Sensorisch oder sensoriell stellt in der Anatomie und Physiologie einen Oberbegriff fĂŒr die verschiedensten SinnesmodalitĂ€ten dar. Aufgrund sensorischer Leistungen der Sinnesorgane werden die Sinnesdaten wahrgenommen.
Rezeptoren bzw. Neurone â in Nervenbahnen, Zentren oder auch ganze Hirnrindengebiete, die im Dienste solcher Sinnesleistungen wie Hören, Sehen, Riechen usw. stehen, werden als sensorisch bezeichnet. Dieser allgemeinen psychophysiologischen Definition schlieĂt sich traditionell eine Mehrzahl von Autoren an.
Sensorisch im Sinne einer psychophysiologischen Definition und als Adjektivform der nominellen Bezeichnung âSensoriumâ (= Bewusstsein) setzt voraus, dass entsprechende Leistungen von Sinneszellen zumindest in geringem MaĂe bewusstseinsfĂ€hig bzw. wahrnehmbar sind. Sensorische Neurone sind Teil des zerebrospinalen Nervensystems.
HĂ€ufig wird zur Bezeichnung von GefĂŒhlsqualitĂ€ten der Begriff âsensibelâ gebraucht, da der SensibilitĂ€t eine Sonderstellung innerhalb des sensorischen Systems eingerĂ€umt wird. Nach einzelnen Autoren wird jedoch die SensibilitĂ€t nicht mehr in dieses sensorische System mit einbezogen. Damit sei ein Ăbergang hergestellt zu den nicht oder kaum noch wahrnehmbaren (nicht perzeptiven) Afferenzen.
NĂ€here Begriffsbestimmung Bearbeiten
Sensibel und Sensorisch Bearbeiten
Bei dem Adjektiv âsensorischâ handelt es sich um eine neuropsychologische lateinische Fachbezeichnung, die bei den Schriftstellern des Altertums nicht vorkommt, sondern eine spĂ€tere Neubildung darstellt. Sie ist abgeleitet von lateinisch sentire âfĂŒhlenâ, âempfindenâ, âwahrnehmenâ, âgeistig erfassen;â sensorius âder Empfindung dienendâ. Dieselbe Ableitung trifft allerdings auch fĂŒr die adjektivische Bezeichnung âsensibelâ zu. Es besteht von daher kein Unterschied zwischen dem Wortstamm von âsensibelâ und âsensorischâ.
Entgegen dieser gemeinsamen Wortbedeutung vertritt Robert Herrlinger jedoch zugleich den abgrenzenden begrifflichen Gesichtspunkt der speziellen âTast- oder SensibilitĂ€tsorganeâ fĂŒr die Hautsinne (OberflĂ€chensensibilitĂ€t) und die TiefensensibilitĂ€t. Die damit gemeinte Gruppe von Rezeptoren wird auf solche Weise sowohl zusammengefasst als auch hinsichtlich ihrer Leistungen von den ĂŒbrigen Sinnesorganen unterschieden. Hinzu kommt, dass es bereits im RĂŒckenmark unterschiedliche Leitungsbahnen fĂŒr beide Gruppen der SensibilitĂ€t gibt.
Hermann Voss und Robert Herrlinger bezeichnen als âTast- oder SensibilitĂ€tsorganeâ alle der GefĂŒhlsempfindung dienenden Anteile der Sinnesorgane (d. h. auĂer der sensorischen Funktion des Tastsinns ânoch eine ganze Reihe anderer Empfindungenâ). Bereits im Titel des verbreiteten Anatomie-Buchs wird zwischen Sinnes- und Hautsystem unterschieden. Dennoch wird das âHautsystemâ in das allgemeine âSinnessystemâ einbezogen. Auch im Titel anderer LehrbĂŒcher erfolgt die Unterscheidung zwischen Haut und Sinnesorganen.
