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Die Stadtbefestigung Rinteln war ein System von Verteidigungsanlagen der Stadt Rinteln das sie etwa vom 13 Jahrhundert bis Anfang des 19 Jahrhunderts vor Angriffen schutzte Dazu gehorten die mittelalterliche Stadtmauer mit Mauerturmen und Stadttoren sowie vorgelagertem Wall und Wassergraben Im 17 Jahrhundert liess Landgrafin Hedwig Sophie von Hessen Kassel Rinteln zu einer Bastionarsbefestigung nach niederlandischem Vorbild ausbauen und versah sie mit einer Garnison In den napoleonischen Kriegen wurde die Festung 1806 kampflos von hollandischen Truppen eingenommen und auf Napoleons Befehl unverzuglich geschleift Hauptsachliche Uberbleibsel der Stadtbefestigung sind Stadtmauerreste Wallanlagen und Wasserflachen Rinteln an der Weser mit der Stadtbefestigung im mittelalterlichen Zustand auf einem Merian Stich um 1650 Inhaltsverzeichnis 1 Mittelalterliche Stadtbefestigung 2 Neuzeitliche Festung 2 1 Unterhaltung 2 2 Schleifung 2 3 Geschichtliche Bedeutung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseMittelalterliche Stadtbefestigung BearbeitenEine aus Palisaden bestehende Stadtmauer in Rinteln wurde 1257 erstmals in einer Urkunde von Graf Johann I von Schauenburg erwahnt Darin bestatigte er die dem Kloster Rinteln durch seinen Vater Adolf IV gemachten Schenkungen und verliehenen Privilegien Einer weiteren urkundlichen Nennung zufolge wurde die Stadtbefestigung im Jahr 1344 durch einen vorgelagerten Wall mit Wassergraben vervollstandigt Weitere Nennungen der Stadtbefestigung stammen aus den Jahren 1474 und 1492 als die Grafen Erich und Otto III der Stadt Rinteln ihre Privilegien bestatigten Darin ist auch die Rede von einer Landwehr bei Mollenbeck 1484 wird die Stadtmauer urkundlich erwahnt als die Eulenburg als Burgmannsitz des Stift Mollenbeck eine Ausnahmestellung im Ort erhielt Uberliefert sind halbjahrige Arbeiten an der Stadtbefestigung im Jahre 1530 weil die Wehranlagen nicht mehr der Zeit entsprachen Im 15 Jahrhundert wurde versaumt sie an die veranderte Wehrtechnik mit dem Aufkommen der Artillerie anzupassen Im Dreissigjahrigen Krieg drangen Truppen von Herzog Christian von Braunschweig Wolfenbuttel im Jahr 1623 in Rinteln durch Ubersteigen der Stadtmauer ein und ubernahmen die Stadt nach kurzem Gefecht mit der Burgerwehr Darauf folgte eine halbjahrige Besetzung Aus dem Jahre 1633 ist ein Plan der Stadtbefestigung vorhanden der von schwedischen Truppen angefertigt worden sind Er zeigt Rinteln als eine mit Wall und Wassergraben umwehrte Stadt die uber 10 Mauerturme an und mit dem Seetor dem Ostertor und dem Wesertor uber drei Doppeltore in der Stadtmauer verfugte Ein Abzweig der Exter speiste als Muhlenexter ein Grabensystem das die Stadt umfloss und in die Weser mundete 1633 entstand auf der Rinteln gegenuberliegende Weserseite ein Bruckenkopf mit einer Schanze 1639 fuhrte die Stadt eine Schleifung ihrer Stadtbefestigung durch deren Umfang nicht bekannt ist Dies erfolgte auf Beschluss des Rintelner Stadtrates damit sich die regelmassig einfallende Soldateska nicht mehr festsetzen konnte 1646 kam es in Rinteln zu einer weiteren Schleifung der Befestigung durch schwedische Truppen die sich in Minden aufhielten nbsp Stadtbefestigung 1633 Wasserflachen nachkoloriert nbsp Stadtbefestigung 1648 nbsp Rekonstruierter Mauerturm an der Stadtmauer nbsp Rest der Stadtmauer an der Weser nbsp Muhlenexter als Wassergraben nahe der StadtmauerNeuzeitliche Festung Bearbeiten nbsp Plan der Festung Rinteln an der Weser um 1700Rinteln gehorte seit dem Mittelalter zur Grafschaft Schaumburg Als der Schaumburger Graf Otto V 1640 ohne Erben verstarb wurde die Grafschaft aufgeteilt Dadurch kam Rinteln 1647 an die Landgrafen von Hessen Kassel und wurde zu einer hessischen Exklave die weit entfernt von der Residenz in Kassel lag Um 1660 beschloss Landgraf Wilhelm VI Rinteln zur Festung ausbauen lassen