www.wikidata.de-de.nina.az
Der Tummel oder Wurfelbau ist ein altes Abbauverfahren das insbesondere im Stein und Braunkohlenbergbau angewendet wurde 1 In Deutschland wurde das Verfahren bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts in verschiedenen Bergrevieren eingesetzt wenn die Deckgebirgs Machtigkeit fur eine Gewinnung im Tagebau zu hoch war 2 Der Tummelbau ist ein unregelmassiger Orterbau 3 Er ist volkswirtschaftlich gesehen das unwirtschaftlichste Abbauverfahren fur Braunkohle 4 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Das Verfahren 2 1 Der Tummel 3 Probleme 4 Verbreitung 5 Einzelnachweise 6 AnmerkungenGrundlagen BearbeitenDer Abbau der Mineralien ist bei einigen Lagerstatten recht problematisch Dies liegt zum Teil daran dass diese Lager nicht komplett ausgebildet sind sondern dass die vorhandenen nutzbaren Rohstoffe wie z B Braunkohle mit vielen Unterbrechungen abgelagert sind 2 Kommt dann noch eine Machtigkeit von mehr als funf Metern hinzu lassen sich solche Lagerstatten nicht mehr mit einfachen Tagebauverfahren wie dem Kuhlenbau abbauen Fur solche Lagerstatten eignete sich der Abbau mittels Tummelbau 4 Hierbei folgt man der Lagerstatte ohne vorherige planmassige Erschliessung 3 Das Verfahren BearbeitenZum Aufschluss der Lagerstatte wurden zunachst zwei Schachte bis in das Floz geteuft 4 Die beiden Schachte wurden in einem Abstand von 8 3 bis 10 4 Metern Abstand geteuft 2 Damit die Schachte eine genugende Standfestigkeit hatten wurden sie mit einfachem Schachtausbau aus Holz versehen 4 Es wurde auch Tummelbau mit nur einem Schacht betrieben Hier war es dann erforderlich dass zur Bewetterung seitlich ein Stollen in das Floz aufgefahren wurde Die auch Pfeifen genannten Forderschachte waren fur eintrumige teilweise auch zweitrumige Haspelforderung ausgelegt und hatten eine Teufe zwischen 16 und 60 Metern die lichte Weite betrug ca 1 70 m 0 85 m 5 Von einem der Schachte ausgehend wurde zunachst eine Hauptstrecke aufgefahren 4 Diese Strecke wurde bis an die Feldesgrenzen aufgefahren 6 Sie diente auch zur Bewetterung der Grubenbaue 4 Um die Kohle im Tummelbau abzubauen wurden zunachst von dieser Hauptstrecke ausgehend Querorter sogenannte Splisse getrieben 2 Am Ende der Querorter wurde durch kreis und bogenformiges Aushauen von Firste und Stossen die Kohle abgebaut 7 Die so entstehenden wabenformigen Hohlraume sind die Tummel 8 Dabei war man bestrebt den Abbau so zu gestalten dass das Hangende nicht einbrach 4 Hierfur liess man zwischen zwei Tummeln jeweils einen Kohlebein 8 genannten Sicherheitspfeiler von 0 6 bis 2 Meter Starke stehen Auch wurde bei gebrachem Deckgebirge in der Firste die sogenannte Anbaukohle stehengelassen Durch diese Massnahmen entstand ein Abbauverlust von 44 bis 60 Prozent 7 Die Ausdehnung der Felder rings um die Schachte betrug hochstens 84 Meter Die aufgefahrenen Strecken wurden sehr klein gehalten und hatten in der Regel nur einen Querschnitt von bis zu vier Quadratmetern 2 Aus Sicherheitsgrunden wurde immer erst dann der nachste Tummel in Angriff genommen wenn der erste ausgekohlt war 9 Der Abbau erfolgte gewohnlich nur auf einer Sohle unmittelbar uber dem naturlichen Wasserspiegel Floze mit einer Machtigkeit zwischen 6 2 und 12 5 Metern wurden in einem Durchgang gewonnen machtigere Floze wurden in zwei Durchgangen abgebaut Bei diesem Zweischeibenabbau wurde die obere Scheibe vorausgebaut Ein zweimaliger Tummelbau wurde auch dann angewandt wenn der Wasserstand sehr tief lag May berichtet uber die fruhen Abbauverfahren auf dem Planitzer Kohlberg dass das Tiefe Planitzer Floz welches in zwei Banken anstand ebenfalls in zwei Durchgangen abgebaut wurde Zunachst wurde die rund 2 Meter machtige obere Abteilung abgebaut wobei man eine vier Finger breite Schicht Kohle an der Firste