung 5 Wirtschaftliche Aspekte 6 International 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenVielfach wird in der Privatversicherung der Begriff Beitrag synonym zur Pramie verwendet wobei der Beitragsbegriff haufig in der Rechnungslegung vorkommt 1 Beide Begriffe haben sich als Terminus Technicus eingeburgert selbst wenn die gleichen Sachverhalte gemeint sind beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ist der Beitrag sowohl der Preis fur den Versicherungsschutz als auch der Mitgliedsbeitrag 2 Als Rechtsbegriff ist in Gesetzen dagegen ausschliesslich von Pramie die Rede Die Versicherungspramie ist der Preis den ein Versicherungsnehmer fur den Versicherungsschutz gemass Versicherungsvertrag an den Versicherer zu entrichten hat 3 Versicherungsschutz ist die Ubernahme bestimmter Risiken Risikotransfer durch den Versicherer 4 Rechtsfragen BearbeitenIm Versicherungsvertragsgesetz VVG wird die Versicherungspramie schlicht als Pramie bezeichnet Danach ist gemass 1 Satz 2 VVG der Versicherungsnehmer verpflichtet an den Versicherer die vereinbarte Zahlung Pramie zu leisten Die Zahlung der Versicherungspramie ist von grosser Bedeutung Wird namlich die einmalige oder die erste Pramie nicht rechtzeitig gezahlt ist der Versicherer solange die Zahlung nicht bewirkt ist gemass 37 Abs 1 VVG zum Rucktritt vom Vertrag berechtigt es sei denn der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten Tritt der Versicherungsfall ein und der Versicherungsnehmer ist mit der Zahlung der Pramie in Verzug ist der Versicherer gemass 38 Abs 2 VVG nicht zur Leistung verpflichtet Der Versicherungsschutz wird mithin versagt wenn die Pramie ruckstandig ist Hierdurch konnen sich neben dem Verlust des Versicherungsschutzes weitere Folgen ergeben zum Beispiel bei Pflichtversicherungen wie der Kfz Haftpflichtversicherung eine Zwangsstilllegung des Fahrzeugs siehe Strassenverkehrszulassungsordnung In der Lebensversicherung kann der Versicherungsnehmer gemass 165 Abs 1 VVG jederzeit fur den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine pramienfreie Versicherung verlangen sofern die dafur vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird Damit reduzieren sich allerdings die im Versicherungsvertrag im Fall der unveranderten Beitragszahlung vorgesehenen Versicherungsleistungen auf die pramienfreien Versicherungsleistungen wie sie im Vertrag fur den Fall einer Beitragsfreistellung fur jeden Zeitpunkt vereinbart sind Auch der Beginn des Versicherungsschutzes kann gemass 51 Abs 1 VVG von der Zahlung der Pramie abhangig gemacht werden sofern der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffalligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Voraussetzung aufmerksam gemacht hat Bei periodisch zu zahlenden Beitragen kommt dem Erst oder Einlosungsbeitrag im Versicherungsrecht der meisten Staaten besondere Bedeutung zu da erst mit dessen Zahlung der Versicherungsschutz beginnen kann materieller Versicherungsbeginn Die aufgefuhrten Rechtsfolgen gelten nicht fur Ruckversicherungen und Seeversicherungen Kalkulation BearbeitenDie Pramienkalkulation ist die systematische Ermittlung und Kalkulation von Pramien und stellt eine Kombination von versicherungsmathematischen Berechnungen und betriebswirtschaftlichen Uberlegungen dar 5 Deshalb ist die Kalkulation der Versicherungspramie ein Erkenntnisobjekt der Versicherungsmathematik und der Versicherungsbetriebslehre Kern ist die Erfassung des Versicherungsrisikos das mit der Risikopramie als wichtigster Rechnungsgrundlage berucksichtigt wird Zum Schutz der Versicherten ist die Kalkulation stark reglementiert und insbesondere im Versicherungsaufsichtsgesetz VAG dem Versicherungsvertragsgesetz VVG und der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung KVAV naher geregelt 6 Die Risikopramie ist versicherungstechnisch ein kalkulatorischer Bestandteil der Gesamtpramie Bruttopramie der fur die reine Risikoubernahme festgesetzt wird 7 Netto Risikopramie Sicherheitszuschlag Risikopramie Betriebskostenzuschlag Abschlag fur Kapitalertrage aus Kapitalanlagen Gewinnzuschlag Versicherungsteuer Bruttopramie Die Risikopramie besteht aus der Netto Risikopramie als Erwartungswert der Schadenaufwendungen die Brutto Risikopramie enthalt den Sicherheitszuschlag der unerwartet hohe Schaden abfangen soll Die Netto Risikopramie N R P displaystyle NRP nbsp ergibt sich aus der Zahl der Versicherungsfalle T displaystyle T nbsp multipliziert mit der Leistung pro Versicherungsfall D