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Klassifikation nach ICD 10E26 8 Sonstiger Hyperaldosteronismus Gitelman SyndromICD 10 online WHO Version 2019 Das Gitelman Syndrom ist eine sehr seltene autosomal rezessiv vererbte Nierenkrankheit Es ist eine Tubulopathie Inhaltsverzeichnis 1 Genetik 2 Pathophysiologie 3 Pravalenz 4 Symptome 5 Diagnostik 6 Therapie 7 Verlauf und Prognose 8 Geschichtliches 9 Siehe auch 10 Literatur 11 Einzelnachweise 12 WeblinksGenetik BearbeitenDas fur das Gitelman Syndrom verantwortliche SLC12A3 Gen Solute carrier family 12 sodium potassium chloride transporters member 3 liegt beim Menschen auf Chromosom 16 Genlocus q13 Mutationen im SLC12A3 Gen fuhren zum Gitelman Syndrom Das Gen kodiert das NCC Protein Thiazid sensitiver NaCl Co Transporter NCCT das im distalen Konvolut der Tubuli distal convoluted tubule DCT des Nephrons in den Nieren fur den transepithelialen Transport von Kochsalz NaCl verantwortlich ist Mehr als 180 verschiedene Mutationen die sich uber das gesamte Protein verteilen sind bekannt 1 2 Das Gitelman Syndrom ist genetisch homogen und entsteht fast nur bei loss of function Mutationen im thiazidsensitiven Natrium Chlor Kotransporter des distalen Konvoluts im Tubulus 3 Eine vorgeburtliche Diagnose Pranataldiagnostik des Gitelman Syndroms ist zwar technisch moglich wird aber wegen der relativ guten Prognose der meisten Patienten nicht empfohlen Wichtig ist jedoch eine genetische Beratung Pathophysiologie BearbeitenTatsachliche Tubulopathien mit diuretischer Wirkung sind sehr selten Beispiele sind der Diabetes insipidus renalis 4 als Spezialfall des Diabetes insipidus und das renale Fanconi Syndrom Bei der hereditaren Hartnup Krankheit beim Lowe Syndrom und auch beim Gitelman Syndrom kommt es dagegen nicht zur Polyurie Noch seltener sind isolierte Tubuluskrankheiten mit vergrosserter Ruckresorptionsquote und infolgedessen mit dem Symptom einer tendenziellen Anurie Hier ist das Liddle Syndrom ein Beispiel 5 Man spricht hier von einer krankhaften Funktionsverbesserung englisch gain of function Eine Inaktivierung des NCCT beim Gitelman Syndrom fuhrt zu einer Aktivierung des Renin Angiotensin Aldosteron Systems RAAS Diese RAAS Aktivierung ist also die Folge der reduzierten tubularen Ruckresorption von Natrium und Chlor Durch diesen Salzverlust kommt zur Dehydrierung Das RAAS versucht eine Kompensation So kommt es zu niedrigen Kaliumspiegeln im Blutserum 6 Viele Einzelheiten sind hier noch ungeklart Pravalenz BearbeitenDas Gitelman Syndrom manifestiert sich erst wenn die mutierten Allele in homozygoter Form vorliegen Die Krankheit ist aus diesem Grund ausgesprochen selten 7 Die Pravalenz heterozygoter Merkmalstrager liegt nach Schatzungen mindestens bei 1 8 Auf die Gesamtbevolkerung gerechnet liegt die Pravalenz des Gitelman Syndroms bei etwa 2 100 000 9 oder bei 1 40 000 10 11 Symptome BearbeitenDie Symptome des Gitelman Syndroms treten erstmals im Alter von ungefahr sechs Jahren auf 1 Die Symptome konnen dabei ein breites Spektrum abdecken So verlauft das Gitelman Syndrom in einigen Fallen auch symptomlos Von milden Symptomen wie leichten Muskelkrampfen und Mudigkeit uber Bauchschmerzen und Erbrechen bis hin zu schweren Manifestationen wie krampfartigen Storungen in der Motorik Tetanien vollstandiger Lahmung der Skelettmuskeln Plegien und Auflosung der quergestreiften Muskelfasern Rhabdomyolyse reicht dabei das Spektrum 12 9 Beschrieben werden ausserdem Fieber tetanische Anfalle 13 Obstipationen Gelenkschmerzen eine Chondrokalzinose ein Kleinwuchs 