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Mit dem Begriff Urdonau werden mehrere fruhere Zustande in der Geschichte des Flusssystems der Donau bezeichnet Der Begriff bezieht sich zumeist auf den Laufabschnitt nordlich der Alpen Urdonau und Entwicklung seit dem Miozan bis heute Inhaltsverzeichnis 1 Landschaftsgeschichtlicher Rahmen 2 Molassebecken als Vorlaufer 3 Erste Urdonau nach Umkehrung der Fliessrichtung 4 Aare Donau 5 Feldbergdonau und Altmuhldonau 6 Wutachablenkung 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLandschaftsgeschichtlicher Rahmen BearbeitenDas Donausystem wird vorgezeichnet durch das Molassebecken nordlich des Alpenbogens das sich im Tertiar nach Faltungs und Uberschiebungsvorgangen stark heraushob Das Molassebecken war abwechselnd Meeresarm Susswasserschwemmland oder versumpfte Niederung spater immer ofter Schotterebene Es offnete sich nach Sudwesten wie auch nach Osten zum Ur Mittelmeer bzw zur Paratethys und entwasserte in festlandischen Episoden dorthin Wechselhaft verhielt sich der Mittelteil der ungefahr dem heutigen suddeutschen Alpenvorland und dem schweizerischen Mittelland entspricht denn er entwasserte zunachst nach Osten dann nach Westen wieder nach Osten und schliesslich bis zum heutigen Tag in drei verschiedene Richtungen Das spatere ostwarts gerichtete Stromsystem kann dabei als Urdonau gelten da es in mindestens einem Abschnitt zwischen Passau und Wien mit ununterbrochenem fluvialem Geschehen auf die heutige Donau uberkommen ist Molassebecken als Vorlaufer Bearbeiten nbsp Der Burgstall bei Haslach im nordostlichen Niederosterreich besteht aus Schottern der Urdonau und entstand durch Reliefumkehr Heute verlauft die Donau rund 30 Kilometer weiter sudlich nbsp Schotter und Sande der Urdonau in der Hollabrunn Mistelbach Formation im nordostlichen Niederosterreich aufgeschlossen in einer Schottergrube im Glasweiner Wald Im unteren Miozan vor zirka 20 Millionen Jahren wurde das Molassebecken nordlich der Alpen letztmals eine durchgehende ostwestgerichtete Meeresstrasse Helvetmeer Obere Meeresmolasse Sie wurde bald durch die Schwelle von Amstetten im Grenzbereich des heutigen Oberosterreich mit Niederosterreich geteilt Im oberen Miozan begann der nordwartige Schub der Afrikanischen Platte neben der laufenden Alpidischen Orogenese auch das nordliche Vorland bis jenseits der Randsenke grossraumig anzuheben am starksten beiderseits des heutigen sudlichen Oberrheingrabens Gleichzeitig formte sich der Faltenjura Diese Hebungen schnurten das westlich der Schwelle verbliebene brackige Flachwasserbecken vom offenen Meer im Westen ab und liessen es zu einer amphibischen Fluss und Seenlandschaft werden Alpine Schuttfacher fullten die Senke stetig auf Molassebecken und drangten das weiterhin nach Westen gerichtete junge Stromsystem an dessen Nordrand bereits in die Nahe des heutigen Donaulaufs 1 Hebungs und Sedimentationsvorgange die spater zur Umkehrung der Fliessrichtung nach Osten fuhren sollten waren damit vor gut 15 Millionen Jahren eingeleitet Erste Urdonau nach Umkehrung der Fliessrichtung BearbeitenMoglicherweise beschleunigte bald darauf der Einschlag des Ries Meteoriten die Fliessumkehr Wenn auch zunachst die massiven Dauerregen uber dem erhitzten Impaktbereich zur Stabilisierung des westwarts gerichteten Stromsystems fuhrten in Form des breiten Graupensandstroms und nachfolgend des gemachlicheren so genannten Glimmersandstroms so scheint die mit dem Impaktbeben beschleunigte Hebung im Bereich des Sudschwarzwaldes eine vermehrte Auffullung des Sedimentationsbeckens ermoglicht zu haben so dass die tragen Gewasser schliesslich auch ostwarts abstromen konnten uber die flache Schwelle von Amstetten hinweg So schnitt im alteren Pliozan vor etwa 7 Millionen Jahren erstmals eine Urdonau ein Tal in Richtung Wiener Becken ein Die Urdonau verlief streckenweise nordlicher als heute So lief die Donau ursprunglich uber das Wellheimer Trockental ins heutige Altmuhltal