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Robert von Courtenay um 1200 1 Januar 1228 in Chlemoutsi war von 1221 bis 1228 ein Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel aus dem Haus Courtenay Robertus von Courtenay Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft 1 2 Thronfolge 1219 1221 1 3 Zusammenbruch 1221 1224 1 4 Herrschaftsverlust 1224 1228 2 Geschichtliche Einordnung 3 Literatur 4 Anmerkungen 5 WeblinksLeben BearbeitenHerkunft Bearbeiten Robert war der zweite Sohn Peters von Courtenay 1217 Graf von Auxerre aus dessen zweiter Ehe mit Jolante von Flandern 1219 Vaterlicherseits war er ein Angehoriger der franzosischen Konigsdynastie der Kapetinger als Urenkel Konig Ludwigs VI dem Dicken Von der Mutterseite her war er an Abkommling des machtigen flamischen Grafenhauses seine Onkel Balduin 1205 und Heinrich 1216 waren Anfuhrer des vierten Kreuzzuges 1200 1204 und amtierten nach der Eroberung Konstantinopels nacheinander als erste Kaiser des neu errichteten lateinischen Kaisertums des romischen Ostreichs Byzanz Nach dem erbenlosen Tod Kaiser Heinrichs im Jahr 1216 hatten die lateinischen Barone Konstantinopels dessen Schwager Peter von Courtenay zu ihrem neuen Kaiser proklamiert worauf dieser gemeinsam mit seiner Frau und den jungeren Tochtern die Reise in den Osten antrat Allein mit seinem alteren Bruder Graf Philipp II von Namur blieb Robert in der Heimat zuruck Uber seine fruhen Lebensjahre sind keine Nachrichten uberliefert Fur das Jahr 1220 wird er noch im jugendlichen Alter aetate juvenem genannt 2 womit er nicht alter als zwanzig Jahre gewesen sein und damit kaum Gelegenheit gehabt haben durfte sich historisch besonders hervor zu tun Seine falschliche Titulierung in einer belgischen Chronik als Graf von Namur Robertus comes Nanurcensis 3 kann auf eine Beteiligung in der Herrschaft uber Namur ab 1216 schliessen lassen gleichwohl sein Name im Urkundenwesen seines Bruders nicht auftaucht Thronfolge 1219 1221 Bearbeiten nbsp Das Lateinische Reich rot beim Herrschaftsantritt Kaiser Roberts Peter von Courtenay war am 9 April 1217 in Rom vom Papst zum Kaiser gekront wurden aber nur wenige Wochen darauf auf seiner Weiterreise nach Konstantinopel in die Gefangenschaft des griechischen Despoten von Epirus gefallen in der er wenig spater verstarb Die Regentschaft in Konstantinopel hatte einstweilen Jolante allein bis zu ihrem Tod im Spatjahr 1219 ubernommen In der Frage uber die Nachfolge des Kaiserpaares verstandigten sich die lateinischen Barone im Dezember 1219 auf deren altesten Sohn Graf Philipp von Namur 4 der die ihm angetragene Kaiserwurde jedoch zuruckwies Statt seiner empfahl er nach Rucksprache mit Konig Philipp II von Frankreich den Baronen seinen jungeren Bruder Robert als neuen Kaiser 5 Mit nur kleinem Gefolge nahm Robert im Sommer 1220 seine Reise in den Osten auf Anders als seine Eltern zog er dabei nicht uber Italien um sich etwa ebenfalls vom Papst kronen zu lassen sondern wahlte den Weg uber Ungarn wo er am Hof seiner Schwester Jolante und deren Mannes Konig Andreas II den Winter verbrachte um im Fruhjahr 1221 uber Bulgarien weiterreisend nach Konstantinopel zu ziehen Dort wurde er am 25 Marz 1221 in der Hagia Sophia vom lateinischen Patriarchen zum Kaiser gekront und beurkundete noch im selben Monat erstmals mit