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Klassifikation nach ICD 10R63 1 PolydipsieICD 10 online WHO Version 2019 Als Polydipsie von griechisch polydipsios polydipsios vieldurstig zu polys polys viel und dipsa dipsa Durst bezeichnet man in der Medizin einen krankhaft gesteigerten Durst 1 2 3 oder ein ubermassiges Durstgefuhl 4 Sie ist in der Regel mit dem Trinken grosser Flussigkeitsmengen und auch mit einer erhohten Harnausscheidung Polyurie verbunden Diese entsprechend gesteigerte Harnausscheidung wird dann als Polyurodipsie bezeichnet 5 Das Gegenteil von Polydipsie also ein nicht vorhandenes Durstgefuhl nennt man Oligodipsie 6 oder Adipsie Durst und vermehrtes Trinken konnen banal aber auch Zeichen schwerwiegender teilweise lebensbedrohlicher Krankheiten sein Die tagliche Trinkmenge beim Erwachsenen liegt im Normalfall bei maximal vier Litern Bei hoheren Mengen sollte eine zugrunde liegende Erkrankung arztlich ausgeschlossen werden Ein extremes Vieltrinken 7 englisch excessive thirst leading to excessive fluid intake 8 ist bei schwerer Arbeit und hohen Temperaturen erforderlich Davon ist die krankhafte Potomanie oder Dipsomanie englisch compulsive drinking oder auch acute psychogenic water drinking 9 im Sinne einer psychogenen Polydipsie zum Beispiel beim psychogenen Diabetes insipidus auch Pseudodiabetes insipidus abzugrenzen 10 Hier wird das blosse Wassertrinken mitunter mit einem pathologischen Alkoholkonsum verwechselt Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 2 Komplikationen 3 Therapie 4 Geschichte 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseUrsachen BearbeitenDie Ursache dieser Erkrankung liegt meist in der verminderten Fahigkeit der Niere den Harn zu konzentrieren Hierdurch kommt es zu Wasserverlust uber den Urin Durch die erhohte Ausscheidung erhoht sich auch das Durstgefuhl und es kommt notwendigerweise zu vermehrtem Trinken um den Flussigkeitshaushalt auszugleichen Die Polydipsie ist keine Krankheit Ursache sondern ein Symptom Folge anderer Krankheiten Mogliche dem zugrundeliegende Erkrankungen konnen sein Diabetes mellitus Diabetes insipidus Erkrankungen der Nebenschilddruse Hyperparathyreoidismus Cushing Syndrom Elektrolytstorungen Hyperkalzamie Nierenerkrankungen Einnahme Wasser ausschwemmender Medikamente Diuretika Nebenwirkung verschiedener Medikamente psychische Erkrankungen Verhaltens und Personlichkeitsstorung zum Beispiel latente Anorexie alkoholbedingte Hirnschaden z B zentrale pontine Myelinolyse Auch vermehrter Alkoholkonsum Fieber und Durchfallerkrankungen konnen zu einer vorubergehenden Polydipsie mit geringem Krankheitswert fuhren Besonders Kinder mit einer Niereninsuffizienz leiden an Polydipsie Polyurie und Enuresis 11 Ebenso kommt es zur Polydipsie beim Burnett Syndrom 12 beim Bartter Syndrom und beim Gitelman Syndrom sowie als unerwunschte Arzneimittelnebenwirkung einer Lithium Therapie 13 Auch Schilddrusenhormone Nebenschilddrusenhormone Zink Anticholinergika Phenobarbital und Atropin konnen eine Polydipsie verursachen Neuroleptika konnen zu einer Xerostomie mit vermehrtem Durst fuhren Beim Phaochromozytom im Kindesalter komme es oftmals zu Polydipsie und Polyurie 14 Eine chronische interstitielle Nephritis fuhre zu Nykturie spater zu Polyurie und Polydipsie 15 Verdachtsmomente auf das Vorliegen eines Diabetes mellitus Typ 2 sind Polyurie Polydipsie und Polyphagie 16 Im Kindesalter muss man bei Polydipsie Polyurie insbesondere Nykturie oder Abmagerung trotz ausreichender Ernahrung dagegen an einen primar insulinabhangigen Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes 17 aber auch an eine Hypervitaminose von Vitamin D denken 18 Ein sekundarer ADH Mangel ist Folge einer Hemmung der Sekretion bei