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Carlsburg oder Carlstadt auch Karlsburg oder Karlstadt stellt den gescheiterten schwedischen Versuch dar Ende des 17 Jahrhunderts eine Festungsstadt an der Mundung der Geeste in die Weser dem Standort des spateren Bremerhaven zu errichten Nach vergeblichen Grundungsversuchen in den 1670er und 1680er Jahren wurde das Projekt im Jahr 1700 aufgegeben Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Erster Grundungsversuch 3 Belagerung Carlsburgs 4 Zweiter Grundungsversuch 5 Uberreste 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksAusgangslage Bearbeiten nbsp Die Wesermundung Ende des 17 JahrhundertsMit dem Westfalischen Frieden wurden seit 1648 die Hoheitsrechte des ehemaligen Erzstifts Bremen sowie des Hochstifts Verden als Herzogtumer Bremen und Verden als Teil des Heiligen Romischen Reichs von dem Konigreich Schweden wahrgenommen Bis zum endgultigen Verlust der Hoheit uber dieses Gebiet im Jahre 1712 stellten die Herzogtumer als Exklave die westlichste Besitzung Schwedens in Mitteleuropa dar und wurden als strategisch wichtiges Territorium im Kampf um die militarische und wirtschaftliche Vorherrschaft an der Nordsee vor allem gegen Danemark betrachtet Schweden besass in diesem Gebiet jedoch keine bedeutenden Hafenstadte und nur kleinere Befestigungen Daruber hinaus war der Versuch Bremen in schwedische Hand zu bringen im Ersten Bremisch Schwedischen Krieg 1654 wie auch im Zweiten Bremisch Schwedischen Krieg 1666 gescheitert Nach dem Friedensschluss mit der Hansestadt kam daher der Plan auf durch die Grundung einer neuen Hafen und Festungsstadt direkt an der Wesermundung einen eigenen Stutzpunkt zu schaffen und gleichzeitig Bremen zu schaden Als Vorbild fur dieses Unternehmen diente vermutlich die danische Grundung von Gluckstadt an der Elbe um Hamburg Konkurrenz zu machen Erster Grundungsversuch Bearbeiten nbsp Der schwedische Feldmarschall und Staatsmann Carl Gustav WrangelVorangetrieben wurde die Idee der Anlage einer befestigten Handelsstadt an der Weser vor allem von Feldmarschall Carl Gustav Wrangel und dem Generalgouverneur der Herzogtumer Bremen und Verden Henrik Horn Mit Zustimmung der schwedischen Regentin Hedwig Eleonora wurden 1670 Festungsbauingenieur Dionys Bredekow und Jean Mell Festungsbaumeister und Generalquartiermeister in den norddeutschen Besitzungen Schwedens beauftragt Grundrisse fur eine Planstadt zu entwickeln Bredekows Entwurf sah eine fast kreisformige Festungsstadt auf einer Anhohe sudlich der Geeste vor nahe dem Ort Geestendorf wobei er sowohl ein strahlenformiges als auch ein schachbrettartiges Strassenraster in Betracht zog Der Hafen dieser Siedlung hatte direkt an der Geeste gegenuber der ehemaligen Leher Schanze gelegen einer kleinen Redoute die 1639 vom Bremer Erzbischof Friedrich II angelegt worden war nbsp Der Plan Carlsburgs nach dem Entwurf von Jean Mell In der letzten Schleife der Geeste ist noch die ehemalige Leher Schanze verzeichnetMells Entwurf der schliesslich ausgewahlt wurde bevorzugte eine Stadtgrundung mit ovalem Grundriss in der Ebene nordlich des Flusses nahe dem Ort Lehe umgeben von einer Befestigung mit zehn Bastionen Im Inneren der Stadt mit schachbrettartig angelegtem Strassenraster sollte ein mit der Geeste verbundener Kanal als geschutzter Binnenhafen dienen Der Bau der nach dem schwedischen Konig Karl XI Carlsburg beziehungsweise Carlstadt benannten Ansiedlung wurde 1672 mit umfangreichen Erdarbeiten fur die Graben und Walle des Befestigungsrings begonnen Ausserdem wurde vor der letzten Schleife der Geeste ein kunstlicher Durchstich vorgenommen so dass diese direkt bei der Stadt in die Weser mundete Fur