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Seleukeia Ktesiphon arabisch المدائن DMG al Madaʾin die Stadte in aramaischen und hebraischen Quellen Mahuza Maḥōze mit gleicher Bedeutung war eine Doppelstadt in Mesopotamien die aus den zusammenwachsenden Stadten Seleukeia am Tigris heute Tell ʿUmar und Ktesiphon persisch تيسفون Tisfun gebildet wurde Mit der Zeit lagerten sich weitere Stadtteile wie etwa Veh Ardaschir Veh Ardasir griechisch auch Seleukeia an Archaologische Karte von Seleukeia KtesiphonDie Stadt bestand etwa vom 4 Jahrhundert v Chr bis in das 8 Jahrhundert n Chr Die Doppelmetropole war bereits unter den Seleukiden bedeutend bevor sie anschliessend die Hauptresidenz der Arsakiden Partherreich und der Sassaniden wurde In der Spatantike war sie das Zentrum des ostsyrischen oder chaldaischen Christentums aus dem die Assyrische Kirche des Ostens hervorgegangen ist Die Uberreste von Seleukeia Ktesiphon befinden sich ca 30 km sudostlich der heutigen irakischen Hauptstadt Bagdad Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Seleukeia 1 2 Ktesiphon 2 Ausgrabungen 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenGeschichte BearbeitenSeleukeia Bearbeiten nbsp Die Statue des Herakles aus Seleukeia wurde 151 erbeutet und aufgestellt Seleukeia am Tigris griechisch Seleykeia am rechten Ufer des Flusses Tigris gelegen wurde um 305 v Chr von Seleukos I nahe der alten Stadt Opis gegrundet und neben Antiochia am Orontes zur Hauptresidenz des Seleukidenreiches erhoben In der Neugrundung wurden Griechen und Makedonen angesiedelt in den ersten Jahrzehnten blieb das Burgerrecht der Stadt weitgehend auf diese beschrankt Im 2 Jahrhundert v Chr geriet der Ort unter parthische Herrschaft Die Stadt wird unter anderem von Tacitus Annalen 6 42 und Plinius dem Alteren beschrieben Tacitus bemerkte vor allem dass Seleukeia eine machtige mit Mauern geschutzte griechische Stadt sei 300 Burger der Stadt bildeten einen Rat boulḗ griechischen Typs siehe Polis dem eine Volksversammlung ekklesia gegenuberstand hinzu kamen jahrlich wechselnde Beamte Dies anderte sich zunachst auch nach der parthischen Eroberung nicht Die Stadt blieb weitgehend griechisch gepragt und bluhte aufgrund der gunstigen Lage noch weiter auf Die Bevolkerung soll in die Hunderttausende gegangen sein wobei dort neben Griechen und Makedonen bald vor allem Juden und Syrer lebten spater auch zunehmend Iraner Es kam aber auch immer wieder zu Unruhen besonders nachdem die arsakidischen Partherkonige die nicht in Seleukeia sondern in Ktesiphon residierten in der Nachbarschaft von Seleukeia Vologesias gegrundet hatten und forderten Konig Artabanos II griff dann 38 n Chr offenbar erheblich in die Selbstverwaltung der Stadt ein nachdem Seleukeia seinen Rivalen Tiridates III unterstutzt hatte siehe unten auch wenn die Polis nominell ihre Autonomie behielt Im spateren 1 Jahrhundert n Chr verlor die Stadt dann offenbar zusehends ihren griechischen Charakter und wandelte sich zu einer weitgehend parthischen Stadt Seleukeia war unter anderem der Geburtsort des Diogenes von Babylon und des Seleukos von Seleukeia Im Herbst 165 n Chr wurde Seleukeia von romischen Truppen unter dem Kommando des Avidius Cassius gesturmt und geplundert was das definitive Ende fur das einstige Zentrum des Hellenismus in Mesopotamien bedeutete Septimius Severus fand auf seinem Partherfeldzug gut 30 Jahre spater die Reste der Stadt praktisch unverteidigt vor dennoch wurden in der Stadt noch zur Zeit Vologaeses VI V Munzen gepragt Der Schwerpunkt verlagerte sich nun aber endgultig auf das andere Flussufer nach Ktesiphon Ktesiphon Bearbeiten Die Herkunft des rein griechischen Namens Ktesiphon Kthsifῶn ist unklar es ist eigentlich ein Personenname aber evtl eine Verballhornung eines lokalen Toponyms