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Heinrich von Flandern um 1174 11 Juni 1216 in Thessaloniki war vom 20 August 1206 bis zum 11 Juni 1216 der zweite und im allgemeinen historischen Urteil der verdienstvollste Kaiser des lateinischen Reichs von Konstantinopel Er war ein jungerer Sohn des Grafen Balduin V VIII von Hennegau Flandern und der Grafin Margarete von Flandern Sein altester Bruder war der Graf Balduin VI IX von Hennegau Flandern der nach dem vierten Kreuzzug 1204 als Balduin I zum ersten lateinischen Kaiser gewahlt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Fruhe Jahre 1 1 Vierter Kreuzzug 1 2 Regent von Konstantinopel 2 Kaiser von Konstantinopel 2 1 Kampf gegen Kalojan und Theodor Laskaris 2 2 Aufstand der Lombarden 2 3 Letzte Jahre 3 Bewertung 4 Familiares 5 LiteraturFruhe Jahre BearbeitenVierter Kreuzzug Bearbeiten Heinrich nahm am 23 Februar 1200 mit seinem Bruder Balduin das Kreuz zum vierten Kreuzzug Im Gegensatz zu seinem Bruder scheint Heinrich nicht zum Kreis der Fuhrungsriege des Kreuzzuges gezahlt zu haben da er bei keinem der teilnehmenden Chronisten bis zum Erreichen Konstantinopels genannt wird Seine personliche Haltung zur Umleitung des Zuges nach Konstantinopel bleibt deshalb auch unklar zumindest ist von ihm kein Widerspruch dazu uberliefert noch hatte er sich von dem Kreuzzug losgesagt Erst wahrend der Belagerung der Hauptstadt des byzantinischen Reichs trat Heinrich erstmals als militarischer Fuhrer hervor Mit einer Abteilung von dreissig Rittern setzte er sich im Fruhjahr 1204 von der Belagerung ab und fuhrte einen erfolgreichen Raubzug gegen die Stadt Philia heute Sile am schwarzen Meer an Auf dem Ruckweg zum Hauptheer wurde er am 2 Februar 1204 vom byzantinischen Kaiser Alexios V Murtzuphlos abgefangen und zum Kampf gestellt Trotz seiner zahlenmassigen Unterlegenheit konnte Heinrich den Kaiser zur Flucht hinter die Mauern von Konstantinopel zwingen und dessen kaiserliche Standarte und eine heilige Ikone erbeuten Bei der anschliessenden Eroberung Konstantinopels im April 1204 okkupierte Heinrich den Blachernen Palast Regent von Konstantinopel Bearbeiten Nach der Eroberung von Konstantinopel wurde Balduin von Flandern zum ersten Kaiser des neu gegrundeten lateinischen Reichs von Konstantinopel gewahlt Heinrich ubernahm die Stadtverteidigung von Konstantinopel wahrend Balduin mit dem Heer auszog um das thrakische Umland zu unterwerfen und um Thessaloniki einzunehmen Am 11 November 1204 setzte Heinrich mit einhundertzwanzig Rittern uber den Hellespont und nahm Abydos ein womit die Lateiner nun auch in Kleinasien Fuss fassten Anschliessend nahm er Adramyttion ein und verteidigte diese Stadt erfolgreich am 19 Marz 1205 gegen einen Konterangriff des Constantinos Laskaris dem Bruder des nach Kleinasien exilierten Byzantiners Theodor Laskaris Am 24 April 1205 unterlagen die Lateiner in der desastrosen Schlacht von Adrianopel gegen die Bulgaren unter Kalojan Johannitza Kaiser Balduin fiel in dessen Gefangenschaft Heinrich nahm nicht an der Schlacht teil obwohl er von seinem Bruder aus Kleinasien zuruckbefohlen wurde um Adrianopel zu erobern er konnte allerdings seinen Bruder nicht mehr rechtzeitig erreichen als dieser von Kalojan angegriffen wurde In Cartopolis bei Rodosto wurde Heinrich von den versammelten Baronen als Regent des Kaiserreichs fur seinen Bruder anerkannt Anschliessend zog er sich mit dem restlichen Heer nach Konstantinopel zuruck und gab Thrakien dem Eroberungszug des Kalojan preis Allerdings konnte er die Stadte Arcadiopolis Bizye und Napoli Apros halten Nachdem er das Heer reorganisiert hatte unternahm er einen erneuten Eroberungsversuch von Adrianopel der aber wegen der starken Verteidigung der Stadt erfolglos verlief Bei einem erneuten Angriff der Bulgaren auf Thrakien wurden Napoli Rodosto Herakleia und mehrere andere Stadte zerstort Kaiser von Konstantinopel BearbeitenKampf gegen Kalojan und Theodor Laskaris Bearbeiten nbsp Das lateinische Kaiserreich