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Als Rezeptorzelle oder Rezeptor von lateinisch recipere aufnehmen empfangen Sensor oder Sensorzelle auch Sinneszelle wird in der Physiologie eine spezialisierte Zelle bezeichnet die bestimmte chemische oder physikalische Reize aus der Umgebung eines Korpers oder seinem Inneren aufnimmt und in eine neuronal vergleichbare Form uberfuhrt transduziert Sie gibt es so nur bei mehrzelligen Lebewesen mit Nervengewebe und dient als Sinneszelle der Wahrnehmung von ausseren oder inneren Veranderungen Exterozeption bzw Interozeption Sinneszellen konnen uber die Korperoberflache oder im Korperinneren verstreut liegen oder zu besonderen Sinnesorganen zusammengefasst sein 1 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Klassifikation 2 1 Nach dem adaquaten Reiz 2 2 Nach Membranpotentialsignalen 2 3 Nach neuronaler Zuordnungsform 2 4 Nach Lagebezug im Korper 2 5 Nach funktionellem System 2 6 Nach Wahrnehmungskonzept 3 Literatur 4 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenRezeptorzellen sind fur Anderungen von unterschiedlicher Energieform empfanglich und erlauben einem Organismus fur deren Veranderungen empfindlich zu werden In diesem Sinn erfullen sie bei einem Lebewesen eine dem Sensor in der Technik vergleichbare Funktion und uberfuhren Reize wie etwa Licht das auf die Netzhaut im Auge fallt in elektrische Signale neuronales Membranpotential Erst wenn diese Signale ans Gehirn weiter geleitet und dort verarbeitet werden konnen sie als Wahrnehmung der Umgebung interpretiert werden Die Sensitivitat fur bestimmte Reizformen hangt in den unterschiedlichen Typen der Rezeptorzellen von der Expression spezifischer molekularer Strukturen ab Es gibt auch Rezeptorzellen deren rezeptive Strukturen auf unterschiedliche Reizarten ansprechen beispielsweise sowohl physikalische Einflusse als auch chemische Verbindungen So aktiviert Menthol den Kalterezeptor TRPM8 auf der Haut und in der Schleimhaut und wird deshalb als kuhlend empfunden auch wenn diesem Sinneseindruck keine tatsachliche Temperaturanderung entspricht 2 Ahnlich kann Capsaicin ein in scharfem Paprika und Chili vorkommendes Alkaloid vom Schmerz bzw Thermorezeptor TRPV1 erkannt werden Als Folge davon wird die Substanz bzw das sie enthaltende Lebensmittel bei Genuss oder auch ausserlichem Kontakt mit der Haut als heiss bzw verbrennend wahrgenommen 3 Hiervon zu unterscheiden ist das Phanomen der Synasthesie bei der es erst im Gehirn zur Verknupfung von verschiedenen Sinnesmodalitaten kommt z B von Musik und Farben Eine Rezeptorzelle ist als Sinneszelle das erste Glied in der Signalkette unserer Sinne Zumeist ist sie auf spezielle Reizarten ausgelegt die durch die Expression bestimmter Rezeptor Gene im Verlauf der Zelldifferenzierung festgelegt werden und im Allgemeinen nicht mehr veranderbar sind Solche adaquaten Reize wandelt sie besonders empfindlich oberhalb einer gewissen Reizschwelle in ein Rezeptorpotential Geneneratorpotential als Signal um was aber von der Reizstarke bzw dessen zeitlicher Veranderung abhangig ist In einem zugeordneten 1 afferenten Neuron werden diese Generatorpotentiale abgebildet und losen wenn sie hier das jeweilige Schwellenpotential uberschreiten Aktionspotentiale aus die als neuronale Signale an das Zentralnervensystem ZNS weitergeleitet werden Zwischen der Reizaufnahme durch Sinneszellen und der sinnlichen Wahrnehmung von Empfindungen als erlebtes Ereignis ist zu unterscheiden Zum Beispiel wandeln Photorezeptoren in der Netzhaut des Auges Lichtreize in Signale um die an Neuronen weitergegeben miteinander verglichen und uber den Sehnerven an verschiedene Regionen des Gehirns geleitet werden Dort konnen anhand der ubermittelten Signale im Zwischenhirn Helligkeitsunterschiede nach Muster und Bewegungsrichtungen unterschieden werden zu Arealen des visuellen Cortex im Grosshirn projiziert werden sie fur die Aufarbeitung eines Seheindrucks interpretiert