Der Begriff âsensorischâ wird speziell im deutschsprachigen Schrifttum gebraucht. Insbesondere in der âobjektivenâ Sinnesphysiologie ist der Begriff âRezeptorâ dem Umfang nach weiter, dem Inhalt nach enger gefasst. Rezeptoren können im Gegensatz zu den sensorischen Funktionen reizaufnehmender Organe auch nicht perzeptive d. :h. nicht mit bewussten Erlebnissen verbundene Informationen verarbeiten, so z. B. die Signale der Pressorezeptoren des Sinus caroticus. Einer allgemeinen Sinnestheorie folgend wĂ€re somit âsensorischâ als Oberbegriff zu verstehen fĂŒr alle der bewussten Sinneswahrnehmung dienenden Hirnzentren, bzw. fĂŒr die zu ihnen fĂŒhrenden afferenten bzw. zentripetalen Nervenbahnen und auch fĂŒr die ggf. vorhandenen speziellen Rezeptoren. Die mit dem Adjektiv âsensibelâ speziell gekennzeichneten Haut-, GefĂŒhls- und Tastsinne weisen auf Besonderheiten dieser speziellen SinnesqualitĂ€ten hin.
Mit der Unterscheidung sensibel â sensorisch wĂ€re somit keine prinzipielle physiologische Unterscheidung und insbesondere keine GegensĂ€tzlichkeit zur allgemeinen Sinnestheorie zu verstehen, nach der bei allen SinnesmodalitĂ€ten Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung von Informationen ĂŒber Umwelt und Innenwelt bedeutsam sind. Prinzipiell wĂ€re also auch die Haut einschlieĂlich der TiefensensibilitĂ€t als Sinnesorgan wie alle ĂŒbrigen Sinnesorgane anzusehen. Eine gewisse Sonderstellung kommt aber den Hautsinnen bzw. den âTast- oder SensibilitĂ€tsorganenâ in anatomischer und teilweise auch in psychologischer Hinsicht zu, siehe dazu das Kap. Sonderstellung der GefĂŒhlsqualitĂ€ten.
Daher wird auch bei einer Definition der SensibilitĂ€t im engeren Sinne von âTast- oder SensibilitĂ€tsorganenâ und in weiteren Sinne von âsensorischen Systemenâ gesprochen. Auf die Unterscheidung zwischen âsensibelâ und âsensorischâ in der Topistischen Hirnforschung wird hingewiesen.
Die in den Neurowissenschaften gebrĂ€uchliche Bezeichnung der SensibilitĂ€t bezieht sich allerdings nach einer Reihe von Autoren nicht auf den Begriff der Empfindung ganz allgemein, so wie er fĂŒr die âGesamtheit aller Sinneâ gebraucht wird. Sie wird vielfach speziell und sogar ausschlieĂlich mit der GefĂŒhlsempfindung verbunden (sentire âfĂŒhlenâ).
Im klinischen Wörterbuch Pschyrembel wird der Gebrauch des Begriffs âSensibilitĂ€tâ ausdrĂŒcklich fĂŒr GefĂŒhlsempfindungen reserviert und von den ĂŒbrigen SinnesmodalitĂ€ten ausgeschlossen. Es heiĂt dort zur SensibilitĂ€t: âEine Summe von verschiedenen Sinnesempfindungen, die nicht vom Auge, vom Ohr oder von den Apparaten des Geschmackes und Geruches stammen.â Das Wörterbuch der Medizin von Zetkin und Schaldach schlieĂt sich der âEmpfindungen vermittelndenâ Bedeutung von sensiblen Nerven an, vgl. dagegen das nĂ€chste Kap. Sonderstellung der GefĂŒhlsqualitĂ€ten.
Sonderstellung der GefĂŒhlsqualitĂ€ten Bearbeiten
Eine Sonderstellung der GefĂŒhlsqualitĂ€ten ergibt sich bereits bei der Frage, ob die Rezeptoren der Haut (OberflĂ€chensensibilitĂ€t) und der inneren Organe (TiefensensibilitĂ€t) insgesamt als ein einheitliches Sinnesorgan zu bezeichnen sind. Die entsprechenden Rezeptoren sind zumindest nicht als abgegrenztes Organ Ă€hnlich wie Nase, Ohr und Auge in makroskopisch-anatomischer Hinsicht strukturiert. Im Gegenteil erscheint zumindest die Haut als abgrenzendes Organ des Körpers gegenĂŒber der AuĂenwelt fĂŒr alle Ă€uĂeren Reize zugĂ€nglich. Den Rezeptoren vorgeschaltete Hilfsapparate wie bei der Organisation von Nase, Auge, Ohr und Geschmackssinn bestehen hier nicht. Sie verĂ€ndern zumindest teilweise die Reize der AuĂenwelt und sind als Schutz vor inadĂ€quaten Reizen zu verstehen.
