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Mit Gnosis abgeleitet von altgriechisch gnῶsis gnō sis Er Kenntnis ist in der Neuropsychologie eine Fahigkeit gemeint mit der die Bedeutung von Gesehenem Gehortem oder Getastetem etc erkannt wird Diese Fahigkeit des Erkennens von sensorischen Reizen ist das Ergebnis integrativen neuronalen Verarbeitens von Erfahrungen zu einem Erleben bzw zu einem Erlebnis mit ganz konkreter individueller qualitativer Farbung oder Tonung Qualia 1 Inhaltsverzeichnis 1 Neuroanatomie 2 Beispiel Agnosie 2 1 Namensgebung der Agnosien 3 EinzelnachweiseNeuroanatomie BearbeitenNeuroanatomisch ist Gnosis ein Resultat der Tatigkeit sekundarer Sinneszentren Sie befinden sich in unmittelbarer Nahe der fur die Reizverarbeitung zustandigen primaren Zentren Gnostische Storungen der sekundaren Zentren werden als Seelenblindheit oder Seelentaubheit usw bezeichnet die der primaren Zentren als kortikale Blindheit oder Taubheit bzw als Rindenblindheit oder Rindentaubheit usw 1 Bereits hier stellt sich die kritische Frage nach der Rechtfertigung in der Abgrenzung solch unterschiedlich spezialisierter Zentren Handelt es sich um unterschiedliche elementare Fahigkeiten von Nervenzellen oder um ein spezielles organisches Zusammenwirken von Zellverbanden Die Problematik ist hier ahnlich dem Gegenstand der Neuronentheorie auf die in diesem Zusammenhang verwiesen werden muss Es handelt sich dabei nicht nur um die Frage ob die Gesamtheit der Grosshirnrinde beteiligt ist oder nur einzelne Zentren Es geht auch um das Zusammenwirken elementarer Teile des Gehirns der Neuronen etwa in neuronalen Netzen In der Praxis ist daher nicht auszugehen von einem reduktionistischen oder atomistischen d h rein naturwissenschaftlichen Standpunkt etwa im Sinne einer strengen Lokalisationslehre Bei diesen Bedenken spielen auch erkenntniskritische Uberlegungen eine Rolle wonach subjektive Faktoren eine ausschlaggebende Rolle spielen die einer objektiven Psychologie nicht oder nur schwer u a mit Hilfe von Introspektion zuganglich sind Es ist verstandlich dass aufgrund physiologischer Experimente gerade uber subjektive Funktionen wenig zu erfahren ist da der Experimentator genau das individuelle Verhalten oft als storende Abweichung von der Regel betrachtet 1 Beispiel Agnosie BearbeitenDas Problem der Lokalisation kann am Beispiel der Agnosien belegt werden d h beim evtl Verlust gnostischer Leistungen z B durch lokalisierbare cerebrale Blutungen oder Tumoren Nach den Grundlagen der Assoziationspsychologie wird Agnosie nicht als Ausfall der Zentren sondern als Leitungsstorung definiert Auf Paul Flechsig 1847 1929 geht die sog Flechsigsche Regel zuruck nach der nur Assoziationsfelder nicht dagegen primare Rindenareale durch Kommissurenfasern miteinander verbunden sind Primare und sekundare Zentren sind so voneinander anatomisch unterscheidbar Diese Regel ist Voraussetzung einer eher begrifflichen und vorwiegend theoretischen vielfaltigen Abgrenzung zwischen unterschiedlich lokalisierten Zentren und den sie jeweils verbindenden nervosen Leitungsbahnen Dabei werden Zentren punktformig als Kreuzung zwischen entsprechenden nervosen Leitungsbahnen angesehen 2 Solche rein theoretische Schemata aus denen vielfaltige Moglichkeiten der Schadigung abgelesen werden konnen sind etwa das Lichtheim Schema 1884 und das Liepmann Schema 1908 Sie werden als klassische Aphasielehren bezeichnet und beruhen auf der Unterscheidung von Schadigungen