exzessiver Flussigkeitsaufnahme Diese sogenannte primare Polydipsie kann in drei Untergruppen eingeteilt werden dipsogener Diabetes insipidus psychogene Polydipsie und iatrogene Polydipsie Dieser dritte Subtyp entsteht durch Empfehlungen medizinischen Personals oder der Boulevard Presse man solle viel Flussigkeit zu sich nehmen 19 Der Flussigkeitsentzug mit Polyurie und Polydipsie beim Diabetes insipidus kann in kurzester Frist zu schweren psychotischen Zustanden mit Kollaps Dehydratation fuhren das erschwert die Differentialdiagnose der psychogenen Polydipsie 20 Komplikationen BearbeitenAls Komplikation bei einer erhohten Ausscheidung besteht immer die Gefahr der Austrocknung wenn nicht ausreichend Flussigkeit zugefuhrt wird Ausserdem kann es zu einem Verlust an Salzen und Mineralien im Korper kommen die mit dem Urin ausgeschieden und nicht wieder aufgenommen werden Therapie BearbeitenDie Therapie besteht in der Behandlung der Grunderkrankung Hauptziel ist es schwerwiegende Ursachen von vermehrtem Durstgefuhl und pathologischem Trinken zu erkennen und zu behandeln Sehr haufig ist ein Diabetes mellitus die Ursache fur das Durstgefuhl Geschichte Bearbeiten Fruher war die Polydipsie auch ein Synonym fur Diabetes mellitus bei dem Polydipsie ein hervorstechendes Symptom bildet 21 So definierte 1865 der Brockhaus Der Diabetes Harnruhr Polyuria Durstsucht Polydipsia ist die Folge des ubermassigen Wasserverlustes Zucker oder Honigharnruhr Diabetes mellitus Glucosuria 22 Spater waren dagegen krankhafter Durst Diabetes insipidus und Polydipsie Synonyme 23 24 25 Die Zusammenhange zwischen Polydipsie und Polyurie waren lange umstritten So schrieb Franz Volhard noch 1931 es sei nicht zu bezweifeln dass die Polyurie das Primare und die Polydipsie ihre Folge ist 26 Dagegen galt bei der primaren Polydipsie Der Durst ist primar die Polyurie die Folge 27 Die Folge der Polyurie der Patienten mit Diabetes insipidus ist die Polydipsie die Zwangscharakter hat 28 Auch kommt es oft zu Verwechslungen von Durst und Trinken So beschreibt Gerd Herold die typische Trias beim Diabetes insipidus als Polyurie 5 25 l 24h zwanghafter Durst mit Polydipsie haufiges Trinken und Asthenurie fehlende Konzentrationsfahigkeit des Harns 29 Auch Maxim Zetkin und Herbert Schaldach definieren die Polydipsie als pathologische Steigerung der Trinkmenge und des Durstgefuhls 30 Ahnlich auch Ernst Lauda noch 1951 Unter Diabetes insipidus versteht man eine exzessive Polyurie mit sekundarer Polydipsie Vieltrinken 31 Es kam zu Verwechslungen zwischen psychogener Polydipsie und ADH refraktarem Diabetes insipidus renalis und einem Diabetes insipidus centralis 32 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Polydipsie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Naturheilkundliche Informationen zur Polydipsie auf PhytodocEinzelnachweise Bearbeiten Ludwig August Kraus Kritisch etymologisches medicinisches Lexikon 3 Auflage Verlag der Deuerlich und Dieterichschen Buchhandlung Gottingen 1844 S 829 archive org Zitat Polydipsia ἠ polydipsa polydipsia 1 ein krankhaft verstarkter Durst von polys und Dipsa 2 nicht ganz passend die Trunksucht Philoenia und dergleichen Siehe dort auch zum Beispiel das Stichwort haemodipsus nach Blut durstend S 440 Digitalisat der Ausgabe von 1844 Internet Archive Duden Das Worterbuch medizinischer Fachausdrucke 7 Auflage Bibliographisches Institut Mannheim Leipzig Wien Zurich 2003 ISBN 3 411 04617 1 S 619 Wilhelm Kuhn Neues medizinisches Fremdworterbuch Verlag von Kruger amp Co Leipzig 1913 S 92 Nicole Schaenzler Gabi Hoffbauer Worterbuch der Medizin Sudwest Verlag Munchen 2001 ISBN 978 3 517 06318 8 S 365 Gunter Thiele Handlexikon der Medizin Verlag Urban amp Schwarzenberg Munchen Wien