Die Hautsinne können nach Peter R. HofstĂ€tter als âNahsinneâ von den âFernsinnenâ als den Sinnesorganen optischer, olfaktorischer und akustischer ModalitĂ€t abgegrenzt werden. Das jedoch besagt nicht, dass diese âhöheren Sinneswerkzeugeâ (Benninghoff) nicht auch im Nahbereich wirksam sind. So insbesondere der Geruch, der sowohl auf Distanz als etwa auch beim Geschmack ĂŒber die Zunge eine Rolle spielt. Bereits eine Unterscheidung in OberflĂ€chen- und TiefensensibilitĂ€t ist nicht frei von inneren WidersprĂŒchen, schon weil beide ineinander ĂŒbergehen. In der Haut finden sich die gleichen Rezeptoren wie in den tieferen Geweben bzw. in den inneren Organen. Die Orte des Ăbergangs von Haut und Schleimhaut sind reichlicher mit Rezeptoren ausgestattet. Kleine Kinder neigen bekanntlich dazu, GegenstĂ€nde anzufassen und ggf. in den Mund zu nehmen. Die Haut bzw. die Lippen und die Schleimhaut des Mundes spielen als âNahsinnâ eine wichtige ontogenetische Rolle in der frĂŒhen Entwicklung des Menschen (orale Phase). Durch orale Kontakte zu ihren Bezugspersonen wird unbewusst auch eine psychologische NĂ€he hergestellt (siehe dazu Anaklise, Internalisierung und Introjektion).
RenĂ© A. Spitz hat daher eine weitere Einteilung der Sinnesorgane durchgefĂŒhrt. Er bezeichnete das Labyrinth des Innenohrs und die Haut, insbesondere die Hand, als Organe âprimitiver Wahrnehmungâ. Die vielfĂ€ltigen und kompliziert aufgebauten Rezeptoren der Haut ebenso wie die rezeptorlosen freien Nervenendigungen sind auch nicht einer spezifischen SinnesqualitĂ€t der Haut wie Schmerz-, BerĂŒhrungs-, WĂ€rme- und KĂ€lteempfindung zuzuordnen. Die Unterscheidung zwischen OberflĂ€chen- und TiefensensibilitĂ€t ist auch nicht ausschlieĂlich und notwendig an das Vorhandensein bestimmter Rezeptoren in der Haut oder in inneren Organen bzw. in der Schleimhaut gebunden. Spezifische und voneinander unabhĂ€ngige Rezeptoren und Leitungsbahnen zum Zentralnervensystem sind nicht vorhanden. Im Gegenteil sind die Leitungsbahnen unterschiedlicher Rezeptoren vielfach miteinander verzweigt und verbunden (Anastomosen). Es bestehen daher, was die GefĂŒhlsqualitĂ€ten betrifft, Zweifel an dem von Johannes MĂŒller aufgestellten Gesetz der spezifischen Sinnesenergien.
Eine weitere Unterscheidung der GefĂŒhlsqualitĂ€ten von den ĂŒbrigen SinnesmodalitĂ€ten ist bestimmt durch die spezielle Art der Weiterleitung und Verarbeitung dieser Reize innerhalb des RĂŒckenmarks und des Hirnstammes. Es besteht hier ein netzartiges System afferenter und efferenter Neuronen auf gleichem und unterschiedlichem Niveau der Reizbeantwortung, die Formatio reticularis.
