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Steingut im 18 Jahrhundert in England erfunden bezeichnet eine Gruppe keramischer Erzeugnisse mit porosen Scherben die in die Untergruppen Kalk oder Weichsteingut Feldspat oder Hartsteingut und Mischsteingut weiter unterteilt werden kann Steingut besteht in der Regel aus Ton Quarz Feldspat und ggf anderen Mineralien wie zum Beispiel Calcit Die Produkte werden ublicherweise im Giessverfahren ausgeformt Die Brenntemperatur ist mit 970 bis 1320 C niedriger als bei Sinterzeug Die Farbe des Scherbens variiert zwischen Weiss und hellem Rotbraun Aufgrund der geringen Brenntemperatur kann der Scherben nicht vollstandig versintern und wird somit im Gegensatz zu Steinzeug nicht wasserdicht Deswegen wird Steingut meist mit einer allseitig aufgetragenen Glasur versehen Sie ist durchsichtig oft bleihaltig und wird in einem zweiten Brand bei etwa 100 C niedrigeren Temperaturen aufgeschmolzen Die Bemalung oder der haufigere Umdruckdekor werden vor dem Glasurbrand auf den trockenen Scherben aufgetragen Es gibt jedoch auch Aufglasur Dekorationstechniken Spezifikation gemass Klassifikation keramischer Massen Keramik Klasse Irdengut Unterklasse Steingut Kalk oder Weichsteingut Feldspat oder Hartsteingut MischsteingutInhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften und Nutzung 2 Kulturgeschichte des Steinguts 2 1 Das englische Vorbild 2 2 Steingut in Deutschland 2 3 Deutsche und Osterreichische Steingutmanufakturen und fabriken 3 Sammlungen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEigenschaften und Nutzung BearbeitenSteingut erfreut sich bis heute nicht nur wegen der kostengunstigen Herstellung sondern auch seiner dem Porzellan ahnlichen Gebrauchseigenschaften grosser Nachfrage und Beliebtheit Steingut ist allerdings stossempfindlicher als Porzellan und nicht so reinweiss im Scherben Noch deutlicher unterscheidet es sich vom Steinzeug mit dem es wegen des Wortlauts sehr haufig sprachlich verwechselt wird Doch sind die materiellen Unterschiede deutlich Steinzeug gehort zur Klasse Sinterzeug es ist wasserundurchlassig hat einen dunkleren harteren hell klingenden Scherben und ist selten so glatt und dunn glasiert wie Steingut Nur bei Erzeugnissen aus jungerer Zeit gibt es durch ahnliche Dekore und gleiche Glasurtechniken Abgrenzungsprobleme zum Feinsteinzeug Historische Steingutgeschirre sind oft unansehnlich weil sich im Craquele der Glasur durch Fett und Flussigkeit verursachte Verfarbungen ausbreiten Hauptanwendungsgebiet des Steinguts ist seit Beginn das Tafelgeschirr Im 19 Jahrhundert kamen Haushaltswaren hinzu die unverzichtbaren Waschgeschirre und alle Arten von Vorratsdosen Brotkasten etc Spezialisierte Hersteller fertigen seit dem ausgehenden 19 Jahrhundert auch Wandfliesen und Dekorationselemente aus diesem Material Kulturgeschichte des Steinguts Bearbeiten nbsp Salznapf Creamware Wedgwood 19 Jahrhundert DAR Museum Washington DC nbsp Steingut Teller aus Staffordshire mit Umdruckdekor spates 19 JahrhundertDas englische Vorbild Bearbeiten In den Topfereien von Staffordshire wurde um 1720 eine steingutahnliche Masse entwickelt die auf der Grundlage von weissem Ton und einem Zusatz von Quarzmehl die Herstellung eines sehr hellen harten und leichten weil dunn ausformbaren Scherbens ermoglichte Uberregionale und bald auch uber England hinaus wirksame Bedeutung erhielt die neue Technik als Josiah Wedgwood dieses dem Porzellan angenaherte Material durch Zusatz von Kaolin weiterentwickelte Sein 1757 gegrundetes Unternehmen nahm bald industrielle Zuge an Zugleich schuf er einen neuen Steingutstil indem er dem Geschmackswandel seiner Zeitgenossen zum Klassizismus folgte und sich von antiken Vorbildern inspirieren liess Um 1765 stellte er erstmals creamware her ein rahmfarbenes Steingut Sein dunner Glasurauftrag liess die Feinheit des Reliefs deutlicher hervortreten Die Lieferung eines Speiseservices an Konigin Charlotte pragte dafur auch den Begriff Queens ware Nicht ganz zutreffend werden dem Steingut haufig auch die mit Wedgwood in erster Linie in Verbindung gebrachten als Basaltware und Jasperware bezeichneten biskuitartigen unglasierten und durchgefarbten keramischen Erzeugnisse zugeschlagen die mit Steinzeug bzw Weichporzellan korrekter klassifiziert waren Steingut mit seinen neuen Formen und Techniken wurde in England und auf dem Kontinent bald nachgeahmt Die Ermittlung der Herkunft einzelner Stucke oft anhand der Trocken oder Blindstempel eindeutig zu bestimmen 1 ist bei englischer Exportware oft erschwert da sie um den Handel am Zoll vorbei zu erleichtern vielfach