kaiserlicher Titulatur Robertus Dei gratia fidelissimus in Christo Imperator a Deo coronatus Romanie moderator et semper augustus 6 Seit dem Tod seines Onkels Heinrich 1216 war er damit der erste Kaiser mit personlicher Prasenz in Konstantinopel Zusammenbruch 1221 1224 Bearbeiten Der sowohl politisch wie militarisch unerfahrene Robert hatte eine denkbar schwierige Nachfolge angetreten Zwar hatte sein Onkel Heinrich dem lateinischen Kaisertum zu einem geschlossenen Herrschaftsraum verholfen der die Agais von der Troas in Kleinasien uber Thrakien Thessaloniki Thessalien Attika bis auf die Peloponnes umfasste und feudalhierarchisch regiert wurde der jedoch unablassig Bedrohungen vom Westen wie Osten ausgesetzt war Gegen die 1204 in Konstantinopel etablierte Herrschaft der Lateiner hatte sich im kleinasiatischen Nicaa ein griechisches Gegenkaisertum gehalten mit dessen Kaiser Theodoros I Laskaris seit 1213 ein nur wackeliger Frieden gehalten werden konnte Nach dem Tod der Kaiserin Jolante 1219 hatte Theodoros als deren Schwiegersohn die Regentschaft uber Konstantinopel eingefordert was von den lateinischen Baronen zuruckgewiesen wurde und deshalb neue Kampfe in Kleinasien verursacht hatte In Europa waren die Lateiner dem anhaltenden militarischen Druck des griechischen Despoten von Epirus Theodoros I Angelos ausgesetzt der sich die Eroberung von Thessaloniki zum Ziel gesetzt hatte Um den Zustand des Zweifrontenkrieges zu beenden hatte Robert schon in seinem ersten Herrscherjahr einen Waffenstillstand mit seinem Schwager Theodoros I Laskaris erreicht indem er dessen Tochter Eudokia Laskarina zu heiraten versprach Durch diese Entlastung im Osten konnten die Krafte der Lateiner nun auf den Abwehrkampf gegen Theodoros I Angelos konzentriert werden der noch 1221 die strategisch bedeutende Festung von Serres erobert hat Allerdings zerschlugen sich diese Plane mit dem jahen Tod des Laskaris 1222 worauf in Nicaa dessen Schwiegersohn Johannes III Vatatzes die Macht an sich gerissen hatte Dieser wollte von einem Frieden mit den Lateinern nichts wissen da diese die verdrangten Laskariden unterstutzten Die Situation mundete im Jahr 1224 im militarischen Zusammenbruch des lateinischen Reichs als zuerst sein Heer in der Schlacht von Poimanenon von Vatatzes vernichtend geschlagen wurde und im Anschluss ein Ruckeroberungsversuch von Serres klaglich scheiterte In der Folge hatten die Lateiner die Herrschaft in Kleinasien an Nicaa verloren und die Eroberung von Thessaloniki durch Angelos hinzunehmen womit die territoriale Integritat des lateinischen Reichs zerschlagen wurde Zwar konnten sich noch die lateinischen Furstentumer in Athen und auf der Peloponnes halten doch waren diese fur den Kaiser in Konstantinopel nun nur noch auf dem Seeweg zu erreichen und damit faktisch unabhangig geworden Herrschaftsverlust 1224 1228 Bearbeiten 1225 hatte Robert den Frieden mit Vatatzes mit der Aufgabe aller Anspruche auf Gebiete in Kleinasien einschliesslich der Insel Lesbos zugunsten fur Nicaa erkauft Gegen Angelos baute er auf Unterstutzung aus dem Westen doch ein Ruckeroberungsversuch von Thessaloniki durch Markgraf Wilhelm VI von Montferrat scheiterte mit dessen Fiebertod in Thessalien Ein Hilfsgesuch an Konig Ludwig VIII von Frankreich verhalte durch dessen Tod im November 1226 7 Kurz darauf