DemgegenĂŒber ist der Begriff des Reflexes i. e. S. der Neurologie typisch fĂŒr eine nervöse Reaktion auf gleichem Niveau der Reizbeantwortung. HofstĂ€tter spricht von einem Niveauschema der Reizbeantwortung, das nicht nur fĂŒr GefĂŒhlsqualitĂ€ten gilt, aber fĂŒr dieses in besonderer Weise charakteristisch ist. Dies bedeutet, dass ein Hautreiz auf unterschiedlichen Höhen des RĂŒckenmarks und des Hirnstamms beantwortet werden kann. Wenn eine nervöse Steuerung ĂŒber Reflexe ablĂ€uft, ohne das psychophysische Niveau zu erreichen, so spricht man von einer unwillkĂŒrlichen bzw. stereotypen Leistung insbesondere dann, wenn die neuronale Verschaltung nicht durch die vegetativen Nervenzellen des autonomen Nervensystems erfolgt. Es kommt in diesen beiden FĂ€llen meist zu keiner bewussten Wahrnehmung.
Die Bezeichnung sensibel gilt jedoch gerade fĂŒr solche Nervenbahnen, die nicht dem autonomen Nervensystem angehören. Von einer sensorischen Leistung sollte wegen der fehlenden Bewusstseinskomponente in diesen FĂ€llen nicht gesprochen werden. - Es ist anzunehmen, dass die meisten Rezeptoren in den Eingeweiden nicht die Aufgabe haben, Empfindungen zu erzeugen. Sie lösen vielmehr Reflexe aus, so etwa die Chemo- und Pressorezeptoren der Carotissinus- und Aortengebiete und die Dehnungsrezeptoren der Lunge und Bronchien. Auch die Erregung der Muskelspindeln wird nicht ĂŒber sensorische Hirnzentren geleitet.
Einige Beispiele fĂŒr den Gebrauch des Begriffs Bearbeiten
Sensorische Systeme Bearbeiten
Indem âsensorischâ bereits einen Oberbegriff fĂŒr verschiedenste SinnesmodalitĂ€ten darstellt wie olfaktorisch, visuell, taktil, auditiv, vestibulĂ€r, gustatorisch usw., eignet er sich auch als Bezeichnung fĂŒr die Gesamtheit der entsprechenden peripheren Rezeptoren, Nervenbahnen einschlieĂlich ihrer wechselseitigen Verkettungen, Verschaltungen und Verarbeitungsebenen, vgl. etwa die Kombination verschiedener Sinnesanteile bei der olfaktorischen Wahrnehmung.
Damit wird das gesamte Sinnessystem der Organismen zusammengefasst, siehe Kap. Sensorium.
Durch die zahlreichen informationsverarbeitenden Prozesse kommt es auf dem Weg zunehmender Koordination von unterschiedlichen Sinnesdaten zu einer sensorischen Integration und damit zu speziellen zentralnervösen Erregungsmustern, die letztlich als primÀre Erkenntnisakte bzw. als Empfindungen bewusst werden. Die BefÀhigung zu höherer begrifflicher Erkenntnis wird neuropsychologisch auch als Gnosis bezeichnet.
In der Sinnesphysiologie wird oft verallgemeinernd und vereinfachend von sensorischen Systemen gesprochen. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn die klassische sinnesphysiologische Einteilung der SinnesmodalitĂ€ten und der SinnesqualitĂ€ten in gewissen Abgrenzungen und Differenzierungen zu komplex und bisweilen auch ungenĂŒgend erscheint. Fragen der Erkenntnistheorie sind herkömmlich Fragen der Philosophie.
Zu den sensorischen Systemen zÀhlen folgende Hirnanteile, Zentren und Nervenbahnen:
- Somatosensorischer Cortex ist derjenige Anteil der GroĂhirnrinde, welcher der zentralen Verarbeitung der âHautsinneâ dient.
- Sensorische Projektionszentren ist der Oberbegriff fĂŒr alle Hirnzentren, die der Verarbeitung bewusster Sinnesdaten dienen.
- Sensorische Kleinhirnbahn ist die Bahn zum Zentrum der Verarbeitung statischer Signale des N. VIII im Kleinhirn.
- Sensorisches Sprachzentrum ist das im Gyrus temporalis superior befindliche Brodmann-Areal A22, vgl. Hirnrindenkarte. Entsprechend wird auch die sensorische Aphasie durch Ausfall dieses Zentrums verursacht.
- Radiatio acustica ist ein Teilabschnitt der Zentralen Hörbahn.
