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Der Assoziationskortex ist der Teil des Grosshirns der nicht den primaren Projektionsfeldern zugeordnet werden kann Entgegen fruheren Definitionen dient der Assoziationskortex als sog unspezifischer Cortex nicht nur als Verbindung zwischen primaren Projektionszentren dem sog spezifischen Cortex als Apparat mit cortico corticalen Faserverbindungen sondern unterhalt auch ruckgekoppelte Verbindungen zu tiefer gelegenen Kernen des Thalamus oder des limbischen Systems 1 Inhaltsverzeichnis 1 Topographische Einteilung 2 Funktionelle Einteilung 3 Histologie 4 Grundbegriff der funktionellen Neuroanatomie 5 Topographie 5 1 Frontaler Assoziationskortex 5 2 Limbischer Assoziationskortex 5 3 Parietaler Assoziationskortex 6 Klinische Relevanz 7 Biologische Relevanz 8 Siehe auch 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseTopographische Einteilung BearbeitenMan unterteilt den Assoziationskortex in einen frontalen Assoziationskortex Brodmann Areae 9 12 46 47 limbischen Assoziationskortex Brodmann Areae 28 34 parieto temporo okzipitalen oder nur kurz parietalen Assoziationskortex Brodmann Areae 5 7 37 39 40 somatosensiblen Assoziationskortex Brodmann Area 5 und 7 als Untergliederung des parieto temporo occipitalen Assoziationskortex Funktionelle Einteilung Bearbeiten nbsp Abb 1 Myelinisierungsstadien des Gehirns nach Paul Flechsig Die dunklen Areale werden fruh die hellgrauen spater und die weissen z T erst wahrend der Pubertat myelinisiert Man unterscheidet ferner zwischen sekundaren und tertiaren Assoziationsgebieten In den sekundaren Assoziationsgebieten erfolgt die Integration der jeweiligen einzelnen Sinnesleistungen in den tertiaren Assoziationszentren erfolgt dagegen die Integration zwischen allen Sinnesleistungen uberhaupt Einzelne Sinnesleistungen werden von den jeweiligen Zentren der einzelnen Sinnesmodalitaten erbracht d h von den jeweils spezifischen primar sensorischen Rindenfeldern in Verbindung mit den sekundaren Assoziationszentren Tertiare Assoziationszentren verarbeiten die Ergebnisse aller umliegenden sekundaren Zentren Ein solches tertiares Zentrum findet sich z B in der Ubergangsregionen zwischen sekundaren visuellen auditiven taktilen bzw kinasthetischen Assoziationsgebieten der Brodmann Area 39 und 40 wahrscheinlich auch der Area 37 Unter der Tatigkeit dieses tertiaren Zentrums kann man die hochsten Formen menschlichen Wahrnehmens und Erkennens vermuten Die Ruckkopplung zu den Kernen des Thalamus dient dem Abgleich mit bereits fruher gemachten Erfahrungen Elektrophysiologisch besteht bei den sekundaren Assoziationsgebieten die Moglichkeit einer Differenzierung mit Hilfe sog sekundarer Potentiale Man kann sie jedoch elektrophysiologisch keinem bestimmten Sinnesorgan zuordnen 2 Die topographische und funktionelle Einteilung der primaren sekundaren und tertiaren Zentren entspricht in etwa den verschiedenen Stadien der Myelinisierung siehe auch Abb 1 Bei den dunkel belegten Bereichen handelt es sich um die primaren sensorischen oder motorischen Zentren bei den hellgrau belegten um die sekundaren und bei den weissen Feldern um die tertiaren Zentren Die Entwicklung des Neocortex ist weitgehend auf die Entfaltung assoziativer Areale zuruckzufuhren die beim Menschen gegenuber den Wirbeltieren am starksten ausgebildet sind 3 Im Bereich des Frontalhirns sind anstelle tertiarer Assoziationsgebiete eine Reihe psychischer Ausfallserscheinungen als hirnlokale Psychosyndrome infolge frontal lokalisierbarer Zerstorungen beschrieben worden vgl Kap 5 1 Frontaler Assoziationskortex 4 5 Der neuronale Aufbau und die Faserverbindungen des frontalen Assoziationsfelds entsprechen den doppellaufigen Verbindungen der bereits genannten parieto temporo occipitalen Ubergangsregionen