anbaute stehenliess da das Dach blattrig war Nach dem Abbau der oberen Abteilung wurde der Schacht bis zum Liegenden der unteren Abteilung tiefergeteuft und diese querschlagig ANM 1 angefahren 5 Vorteilhaft ist beim Tummelbau der geringe Bedarf an Ausbaumaterial da die Tummel selbst nicht ausgebaut wurden Der Tummel Bearbeiten Der Tummel hatte eine runde gewolbeartige Form 10 Sein Aussehen ahnelte einem nach oben gewolbten Bienenkorb mit einer auf der Streckensohle stehenden Weitung Der durchschnittliche Tummeldurchmesser betrug drei Lachter die Hohe war meistens etwas grosser als der Durchmesser 11 Es gab aber auch Tummel die einen Durchmesser von 6 Lachtern und eine Hohe von 3 bis 4 Lachtern hatten Der Ubergang von der Strecke zum Tummel wird als Tummelthur bezeichnet Dieser Ubergangsbereich wurde mit einem Turstock gesichert 12 Die hereingewonnene Kohle blieb als Standflache fur die Hauer zunachst liegen damit diese an die hoheren Punkte des Tummels gelangen konnten Ab einer gewissen Hohe brauchten nur noch die Stosse bearbeitet werden da die Braunkohle in der Firste aufgrund ihrer geringen Festigkeit von selbst nachbrach Die Tummel sturzten wenn sie das Deckgebirge der Lagerstatte erreicht hatten nach einer gewissen Zeit von selbst ein sie gingen zu Bruch 2 Je lockerer dabei die Firstenkohle war desto schneller brach die Kohle an der Firste ein 12 Dadurch fullte sich der Hohlraum mit den Bruchmassen 11 haufig entstanden dadurch trichterformige Einsturzkrater im Deckgebirge 12 Der Tummelbau wurde stets im Ruckbau betrieben also in Richtung Forderschacht abgebaut 11 Wenn alle Tummel abgebaut waren wurden zum Schluss noch soweit moglich die Sicherheitspfeiler um den abzuwerfenden Schacht gewonnen 13 Probleme BearbeitenInsbesondere im Sommer kam es infolge mangelhafter Bewetterung zu einer Wetterstockung dadurch wurde die Kohle sehr trocken und zersetzte sich Durch den Zersetzungsvorgang und die dadurch grosse Warmeentwicklung kam es ofter zu Gruben bzw Flozbranden 9 Bedingt durch die geringe Machtigkeit und Tragfahigkeit des Deckgebirges kam es im rheinischen Braunkohlenrevier beim Tummelbau zu mehreren todlichen Unfallen durch Zubruchgehen des Hangenden 14 Hierbei wurden die Verungluckten oftmals unter den herabfallenden Massen verschuttet und erstickten weil sie nicht schnell genug befreit werden konnten 12 Aus diesem Grund wurde vom Oberbergamt zunachst verfugt dass die untertagigen Eingange zu den Tummeln die Tummelthur mit vier bis funf dicht nebeneinander stehenden Turstocken gesichert werden mussten 14 Des Weiteren kam es selbst bei einem zehn Lachter machtigen Deckgebirge zu tiefen Tagesbruchen 11 Aus diesem Grund mussten ubertagig die Bereiche rings um die Tummel mit einem sogenannten Strohwisch gekennzeichnet und mit einer Barriere umgeben werden Diese Barrieren mussten bestehen bleiben bis das Hangende des jeweiligen Tummels zu Bruch gegangen war 14 Trotz der Gefahrlichkeit des Tummelbaus wurde er zunachst nicht ganzlich verboten So durfte auf Rescript des Finanz Ministeriums vom 5 Februar 1840 zunachst auf den Gruben die keine neue Vorrichtung hatten der Tummelbau weiterbetrieben wurden Dieses galt bis die Gruben neue Vorrichtungsbaue erstellten Da der Tummelbau das Leben und die Gesundheit der Bergleute gefahrdete und ausserdem unwirtschaftlich war wurde er in der 2 Halfte des 19 Jahrhunderts untersagt 15 Dies geschah durch eine Verordnung des koniglich preussischen Oberbergamtes zu Bonn vom 9 April 1866 wodurch der Tummelbau mit einer Frist von 3 Jahren untersagt wurde 9 Fur die Anwendung neuer Abbaumethoden sollten die Koniglichen Revier Beamten den Gewerken mit Rat zur Seite stehen 14 Die Dreijahresfrist wurde aber durch viele Gruben um mehrere Jahre uberzogen so dass selbst in den 1870er Jahren noch Tummelbau