displaystyle D nbsp und dividiert durch die Zahl der Versicherungen N displaystyle N nbsp 8 N R P T D N displaystyle NRP frac text T cdot text D text N nbsp Die Schadenshaufigkeit ergibt sich hierbei durch T N displaystyle frac text T text N nbsp sie wird in der Lebensversicherung Sterbewahrscheinlichkeit oder in der Feuerversicherung Schadenausbruchwahrscheinlichkeit genannt Brutto und NettobeitragDie Begriffe Bruttobeitrag und Nettobeitrag bezeichnen je nach Kontext Unterschiedliches In der Rechnungslegung sind die Bruttobeitrage die vertraglichen Beitrage des Versicherungsnehmers Die Nettobeitrage sind der Anteil die dem Versicherer nach Abzug der Ruckversicherungsbeitrage verbleiben In der internen Kalkulation der Lebens und Krankenversicherung wird der Teil des vertraglichen Beitrags als Nettobeitrag bezeichnet der nach Abzug aller kalkulatorischen Kostenzuschlage verbleibt Es handelt sich also um den Teil des vertraglichen Beitrags der kalkulatorisch ausschliesslich fur die Deckung der Versicherungsleistungen vorgesehen ist Der Teil des Beitrags einschliesslich aller klassischen beitrags oder summenproportionalen kalkulatorischen Kostenzuschlage wird als Bruttobeitrag bezeichnet Dieser unterscheidet sich von dem vertraglichen Beitrag damit noch um einen pro Vertrag in fester Hohe eingerechneten Stuckkostenzuschlag und gegebenenfalls einen fur kurze Perioden eingerechneten Ratenzuschlag Der in der internen Kalkulation des Versicherers verwendete Netto oder Bruttobeitrag sind nur traditionelle Begriffe im Rahmen der technischen Vorgehensweise und haben keine rechtliche oder wirtschaftliche Bedeutung fur die Vertragsabwicklung Aus Kunden bzw Vertriebssicht werden bei Vertragen mit Beitragsverrechnung der Uberschussanteile die vertraglichen Beitrage als Bruttobeitrage bezeichnet Als Nettobeitrag bezeichnet man in diesem Kontext den Zahlbetrag des Versicherungsnehmers nach Anrechnung des Uberschussanteils Zwecks Berechnung der Risikopramie ist zu ermitteln wie haufig und in welchem Umfang das zu versichernde Ereignis wahrscheinlich eintreten wird 9 Sie muss so hoch sein dass sie die voraussichtlich zu erwartenden Schadensleistungen fur Versicherungsfalle deckt Das Pramienrisiko ist dabei das Risiko dass sich die tatsachlichen Schaden aus dem Versicherungsgeschaft des aktuellen Geschaftsjahres im Vergleich zu den erwarteten Schadenquoten schlechter entwickeln Es unterteilt sich in Naturkatastrophenrisiko Terrorismusrisiko und Nichtkatastrophenrisiko einschliesslich der von Menschen verursachten Katastrophen Solange eine ausreichend hohe Pramie erzielt werden kann werden Risiken auch versichert 10 Mathematisch ausgedruckt muss der Pramiensatz p displaystyle pi nbsp hoher sein als die Schadenswahrscheinlichkeit p displaystyle p nbsp und der Sicherheits und Betriebskostenzuschlag b displaystyle beta nbsp p gt p b displaystyle pi gt p beta nbsp Die Grenzen der Versicherbarkeit konnen mithin nicht nur durch versicherungsmathematische Kriterien bestimmt werden sondern auch durch okonomische Rechnungslegung BearbeitenDie gebuchten Bruttobeitrage sind gemass 36 Abs 1 RechVersV insbesondere die im Geschaftsjahr fallig gewordenen Beitrage auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf ein spateres Geschaftsjahr beziehen zuzuglich der tarifmassigen Nebengebuhren der Versicherungsnehmer auch wenn sie ganz oder teilweise dem Versicherungsvermittler uberlassen werden oder unter anderem Beitrage die erst nach dem Abschlussstichtag berechnet werden konnen Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenDie Versicherungspramie ist betriebswirtschaftlich das Entgelt fur den Risikotransfer eines bestimmten versicherbaren Risikos auf den Versicherer Das gesamte Versicherungsgeschaft kann als Risikotransfer zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer gegen Pramienzahlung Risikotransferkonzept verstanden werden 11 Dabei mussen vor allem die Pramien in einem sinnvollen Verhaltnis zum Nutzen stehen Ist ein Wirtschaftssubjekt von einem versicherbaren potenziellen Risiko betroffen kommt es auf dessen Risikoeinstellung an ob und inwieweit es hierfur Versicherungsschutz in Anspruch nimmt 12 Ein risikofreudiges Wirtschaftssubjekt wird lediglich bereit sein eine Versicherungspramie V displaystyle V nbsp zu zahlen die unter dem Erwartungswert E w displaystyle E w nbsp des Schadens liegt V lt E w displaystyle V lt E w nbsp Ein risikoaverses Wirtschaftssubjekt ist bereit auch eine uber dem Erwartungswert liegende