und den Ort mit einer Garnison zu versehen Nach seinem Tod 1663 trieb seine vormundschaftlich regierende Witwe Hedwig Sophie die Plane voran Vorgesehen war eine Festung altniederlandischer Art in der Manier von Menno van Coehoorn Diese Technik bewahrte sich in feuchtem sowie ebenem Gelande war kostengunstig und benotigte nur wenig Steinmaterial Die Arbeiten begannen im Jahre 1665 nachdem Landgrafin Hedwig Sophie den Festungsbaumeister Johannes Rotarius nach Rinteln geschickt hatte Als Bauherrin liess sie alle erreichbaren Arbeitskrafte in Rinteln wie Bauern Soldaten und Frauen heranziehen In der Stadt wurden 500 auswartige Arbeiter einquartiert Schwierigkeiten bereitete die Beschaffung von Baumaterial insbesondere bei Palisadenholzern die zu Zehntausenden benotigt wurden Gegen den Einschlag des Holzes in den Schaumburger Waldern legten die Forster Protest ein da sie den Kahlschlag als Raubbau ansahen In der Folge wurde auf der Weser mit Flossen Holz aus hessischen Waldern herangeschafft Fur steinerne Bauwerke wurde Obernkirchener Sandstein aus den Steinbruchen des nahen Buckebergs verwendet Aus Hessen kamen auch Schiffslieferungen mit Waffen und Ausrustung fur die Festung Beispielsweise gehorten zu einem Transport im Jahre 1665 vier Kanonen 400 Musketen 12 Sturmbuchsen 100 Feuerrohre 100 Piken 50 Morgensterne 1000 Handgranaten 100 Brandrohren sowie Handmuhlen fur 1000 Mann nbsp Einstiger Wassergraben mit Hauptwall der FestungEnde 1676 nach zwolfjahriger Bauzeit waren die Arbeiten zum grossten Teil abgeschlossen Rund 150 000 m Erde waren bewegt worden 1678 wurde die Festung eingeweiht Laut einem Zeitzeugen war eine considerable Festung entstanden die zwar noch unvollkommen aber einsatzbereit war Der Festungsgurtel bestand aus sieben Bastionen zwei Redouten zwei Ravelins Kasematten und unterirdischen Gangen Die Bastionen Charlotte Christian Hessen Hedwig Landgraf Sophie Wilhelm waren etwa funf Meter hoch und mit Schiessscharten versehen Sie wurden aus Mauerwerk und Erde errichtet Nach aussen hin verfugte die Festung uber eine vierfach gestaffelte Verteidigungslinie Das ausserste Annaherungshindernis war das Glacis als eine etwa zwei Meter hohe Erdanschuttung hinter der ein gedeckter Weg fur die Infanterie verlief Darauf folgte ein fast 30 Meter breiter und drei Meter tiefer Wassergraben An diesen Graben grenzte ein mannshoher und etwa 10 Meter breiter Vorwall der durch Infanteristen verteidigt werden konnte Der sich anschliessende etwa 16 Meter breite Hauptwall wies eine Hohe von funf Meter auf und war durch eine Palisadenwand gesichert auf dem Wall befanden sich Stellungen fur 20 Geschutzbatterien Der bereits niedrig gewordenen und luckenhaften Stadtmauer kam bei der Verteidigung keine Bedeutung mehr zu Die standige Garnison in Rinteln bestand aus etwa 200 und zeitweise aus bis zu 400 Soldaten nbsp Informationstafel zur Festung Rinteln nahe der fruheren Bastion Hedwig nbsp Kanonen zwischen dem Festungswall und der Eulenburg heute Museum Rinteln nbsp Festungstor integriert in einen modernen Baukomplex nahe der Weser nbsp Vergitterter Kasematteneingang an der St Sturmius KircheUnterhaltung Bearbeiten nbsp Plan der Festung Rinteln von 1780 nachtraglich koloriert Zwischen 1776 und 1779 erfolgte eine Erneuerung der inzwischen 100 jahrigen Festungsanlagen Unter anderem wurde die Contrescarpe auf 9600 Fuss Lange mit dem Verbau von rund 12 000 Palisaden verstarkt Wegen der anhaltend hohen Kosten fur die Unterhaltung der Festungsanlagen mit Toren Brucken Schleusen und 28 Militargebauden beschrankte der hessische Landgraf Friedrich II ab 1782 den Festungsetat auf 600 Reichstaler pro Jahr Grossere Schaden entstanden 1784 und 1799 durch Hochwasser der Weser mit Eisgang wobei Mauern unterspult wurden und dadurch einzusturzen drohten 1799 wurden zur Erneuerung der Ostertorbrucke zwei Turme abgebrochen um Kosten fur das Steinmaterial einzusparen Als sich