in gelb befand sich unter der Herrschaft Heinrichs in seiner stabilsten Phase Nachdem der Tod Kaiser Balduins in der bulgarischen Gefangenschaft im Fruhjahr 1206 bekannt wurde erkannten die lateinischen Barone und Ritter Heinrich als ihren neuen Kaiser an Er wurde am 20 August 1206 in der Hagia Sophia von Konstantinopel gekront Darauf begann er gegen Kalojan vorzugehen der gerade Didymotika zerstort hatte und schlug ihn in einer Feldschlacht Dabei wurden die Lateiner erstmals auch von den lokalen Griechen unterstutzt welche unter dem vorangegangenen zerstorerischen Vorgehen der Bulgaren zu leiden hatten Mit ihrer Unterstutzung gelang es ihm schrittweise wieder die Kontrolle uber Thrakien zu gewinnen am 1 November 1206 konnte er schliesslich auch in Adrianopel einziehen nachdem es sich von Kalojan losgesagt hatte Das Kommando in der Stadt vertraute er dem Griechen Theodoros Branas an Daraufhin zog Heinrich seinerseits plundernd durch Thrakien und zerstorte Stadte und Festungen unter anderem Aquae Calidae Nachdem Thrakien weitgehend zu Ruhe gebracht worden war zog Heinrich erneut gegen Theodor Laskaris in Kleinasien und eroberte Nikomedia und Kyzikos Am 4 Februar 1207 heiratete er in der Hagia Sophia Agnes von Montferrat die Tochter des Bonifatius von Montferrat Konig von Thessaloniki Unmittelbar darauf beschlossen Laskaris und Kalojan ein gemeinsames Bundnis gegen die Lateiner und starteten eine kombinierte Offensive Kalojan drang erneut in Thrakien ein und belagerte Adrianopel gleichzeitig griff Laskaris mehrere Burgen der Lateiner in Kleinasien sowohl zu Land als auch zur See an Mit einer Flotte aus venezianischen und pisanischen Schiffen gelang es Heinrich die am Meer gelegene Burg Ciboto erfolgreich zu entsetzen und Laskaris zuruckzuschlagen Im April 1207 gab Kalojan die Belagerung von Adrianopel auf und zog sich aus Thrakien zuruck nachdem seine kumanischen Krieger von ihm abgefallen waren was von dem Chronisten Villehardouin als ein Wunder beschrieben wurde Wahrend der Krieg fur die Lateiner in Thrakien also positiv verlief gerieten sie in Kleinasien gegenuber Theodor Laskaris zunehmend in die Defensive Heinrich suchte daher mit ihm einen diplomatischen Ausgleich und trat das erst jungst gewonnene Nikomedia an ihn ab womit in Kleinasien Ruhe einkehren konnte Allerdings liess sich Theodor Laskaris 1208 in Nikaia von dem ebenfalls exilierten Patriarchen der griechisch orthodoxen Kirche zum Kaiser kronen und begrundete somit ein neues byzantinisches Kaisertum das fortan in standiger Rivalitat zu den Lateinern von Konstantinopel stand Aber der Druck den die Rum Seldschuken im Osten auf das Reich von Nikaia ausubten garantierte ein Machtgleichgewicht in Kleinasien welches ein drohendes Wiederaufflammen des Krieges zwischen Griechen und Lateinern hier einstweilen unterband Im Sommer 1207 traf sich Heinrich in Cypsela bei Adrianopel mit seinem Schwiegervater Bonifatius von Montferrat dem einstigen Anfuhrer des vierten Kreuzzuges und ehemaligen Konkurrenten seines Bruders bei der Wahl um das Amt des Kaisers Heinrich empfing von ihm die Huldigung als seinen Oberherren womit zugleich die Zugehorigkeit des Konigreichs Thessaloniki zum lateinischen Reich untermauert wurde Auf seiner Ruckreise nach Thessaloniki wurde Bonifatius im September 1207 von den Bulgaren uberfallen und getotet Kalojan selbst starb kurz darauf bei einem Angriff auf Thessaloniki worauf dessen Neffe Boril den Thron der Bulgaren usurpierte Boril griff sogleich im Folgejahr mit einem Heer aus 33 000 Mann Thrakien an aber Heinrich konnte ihm mit seinem Heer aus 18 000 Mann am 31 Juli 1208 bei Philippopolis heute Plowdiw eine vernichtende Niederlage beibringen Die Stadt konnte durch diesen Sieg auch wieder fur das Kaiserreich gewonnen werden nachdem sie 1205 von den Bulgaren besetzt worden war Durch das Schuren innerbulgarische Konflikte gelang es Heinrich die Bedrohung von dieser Seite aus zu neutralisieren Unter anderem verheiratete er seine uneheliche Tochter