hatten die Lateiner auch die Herrschaft uber Thrakien verloren nachdem Theodoros Angelos auch Adrianopolis eroberte Zwar hatte die griechische Bevolkerung der Stadt dessen Herrschaft uber sie durch eine Revolte schon 1227 wieder beendet sich anschliessend jedoch unter den Schutz des Vatatzes gestellt womit das Reich von Nicaa auch auf europaischem Boden Fuss fassen konnte Die lateinische Herrschaft war damit auf die Stadt Konstantinopel und deren naheres Umland zusammengeschrumpft die nunmehr eine von der griechischen Welt umgebene Insel darstellte Die Verluste und anhaltenden militarischen Misserfolge hatten offenbar auch das Vertrauen der lateinischen Barone in Konstantinopel zu ihrem Kaiser nachhaltig erschuttert So berichtet eine Kreuzfahrerchronik von einer blutigen Emporung der Barone gegen die kaiserliche Familie Robert hatte seine Verlobung mit Eudokia Laskarina aufgelost und hatte sich in die Tochter eines bereits verstorbenen Ritters aus dem Artois verliebt deren Mutter Griechin war Er hatte die junge Dame in aller Heimlichkeit geheiratet obwohl diese weit unter seinem Stand war Wohl im Jahr 1226 entlud sich der angestaute Unmut der Barone auf ihren Kaiser gepaart mit einer graecophoben Einstellung gegen diese Frauen Nachdem sie den kaiserlichen Palast gesturmt hatten erschlugen sie die Mutter und die Kaisergemahlin offenbar dem byzantinischen Nomos folgend gemartert 8 Nach einer anderen Quelle nahm Robert die Braut eines burgundischen Ritters mit ihrer ehrgeizigen Mutter in den Palast auf und heiratete sie heimlich Der beschimpfte Brautigam drang deshalb mit mehreren Genossen in den Palast sie warfen die Mutter ins Meer schoren der neuen Kaiserin den Kopf kahl und schnitten ihr die Nase ab 9 nbsp Das Lateinische Reich rot um 1230 nach der Herrschaft Kaiser Roberts Diese Begebenheit durfte ausschlaggebend fur Robert zum Verlassen Konstantinopels gewesen sein um personlich im Westen um Unterstutzung fur sein Stadtkaiserreich zu werben Er ubergab die Regierungsgeschafte seiner Schwester Maria und reiste im Fruhjahr 1227 auf dem Seeweg nach Rom irgendwelche Ergebnisse aus den Gesprachen mit dem Papst sind nicht bekannt Auf der Ruckreise starb er am Hof seines Schwagers Gottfried II von Villehardouin auf der Peloponnes bis spatestens zum Fruhjahr 1228 10 Auf den Thron folgte ihm sein unmundiger Bruder Balduin II fur den Johann von Brienne im Interesse der Barone die Regentschaft ubernahm Geschichtliche Einordnung BearbeitenDas Urteil uber Kaiser Robert ist in der Geschichtsforschung weitgehend negativ angefangen im 17 Jahrhundert bei Du Change Histoire de l empire de Constantinople sous les empereurs francais bis hinein in jungere Betrachtungen wie von Jean Longnon L empire latin de Constantinople et la principaute de Moree 1949 und Robert Lee Wolff The Latin Empire of Constantinople 1204 1261 1962 11 Gezeichnet wird hier das Bild eines unfahigen und tatenlosen zu keiner Zeit der gegebenen Situation gerecht werdenden Herrschers dem letztendlich die Verantwortung am Zusammenbruch des lateinischen Ostreiches zuzuschreiben ist welches von seinen ruhmreichen Onkeln noch verheissungsvoll errichtet worden sei Diese Auffassung wurde dabei weitgehend unkritisch aus der mittelalterlichen Historiographie ubernommen insbesondere von nordfranzosischen Chronisten wie