- Sehbahn ist die sensorisch affente Verbindung zwischen Augen und Sehzentrum.
Sensorische Neurone Bearbeiten
Sensorische Neurone sind Nervenzellen, die einem der sensorischen Systeme angehören. Sie dĂŒrfen nicht mit Rezeptoren (s. o.) verwechselt oder mit ihnen gleichgesetzt werden. Rezeptoren stellen nicht notwendigerweise Nervenzellen dar. Sie sind histologisch und ontogenetisch weitgehend als eigene Empfangseinrichtungen bzw. als eigens differenzierte Sinneszellen anzusehen, zumal sie eine jeweils unterschiedliche Entwicklung aufweisen. Nur die Riech- und Sehzellen sind beim Menschen zugleich Nervenzellen. UnabhĂ€ngig von der unterschiedlichen Herkunft dieser Sinneszellen wird das Sinnesepithel auch als Neuroepithel bezeichnet.
Riech- und Sehzellen gehen entwicklungsgeschichtlich (Ontogenese) aus einer AusstĂŒlpung des Neuralrohres hervor. Diese wird im Hinblick auf die spĂ€tere Form der Riechzellen zunĂ€chst als Riechplacode, dann als RiechgrĂŒbchen bezeichnet. Sie stellt zuletzt den Bulbus olfactorius mitsamt den Fila olfactoria dar. Im Falle der Sehzellen bilden diese AusstĂŒlpung zunĂ€chst die AugenblĂ€schen, dann die Augenbecher sowie letztlich auch die Retina, welche die lichtempfindlichen Sinneszellen enthĂ€lt. Die Ausbildung der Neurone schreitet im Gegensatz zur zentrifugalen AusstĂŒlpung der AugenblĂ€schen und Augenbecher von peripher nach zentral fort, vgl. den Begriff der Zentralisierung und das dort am Beispiel des Auges dargestellten Wegs der Entwicklung. Das Gehör- und Gleichgewichtsorgan etwa entwickelt sich im Gegensatz dazu aus plattenförmigen Verdickungen (Placoden) des Ektoderms. Ăhnlich verhĂ€lt es sich mit den Geschmacksknospen. Die Gruppe der sich entwickelnden zuletzt genannten Sinneszellen geben ihre Erregungen an die Aufzweigungen des peripheren Neuriten einer Ganglienzelle weiter.
Zum sensorischen System dagegen gehören sensorische Neurone nicht nur als Empfangseinrichtungen des Riech- und Sehapparats, sondern auch die nicht als Nervenzellen anzusehenden eigenen Rezeptoren des ĂŒbrigen Sinnessystems als Empfangseinrichtungen fĂŒr sensorische Reize. Weiter gehören dazu die sensorischen Neurone (Ganglienzellen, Interneurone) als Leitapparat und die verschiedenen sensorischen Zentren der Hirnbasis, des limbischen Systems und der Hirnrinde als Endstationen spezifischer Reizaufnahme.
Einige weitere Termini Bearbeiten
AuĂerdem wird der Begriff sensorisch in folgenden Zusammensetzungen gebraucht:
- Sensorisch-tonisches Feld ist die möglicherweise erblich determinierte relativ enge Beziehung zwischen Wahrnehmung und Motorik (bzw. Muskeltonus) bei den sensorischen Feldern der GroĂhirnrinde in Analogie zu dieser nĂ€mlichen Beziehung im RĂŒckenmark. Beispiel: Das Blickfeld der Augen entspricht dem Bewegungsfeld der Arme. Dem sensorischen Sprachzentrum entspricht ein motorisches.
- Sensorische Integration ist die Koordination unterschiedlicher Sinnesdaten.
- Sensorisches GedĂ€chtnis ist die meist nur kurzfristige Erinnerungsdauer fĂŒr SinneseindrĂŒcke ohne subjektiv erkennbare Bedeutung.
- Sensorische Adaptation vermindert die Reaktionsbereitschaft eines sensorischen Systems bei lÀnger anhaltendem Input von Reizen.
Sensorium Bearbeiten
Die individuellen, sensorischen Reizverarbeitungen, wie sie in den peripheren Sinnesapparaten und dem Empfindungsvermögen der verschiedenen Hirnregionen geleistet werden, sind im Begriff des Bewusstseins zusammengefasst.