Der Ort befand sich ca 35 km sudostlich vom heutigen Bagdad am linken Ufer des Tigris direkt gegenuber von Seleukeia siehe oben Er lag an einer wichtigen Handelsroute Die Arsakiden erhoben Ktesiphon welches bereits seit der Zeit der Seleukiden bekannt war wohl schon im 2 Jahrhundert v Chr als Gegenstuck zur griechischen Polis Seleukeia zu ihrer Winter und Hauptresidenz Schliesslich befestigten sie es auch wenn Seleukeia zunachst weiterhin eine wichtige Rolle spielte Nach Ammianus Marcellinus 23 6 23 soll dies unter Vardanes 38 bis ca 45 n Chr geschehen sein Allerdings bezeichnet Tacitus Annalen 6 44 die Stadt bereits als Residenz von Tiridates III ein parthischer Usurpator der im Jahr 36 zeitweise Mesopotamien besetzte Die Stadt man musste genauer sagen Stadte da es sich um ein Konglomerat von diversen Orten handelte erbluhte unter den Sassaniden die Seleukeia Ktesiphon ab 226 ebenfalls als Hauptstadt nutzten Istachr und andere Orte wurden mitunter im Sommer genutzt wenn das Klima in Seleukeia Ktesiphon zu unangenehm wurde doch blieb Seleukeia Ktesiphon Hauptresidenz Die Sassaniden vergrosserten Ktesiphon zu einer wahrhaftigen Grossstadt die schliesslich vielleicht bis zu 500 000 Einwohner hatte Sie wurde 283 von den Romern erobert und wiederholt belagert zuletzt 591 konnte von ihnen aber nie gehalten werden Der letzte ost romische Vorstoss Richtung Ktesiphon wurde von Kaiser Herakleios im Jahr 628 durchgefuhrt Nach der persischen Niederlage in der Schlacht von al Qadisiya siehe Islamische Expansion wurde die Stadt wohl 638 von den Arabern erobert und teilweise zerstort war jedoch in umayyadischer Zeit neben der islamischen Neugrundung Kufa ein Zentrum der Schia Der islamische Gouverneur Seleukeia Ktesiphons Salman al Farisi ist eine bedeutende Figur der islamischen Gnosis Seit der Grundung Bagdads 762 verfiel Seleukeia Ktesiphon dann aber rasch Seleukeia Ktesiphon war unter den Sassaniden auch Zentrum der christlichen Kirche Persiens Assyrische Kirche des Ostens Spatestens 410 fuhrte der Bischof als Grossmetropolit der Kirche Persiens den Titel Katholikos Ihm waren alle Metropoliten Mesopotamiens sowie alle Kirchen des Ostens Persien Indien spater auch Zentralasien und China untergeordnet Im spaten 8 Jahrhundert wurde auch der Sitz des Katholikos nach Bagdad verlegt Ausgrabungen Bearbeiten nbsp Ruine des Taq e Kisra in Ktesiphon im Jahr 1864Angeblich aus Tell ʿUmar stammt eine kassitische Tontafel mit einem Rezept fur Bleiglasur die sich heute im Britischen Museum befindet 1 Der Text der Tontafel ist in das erste Regierungsjahr von Gulkisar datiert Landsberger halt ihn jedoch fur eine kassitische Falschung 2 Der Ort der antiken Stadt ist nur ungenugend archaologisch erschlossen Wahrend des Ersten Weltkrieges wurden die Ruinen bei Kampfen zwischen Truppen des Osmanischen Reiches und britischen Truppen weiter schwer beschadigt Grabungen fanden in Seleukeia 1927 1932 und 1936 1937 durch die University of Michigan statt wobei vor allem eine grosse Insula untersucht worden ist In diesem Hauserblock fanden sich teilweise sehr reich ausgestattete Wohneinheiten Es konnten vier Schichten von ca 300 v Chr bis 200 n Chr unterschieden werden Die Ausgrabungsergebnisse sind in mehreren Banden vorgelegt worden Funde sind im Kelsey Museum der University of Michigan ausgestellt 3 Von 1964 bis 1989 grub hier auch eine italienische Mission der Universitat Turin Sie fanden unter anderem ein Gebaude das anscheinend in seleukidischer Zeit als Staatsarchiv benutzt worden ist 30 000 Siegelabdrucke in Ton konnten dort ausgegraben werden fast alle in einem rein griechischen Stil gehalten Das Gebaude ging anscheinend bei der parthischen Eroberung um 150 v Chr in Flammen auf Grabungen haben zudem gezeigt dass die Stadt von zwei Kanalen einem in