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Die Sigwardskirche in Idensen heute Ortsteil von Wunstorf ist eine romanische Kirche die wegen ihrer Architektur und der im Original erhaltenen romanischen Ausmalung als einer der bedeutendsten sakralen Kleinbauten der Romanik gilt Die Kirchengemeinde Idensen Mesmerode gehort zum Kirchenkreis Neustadt Wunstorf im Sprengel Hannover der Evangelisch lutherischen Landeskirche Hannovers Sigwardskirche Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Wandmalereien 4 Taufbecken 5 Glocken 6 Orgeln historisch 7 Sigwardsweg 8 Bewerbung als Welterbestatte 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn den Jahren 1129 bis 1134 liess Bischof Sigward von Minden die Kirche als Eigenkirche errichten Sie wurde der heiligen Ursula von Koln und ihren elftausend Jungfrauen geweiht da das Bistum Minden zur Kirchenprovinz Koln gehorte Die Zentralstellung des Apostels Petrus im Bildprogramm erklart sich aus seiner Rolle als Hauptpatron sowohl des Kolner wie des Mindener Doms Bischof Sigward der die Kirche und einen benachbarten Wohnturm auch als Sommerresidenz nutzte wurde 1140 dort bestattet Eine Grabanlage ist allerdings nicht auffindbar 1 Wohl schon im 15 Jahrhundert 2 aber spatestens im 17 Jahrhundert wurde die romanische Ausmalung mit weissem Kalk ubertuncht 3 Die Fresken der Sudwand waren zwischenzeitlich durch einen Sturmschaden am Dach fast vollstandig zerstort worden so dass manche Motive heute nur in Bruchstucken erkennbar sind 1670 wurde die Bleibedeckung des Dachs abgetragen Bereits im 18 Jahrhundert wurde erwogen die Kirche die langst zu klein geworden war fur die gewachsene Gemeinde durch einen grosseren Neubau zu ersetzen Stattdessen entschied man sich Emporen einzuziehen 2 Der hannoversche Baurat Conrad Wilhelm Hase 4 erkannte 1858 die Existenz von Fresken Er verhinderte den Teilabbruch und Umbau der Sigwardskirche Nach seinen Planen wurde 1887 bis 1888 stattdessen ein neugotischer Neubau gegenuber der alten Kirche fur 25 000 Mark errichtet Mit einer Lotterie deren Ziehung am 30 Dezember 1884 in Hannover erfolgte brachte er letzte dazu fehlende Mittel 8 200 Mark zusammen 5 In den Jahren 1930 bis 1934 wurde die Ausmalung vollstandig freigelegt Seitdem werden kontinuierlich Sanierungs und Erhaltungsmassnahmen durchgefuhrt Die Kirche ist offentlich zuganglich und kann taglich besichtigt werden Zu besonderen Anlassen wird sie weiterhin auch gottesdienstlich genutzt 6 Architektur Bearbeiten nbsp Sigwardskirche Innenraum nach Osten nbsp VierpassfensterDie Sigwardskirche wurde aus sorgfaltig behauenen Sandsteinquadern errichtet Sie besteht aus einem einschiffigen dreijochigen Langhaus und einer aussen polygonalen innen halbrunden Apsis mit einem halben Chorjoch Dem ostlichen Langhausjoch sind beidseitig Kapellen angefugt die den Eindruck eines kurzen Querhauses mit rechteckiger Vierung erzeugen Die Joche sind innen mit doppelten halbsaulen und wandpfeilergestutzten Gurtbogen abgeteilt und mit Gewolben uberspannt deren Grate nach oben in Tonnenform auslaufen Besonderen Gestaltungswillen zeigt die Apsis mit ihrer Fenster und Saulengliederung Westlich schliesst sich an das Langhaus der massive annahernd quadratische Turm an Er enthalt eine uberwolbte Portalhalle daruber eine ehemals als Herrscheroratorium im Sinne eines Westwerks genutzte Kapelle mit seitlichem Vierpassfenster und Doppelbogenoffnungen zum Kirchenschiff daruber ein Glockengeschoss Bischof Sigward hatte 1129 unmittelbar vor Baubeginn in Idensen im Beisein von Konig Lothar von Supplinburg die Stiftskirche von Elten geweiht die erste vollstandig gewolbte Kirche am Niederrhein von wo er auch die Bauhandwerker mitgebracht haben wird Beide Bauten zeigen nicht nur dasselbe Gewolbesystem sondern besitzen jeweils auch den altesten romanischen