mit dem bulgarischen Fursten von Melnik Alexius Slaw den er somit fur sich gewann Erstmals seit die Lateiner 1204 in Konstantinopel eingezogen waren befanden sie sich in einem relativen Frieden mit ihren Nachbarn Aufstand der Lombarden Bearbeiten Auf die Ruhe nach aussen folgte bei den Lateinern der Zwist untereinander Auf den Tod des Bonifatius von Montferrat war ihm in Thessaloniki dessen unmundiger Sohn Demetrius unter der Vormundschaft seiner Mutter gefolgt Die machtige Fraktion der lombardischen Ritter unter Oberto von Biandrate zweifelte allerdings diese Nachfolge an und favorisierte stattdessen den altesten Sohn ihres gefallenen Anfuhrers Wilhelm VI von Montferrat als neuen Konig Die Lombarden bemachtigten sich der Kontrolle uber Thessaloniki und kundigten ihre Gefolgschaft gegenuber dem Kindkonig wie auch zu Kaiser Heinrich auf Dieser konnte erst nach der Abwehr des Boril im Winter 1208 nach Thessaloniki ziehen musste allerdings den harten Winter uber vor den Mauern der Stadt in einem Zelt verbringen da ihm Biandrate den Zutritt verwehrte Erst nachdem er gegenuber Biandrate unerfullbare Zugestandnisse machte wurde Heinrich zu Jahresbeginn 1209 in Thessaloniki eingelassen Er verwarf umgehend seine Versprechungen und liess Biandrate gefangen setzen Er legitimierte das Konigtum des jungen Demetrius indem er ihn am 9 Januar eigenhandig kronte Am 1 Mai berief Heinrich in Ravennika das erste Parlement der Lateiner des Ostens ein zu dem auch alle Barone des Kaiserreichs bis auf Ausnahme der Lombarden erschienen Hier wurde verfugt dass die Herren von Theben Athen und Achaia nun der direkten Oberhoheit des Kaisers unterstehen sollten nachdem sie ursprunglich Vasallen Thessalonikis waren Mit dem benachbarten byzantinischen Despoten von Epirus Michael I Komnenos Dukas Angelos konnte ein friedliches Einvernehmen ausgehandelt werden indem der Bruder des Kaisers Eustach mit einer Tochter des Despoten verheiratet wurde Ende Mai 1209 zog Heinrich nach Theben und zwang dort die Lombarden die sich in die Kadmeia verschanzt hatten zur Aufgabe Anschliessend zog er nach Athen und setzte dann auf Euboa Negroponte uber dessen lombardischer Herr Ravano dalle Carceri ebenfalls seine Oberhoheit anerkannte Am 2 Mai 1210 versammelten sich die lateinischen Barone Griechenlands auf Anordnung Heinrichs zu einem zweiten Parlement in Ravennika Hier schlossen die weltlichen Herren mit dem lateinischen Patriarchen Thomas Morosini ein Konkordat das die Besitzverhaltnisse der neu etablierten romisch lateinischen Kirchenhierarchie regelte Auch wurde dabei die Beibehaltung der in Griechenland ublichen Abgaben des Klerus an die weltlichen Herren Akrostichon beschlossen Papst Innozenz III erkannte dieses Abkommen im Dezember desselben Jahres an Noch im Jahr 1210 musste Heinrich den Despoten von Epirus aus Thessaloniki vertreiben nachdem dieser dort trotz des zuvor beschlossenen Einvernehmens eingedrungen war Letzte Jahre Bearbeiten Im Fruhjahr 1211 wehrte Heinrich einen Angriff des bulgarischen Fursten Strez von Prosek in einer Schlacht auf den Ebenen von Pelagonien ab Im Jahr darauf beabsichtigte Theodor Laskaris auf Konstantinopel zu marschieren Heinrich kam ihm zuvor und schlug ihn in Kleinasien in einer Schlacht am Fluss Rhyndakos auch Schlacht von Luparchos genannt Dieser Sieg ermoglichte ihm die Unterwerfung der gesamten Troas bis nach Pergamon und Nymphaion 1213 konnte mit Laskaris ein neuerlicher Frieden geschlossen werden indem das gesamte nordwestliche Kleinasien dem lateinischen Kaiserreich zugesprochen wurde Dieses Land unterstellte er der Verwaltung des Griechen Georgios Theophilopoulos Danach versuchte Heinrich die Bulgaren als Alliierte zu gewinnen indem er Maria heiratete die Tochter des Kalojan und Nichte des Boril Die Allianz zahlte sich allerdings nicht fur ihn aus ein gemeinsamer Angriff mit Boril auf das serbische Nis endete 1214 mit einem vorzeitigen Abbruch der Belagerung Mit Konig Andreas II von Ungarn dem Mann seiner Nichte