zum Thalamus Das pramotorische Gebiet Areae 6 und 8 wird zytoarchitektonisch bei allerdings deutlichen Unterschieden zur primaren Rinde noch zu den Projektionsgebieten gerechnet enthalt aber wie bereits als typisch fur die Assoziationsgebiete dargestellt doppellaufige Verbindungen zum Thalamus Zytoarchitektonisch fehlen gegenuber der Area 4 der primar motorischen Rinde auch die Betzschen Riesenzellen 2 Storungen der parieto temporo occipitalen Assoziationsfelder fuhren zu den verschiedenen Neuropsychologischen Syndromen wie z B Storungen des Korperschemas Histologie BearbeitenDer histologische Aufbau ist sechsschichtig Im Vergleich zu dem primar motorischen Kortex vergrosserte Schicht V viele Efferenzen und dem primar sensorischen Kortex vergrosserte Schicht IV viele Afferenzen besitzen die Assoziationskortexe eine ausgepragte Schicht III mit vielen Assoziationsfasern d h Fasern welche die Rindenzentren untereinander verbinden Grundbegriff der funktionellen Neuroanatomie BearbeitenNeben Grundbegriffen der aufsteigenden afferenten und absteigenden efferenten Nervenbahnen vgl spezifisch sensorischer Cortex und spezifisch motorischer Cortex bzw sensomotorischer Cortex hat sich das Konzept des Assoziationskortex als heuristisch bzw als bahnbrechend fur die Forschung in der Neurophysiologie erwiesen Nicht alle Areale der Grosshirnrinde konnen aufgrund dieser Einteilung in spezifisch sensorische oder spezifisch motorische Bereiche eingeordnet werden Die nicht als spezifisch einzuordnenden Hirnareale werden daher als unspezifischer Cortex oder als Zwischenschicht bzw als Ubergangsregion z B Brodmann Area 39 40 bezeichnet 3 6 7 Diese Bezeichnungen gehen von der Vorstellung des Reflexbogens aus Da die Funktion eines Reflexbogens mehr oder weniger automatisch ablauft ist die aufmerksame und bewusste Verarbeitung von Reizen bei hoheren Lebewesen an die Existenz einer dritten Gruppe von Nervenzellen gebunden Musterbeispiel fur diese Art von neuronaler Verarbeitung ist die Frage der Entscheidung etwa die zwischen Sauerkraut S und Vanillesosse V Beides schmeckt bekanntlich nicht zusammen Dies ist bekanntlich eine logisch exklusive ODER Verknupfung XOR Solche Entscheidungen konnen wenn beide Varianten gleichmassig appetitfordernd sind durch ein zweischichtiges Netzwerk nicht gelost werden Hier ist ein sog dreischichtiges Netzwerk erforderlich 8 Neben der Reprasentation beider Varianten also von S und V ist eine dritte Afferenz im Sinne eines weiteren Inputs zur Entscheidungsfindung erforderlich Ein zweischichtiges Netzwerk besteht dagegen aus einer festen und direkten stets gleichformigen Verschaltung zwischen Eingabe Input und Ausgabe Output Variationsmoglichkeiten bestehen nur im Sinne einer logischen Ja Nein Verknupfung Entweder wird der eingehende Reiz weitergeleitet oder nicht wie dies z B bei einem monosynaptischen Reflex uber die Verschaltung des Reflexbogens geschieht Eingabe und Ausgabe erfolgen hier uber sensible und motorische Neuronen Praktisches Beispiel Beim Anfassen einer heissen Herdplatte ist ein nur zweischichtiges Input Outputsystem ausreichend Ab einem bestimmten Grad der Hitze ist das Wegziehen der Hand die einzig sinnvolle Alternative Der unspezifische Cortex nimmt beim Menschen aber auch schon beim Menschenaffen deutlich mehr Raum ein als der spezifische Dies unterstreicht die Bedeutung des Assoziationskortex Die Bezeichnung geht auf traditionsreiche Assoziationsexperimente in der Psychologie zuruck Einer alteren Definition folgend verbinden Projektionsbahnen die primaren Zentren einer Hemisphare als spezifische Leistungstrager mit afferenten oder efferenten nicht notwendig efferent motorischen Fasern Assoziationsbahnen dagegen erbringen als unspezifisches System Hilfestellungen als Vermittlung zwischen