Kirchturm in ihrer Region 7 Das Sudportal der Kirche besass in ihrem Tympanon laut der Mindener Bistumsgeschichte Catalogus episcoporum Mindensium des Hermann von Lerbeck die Inschrift Sum quod eram nec eram quod sum modo dicar utrumque Tene praebe juste prudenter honeste 8 Die Inschrift ist nicht mehr vorhanden Der Historiker Karl Ludwig Grotefend interpretierte sie so Ich bin was ich bin ein guter Christ der ich auch war aber ich war nicht was ich bin ein guter Bischof mochte ich nur den Namen beider verdienen 9 Wandmalereien Bearbeiten nbsp Bildthemen der WandmalereienDie romanischen Wandmalereien zeigen biblische Szenen und Heiligendarstellungen Das auf den exegetischen Schriften des Rupert von Deutz basierende typologische Bildprogramm der Ausmalung stellt im Schiff in Bildpaaren des Alten und Neuen Testaments von Ost nach West Sintflut und Taufe die zerstorende und segnende Kraft des Wassers Turmbau zu Babel und Pfingstwunder Sprachverwirrung und Sprachwunder sowie Sodom und Gomorra und Jungstes Gericht Gericht uber die Menschheit dar Hinzu kommt eine auf Bischof Sigward verweisende personliche Bezugsebene indem die durch den Architekturrahmen im Mindener Dom lokalisierte Taufe seine Aufnahme in die Kirche die Pfingstszene seine bischofliche Sendung und das Gericht er selbst ist unter den Gerichteten dargestellt seine letztendliche Verantwortung thematisieren Das grosse Bild der Westwand hier befand sich im Mittelalter meist die kaiserliche Empore siehe Westwerk zeigt den Befehl des als Kirchenverfolger gesehenen Konigs Etzel zum Martyrium der heiligen Ursula von Koln und der sie begleitenden 11 000 Jungfrauen und stellt damit eine Verbindung zu den Ereignissen des soeben 1122 uberwundenen Investiturstreits zwischen Kaiser und Kirche her 10 Die Seitenarme die Petrus und Paulus geweiht sind zeigen Szenen aus dem Wirken dieser Apostel In der Apsiswolbung thront Christus als Allherrscher nbsp Ubersicht Blick auf Vierung und Chor nbsp Ubersicht Blick senkrecht nach oben nbsp Ubersicht Blick nach Westen nbsp Apsiswolbung Christus als Allherrscher nbsp Nordseite Christus als Weltenrichter nbsp Nordseite Ausgiessung des Heiligen Geistes nbsp Nordseite Petrus als TauferTaufbecken BearbeitenEin schlichtes ungewohnlicherweise aus Zinn gefertigtes Taufbecken ist 1675 datiert und von Christophorus Ludovicus Fricke signiert 11 Glocken BearbeitenDie Sigwardskirche besitzt drei historische Glocken von denen eine aus der Erbauungszeit der Kirche stammt sie ist die alteste erhaltene Glocke Niedersachsens und schlagt heute noch zu jeder Viertelstunde Die beiden anderen Glocken stammen von 1724 und 1823 Orgeln historisch BearbeitenDie erste Orgel 1585 war ein Positiv und stand wohl vor der Westwand auf einer Empore Die zweite Orgel 1657 war ebenfalls ein gebraucht gekauftes Positiv mit funf Stimmen Die dritte Orgel 1737 wurde ausgefuhrt von dem bekannten norddeutschen Orgelbauer Johann Dietrich Busch aus Mesmerode stammend ansassig in Itzehoe Schuler und Nachfolger von Arp Schnitger Die Orgel geriet bald in einen desolaten Zustand der durch Reparaturen nicht mehr behoben werden konnte Schliesslich verfiel die Orgel und wurde im Jahr 1934 ausgebaut Einige Reststucke die erhalten geblieben waren wurden 1989 dem Landeskirchlichen Orgelmagazin in Wittenberg ubergeben 12 Sigwardsweg BearbeitenDie Sigwardskirche ist mit dem Mindener Dom Ausgangs und Zielpunkt der beschilderten Pilgerroute Sigwardsweg Bewerbung als Welterbestatte BearbeitenIm Jahr 2012 bewarb sich die Stadt Wunstorf mit der Sigwardskirche um Aufnahme in die deutsche Tentativliste bei zukunftigen Antragen als UNESCO Welterbestatte Eine Expertenkommission unter Fuhrung des Niedersachsischen Ministeriums fur Wissenschaft und Kultur lehnte die Kandidatur wegen geringer Erfolgsaussichten ab da Kirchengebaude