dem anonymen Autor der Chronicon Turonense und vor allem Alberich von Trois Fontaines nach dessen Meinung der Kaiser gewissermassen inkompetent und beschrankt quasi rudis et idiota gewesen ist 12 Unterschlagen wird dabei zumeist die militarische Verantwortung der machtvollen lateinischen Barone in den entscheidenden Jahren von 1221 bis 1224 und deren Einfluss auf das offentliche Bild in ihrer franzosisch flamischen Heimat uber den Kaiser und den Geschehnissen im fernen Griechenland Im Gegensatz zu dem fruh gestorbenen Kaiser hatten viele von ihnen die Gelegenheit ihre Sicht der Dinge zu verbreiten und die massgebliche Verantwortung fur die Katastrophe dem nun wehrlosen Kaiser zuzuschieben was eine entsprechend fruh eintretende Urteilsbildung in der Geschichtsschreibung begunstigt hat Wohlwollende Autoren betrachten Kaiser Robert bestenfalls neutral bis bedauernswert als einen zur Herrschaft nicht erzogenen Nachgeborenen der ohne jede politische und militarische Erfahrung auf den Thron eines von allen Seiten bedrohten mittelalterlichen Staates gesetzt wurde Literatur BearbeitenFilip Van Tricht Robert of Courtenay 1221 1227 An Idiot on the Throne of Constantinople in Speculum 88 2013 996 1034 Anmerkungen Bearbeiten Vgl Van Tricht S 1021 Anm 101 Vgl Chronicon Turonense in RHGF 18 S 300 Vgl Reineri annales sancti Jacobi Leodiensis in MGH SS 16 S 678 Im Bericht des venezianischen Podesta von Konstantinopel an den Dogen wird Graf Philipp von Namur bereist als Kaiser domino et Imperatore Philippum tituliert Vgl Tafel G L Fr amp Thomas G M Urkunden zur alteren Handels und Staatsgeschichte der Republik Venedig Bd 2 1856 Nr CCLVII S 215 221 Vgl L estoire de Eracles in RHC Hist Occ 2 S 294 Chronicon Turonense in RHGF 18 S 300 Vgl Tafel G L Fr amp Thomas G M Urkunden zur alteren Handels und Staatsgeschichte der Republik Venedig Bd 2 1856 CCLX S 227 230 Der Gesandte hatte den franzosischen Konig bei dessen Belagerung von Avignon erreicht bei der sich der Konig eine Ruhrerkrankung zuzog an deren Folgen er starb Vgl Chronique rimee de Philippe Mouskes Bd 2 hrsg von Reiffenberg 1838 S 539 Vgl L estoire de Eracles in RHC Hist Occ 2 S 294f Friedrich von Raumer Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit Band 3 Kapitel 13 Brockhaus Leipzig 1824 online 1 bei Projekt Gutenberg Unter anderem hat der englische Chronist Matthaus Paris den Tod Roberts in das Jahr 1228 verortet Vgl Chronica Majora Bd 3 hrsg von William Stubbs 1876 S 145 Auch hat dessen Schwester Maria noch im Februar 1228 als seine stellvertretende Regentin geurkundet Vgl Samuel Lowenfeld Une lettre de l imperatrice Marie In Archives de l Orient latin Bd 2 2 1884 S 256 257 In Kenneth M Setton A History of the Crusades Bd 2 Philadelphia 1962 Vgl Albericus Trium Fontium Chronica in MGH SS 23 S 910f Weblinks BearbeitenKaiser Robert bei genealogie mittelalter deVorgangerAmtNachfolgerPeterLateinischer Kaiser nbsp 1219 1228Balduin II Normdaten Person VIAF 41735209 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 12 Mai 2022 PersonendatenNAME RobertALTERNATIVNAMEN Robert von CourtenayKURZBESCHREIBUNG lateinischer Kaiser von Konstantinopel 1217 1228 GEBURTSDATUM um 1200STERBEDATUM Januar 1228STERBEORT Chlemoutsi Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Robert Lateinisches Kaiserreich amp oldid 225003425