Anfang 1806 die politische Lage zwischen Preussen und Frankreich zuspitzte erteilte der hessische Landgraf Wilhelm I die Weisung die Festung Rinteln verteidigungsbereit zu machen Dafur forderte der Stadtrat von Rinteln die enorme Summe von 36 000 Reichstaler von der Wilhelm I Ende Oktober 1806 3000 Taler bewilligte Bereits am 1 November 1806 belagerten die Franzosen Wilhelms Residenzstadt Kassel Am 8 November 1806 nahmen hollandische Truppen unter General Herman Willem Daendels als Verbundete der Franzosen die Festung Rinteln kampflos ein Schleifung Bearbeiten Nach der Einnahme der Stadt Rinteln im November 1806 begann noch im Dezember auf Weisung von Napoleons die Schleifung der Festungsanlagen Daran waren rund 2000 Soldaten Burger und Bauern beteiligt Etwa ein halbes Jahr spater nach dem Abtragen der Walle besassen die Anlagen keine militarische Bedeutung mehr Anschliessend standen die weitlaufigen Flachen fur zivile Zwecke zur Verfugung Die Stadt Rinteln erhielt 1816 das Nutzungsrecht uber die Wallflachen und verpachtete sie an Burger Durch neu angelegte Garten und einer Promenade entlang einer Pappelallee wandelten sich die Walle zu einem Grungurtel um die Altstadt Zwischen den einstigen Bastionen Christian und Charlotte entstand 1819 ein Park im Stil eines englischen Landschaftsgartens 1 Bei der St Sturmius Kirche nahe der Weser hat sich bis heute eine Kasematte als zwei Meter hoher Raum von 15 m Grundflache erhalten Von hier fuhrte ein Verbindungsgang zum Steg der Gouvernementsinsel in der Weser Wahrend sich die durch Gitter verschlossene Kasematte erhalten hat ist der Gang beim Bau der Kirche um 1888 zugeschuttet und vermauert worden 2 Geschichtliche Bedeutung Bearbeiten Die Festung Rinteln gehorte zu einer Reihe von neuzeitlichen Landesfestungen entlang der Weser zwischen Kassel und der Nordsee die zwischen 1660 und 1680 in Verden sowie durch die Festungen Hameln Nienburg Minden Bremen und Carlsburg entstanden waren Der Trend beruhte auf der uneingeschrankten Wehrhoheit der Landesherren die ihnen der Kaiser nach dem Dreissigjahrigen Krieg zugestanden hatte Den Festungsbau begann der katholische Furstbischof Christoph Bernhard von Galen um 1655 mit der Ludgerusburg in Coesfeld in der er seine Residenz einrichtete und um 1660 mit der Zitadelle von Munster Dem zogen Fursten im protestantisch gepragten Norddeutschland wehrtechnisch nach und befestigten strategisch bedeutsame Orte an der Weser Rinteln liess die Landgrafin Hedwig Sophie befestigen um die 1647 erworbene Grafschaft Schaumburg als hessische Exklave zu sichern Ausserdem demonstrierte Hessen mit der 1651 in Rinteln eingerichteten Garnison und der ab 1665 errichteten Festung den hessischen Machtanspruch an einem strategisch wichtigen Weserubergang unweit der brandenburgischen Festung Minden und der braunschweigisch luneburgischen Festung Hameln Literatur BearbeitenAugust Woringer Rinteln als hessische Festung und Garnisonstadt Rinteln 1935 Karl Vogt Stadt und Festung Rinteln Die Geschichte der Rintelner Befestigungen Rinteln 1964 Stefan Meyer Rinteln in Historische Stadtansichten aus Niedersachsen und Bremen Gottingen 2014 S 268 270 herausgegeben von der Historischen Kommission fur Niedersachsen und BremenWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Stadtbefestigung Rinteln Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Bericht und Fotos zu historischem Stadtspaziergang entlang der Festungsanlagen bei rinteln aktuell vom 8 Juli 2014 Bericht zu historischem Stadtspaziergang entlang der Festungsanlagen in Schaumburger Zeitung vom 11 Juli 2014Einzelnachweise Bearbeiten Rintelner Ansichten Memento vom 10 Februar 2015 im Internet Archive Dusteres Uberbleibsel der Festung Die vergessene Kasematte an der St Sturmius Kirche kein Geheimgang in Schaumburger Zeitung vom 17 Dezember 2011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtbefestigung Rinteln amp oldid 229849330