betrieben wurde 4 Dies geschah obwohl das konigliche Oberbergamt fur die niederrheinischen Provinzen den Tummelbau bereits Jahre vorher mittlerweile als Raubbau eingestuft hatte 14 Verbreitung BearbeitenDer Tummelbau wurde hauptsachlich beim Braunkohlenabbau im Rheinischen Braunkohlerevier insbesondere auf der rechten Rheinseite am nordlichen Rand des Siebengebirges und im Bruhler Revier angewendet 11 Hier wurde er etwa um das Jahr 1765 eingefuhrt 4 Auch in den Mitteldeutschen Braunkohlenrevieren war der Tummelbau verbreitet wurde aber so fruhzeitig durch den Pfeilerbruchbau abgelost dass das Verfahren beinahe in Vergessenheit geriet In der Festschrift zum 75 jahrigen Bestehen der Riebeckschen Montanwerke wird erwahnt dass in den 1920er Jahren in der Grube Vereinigte Ottilie Kupferhammer in Oberroblingen ein alter Tummelbau angefahren wurde 16 Im Zwickauer Steinkohlenrevier ist der Tummelbau seit 1765 nachweisbar und wurde bis zum Beginn der Industrialisierung angewandt 5 Einzelnachweise Bearbeiten J A Romberg Die Wissenschaften im neunzehnten Jahrhundert ihr Standpunkt und die Resultate ihrer Forschungen Erster Band Romberg s Verlag Leipzig 1856 a b c d e f Albert Serlo Leitfaden der Bergbaukunde Erster Band Vierte verbesserte und bis auf die neueste Zeit erganzte Auflage Verlag von Julius Springer Berlin 1884 a b Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 20 2 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2002 ISBN 3 11 017164 3 a b c d e f g h i Matthias Kaever Nicht erneuerbare Energietrager zwischen Maas und Rur 1 Auflage LIT Verlag Munster Munster 2004 ISBN 3 8258 7424 9 a b c May Stutzer Eckardt Bezirksgruppe Sachsen der Fachgruppe Steinkohlenbergbau Zwickau Hrsg 75 Jahre Gemeinschaftsarbeit der Sachsischen Steinkohlenbergwerke Uberblick uber den geologischen Aufbau des erzgebirgischen Steinkohlenbeckens Zwickau Juni 1936 S 205 206 Erklarendes Worterbuch der im Bergbau in der Huttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrucke und Fremdworter Verlag der Falkenberg schen Buchhandlung Burgsteinfurt 1869 a b Gustav Kohler Lehrbuch der Bergbaukunde 6 Auflage Verlag von Wilhelm Engelmann Leipzig 1903 a b Fritz Heise Fr Herbst Lehrbuch der Bergbaukunde mit besonderer Berucksichtigung des Steinkohlenbergbaues 5 Auflage Band 1 Springer Verlag Berlin 1923 S 339 a b c Heinrich Lottner Albert Serlo Hrsg Leitfaden zur Bergbaukunde Erster Band Verlag von Julius Springer Berlin 1869 Heinrich Veith Deutsches Bergworterbuch mit Belegen Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn Breslau 1871 a b c d e Carl Hartmann Repertorium der Bergbau und Huttenkunde Zweiter Band Druck Lithographie und Verlag von Bernhard Friedrich Voigt Weimar 1840 a b c d Heinrich von Dechen Beschreibung des Kuhlen und Tummel Baus in dem Bruhler Braunkohlen Reviere In C J B Carsten Hrsg Archiv fur Mineralogie Geognosie Bergbau und Huttenkunde Band 3 Verlag G Reimer 1831 ISSN 0931 850X S 413 536 Volltext in der Google Buchsuche J S C Schweigger W Schweigger Seidel Journal fur Chemie und Physik 49 Band Verein zur Verbreitung von Naturkenntniss Halle 1827 a b c d e Heinrich Achenbach Die Berg Polizei Vorschriften des Rheinischen Haupt Berg Districtes Konigliche Hof Buch und Kunstbuchhandlung F C Eisen Koln 1859 Gustav Kohler Lehrbuch der Bergbaukunde 2 Auflage Verlag von Wilhelm Engelmann Leipzig 1887 S 293 P Franke u a 25 Jahre Carl Adolph Riebeck 50 Jahre A Riebeck sche Montanwerke Aktiengesellschaft 1858 1933 Munchen 1933 Anmerkungen Bearbeiten Als querschlagig wird die Richtung bezeichnet die horizontal quer zur Langsachse der Lagerstatte verlauft Quelle Forderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e V Hrsg Erzabbau im Rammelsberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tummelbau amp oldid 239421094