diese Arbeiten wurden die Einwohner des benachbarten Lehe zu sogenannten Hand und Spanndiensten verpflichtet 1 Kommandant der Garnison wurde Jean Mell selbst Burgermeister Johann Besser Durch den im selben Jahr beginnenden Hollandischen Krieg in dem Schweden als Verbundeter Frankreichs involviert war standen weniger Mittel zur Verfugung als ursprunglich vorgesehen und die Arbeiten kamen nur langsam voran Dennoch wurde 1674 der koniglich schwedische Architekt Nicodemus Tessin der Altere damit beauftragt Detailentwurfe fur Strassenzuge und die Anordnung der offentlichen Bauten Carlsburgs anzufertigen Tessins Entwurf sah die Unterteilung der Stadt in ein grosseres lutherisches Viertel die evangelisch lutherische Kirche war die schwedische Staatskirche und ein kleineres reformiertes Viertel vor Daruber hinaus wollte man aber auch Anhangern anderer Bekenntnisse wie Katholiken aus England und Juden die Ansiedlung in Carlsburg ermoglichen Belagerung Carlsburgs Bearbeiten nbsp Flugblatt zur Belagerung Carlsburgs 1675 1676Bevor die Bebauungs und Besiedlungsplane fur Carlsburg realisiert werden konnten mussten die Bautatigkeiten im Jahr 1675 abgebrochen werden als eine Allianz aus Brandenburg Preussen dem Furstentum Luneburg dem Hochstift Munster und Danemark die schwedischen Gebiete in Norddeutschland wahrend des Bremen Verdener Feldzugs angriff Uber den genauen Zustand des Ausbaus der Stadt und des Hafens zu diesem Zeitpunkt ist wenig bekannt Vermutlich standen neben den Quartieren fur die schwedische Garnison dem Haus des Kommandanten dem Haus des Proviantmeisters und einer Ziegelbrennerei nur wenige weitere Gebaude Auch die Anzahl der Zivilisten in der Stadt war noch sehr gering 2 Die Befestigungen der Stadt waren allerdings bereits so weit fertiggestellt dass die schwedische Besatzung mit 600 bis 800 Mann und 72 Geschutzen eine erste Blockade der Stadt durch brandenburgische Schiffe und danische Truppen erfolgreich abwehren konnte Als Carlsburg ab Ende Oktober 1675 ein zweites Mal belagert wurde musste Mells dezimierte durch Nahrungsmangel und Krankheiten geschwachte Garnison im Januar 1676 vor munsterischen und luneburgischen Truppen unter Feldmarschall Gustav Wilhelm von Wedel schliesslich kapitulieren Nach der Ubergabe wurde die Festung teilweise demoliert weitere Schaden an den Strukturen entstanden in der Folge durch Hochwasser 3 Zweiter Grundungsversuch Bearbeiten nbsp Der uberarbeitete Plan Carlsburgs nach dem Entwurf von Erik DahlbergAls nach dem Frieden von Saint Germain das Gebiet 1679 wieder an Schweden fiel wurde ein neuer Versuch zur Stadtgrundung in Carlsburg unternommen Doch auch dieses Mal stellten sich Schwierigkeiten ein 1681 scheitert eine Wiederaufbauinitiative unter Leitung des Hamburger Kaufmanns Philip Henrich Knochenhauer Daraufhin liess Konig Karl XI 1683 besondere Privilegien fur Carlsburg verfassen und veroffentlichen um Siedler aus Frankreich und den Niederlanden anzulocken Im Zuge dieser Aktivitaten uberarbeitete der schwedische Festungsbaumeister Erik Dahlberg den ursprunglichen Entwurf von Jean Mell Er konzipierte Carlsburg dabei noch starker im Sinne einer Idealstadt Die Mitte des Ortes sollte ein kreuzformiger Hafen bilden um den herum sich vier gleich grosse Teilplatze anordneten die zusammen ein Quadrat formten Mit den zwei freistehenden Kirchen der schwedischen und der deutschen korrespondierten am anderen Ende der Flache die reprasentativen Bauten des Rathauses und des Residenzhauses Das symmetrische Strassenraster sah 400 Bauplatze fur Privathauser vor Diagonal zum Strassenraster sollten sich die Stadttore nach Lehe im Norden und Geestendorf im Suden gegenuberliegen Als eine bedeutende