Auch zwischen Neustadtl und Spitz floss sie nordlicher als heute in der Linie des Yspertals Weitenbachtals und Spitzer Grabens und ab Krems durch das heutige Weinviertel Hollabrunn Mistelbacher Schotterkegel wo sie in ein brackiges Flachmeer mundete 2 3 Dieses Gewasser wird auch als Pannonischer See bezeichnet es nahm neben der Ur Donau oder Palao Donau einige aus dem Gebiet der Alpen kommende Flusse und deren Sedimente auf 4 Aare Donau BearbeitenIm Laufe des Pliozans bildete sich uber die ganze Breite der Sedimentebene zwischen den Alpen und der deutschen Mittelgebirgsschwelle Taunus Rhon Thuringer Wald das Stromsystem der Urdonau aus und zwar in einem auffallend gleichformigen Fischgratmuster so wie es sudlich der Donau noch heute der Fall ist Durch den sich hoch auffaltenden Jura nordlich der heutigen Aare wurde vor 3 bis 4 Millionen Jahren auch die heutige obere Rhone ein Teil des Donausystems und sogar dessen Quellfluss Mit der weiteren Hebung Mitteleuropas wurde in der heutigen Ungarischen Tiefebene der Pannonsee vom Meer abgeschnurt und die Donaumundung verlagerte sich immer weiter nach Osten Zugleich wurde das inzwischen stark gehobene obere Einzugsgebiet immer mehr von Westen und Norden her durch Erosionsvorgange benachbarter Stromsysteme angeschnitten und verkleinert Auch der Quellfluss die obere Rhone brach nach Westen aus Es verblieb die noch immer machtige Aare Donau So verlagerte sich das Urdonausystem insgesamt wieder schrittweise ostwarts Der Verlauf dieses grossen Urdonaustroms ist heute gut ablesbar an alpinen Flussschottern die infolge der fortdauernden Hebung heute auf Gipfeln und Plateaus der Schwabischen Alb liegen wogegen sich die Donau meist nur wenig sudlicher inzwischen 70 bis 200 Meter tiefer in den Untergrund des Hebungsgebietes eingeschnitten hat bis etwa Ulm Die damals noch grossen nordlichen Nebenflusse begannen ebenfalls breite Taler in die Albhochflache einzutiefen Feldbergdonau und Altmuhldonau BearbeitenDas nach dem Ries Impakt spektakularste Ereignis in der Entwicklung der Urdonau war im jungeren Pliozan der Verlust ihres Oberlaufes zum Rhone Graben hin der nun durch das heutige Hochrheintal und die Burgundische Pforte den Aare Sundgaustrom bildete Am Ende des Pliozans wendete sich dieser Strom dann dem immer tiefer absinkenden Rheingraben und der Nordsee zu von nun an das Basler Rheinknie bildend Der nachstgrosste Nebenfluss der gekappten Restdonau der heutige Alpenrhein war bis auf weiteres zum Hauptstrom der Urdonau geworden Dennoch wird sie in diesem Stadium als Feldbergdonau bezeichnet da der weniger Wasser fuhrende Quellast aus dem Schwarzwald schon weitgehend der heutigen Donau entsprach Dies gilt am Ende des Pliozans auch fur den weiteren Stromverlauf Die bemerkenswerteste Abweichung markiert das Wellheimer Trockental und das untere Altmuhltal in dem die Donau die sudliche Frankische Alb in weiten Windungen durchschnitt und anschliessend eine weit nach Suden ausholende Flussschlinge bildete Dieses Stadium der Urdonau wird daher dort Altmuhldonau genannt Der verbliebenen Donau beinahe ebenburtig waren nun manche Nebenflusse aus dem Norden deren grosster sich aus den entgegengerichteten Vorlaufern von Werra und Fulda speiste Bis vor etwa 2 6 Millionen Jahren wurde das Maingebiet durch mehrere Flusslaufe nach Suden zur Urdonau hin entwassert Erst mit der Entstehung des Oberrheingrabens im altesten Pleistozan verschob sich die Wasserscheide nach Sudosten Dementsprechend kehrte zunachst der westlichste dieser Donaunebenflusse seine Fliessrichtung nach Westen zum Untermain um spater geschah Ahnliches auch am ostlichen Mainviereck und am Maindreieck beides Zeugen der alten donauwartigen Fliessrichtungen Auch der Neckar und seine Nebenflusse entwasserten nun zum Oberrhein Der heutige Obermain durchbrach dagegen erst im Donau Gunz Interglazial die Hassfurter Keuperstufe und floss von da an ebenfalls nach Westen Einen weiteren starken Wasserverlust brachte zu