diesen spezifischen Zentren Dies ware aber zu vereinfacht da mit jeder Stufe der Integration neue Arten von Leistungen entstehen Es gibt hier also bestimmte Integrationsstufen oder Integrationsgrade Der extrapyramidale Cortex entlastet nicht nur die Pyramidenbahn sondern macht ihre Tatigkeit uberflussig sobald z B ein bestimmter Bewegungsablauf erlernt ist Dies kann man auch als Antagonismus auffassen Die Leistungen des spezifischen Cortex konnen nicht nur im Sinne eines spezifischen Input Output Systems wie vorstehend beschrieben verstanden werden Vielmehr handelt es sich um vielfach integrierte Funktionseinheiten nach dem Konzept des Moduls in der Nachrichtentechnik 6 Topographie BearbeitenFrontaler Assoziationskortex Bearbeiten Der frontale Assoziationkortex wird vom Stirnhirn gebildet und liegt vor dem supplementar motorischen Kortex Vereinfacht kann man ihn als den Sitz der Personlichkeit bezeichnen Die operative Entfernung des frontalen Assoziationskortex wird als Lobektomie bezeichnet Modellpatient ist der US amerikanische Sprengmeister Phineas Gage der durch einen Sprengunfall einen Bolzen durch den frontalen Kortex bekommen hatte Er hatte weder eine verminderte Intelligenz noch Lernprobleme im Vergleich zum Amnesie Patienten mit Entfernung der Temporallappen Allerdings hatte sich seine Personlichkeit verandert Er war danach unzuverlassig vulgar und emotional instabil Limbischer Assoziationskortex Bearbeiten Entorhinal gesprochen und falls notig getrennt ento rhinal kommt von griechisch entos innen und rinos Nase Dem limbischen Assoziationkortex schreibt man eine grosse Rolle beim Prozess des Lernens sowie des Wiedererkennens hauptsachlich von Gesichtern aber auch charakteristischen Eigenschaften zu Als wichtiges Assoziationsgebiet wird hier die Regio entorhinalis vermutet Sie befindet sich lateral vom Hippocampus im Bereich des Gyrus parahippocampalis Diese entspricht Area 28 Area entorhinalis ventralis und Area 34 Area entorhinalis dorsalis nach Brodmann Es bestehen eine Vielfalt von konvergenten Faserverlaufen olfaktorischer somatosensorischer visueller auditorischer und motorischer Art die von hier zum Hippocampus weitergeleitet werden und von dort zum limbischen System Nach Auffassung von Heiko Braak und E Braak u a erfullt die Regio entorhinalis die Funktion eines multimodalen Assoziationszentrums Dies sei ein fur das Gedachtnis ausserordentlich wichtiges Bindeglied Nur die Zusammenarbeit zwischen Allocortex und Isocortex garantiere den Verbleib im Gedachtnis 2 Beispielsweise ist es Aufgabe des Limbischen Assoziationkortex eine Handschrift zu erkennen und sie einer Person zuzuordnen nicht jedoch das Geschriebene zu lesen Parietaler Assoziationskortex Bearbeiten Hauptartikel Parietaler Assoziationscortex Der parietale Assoziationskortex ist von allen am besten untersucht Er weist das grosste Mass an Seitenasymmetrie auf Er ist verantwortlich fur das Neglect Syndrom bei der die Patienten die linke Seite ihrer Welt ignorieren Funktionell kann man den parietalen Kortex wie folgt einteilen linker Assoziationskortex rechter AssoziationskortexReprasentation des rechten Gesichtsfeldes Reprasentation des linken Gesichtsfeldeslexikale Sprache emotionale SprachtonungSchreiben raumliche OrientierungSprechen abstraktes raumliches Denkenlogisch abstraktes Denken Neglectobjektiv subjektivDabei sollte man immer beachten dass diese Einteilungen sehr akademisch sind und nicht streng betrachtet werden durfen Viel mehr werden praferentielle Phanomene beschrieben die sich aus den Beobachtungen ergeben die man an Patienten mit bestimmten Funktionsausfallen gemacht hat Klinische Relevanz BearbeitenEs ergeben sich viele Krankheiten die mit dem Assoziationskortex in Verbindung stehen Ein wichtiges Beispiel sind die so genannten Split