der Zentren der Hirnrinde oder der entsprechenden Bahnen In dieser Ausschliesslichkeit von Schadigungstypen werden diese Lehren heute nicht mehr anerkannt 3 4 Kritik ist deshalb angebracht weil Zentren nicht punktformig sind und raumlich lokalisierbare Krankheitsprozesse vielfach auch zugleich die Zentren betreffen Andererseits besteht klinisch haufig der Anschein dass bei neuropsychologischen Krankheitsprozessen Funktionen nur teilweise ausfallen und somit der Eindruck intakter Zentren nur scheinbar besteht Dies hangt oft auch damit zusammen dass infolge einer Storung oder infolge des Ausfalls eines Zentrums die ubrigen raumlich weiter entfernten aber funktionell mitbeteiligten Zentren infolge der umschriebenen Lokalisation der Storung nicht betroffen sind und den Ausfall teilweise kompensieren 2 Dies aber ist der Ansatzpunkt einer von der Gestaltpsychologie vorgetragenen Kritik die von einer Feldtheorie ausgeht Die aufgrund der Assoziationspsychologie gebildeten Schemata vielfaltiger Storungsmuster sind heute eher von theoretischem und didaktischem Interesse und entsprechen in ihren Abgrenzungen und Unterscheidungen oft nicht den klinisch beobachtbaren Fallen Hierbei namlich bleibt das vielfaltige und oft nur schwer nachweisbare Zusammenwirken unterschiedlicher Zentren bzw Hirnabschnitte unberucksichtigt So ist z B darauf zu achten dass bei sogenannten Agnosien oft auch Benennungsstorungen auftreten Agnosien sind somit oft auch mit Apraxien verbunden Der Kranke hat zwar die entsprechende Kenntnis kann sie aber nicht mitteilen Zu diesen klinischen Schwierigkeiten kommt auch die Tatsache dass tertiare Zentren bei der experimentellen Reizung keine eindeutigen Wirkungen und Erfolge zeigen Sie wurden daher fruher als stumm bezeichnet 2 1 Namensgebung der Agnosien Bearbeiten Der Begriff Agnosie wurde 1891 von Sigmund Freud 1856 1939 eingefuhrt 5 Freud verstand in seiner neuropathologischen Arbeit unter Agnosie nicht eine Leitungsstorung sondern den Ausfall der primaren und sekundaren Zentren Durchgesetzt hat sich jedoch die Auffassung von Heinrich Lissauer 1861 1891 Er beschrieb ein Jahr fruher im Jahr 1890 einen Fall von Seelenblindheit bei dem lediglich die hoheren Funktionen des Erkennens gestort waren nicht das Sehen selbst da der Patient ihm vorgelegte Gegenstande zwar nicht richtig begrifflich bezeichnen aber annahernd richtig beschreiben konnte Beispiel Eine Kaffeetasse wird als Trinkding beschrieben 6 Als Abarognosis wird die Unfahigkeit bezeichnet das Gewicht zu schatzen Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Alfred Benninghoff und Kurt Goerttler Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Bd Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 71964 S 292 ff zu Stw Gnosis a b c Klaus Poeck Neurologie Springer Berlin 81992 ISBN 3 540 53810 0 S 142 zu Stw Flechsigsche Regel Uwe Henrik Peters Worterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie Urban amp Schwarzenberg Munchen 31984 S 43 f zu Lemma klassische Aphasielehre Karl Jaspers Allgemeine Psychopathologie Springer Berlin 91973 ISBN 3 540 03340 8 S 143 f 168 ff zu Stw Agnosie Sigmund Freud Zur Auffassung der Aphasien Eine kritische Studie Deuticke Wien Leipzig 1891 Heinrich Lissauer Ein Fall von Seelenblindheit nebst einem Beitrag zur Theorie derselben In Archiv fur Psychiatrie und Nervenkrankheiten Jg 21 1890 S 222 270 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gnosis Neuropsychologie amp oldid 197008492