Beginn des mittleren Pleistozans vor vielleicht 800 000 Jahren das Ausbrechen des Alpenrheins zum heutigen Hochrheintal mit sich Die Feldbergdonau entsprang nun tatsachlich im Schwarzwald zunachst am Kandel dann nach weiteren Verlusten zur Oberrheinebene hin am Feldberg Im mittleren Pleistozan verliess die Donau auch das Wellheimer Trockental Sie vergrossert seitdem die Schlucht der Weltenburger Enge Die Urdonau wurde wahrend mehrerer Eiszeiten durch den Vorlandgletscher des Alpenrheins gegen den Sudhang der Schwabischen Alb gestaut wo sie als glaziales Flankengerinne viele Talungen hinterlassen hat In der Riss Kaltzeit etwa umfloss die Donau zwischen Ehingen und Ulm das Hochstrass im Norden Die Schmiech mundete bereits bei Schelklingen in die Donau heute nimmt sie den Weg zur Mundung bei Ehingen entgegen der ursprunglichen Fliessrichtung der Donau wahrend die kleine Schelklinger Ach der fruheren Richtung nach Norden folgt Den unteren Teil dieses ehemaligen Donaulaufs das Blautal entwassert heute die Blau die am Blautopf in Blaubeuren entspringt in der fruhen Riss Kaltzeit entwasserte der Blautopf direkt in die Donau 5 Wutachablenkung Bearbeiten nbsp Verlauf der Wutach und die hydrografische Situation an der DonauDie beiden letzten Ereignisse auf dem Weg zum heutigen Zustand waren zum einen im Zuge der letzten Kaltzeit bereits unter den Augen des Menschen der Verlust der Feldbergdonau an die Wutach und den Hochrhein auffallig markiert durch das Wutachknie im Verlauf der Wutachschlucht und zum anderen die Donauversinkung zum Bodensee und Hochrhein hin Der Schwarzwalder Oberlauf der Donau schickt sich somit gerade an zu einem weiteren Kapitel der Urdonau zu werden Durch eine weitere Hebung der Bohmischen Masse bedingt durch die Alpidische Orogenese sind weitere Flussbettverlagerungen nach Suden zwischen Passau und Tulln zukunftig denkbar 2 Literatur BearbeitenGeographisch Kartographisches Institut Meyer Hrsg Meyers Naturfuhrer Sudschwarzwald Mannheim 1989 ISBN 3 411 02775 4 Johannes Baier Uber die Tertiarbildungen im Ulmer Raum In Documenta Naturae 168 S 1 32 Munchen 2008 ISBN 978 3 86544 168 3 Johannes Baier Die Geologie des Ulmer Raums In Documenta Naturae 173 S 1 44 Munchen 2009 ISBN 978 3 86544 173 7 Otto F Geyer Die Hochrhein Regionen zwischen Bodensee und Basel Sammlung Geologischer Fuhrer 94 Berlin 2003 ISBN 3 443 15077 2 Willi Paul Die Naturgeschichte der Wutachschlucht Geologie In Fritz Hockenjos Hrsg Wanderfuhrer durch die Wutach und Gauchachschlucht Rombach Freiburg 1973 S 11 39 Erwin Rutte Rhein Main Donau Wie wann warum sie wurden Eine geologische Geschichte Sigmaringen 1987 ISBN 3 7995 7045 4 Manfred Stephan Meteoriteneinschlag und Sedimentbildung Zur Diskussion tertiarer Molasse Transporte und ablagerungen nach dem Ries Impakt In Studium Integrale Journal 5 2 1988 S 69 83Weblinks BearbeitenZur Problematik der Graupensandrinne und der Wirkungen des Ries Ereignisses Sebastian Martin Die Flussgeschichte der oberen Donau PDF 467 kB Urdonau und Altmuhl mit erganzenden Abbildungen Auf web archive org Flussgeschichte der Aare Urdonautalmuseum WellheimEinzelnachweise Bearbeiten Vgl dazu Graupensandrinne a b Ausgewahlte geomorphologische Merkmale in Osterreich und in den Alpen Alter Verlauf des Donautales durch die Bohmische Masse In Christof Kuhn geol info at abgerufen 1 Marz 2015 Ur Donau Delta im Norden von Wien entdeckt Auf science orf at vom 15 Februar 2022 Matthias Harzhauser Mandana Peresson Christian Benold Oleg Mandic Stjepan Coric Gert J De Lange Environmental shifts in and around Lake Pannon during the Tortonian Thermal Maximum based on a multi proxy record from the Vienna Basin Austria Late Miocene Tortonian In PALAEO Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology 610 2023 111332 Verlag Elsevier ISSN 0031 0182 2022 Rene Hantke Flussgeschichte Mitteleuropas Ferdinand Enke Stuttgart 1993 S 229f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Urdonau amp oldid 237115564