Kerngebieten des Mittelhirns zugeleitete Signale werden dafur gebraucht bewegte Muster mit reflektorischen Augenbewegungen zu beantworten oder plotzliche Helligkeitsunterschiede mit einer Pupillenverengung An Kerne des Hypothalamus geleitete retinale Signale sind fur die Synchronisation des Tag Nacht Rhythmus wichtig Der aussere Reiz oder Stimulus kann in all diesen Fallen der gleiche sein Veranderungen im Eintrag elektromagnetischer Energie Photonen Eine Sinneszelle nimmt also nicht Objekte wahr sondern Reize auf Reize sind Wirkungen die verschieden nach Art und Betrag der Energie auch andere Zellen treffen konnen doch in Sinneszellen verandern sie eine empfangliche zelleigene rezeptive Struktur beispielsweise ein Photopigment wie Rhodopsin Iodopsin oder Melanopsin in besonderer Weise Die erlittene Veranderung von Rezeptoren wird nun durch Zellvorgange zunachst nicht kompensiert sondern mit einem empfindlichen zellinternen sensitiven Prozess und beim Transduktionsprozess je meist erheblich verstarkt in ein Signal uberfuhrt das Nervenzellen mitteilbar ist das elektrische Signal eines veranderten Membranpotentials Sensorzellen konnen so Reize verschiedener Energieform aufnehmen Differenzen im Energieeintrag abbilden und diese in Veranderungen ihres Membranpotentials als Signal uberfuhren Transduktion Das so generierte analoge Rezeptorpotential wird von zugeordneten Nervenzellen als Generatorpotential aufgenommen und dann umgebildet in das digitale Aktionspotential Transformation Als Aktionspotentialserie leiten Nervenzellen ihre Erregung uber das Axon weiter und setzen sie an dessen Enden Synapsen in ein chemisches Signal um mit dem die Erregung auf weitere Zellen ubertragen werden kann Transmission Klassifikation BearbeitenRezeptorzellen konnen nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden Nach dem adaquaten Reiz Bearbeiten werden Rezeptoren zunachst unterschieden hinsichtlich der entsprechenden Energieform die sie reizt Chemorezeptoren werden durch chemische Reize angesprochen Dazu gehoren Geruchssinneszellen der Riechschleimhaut beim Menschen mehrere hundert nach Art ihres spezifischen Geruchsrezeptorproteins verschiedene Typen der insgesamt ca 10 Millionen Riechzellen so auch fur die olfaktorische Wahrnehmung zusatzliche Geruchsrezeptorzellen des Jacobson Organs beim Menschen in der Nasenschleimhaut nachgeburtlich verkummert mit besonderen Geruchsrezeptorprotein Typen insbesondere fur die Pheromonwahrnehmung oder akzessorische olfaktorische Wahrnehmung Geschmackssinneszellen der Mundschleimhaut beim Menschen vornehmlich in den Geschmackspapillen auf der Zunge funf sechs verschiedene Geschmacksrezeptorproteine insbesondere fur die gustatorische Wahrnehmung so auch bei dem Sinneseindruck eines sogenannten Geschmacks zentrale Chemorezeptoren in Hirnregionen beim Menschen im Markhirn fur CO2 Partialdruck und pH Wert der Liquorflussigkeit reflektorische Kreislauf und Atemregulation und in der Area postrema fur verschiedene toxische Metaboliten reflektorisches Erbrechen periphere Chemorezeptoren in grossen Blutgefassen so im Glomus caroticum fur den Partialdruck von Sauerstoff pO2 und Kohlendioxid pCO2 sowie den Sauregrad pH des Blutes intestinale Chemorezeptoren in der Schleimhaut von Speiserohre und oberem Magen Darm Trakt Osmorezeptoren als Rezeptoren fur die osmotische Konzentration extrazellularer Flussigkeit werden meist den Chemorezeptoren zugeordnet Sie kommen beispielsweise im Hypothalamus und in der Niere vor Photorezeptoren werden durch Lichtreize angesprochen Magnetorezeptoren werden durch Magnetfelder angesprochen Elektrorezeptoren werden durch elektrische Felder angesprochen Thermorezeptoren werden durch thermische Reize angesprochen Mechanorezeptoren werden durch mechanische Reize angesprochen Barorezeptoren sind Mechanorezeptoren die durch Druckunterschiede in arteriellen Blutgefassen angesprochen werden Nozizeptoren sind sensorische freie Nervenendigungen die bei einer