Brain Patienten Ihnen wurde wegen einer generalisierten Epilepsie das Corpus callosum durchtrennt Kallosotomie so dass die beiden Hemispharen nicht mehr miteinander kommunizieren konnten Aufgrund der funktionellen Asymmetrie konnten sie Gegenstande die nicht gesehen und nur mit der linken Hand ertastet wurden diese wird in der rechten Hemisphare reprasentiert nicht mehr verbal benennen da das Sprachzentrum in der linken Hemisphare liegt Dabei wurden die Gegenstande durchaus erkannt und konnten richtig benutzt werden Dies bezeichnet man als Diskonnektionssyndrom Biologische Relevanz Bearbeiten nbsp Animation der Zentralen FeldtheorieDie Differenzierung zwischen Assoziationsfeldern und Projektionsfeldern ist als biologisch sinnvoll anzusehen Projektionsfelder stellen die Orte der primaren Rinde und Assoziationsfelder die Orte der sekundaren und tertiaren Rinde dar Assoziationsfelder und Projektionsfelder wurden auch durch Begriffe wie unspezifischer Cortex und spezifischer Cortex voneinander unterschieden Weshalb es als sinnvoll anzusehen ist dass nicht der gesamte Cortex als einheitliche Schaltzentrale auch konsequenterweise als einheitlich hochspezialisiert anzusehen ist ergibt sich aus der Feldtheorie Die Gultigkeit dieser Theorie auch fur belebte Organismen ergibt sich aus der Anwendbarkeit physiologischer Prinzipien auf die Organisation der Nervenzellen ist also ein Grundsatz der Neurophysiologie und Psychophysiologie Fur diese raumlichen Prinzipien spricht u a auch die Bestatigung der vektoriellen Arbeitsweise von Nervenzellen der Grosshirnrinde 3 Besser verstandlich wird dieses Organisationsprinzip der Kombination von spezialisierten und weniger spezialisierten Nervenzellen durch technische Anwendungen dieses Prinzips wie zum Beispiel beim System der zentralen Orte 9 Siehe auch BearbeitenAgnosie Apraxie Ataxie Korperschema Korperschema und tertiare Assoziationsfelder Motorcortex Pramotorische Rinde PMA PM PMC Motorcortex und pramotorische Rinde einschliesslich supplementar motorischer Rinde als Grenzgebiet der primar motorischen Rinde zu sekundaren AssoziationsfeldernWeblinks BearbeitenTertiare Assoziationsfelder Spektrum Akademischer VerlagEinzelnachweise Bearbeiten Norbert Boss Hrsg Roche Lexikon Medizin Hoffmann La Roche AG und Urban amp Schwarzenberg Munchen 2 1987 ISBN 3 541 13191 8 Stw Assoziationsfelder Seite 125 a b c Peter Duus Neurologisch topische Diagnostik Anatomie Physiologie Klinik Georg Thieme Verlag Stuttgart 5 1990 ISBN 3 13 535805 4 Seite 387 ff a 383 f b 275 c a b c Manfred Spitzer Geist im Netz Modelle fur Lernen Denken und Handeln Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 Seiten 195 f a 125 ff b 92 ff Karl Kleist Gehirnpathologie In Handbuch der arztlichen Erfahrungen im Weltkrieg 1914 18 Bd IV Barth Leipzig 1922 1934 Siehe dort das von Kleist beschriebene Syndrom der Konvexitat der Prafrontalregion Leonore Welt Uber Charakterveranderungen des Menschen infolge von Lasionen des Stirnhirns Dtsch Arch klin Med 1888 42 339 390 Unter diesem organischen Schadigungsmuster sind Syndrome bei doppelseitiger Schadigung der Orbitalhirnrinde zusammenzufassen z B infolge von Contusionen a b Robert F Schmidt Hrsg Grundriss der Neurophysiologie Springer Berlin 3 Auflage 1979 ISBN 3 540 07827 4 Seite 281 a 282 b Walter Siegenthaler Klinische Pathophysiologie Georg Thieme Verlag Stuttgart 1970 Seite 922 f Kap Agnosie und Apraxie Marvin Minsky und Seymour Papert Perceptions 1969 1988 In J A Anderson und E Rosenfeld Hrsg Neurocomputing MIT Press Cambridge MA Seite 157 169 Phil Hubbard Gill Valentine et al Key Texts in Human Geography A Reader Guide TJ International Padstow Cornwall England ISBN 978 1 4129 2260 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Assoziationskortex amp oldid 231127460