unter den Welterbestatten bereits uberreprasentiert seien 13 Literatur BearbeitenManfred Lausmann Niedersachsen alteste Wandmalereien in Idensen in Hans Herbert Moller Hrsg Restaurierung von Kulturdenkmalen Beispiele aus der niedersachsischen Denkmalpflege Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen Beiheft 2 Niedersachsisches Landesverwaltungsamt Institut fur Denkmalpflege Hameln Niemeyer 1989 S 191 196 Ruth Ehmke Der Freskenzyklus in Idensen Bremen 1958 Schriften des Niedersachsischen Heimatbundes NF 34 Hans Josef Boker Text Jutta Brudern Fotos Idensen Architektur und Ausmalungsprogramm einer romanischen Hofkapelle Berlin Gebr Mann 1995 ISBN 3 7861 1799 3 Eberhard G Neumann Ernst Schwartz Idensen Eine romanische Kirche und ihre Ausmalung in Niedersachsen 4 Auflage Selbstverlag Ev luth 11 000 Jungfrauen Kirche Idensen 1985 Ernst Andreas Friedrich Die Sigwardskirche in Idensen In Wenn Steine reden konnten Band I Landbuch Verlag Hannover 1989 ISBN 3 7842 03973 S 143 145 Carolin Krumm Hrsg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Baudenkmale in Niedersachsen Band 13 2 Region Hannover nordlicher und ostlicher Teil mit den Stadten Burgdorf Garbsen Langenhagen Lehrte Neustadt a Rbge Sehnde Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel Isernhagen Uetze und Wedemark Hameln 2005 S 555 558 Wolfhard Winkelmuller Begegnung mit Bischof Sigward von Minden Eine Fuhrung durch die romanische Grabeskirche in Idensen Hameln Niemeyer 2006 ISBN 978 3 8271 9185 4 und ISBN 3 8271 9185 8 Wolfhard Winkelmuller Zwischen Kreuz und Schwert Aus dem wechselvollen Leben eines Ritters vom Steinhuder Meer ISBN 3 8271 9040 1 Cornelia Kuhnert Text Gunter Kruger Fotos Die Sigwardskirche Hase sei Dank in dies 111 Orte rund um Hannover die man gesehen haben muss Koln emons 2015 ISBN 978 3 95451 707 7 und ISBN 3 95451 707 8 S 228f Hans Jurgen Gunther Sigwardskirche in Idensen Eine romanische Kirche im Tal der Westaue Beitrage zur Geschichte des Ortes Idensen bei Wunstorf Band 1 Wunstorf 2010 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sigwardskirche Idensen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag von Stefan Eismann zu Sigwardskirche in der wissenschaftlichen Datenbank EBIDAT des Europaischen Burgeninstituts Sigwardskirche im Denkmalatlas Niedersachsen Die Sigwardskirche in Wunstorf Idensen als Beschreibung durch das Niedersachsische Landesamt fur Denkmalpflege mit PDF Dokument Freundeskreis Sigwardskirche Idensen e V mit Abbildungen und ausfuhrlicher Zeittafel Artikel uber die Restaurierung der Wandmalereien bei Monumente OnlineEinzelnachweise Bearbeiten chronico de 12 September 2003 a b Krumm Hrsg Denkmaltopographie Bd 13 2 S 555 Monitoring Bericht des NLD Baubeschreibung Centralblatt der Bauverwaltung 31 Marz 1883 S 111 abgerufen am 17 Dezember 2012 Zum 200 Geburtstag von Conrad Wilhelm Hase Offnungszeiten Hans Josef Boker Idensen Architektur und Ausmalungsprogramm einer romanischen Hofkapelle Berlin 1995 S 19 50 Wiedergabe bei Hermann Schmitz 1906 Karl Ludwig Grotefend Die Inschrift der Idenser Kirche In Correspondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts und Altertums Vereine 6 1858 S 98 Hans Josef Boker Idensen Architektur und Ausmalungsprogramm einer romanischen Hofkapelle Berlin 1995 S 51 68 Bild Taufbecken aus Zinn 1675 Hans Jurgen Gunther Sigwardskirche in Idensen Eine romanische Kirche im Tal der Westaue Wunstorf 2010 S 389 393 Wer wird Welterbe in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 18 Juni 2012 Memento des Originals vom 14 April 2021 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www haz deNormdaten Geografikum GND 4410886 2 lobid OGND AKS 52 402259 9 355647 Koordinaten 52 24 8 1 N 9 21 20 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sigwardskirche Idensen amp oldid 229673675