Gewebeschadigung bzw Verletzung durch chemische thermische oder mechanische Einwirkung von Noxen gereizt werden und daraufhin elektrische Signale Aktionspotentiale bilden Nach Membranpotentialsignalen Bearbeiten konnen Sinneszellen im zeitlichen Verlauf verschieden auf einen konstanten Reiz antworten tonische auch dynamische Sinneszellen zeigen bei gleichbleibender Reizintensitat ein andauerndes gleiches Rezeptorpotential bzw eine konstante Signalfrequenz sie bilden damit den Reiz proportional dem Logarithmus der Reizstarke ab nach seiner Intensitat P Sensoren und adaptieren nur langsam phasische Sinneszellen zeigen bei gleichbleibender Reizintensitat ein fortlaufend verringertes Rezeptorpotential bzw abnehmende Signalfrequenz sie adaptieren rasch und bilden den Reiz differenzial ab nach der Geschwindigkeit der Intensitatsanderung D Sensoren bei unveranderter Intensitat fallt die Impulsfrequenz schliesslich auf Null phasisch tonische Sinneszellen zeigen bei gleichbleibender Reizintensitat eine etwa der Intensitat proportionale Antwort bei veranderter Reizintensitat ausserdem eine von der Geschwindigkeit der Intensitatsanderung abhangige Antwort PD Sensoren diesem Typ lassen sich die meisten Sinneszellen zuordnenSinneszellen von Schadeltieren generieren in der Regel ein Rezeptorpotential das einen Reiz als Depolarisation nach Intensitat und Dauer abbildet jedoch ihre Photorezeptoren werden durch Lichteintrag hyperpolarisiert Nach neuronaler Zuordnungsform Bearbeiten Aus dem Neuroektoderm gehen unter anderem Nervenzellen hervor die Sinneszellen werden beispielsweise die des Geruchssinns Diese werden als primare Sinneszellen bezeichnet da sie zugleich ein Sensor und das erste Neuron sind das Signale weiterleitet im Unterschied zu solchen die nur Sensor sind und mit dem ersten afferenten Neuron uber eine Synapse in Verbindung stehen als sogenannte sekundare Sinneszellen beispielsweise die des Geschmackssinns primare Sinneszellen sind Neuronen mit einem Axon Dazu gehoren neben den bereits genannten Riechzellen auch die Nozizeptoren als freie Nervenendigungen Ebenso sind verschiedene Mechanorezeptoren in Leibeswand und Eingeweiden primare Sinneszellen So etwa die spezialisierten Rezeptoren mit Nervenfasern die durch mechanische Reize wie Dehnung oder Druck erregt werden wie die Beruhrungsrezeptoren der Haut des Tastsinnes der Oberflachensensibilitat aber auch die Propriozeptoren in Muskeln Sehnen Bandern Gelenkkapseln und Gelenken des Kraftsinns und Stellungssinns der Tiefensensibilitat sekundare Sinneszellen generieren nicht selber Aktionspotentiale sondern haben mit dem ersten afferenten Neuron eine Synapse Dazu gehoren neben den oben genannten Geschmackszellen beispielsweise auch die Typ I Glomuszellen der Glomusorgane Auch die Sinneszellen des Gehorsinnes und des Gleichgewichtssinns in den Sinnesepithelien des Innenohrs die Haarzellen des Corti Organs in der Cochlea sowie die Haarzellen in den Cristae ampullares der drei Bogengangsorgane und den beiden Maculae der Makulaorgane ubertragen ihre Signale uber Synapsen auf dendritische Fortsatze der zugeordneten ersten afferenten Neuronen des VIII Hirnnerven Nervus vestibulocochlearis Anatomen und Physiologen gebrauchen nicht immer gleiche Definitionen fur primare Sinneszellen Beispielsweise sind die Photorezeptoren in der Retina anatomisch gesehen primare Sinneszellen da sie zugleich Nervenzellen sind und dem Neuroepithel entstammen Sinnesphysiologisch sind Sinneszellen primare wenn der Sensor zugleich eine Nervenzelle mit einem Axon ist und so das erste Neuron in einem afferenten System wie der Sehbahn darstellt befindet sich zwischen Sensor und afferenter Nervenfaser eine Synapse werden die Sinneszellen sekundare genannt Elektrophysiologisch wird fur den Begriff primare Sinneszelle neben der Transduktion des Reizes oft auch noch die Transformation des neuronalen Signals in Aktionspotentiale gefordert In diesem Sinn konnen Photorezeptoren