Baltimore ohne Jahr 1980 Teil III L R S 1943 Brockhaus Enzyklopadie 19 Auflage Verlag F A Brockhaus 17 Band Mannheim 1992 ISBN 3 7653 1117 0 S 332 Peter Reuter Springer Klinisches Worterbuch 2007 2008 Springer Verlag Heidelberg 2007 ISBN 978 3 540 34601 2 S 1486 Robert M Youngson Collins Dictionary of Medicine Harper Collins Glasgow 1992 S 487 The Merck Manual 20 Auflage Kenilworth 2018 ISBN 978 0 911910 42 1 S 1319 Eberhard Buchborn Psychogen ausgeloste Konzentrationsdefekte In Handbuch der inneren Medizin 5 Auflage 8 Band 1 Teil Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1968 ISBN 3 540 02536 7 S 554 558 Richard Fotter Hrsg Pediatric Uroradiology 2 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2008 ISBN 978 3 540 33004 2 S 403 Willibald Pschyrembel Klinisches Worterbuch 268 Auflage Verlag Walter de Gruyter Berlin Boston 2020 ISBN 978 3 11 068325 7 S 1406 Ulrich Kuhlmann Joachim Bohler Friedrich C Luft Mark Dominik Alscher Ulrich Kunzendorf Hrsg Nephrologie 6 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 2015 ISBN 978 3 13 700206 2 S 528 Walter Siegenthaler Werner Kaufmann Hans Hornbostel Hans Dierck Waller Hrsg Lehrbuch der inneren Medizin 3 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1992 ISBN 3 13 624303 X S 347 Walter Siegenthaler Werner Kaufmann Hans Hornbostel Hans Dierck Waller Hrsg Lehrbuch der inneren Medizin 3 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1992 ISBN 3 13 624303 X S 464 f Karl Vossschulte Hanns Gotthard Lasch Fritz Heinrich Hrsg Innere Medizin und Chirurgie 2 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1981 ISBN 3 13 562602 4 S 604 Tabelle 12 3 Gustav Adolf von Harnack Kinderheilkunde 3 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1974 ISBN 3 540 06453 2 S 97 Georg Winfried Schmidt Leitfaden der Sauglings und Kinderheilkunde 5 Auflage Koln Mulheim 1981 S 178 und 236 Tinsley Randolph Harrison Harrisons Innere Medizin 19 Auflage 4 Band McGraw Hill Berlin 2016 ISBN 978 3 88624 560 4 S 3332 f Walter Hadorn Nepomuk Zollner Vom Symptom zur Diagnose 7 Auflage S Karger Verlag Basel Munchen 1979 ISBN 3 8055 2792 6 S 528 Walter Guttmann Medizinische Terminologie Verlag Urban amp Schwarzenberg Berlin Wien 1902 Spalte 791 Allgemeine deutsche Real Encyklopadie fur die gebildeten Stande Conversations Lexikon 11 Auflage 5 Band F A Brockhaus Verlag Leipzig 1865 S 328 f Julius Mahler Kurzes Repetitorium der medizinischen Terminologie 4 Auflage Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1922 S 162 Otto Dornbluth Worterbuch der klinischen Kunstausdrucke Verlag von Veit amp Comp Leipzig 1894 S 106 Herbert Volkmann Hrsg Guttmanns Medizinische Terminologie 30 Auflage Verlag Urban amp Schwarzenberg Berlin Wien 1941 Spalte 763 Franz Volhard Friedrich Suter Nieren und ableitende Harnwege In Handbuch der inneren Medizin 2 Auflage 6 Band 1 Teil Verlag von Julius Springer Berlin 1931 S 177 Walter Siegenthaler Hrsg Differentialdiagnose innerer Krankheiten 15 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 1984 ISBN 3 13 344815 3 S 2 6 Walter Siegenthaler Hrsg Klinische Pathophysiologie 3 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart 1976 ISBN 3 13 449603 8 S 295 Gerd Harald Herold Innere Medizin 2021 Selbstverlag Koln 2020 ISBN 978 3 9821166 0 0 S 803 Maxim Zetkin Herbert Schaldach Lexikon der Medizin 16 Auflage Verlag Ullstein Medical Wiesbaden 1999 ISBN 3 86126 126 X S 1598 Ernst Lauda Lehrbuch der inneren Medizin Springer Verlag 3 Band Wien 1951 S 14 Hans Joachim Sarre Nierenkrankheiten 4 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart 1976 ISBN 3 13 392804 X S 131 und 533 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose 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