nicht markiert wurde Dies wurde vor allem wahrend der Kontinentalsperre praktiziert Steingut in Deutschland Bearbeiten 1775 stellte sich die Fayence Manufaktur in Rendsburg auf Steingut um etwa 25 andere deutsche folgten bis 1800 Die Kontinentalsperre begunstigte den Aufbau einer Steingutindustrie auf dem Kontinent Teilweise wurde die Ware traditionell in Fayencemanier bemalt doch englische creamware wurde am meisten nachgeahmt Die Verzierung mit Umdruckdekoren England seit 1755 Frankreich seit etwa 1808 in Deutschland 1815 erstmals belegt nahm im 19 Jahrhundert deutlich zu wobei das schon in England entwickelte und auch in anderen Landern verwandte Grundmuster einer Kombination von bildhaften Darstellungen mit dekorativ ausgearbeiteten Borten auffallig konstant bleibt Fur alltaglichere Geschirre wurde auch auf Schablonierung Stempelung oder Spritztechnik zuruckgegriffen In grossem Umfang und auf hohem kunstlerischen Niveau wurden seit der Mitte des 19 Jahrhunderts z B von Villeroy amp Boch Wandplatten aus Steingut hergestellt Einer der fuhrenden Anbieter von anspruchsvoll gestaltetem Gebrauchsgerat aus Steingut in den ersten Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts war die Waechtersbacher Keramik Deutsche und Osterreichische Steingutmanufakturen und fabriken Bearbeiten nbsp Brotkasten Steingut der Waechtersbacher Keramik um 1910 nbsp Waschgarnitur Steingut Villeroy amp Boch um 1910 nbsp Kuchenplatte mit Spritzdekor Steingutfabrik Paetsch nbsp Jugendstilfliesen im Treppenhaus der Villa Schutzenberger Strassburg Steingut um 1900Die folgende Auswahl listet bevorzugt die fruhen deutschen Manufakturen auf die Verweise Links auf einschlagig weiterfuhrende Artikel erlauben Die nachgestellten Jahreszahlen verweisen auf das Jahr der Grundung oder die Umstellung von Fayence auf Steingutproduktion Althaldensleben Porzellanfabrik Nathusius 1813 siehe auch Nathusius Gewerbeanstalten Althaldensleben Annaburg 1874 1883 Aschaffenburg Steingutfabrik zu Damm ab 1827 Berlin Steingutfabrik Eckardstein 1797 1869 Bonn Poppelsdorfer Porzellan und Steingutfabrik Ludwig Wessel bis 1969 im Ort Frankfurt Oder Steingutfabrik Paetsch Biehla Elsterwerda ab 1900 Bremen Grohn Norddeutsche Steingut 1869 Bremen Farge Steingutfabrik Witteburg 1853 bis 1958 C H Carstens Elmshorn 1870 bis 1925 Gersweiler 1846 1901 Steingutfabrik Grunstadt 1801 1980 2 Hubertusburg Sachsen 1770 Ludwigsburg um 1780 Meissen Teichert Werke seit 1891 Wandplatten Mettlach Vaudrevange Villeroy amp Boch Zusammenlegung 1836 Neulautern 1850 Ottweiler Saarland 1776 1800 Ratingen Keramag Sanitarkeramik 1903 Reichenbach Landkreis Cham 1841 1863 Rheinsberg Brandenburg 1762 Sandersdorf Altmannstein 1831 Schramberger Majolika Fabrik 1820 Tonindustrie Scheibbs 1923 Torgau Steingutwerk Torgau Villeroy amp Boch Varel Friesland Porzellanfabrik fruher Melitta 1953 Velten Steingutfabrik Velten Vordamm siehe Geschichte der Tonwarenindustrie in Velten 1914 1931 Waechtersbacher Keramik 1832 Wien Joseph Hardtmuth Wiener Steingut 1789 Wilhelmsburg OSPAG 1865 Wrisbergholzen Ende 18 JahrhundertSammlungen BearbeitenMusee national de Ceramique Sevres franzosisches Steingut Erstes Deutsches Fliesenmuseum Boizenburg zeigt Steingutfliesen von 1880 1930 Schloss Maupas Frankreich Schloss Johannisburg Aschaffenburg Dammer Steingut Keramik Museum Lindenhof Wachtersbacher Steingut Siehe auch BearbeitenGeschichte der Keramik zum aussereuropaischen Steingut Emilian Siderolith und Ceracron steingutahnliche Tonwaren HumpenLiteratur BearbeitenLexikon der Kunst Bd 4 Leipzig 1977 S 668 669 Gustav E Pazaurek Steingut Formgebung und Geschichte Stuttgart o J Wolf Mankowitz Wedgwood London 1966 Michael Weisser Jugendstilfliesen Bremen 1978 Gustav Weiss Keramik Lexikon Berlin 1984 zur Technologie Dieter Zuhlsdorff Keramik Marken Lexikon Porzellan und Keramik Report 1885 1935 Europa Festland Stuttgart 1994 mit Firmenportrats und daten zu den jeweiligen Herstellern Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Steingut Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Johann Georg Theodor Graesse Fuhrer fur Sammler von Porzellan und Fayence Steinzeug Steingut usw umfassendes Verzeichnis der auf alterem und neuerem Porzellan Fayence Steingut usw befindlichen Marken Umgearb von E Zimmermann Letzte Neubearb von Arthur u Luise Behse 22 unverand Aufl Braunschweig Klinkhardt amp Biermann 1967 Altertumsverein Grunstadt Hrsg 180 Jahre Steingutfabrik Grunstadt Verlag Emil Sommer Grunstadt 1985 S 56 u 57 Normdaten Sachbegriff GND 4127840 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steingut amp oldid 237494850