dann gelegentlich auch als sekundare Sinneszelle angesprochen werden da sie selber noch kein Aktionspotential generieren sondern erst das dritte afferente Neuron die retinale Ganglienzelle Nach Lagebezug im Korper Bearbeiten konnen Rezeptorzellen auf ein zugrunde gelegtes Schema des Korpers bezogen unterschieden werden in somatische Sensoren an der ausseren Oberflache des Korpers oder dessen Leibeswand diese werden als somatosensible vornehmlich durch aussere Reize aus der Umgebung des Korpers verandert dazu zahlt beispielsweise die Hautsensibilitat viszerale Sensoren an den inneren Oberflachen des Korpers oder in seinen Eingeweiden diese werden als viszerosensible vornehmlich durch innere Reize in dem Korper als Umgebung verandert dazu zahlt beispielsweise die SchleimhautsensibilitatUber dieses grobe Schema hinaus sind auch feinere Unterscheidungen moglich mit Zuordnungen nach der Lage in Gewebeschichten oder in Regionen oder in einzelnen Organen Nach funktionellem System Bearbeiten sind Sinneszellen einem afferenten System unterschiedlicher Sinnesmodalitat zugehorig so sensorisch dem olfaktorischen System des Geruchssinnes uber die Riechbahn visuellen System des Gesichtssinnes uber die Sehbahn auditiven System des Gehorsinnes uber die Horbahn vestibularen System des Gleichgewichtssinnes uber die Gleichgewichtsnerven gustatorischen System des Geschmackssinnes uber die Geschmacksfasernsensibel dem protopathischen System fur Schmerz Temperatur und grobe Tastempfindungen epikritischen System fur feine Empfindungen des Tastsinnes propriozeptiven System fur Eigenempfindungen des Korpers von Muskeln Sehnen und Gelenken als Sinn fur Stellungen Bewegungen und eingesetzte KraftNach Wahrnehmungskonzept Bearbeiten Ein haufig bezogenes Konzept legt wahrgenommenen sinnlichen Empfindungen einen Raumbegriff fur den Korperbezug zugrunde der es beispielsweise erlaubt in der Wahrnehmung aussere Objekte zu scheiden von inneren beziehungsweise einer Aussenwelt oder einer Innenwelt zugehorig Damit kann unterschieden werden zwischen Exterozeption als der Wahrnehmung von Veranderungen ausserer Vorgange Interozeption als der Wahrnehmung von Veranderungen innerer VorgangeDavon zu unterscheiden ist jedoch das womit dieser Unterschied getroffen wird was also in diesem Bezug nach aussen hin angrenzt und abgrenzt und nach innen zu umfasst und einschliesst Auch fur diesen Korper im Raum und als Raum kann eine mehr oder weniger scharf umrissene Vorstellung gebildet werden ein Korperschema Doch wird der eigene Korper meist nicht als Objekt oder Gegenstand wahrgenommen sondern als Zustand gefuhlt als eigen empfunden als selber erlebt zum Leib der man auch ist In diesem Zusammenhang wird oft unterschieden zwischen Propriozeption als der Wahrnehmung von Orientierung Lage Stellung und Bewegung des Korpers im Raum mitsamt dem Empfinden fur Schwere Spannung Kraft und Geschwindigkeit Viszerozeption als der Wahrnehmung von Zustanden und Tatigkeiten innerer OrganeDie Viszerozeption wird auch als Enterozeption bezeichnet und in manchen Wahrnehmungskonzepten gleich der Interozeption gesetzt Andere Konzepte der Wahrnehmung fassen unter Interozeption sowohl die Enterozeption wie daneben auch die Propriozeption auf Literatur BearbeitenChristopher D Moyes Patricia M Schulte Tierphysiologie Pearson Studium 2010 ISBN 978 3 86894 124 1 Roger Eckert Raimund Apfelbach Tierphysiologie 4 Auflage Thieme Stuttgart 2002 ISBN 978 3 13 664004 3 Einzelnachweise Bearbeiten Stefan Silbernagl Agamemnon Despopoulos Taschenatlas Physiologie 8 Auflage Thieme Verlag 2012 ISBN 978 3 13 567708 8 S 330 D M Bautista u a The menthol receptor TRPM8 is the principal detector of environmental cold In Nature 448 2007 S 204 208 Story GM Crus Orengo L Feel the burn In American Scientist 95 Jahrgang Nr 4 Juli 2007 S 326 333 doi 10 1511 2007 66 326 Normdaten Sachbegriff GND 4049722 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rezeptorzelle amp oldid 231747551