vereinbarte Heinrich einen zweiten Angriff auf die Serben offenbar mit der Absicht Stefan Nemanjic zu seinem Vasallen zu machen Der aber unterwarf sich rechtzeitig dem Konig von Ungarn worauf der Feldzug abgesagt werden musste Beunruhigt durch die Rustungen des Theodoros I Angelos in Epirus marschierte Heinrich im Fruhjahr 1216 nach Thessaloniki um von dort aus einen Praventivschlag gegen Epirus zu fuhren Bevor es dazu kam starb er am 11 Juni 1216 Zeitgenossische Chronisten mutmassten einen Giftmord hinter seinem plotzlichen Tod neben seiner zweiten bulgarischen Frau wurde auch sein alter Feind Oberto von Biandrate der Tat verdachtigt Bewertung BearbeitenHeinrich gilt als der verdienstvollste und tatkraftigste Kaiser des lateinischen Griechenlands Er war der einzige Kaiser dem die Errichtung einer kaiserlichen Herrschaftsgewalt in allen Teilen des von den Kreuzfahrern eroberten Landes gelang neben Konstantinopel selbst vor allem auch im altgriechischen Raum So war er auch der einzige Kaiser der in Theben und auch in Athen personliche Prasenz zeigen konnte Im standigen Kampf gegen aussere Feinde wie den Exilbyzantinern von Nikaia und Epirus wie auch gegen die Bulgaren konnte er das Kaiserreich verteidigen und sogar ausbauen Sein Tod wurde entsprechend seiner Taten von den Lateinern als einer ihrer schwerwiegendsten Verluste aufgefasst Nur einen Monat nach ihm starb auch Papst Innozenz III der zuerst ein Gegner des Kreuzzuges gegen Konstantinopel und dann der grosste Unterstutzer des lateinischen Kaiserreiches war Das Jahr 1216 markiert damit eine wichtige Zasur in der Geschichte des lateinischen Reichs da es von da an einem kontinuierlichen Zerfall ausgesetzt war Im Kaisertum wurde Heinrich von seinem Schwager Peter von Courtenay beerbt welcher das Reich aber nie betrat Bis 1224 eroberte der byzantinische Despot von Epirus schrittweise das Konigreich Thessaloniki und zerstorte damit die territoriale Integritat des Kaiserreichs Die Fursten von Athen Achaia und Euboa wurden dadurch faktisch unabhangige Herren und der Kaiser zum blossen Stadtherrn von Konstantinopel degradiert Heinrich fand unter Zeitgenossen ein positives Urteil wobei das Werk seines Biographen Henri de Valenciennes nicht ohne Einfluss gewesen sein durfte Aber auch unter griechischen Autoren wie Georgios Akropolites gelangte Heinrich als einer der wenigen Lateiner seiner Zeit zu Anerkennung So wurden seine Anstrengungen hinsichtlich eines Ausgleichs zwischen Lateinern und Griechen gewurdigt Er unterband unter anderem die Verfolgung griechisch orthodoxer Kleriker durch papstliche Legaten wie Pelagius von Albano und bezog griechische Adlige und Beamte in die Verwaltung des Kaiserreichs mit ein Familiares BearbeitenHeinrich war zweimal verheiratet zuerst ab 1207 mit Agnes von Montferrat der Tochter des Bonifatius von Montferrat Nach deren Tod heiratete er 1212 die bulgarische Prinzessin Maria eine Tochter des Bulgarenzaren Kalojan Aus beiden Ehen gingen keine Kinder hervor Allerdings hatte Heinrich eine uneheliche Tochter die er mit dem bulgarischen Fursten von Melnik Alexius Slaw verheiratete Literatur BearbeitenCharles Verlinden Les Empereurs belges de Constantinople Brussel 1945 Filip van Tricht La Gloire de l empire L idee imperiale de Henri de Flandre Hainaut deuxieme empereur latin de Constantinople 1206 1216 in Byzantion 70 2000 S 211 241 Filip van Tricht La politique etrangere de l empire de Constantinople de 1210 a 1216 in Le Moyen Age 107 2001 S 219 235VorgangerAmtNachfolgerBalduin I Lateinischer Kaiser nbsp 1206 1216PeterNormdaten Person GND 118709739 lobid OGND AKS LCCN n85358193 VIAF 292097780 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME HeinrichALTERNATIVNAMEN Heinrich von FlandernKURZBESCHREIBUNG zweiter Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs von KonstantinopelGEBURTSDATUM um 1174STERBEDATUM 11 Juni 1216STERBEORT Thessaloniki Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Lateinisches Kaiserreich amp oldid 226427175