14 mit Wachstumsretardierung und Herzrhythmusstorungen 15 Diagnostik BearbeitenIm Serum sind Renin und Aldosteron erhoht In der Histologie findet man eine Hyperplasie des juxtaglomerularen Apparates Ausserdem zeigt sich oft ein normotones Blutdruckverhalten 16 Im Blut zeigt sich das Gitelman Syndrom durch einen Magnesium und Kaliummangel Hypomagnesiamie bzw Hypokaliamie und im Urin durch eine entsprechend vermehrte Ausscheidung von Magnesium Hypermagnesiurie Im Urin ist des Weiteren eine verminderte Ausscheidung von Calcium Hypokalziurie messbar 17 Die Ursachen der Hypomagnesiamie und der Hypokalziurie sind noch weitgehend unklar 1 Im Gegensatz dazu liegt bei dem verwandten Bartter Syndrom eine Hyperkalziurie vor Bei den betroffenen Patienten manifestiert sich das Gitelman Syndrom noch durch eine hypokaliamische Alkalose durch einen renalem Salzverlust und manchmal auch durch einen erniedrigten Blutdruck arterielle Hypotonie 18 19 7 Im Erwachsenenalter sollte durch toxikologische Untersuchungen diffentialdiagnostisch ein Diuretika Abusus ausgeschlossen werden Therapie BearbeitenDie Therapie erfolgt abhangig von den Symptomen Neben der Gabe von Magnesium Natrium und Kalium Ionen konnen ACE Hemmer und Spironolacton verabreicht werden Verlauf und Prognose BearbeitenDie Prognose ist bei einer entsprechenden Therapie und Therapiekontrolle gunstig Uber die Langzeitauswirkungen liegen noch zu wenige Daten vor Geschichtliches BearbeitenDas Gitelman Syndrom wurde erstmals 1966 von dem Nephrologen Hillel Jonathan Gitelman 1932 bis 2015 beschrieben 20 Er beobachtete entsprechende Symptome bei zwei Schwestern Spater haben Gitelman und seine Kollegen das verantwortliche Gen identifiziert und isoliert 21 Bei einigen Patienten die Symptome des Bartter Syndroms zeigten stellte Gitelman eine Reihe von unterschiedlichen Symptomen fest So bemerkte er dass diese Krankheit im Vergleich zum Bartter Syndrom deutlich spater ausbricht und sich meistens nicht auf die Korperlange der Patienten auswirkt Ebenso entwickeln sie weder eine Polyurie noch eine Polydipsie 22 Es kommt auch nicht zur Niereninsuffizienz Zur Abgrenzung spricht man auch von der Gitelman Variante des Bartter Syndroms Klinisch unterscheidet man das sogenannte true Bartter s syndrome vom Gitelman Syndrom 23 In der Kinder Nephrologie grenzt man das klassische Bartter Syndrom von der thiazid ahnlichen Salzverlusttubulopathie Gitelman Syndrom ab 24 Siehe auch BearbeitenSalzverlust Syndrom Adrenogenitales Syndrom Literatur BearbeitenMichael J Lentze Klaus Heyne Padiatrie Grundlagen und Praxis Springer 2003 ISBN 3 540 43628 6 Karl Lhotta Tubulare Nierenerkrankungen In Wiener klinische Wochenschrift Education 2 2007 S 59 71 doi 10 1007 s11812 007 0023 z Hillel Jonathan Gitelman Hypokalaemia hypomagnesiaemia and alkalosis A rose is a rose or is it In J Paediatr 120 1992 S 79 80 Nine V A M Knoers Elena N Levtchenko Gitelman syndrome In Orphanet J Rare Dis 2008 Jul 30 3 S 22 PMID 18667063 PMC 2518128 freier Volltext Einzelnachweise Bearbeiten a b c I Meij N Knoers Gitelman syndrome In Orphanet encyclopedia Mai 2003 Mark Dominik Alscher Hypokaliamie und Hyperkalieamie In Ulrich Kuhlmann Joachim Bohler Friedrich C Luft Mark Dominik Alscher Ulrich Kunzendorf Hrsg Nephrologie 6 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 2015 ISBN 978 3 13 700206 2 S 335 Tinsley Randolph Harrison Harrisons Innere Medizin 20 Auflage Georg Thieme Verlag Berlin 2020 1 Band ISBN 978 3 13 243524 7 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Syndrom amp oldid 222304129