Veranderung zu fruheren Entwurfen sah sein Plan daruber hinaus die Umleitung der Geeste direkt durch die Stadt vor eine Idee die an das Modell der hollandischen Grachten anknupft die Breite des Kanals entsprach dabei genau der Breite eines Bauplatzes Das Projekt wurde jedoch nicht in die Tat umgesetzt die begonnenen Arbeiten wieder eingestellt Nach den gescheiterten Grundungsversuchen der 1670er und 1680er Jahre wollte der ab 1697 in Schweden regierende Konig Karl XII die Plane abermals aufgreifen konnte jedoch die notwendigen Mittel dazu nicht bereitstellen 1700 wurden schliesslich die letzten Kanonen aus Carlsburg nach Stade gebracht und das Projekt damit endgultig aufgegeben Uberreste Bearbeiten nbsp Karte von Bremerhaven aus dem Jahr 1831 Die Umrisse des ehemaligen Carlsburg sind als gepunktete Linie verzeichnetIm Zuge des Grossen Nordischen Kriegs fiel das Gebiet an der Wesermundung 1711 zunachst an Danemark und 1715 dann an Hannover 1812 errichteten die Franzosen eine Schanze auf der sudlichsten der ehemaligen Bastionen von Carlsburg 1830 bis 1834 wurde an gleicher Stelle durch Hannover die halbkreisformige Batterie Fort Wilhelm errichtet Bei der Grundung Bremerhavens 1827 sollen die Reste der Walle von Carlsburg im Gelande noch deutlich zu erkennen gewesen sein 4 Sie wurden nach dem Erwerb des Gebietes durch Bremen bei der Anlage der neuen Hafenstadt planiert Der Marktplatz Bremerhavens heute Theodor Heuss Platz lag dabei ungefahr im Zentrum der ehemaligen Festung Erhalten haben sich in diesem altesten Teil Bremerhavens die Strassennamen Karlsburg und An der Karlstadt 1849 wurde hier das Auswandererhaus der Agentur des Kaufmanns Johann Georg Claussen errichtet das ab 1891 von der Karlsburg Brauerei genutzt wurde Mit der Grundung der Hochschule Bremerhaven 1985 wurden die erhaltenen Teile des Gebaudes in das Haus K der Hochschule integriert Literatur BearbeitenHerbert und Inge Schwarzwalder Bremerhaven und seiner Vorgangergemeinden Veroffentlichungen des Stadtarchivs Bremerhaven Band 2 Hauschild Verlag Bremen 1977 Mascha Bisping Stadtplanung als politische Interpretation eines geographischen Raumens Carlsburg und Bremerhaven In Cornelia Jochner Hrsg Politische Raume Stadt und Land in der Fruhneuzeit Akademie Verlag Berlin 2003 ISBN 978 3050037745 Henning Eichberg Militar und Technik Schwedenfestungen des 17 Jahrhunderts in den Herzogtumern Bremen und Verden Schwann Dusseldorf 1976 Frank Gosch Festungsbau an Nordsee und Ostsee die Geschichte der deutschen Kustenbefestigungen bis 1918 Mittler Hamburg 2003 ISBN 3813207439 Burchard Scheper Uber Grundungsversuche der Carlsburg im Rahmen stadtgeschichtlicher Entwicklungen auf dem Gebiet der heutigen Stadt Bremerhaven Festschrift Heinz Stoob Civitatum Communitas Studien zum europaischen Stadtewesen Koln Wien 1984 Einzelnachweise Bearbeiten Christian Petermann Hrsg Die Gebaude der Hochschule Bremerhaven Hochschule Bremerhaven Wirtschaftsverlag NW Bremerhaven 2005 S 11 Flugblatt Der rechte Geometrische Grund Riss Der von den Schweden im Herssogthumb Bremen an der Weser neu erbauten Vestung Carolus Stadt oder Carolsburg Und eigentliche Beschreibung was eine Zeithero mit derselben sich zugetragen und wie sie endlich von den Alliirten zu der Ubergabe gezwungen worden 1680 Anonym Theatrum Europaeum Band 11 1682 ersch 1707 S 838 und 993 994 Herbert Schwarzwalder Das Grosse Bremen Lexikon Edition Temmen Bremen 2002 S 458 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Grund Riss der Vestung Carolus Stadt oder Carolsburg Quellen und Volltexte 53 54 8 5833333333333 Koordinaten 53 32 24 N 8 35 0 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carlsburg Lehe amp oldid 219544850