Dieser Begriff schlieĂt die Bedeutung eines Gewissens in sich ein als vereinheitlichende Wortbildung âverschiedener Wahrnehmungen und Erfahrungenâ, nĂ€mlich insbesondere durch die PrĂ€fixbildung Ge⊠- vgl. GebĂŒsch, Gebiss, Gebirge â als zusammenfĂŒgendes âMitwissenâ oder als orientierte Zusammenschau bewusster âErlebnisseâ.
Ăhnlich wie bei der Wortbildung âGefĂŒhlâ besitzt âGewissenâ auch eine moralisch-religiöse Nebenbedeutung. Auch die lateinische Bezeichnung conscientia trĂ€gt dieser Sichtweise Rechnung.
In Ă€hnlicher Art und Weise hat auch die griechische Philosophie diese Auffassung mit Begriffen wie altgriechisch ÏÏ ÎœÎ”ÎŻÎŽÎ·ÏÎčÏ syneĂdÄsis, deutsch âMiterscheinung, Mitbild, Mitwissenâ bei den Stoikern und altgriechisch ÏÏ ÎœÎ±ÎŻÏΞηÏÎčÏ synaĂsthÄsis, deutsch âMitwahrnehmung, Mitempfindungâ bei Plotin vertreten.
Einzelnachweise Bearbeiten
- â Philip G. Zimbardo, Richard J. Gerrig: Psychologie. Pearson, Hallbergmoos bei MĂŒnchen 2008, ISBN 978-3-8273-7275-8; (a) S. 76 â zu Stw. âSensorische Neuroneâ; (b) S. 236 â zu Stw. âSensorisches GedĂ€chtnisâ; (c) S. 116 â zu Stw. âSensorische Adaptationâ.
- â Herbert Volkmann (Hrsg.): Guttmanns Medizinische Terminologie. Ableitung und ErklĂ€rung der gebrĂ€uchlichsten FachausdrĂŒcke aller Zweige der Medizin und ihrer Hilfswissenschaften. Urban & Schwarzenberg, Berlin 1939; (a) Sp. 880 â zu Lexikon-Lemma: âsensorischâ; (b) Sp. 880 â zu Lexikon-Lemma: âSensoriumâ.
- â sensorisch. In: Norbert Boss (Hrsg.): Roche Lexikon Medizin. 2. Auflage. Hoffmann-La Roche AG und Urban & Schwarzenberg, MĂŒnchen 1987, ISBN 3-541-13191-8, S. 1565, gesundheit.de/roche
- â Zetkin-Schaldach: Wörterbuch der Medizin. dtv, MĂŒnchen / Georg Thieme, Stuttgart 1980, ISBN 3-423-03029-1 (dtv) und ISBN 3-13-382206-3 (Thieme); (a) S. 1288 â zu Wb.-Lemma âSensibilitĂ€tâ; (b) S. 1288 â zu Wb.-Lemma âsensibelâ, 1. sensible Nerven.
- â Hermann Voss, Robert Herrlinger: Taschenbuch der Anatomie. Band 3: Nervensystem, Sinnessystem, Hautsystem, Inkretsystem. 12. Auflage. VEB-Gustav-Fischer, Jena 1964; (a) S. 2 f. - zu Kap. I. âAufbau, Bauplan, Einteilungâ; (b) S. 208 â zu Kap. II. âDas Sinnessystemâ, (c+d) S. 208 f. - zu Stw. âSchema der Reizleitung in einem Sinnesorganâ.
- â Willibald Pschyrembel: Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. 154.â184. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1964; (a+b) S. 802 â zu Wb.-Lemma âSensibilitĂ€tâ; (c) S. 742 â zu Wb.-Lemma âReflexâ.
- â Nicht perzeptive Afferenzen (z. B. Pressorezeptoren des Carotissinus). In: Herbert Hensel: Allgemeine Sinnesphysiologie: Hautsinne, Geschmack, Geruch. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1966, S. 65 ff.