ost westlicher und einem in nord sudlicher Richtung durchkreuzt wurde Selbst die Identifizierung der Ruinen von Ktesiphon ist umstritten Genau neben Seleukeia befindet sich eine grosse runde Stadtanlage die meist als Ktesiphon bezeichnet wird Deutsche Ausgrabungen an dem Ort haben bisher nur partherzeitliche Grabanlagen jedoch keine parthischen Siedlungsschichten zu Tage gefordert Italienische Ausgrabungen fanden ein Handwerkerviertel Alle hier gefundenen Siedlungsreste datieren in die Zeit der Sassaniden darunter befinden sich auch die Reste einer fruhchristlichen Kirche Diese Stadt oder dieser Stadtteil ist daher mit Veh Ardaschir einer Grundung von Ardaschir I identifiziert worden Ein endgultiger Beweis fur diese Identifizierung steht jedoch noch aus Dies gilt auch fur Antiocheia Chosroou bzw Weh Antiok Chosrau Rumagan einen Stadtbezirk in dem um 540 romische Kriegsgefangene angesiedelt wurden und der bis heute nicht identifiziert werden konnte Dass sich der Lauf des Tigris in der Vergangenheit wiederholt verandert hat verkompliziert die Lage zusatzlich Viele antike Bauten durften zerstort oder unter meterdicken Sedimentschichten begraben worden sein Etwas nordlich der runden Stadtanlage von Veh Ardaschir fanden sich bei irakischen Grabungen fruhislamische Hauser die teilweise reich mit Stuckaturen dekoriert waren und ein gehobenes Wohnniveau noch fur diese Zeit belegen nbsp Der Taq e Kisra im Jahr 1990Die einzige heute zu sehende Ruine ist der sassanidische wohl von Chosrau I erbaute oder fertiggestellte Palast Taq e Kisra der vor allem durch sein Gewolbe bemerkenswert ist Der Palast liegt in einem Siedlungsgebiet ausserhalb der grossen runden Stadtanlage Siehe auch BearbeitenListe persischer KonigsstadteLiteratur BearbeitenStefan R Hauser Veh Ardashir and the Identification of the Ruins at Al Mada in in A Hagedorn A Shalem Hrsg Facts and Artefacts Art in the Islamic World Leiden Boston 2007 S 461 486 Andre Heller Griechen in Babylonien War Ktesiphon eine griechische Grundung In Robert Rollinger u a Hrsg Interkulturalitat in der Alten Welt Vorderasien Hellas Agypten und die vielfaltigen Ebenen des Kontakts Wiesbaden 2010 S 519 532 Clark Hopkins Hrsg Topography and Architecture of Seleucia on the Tigris University of Michigan Ann Arbor 1972 Jens Kroger Ctesiphon In Encyclopaedia Iranica Band 6 S 446 448 Vito Messina Seleucia al Tigri l edificio degli archivi lo scavo e le fasi architettoniche Missione in Iraq 3 Monografie di Mesopotamia 8 Florenz 2006 ISBN 88 6087 031 3 Vito Messina Seleucia al Tigri il monumento di Tell Umar lo scavo e le fasi architettoniche Missione in Iraq 4 Monografie di Mesopotamia 13 Florenz 2010 ISBN 978 88 6087 399 6 Mariamaddalena Negro Ponzi Al Ma in Problemi di Topografia In Mesopotamia XL 2005 S 145 169 Donald N Wilber Seleucia or Seleucia on the Tigris Tel Umar Iraq In Richard Stillwell u a Hrsg The Princeton Encyclopedia of Classical Sites Princeton University Press Princeton NJ 1976 ISBN 0 691 03542 3 englisch perseus tufts edu Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ctesiphon Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Nutzliche Literaturhinweise Artikel zu Ktesiphon englisch Zu den amerikanischen Grabungen englisch Jona Lendering Ctesiphon In Livius org englisch Anmerkungen Bearbeiten BM 120960 Benno Landsberger Assyrische Konigsliste und Dunkles Zeitalter In Journal of Cuneiform Studies 8 2 1954 S 69 Past fieldwork Seleucia on the Tigris Memento vom 12 September 2014 im Internet Archive im Kelsey Museum of Archaeology der University of Michigan33 093611111111 44 580833333333 Koordinaten 33 5 37 N 44 34 51 O Normdaten Geografikum GND 4437861 0 lobid OGND AKS VIAF 239181034 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Seleukeia Ktesiphon amp oldid 237588258