Pramie zu zahlen V gt E w displaystyle V gt E w nbsp Ein risikoneutrales Wirtschaftssubjekt wird eine Versicherungspramie aufzuwenden bereit sein die genau dem Erwartungswert des Risikos entspricht V E w displaystyle V E w nbsp Der Erwartungswert des Schadens E w E i n t r i t t s w a h r s c h e i n l i c h k e i t displaystyle E w cdot Eintrittswahrscheinlichkeit nbsp ist der Entscheidungsparameter fur das Wirtschaftssubjekt Die Entscheidung ob jemand ein versicherbares Risiko auch tatsachlich versichert hangt neben der Risikoeinstellung auch davon ab dass er uberhaupt eine Entscheidungsalternative besitzt Einen Kontrahierungszwang gibt es namlich bei Pflichtversicherung und Zwangsversicherung Die Pflichtversicherung ist der durch Gesetz ausgeubte Zwang zum Abschluss eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages etwa Kfz Haftpflichtversicherung wahrend eine Zwangsversicherung den gesetzlichen Zwang zum Abschluss eines offentlich rechtlichen Versicherungsverhaltnisses etwa Arbeitslosenversicherung darstellt 13 Bei beiden Versicherungsarten hat das betroffene Wirtschaftssubjekt keine Entscheidungsalternative Aus markttheoretischer Perspektive ist der Versicherungsmarkt ein okonomischer Markt auf dem die Nachfrage nach Versicherungsschutz auf das entsprechende Angebot gegen Zahlung des Marktpreises Versicherungspramie trifft Versicherungspramien sind fur den Versicherungsnehmer Kosten genauer Fixkosten fur den Versicherer die wichtigste Einnahmequelle Pramieneinnahmen als versicherungstechnischer Ertragsposten in der Gewinn und Verlustrechnung Der Versicherungsmarkt unterscheidet sich von anderen Markten wie etwa dem Gutermarkt dadurch dass sich weite Kreise der Bevolkerung ihres Bedarfs nach Versicherungsschutz nicht bewusst sind weil ihnen eine Vorstellung uber die bestehende Risikosituation fehlt 14 Zudem hangt es auch von der Risikoeinstellung eines Risikotragers ab ob er ein vorhandenes Risiko durch Versicherungsschutz abdecken will oder nicht Deckt er es ab wird er zum Nachfrager deckt er es nicht ab liegt entweder Selbstversicherung oder Nichtversicherung vor 15 Durch laufende Pramienzahlung aller Versicherungsnehmer soll gewahrleistet werden dass im Versicherungsfall die zum Schadensausgleich notwendige Schadenssumme vorhanden ist 16 Die Pramienzahlung kann entweder periodisch wiederkehrend Monatspramie Quartalspramie oder Jahrespramie oder als Einmalzahlung geleistet werden 17 International BearbeitenIn der Schweiz ist gemass Art 18 VVG CH der Versicherungsnehmer zur Bezahlung der Pramie verpflichtet Die Pramie muss bei Verzug gemahnt werden besteht der Ruckstand nach 2 Monaten immer noch kann der Versicherer zurucktreten Art 21 VVG CH In Osterreich hat der Versicherungsnehmer nach 1 Abs 2 VersVG A die vereinbarte Pramie zu entrichten wobei auch die beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit entrichteten Beitrage als Pramie gelten Einzelnachweise Bearbeiten Fred Wagner Hrsg Gabler Versicherungslexikon 2017 S 673 Fred Wagner Hrsg Gabler Versicherungslexikon 2017 S 673 Springer Fachmedien Wiesbaden Hrsg Kompakt Lexikon Wirtschaft 2014 S 439 Dieter Farny Elmar Helten Peter Koch Reimer Schmidt Hrsg Handworterbuch der Versicherung HdV 1988 S 525 Peter Koch Gabler Versicherungs Lexikon 1994 S 637 vgl Andreas Lenckner Mathematik der Privaten Krankenversicherung LMU Munchen 2017 Dieter Farny Elmar Helten Peter Koch Reimer Schmidt Hrsg Handworterbuch der Versicherung HdV 1988 S 525 f Peter Koch Versicherungswirtschaft Ein einfuhrender Uberblick 2013 S 125 f Peter Koch Versicherungswirtschaft Ein einfuhrender Uberblick 2013 S 124 Alfred Endres Reimund Schwarze Gibt es Grenzen der Versicherbarkeit von Umweltrisiken in Alfred Endres Eckard Rehbinder Reimund Schwarze Hrsg Haftung und Versicherung fur Umweltschaden aus okonomischer und juristischer Sicht 1992 S 87 Dieter Farny Versicherungsbetriebslehre 2006 S 8 Hans Bernd Schafer Claus Ott Lehrbuch der okonomischen Analyse des Zivilrechts 1986 S 257 Katharina Hedderich Pflichtversicherung 2011 S 2 f Peter Koch Versicherungswirtschaft Ein einfuhrender Uberblick 2013 S 67 f Dieter Frany Elmar Helten Peter Koch Reimer Schmidt Hrsg Handworterbuch der Versicherung HdV 1988 S 781 Springer Fachmedien Wiesbaden Hrsg Kompakt Lexikon Wirtschaft 2014 S 585 Fred Wagner Hrsg Gabler Versicherungslexikon 2017 S 674Normdaten Sachbegriff GND 4063198 9 lobid OGND AKS Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Versicherungspramie amp oldid 232765666