- Hermann Triepel: Die Anatomischen Namen. Ihre Ableitung und Aussprache. 26. Auflage. Verlag von J. F. Bergmann, MĂŒnchen 1962, bearbeitet von Robert Herrlinger; S. 66 â zu den Lemmata âsensibilisâ und âsensoriusâ.
- â Alfred Benninghoff, Kurt Goerttler: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 7. Auflage. Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller ZusammenhĂ€nge. Band 3: Nervensystem, Haut und Sinnesorgane. Urban & Schwarzenberg, MĂŒnchen, 1964; (a) siehe Buchtitel; (b) S. 410 â zu Stw. âHilfsapparateâ; (c) S. 411 â zu Stw. âOberflĂ€chensensibilitĂ€tâ; (d) S. 411 â zu Stw. âBlickfeld der Augenâ.
- â Wilhelm Karl Arnold et al. (Hrsg.): Lexikon der Psychologie. BechtermĂŒnz, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-508-8; (a) Sp. 1911 f. - zu Lex.-Lemma: âRezeptorâ; (b) Sp. 2041 - zu Lex.-Lemma: âSensorischâ; (c) Sp. 494 f. - zu Lex.-Lemmata: âErkennenâ, âErkenntnistheorieâ.
- â Peter R. HofstĂ€tter (Hrsg.): Psychologie. Das Fischer Lexikon. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-436-01159-2; (a) S. 174 ff. - zu Kap. âHautsinneâ; (b) S. 284 f. zu Kap. âReiz und Reaktionâ; (c) S. 349 â zu Kap. âWahrnehmungstheorieâ; (d) S. 85 â zu Kap. âBewusstseinâ.
- â Hermann Rein, Max Schneider: EinfĂŒhrung in die Physiologie des Menschen. 15. Auflage. Springer, Berlin, 1964; S. 673 ff. - zu Stw. âTiefensensibilitĂ€tâ.
- René A. Spitz: Vom SÀugling zum Kleinkind. Naturgeschichte der Mutter-Kind-Beziehungen im ersten Lebensjahr. 11. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 1996.
- Sven Olaf Hoffmann, G. Hochapfel: Neurosenlehre, Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin. CompactLehrbuch. 6. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2003, ISBN 3-7945-1960-4; S. 33 â zu Stw. âOrgane primitiver Wahrnehmungâ.
- Robert F. Schmidt (Hrsg.): GrundriĂ der Neurophysiologie. 3. Auflage. Springer, Berlin 1979, ISBN 3-540-07827-4; S. 108, 118 â zu Stw. âReflexbegriffâ.
- Sensorische Aphasie. In: Rudolf Degkwitz et al. (Hrsg.): Psychisch krank. EinfĂŒhrung in die Psychiatrie fĂŒr das klinische Studium. Urban & Schwarzenberg, MĂŒnchen 1982, ISBN 3-541-09911-9, S. 81.
- â Otto Grosser bearb. von Rolf Ortmann: GrundriĂ der Entwicklungsgeschichte des Menschen. 6. Auflage. Springer, Berlin 1966; (a) S. 92 â zu Stw. âRiechplacode, RiechgrĂŒbchenâ Abb. 95+96 und S. 96 zu Kap. âNasenhöhle mit Gesichts und Gauamenbildungâ; (b) S. 88 ff. - zu Kap. âSehorganâ; (c) S. 93 f. - zu Kap. âGehör- und Gleichgewichtsorganâ; (d) S. 93 f. - zu Kap. âGehör- und Gleichgewichtsorganâ.
- sensorisch-tonisches Feld. In: Jean Delay, Pierre Pichot: Medizinische Psychologie. Ăbersetzt und bearbeitet von Wolfgang Böcher. 4. Auflage. Georg Thieme-Verlag, Stuttgart 1973, S. 54.
- Sensorische Integration. In: Peter Duus: Neurologisch-topische Diagnostik. Anatomie, Physiologie, Klinik. 5. Auflage. Georg Thieme, Stuttgart 1990, ISBN 3-13-535805-4, S. 389 .
- Gewissen. In: GĂŒnther Drosdowski: Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache; Die Geschichte der deutschen Wörter und der Fremdwörter von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart. Band 7. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 1997, ISBN 3-411-20907-0, S. 241 f.