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Die lex Aquilia lateinisch fur Gesetz des Aquilius war ein Plebiszit aus der Zeit der romischen Republik das Schadenersatzrecht regelte Das Gesetz beschrieb eine Mehrzahl von Deliktstatbestanden und stattete sie mit unterschiedlichen Rechtsfolgen aus 1 Wahrend des Mittelalters und der anschliessenden Neuzeit wurde die rezipierte lex Aquilia dann zunehmend extensiver und allgemeiner angewandt bis sie sich unter der juristischen Auslegungsmethode des usus modernus zu einer Generalklausel entwickelte 2 Das Gesetz ist ein bedeutender Vorlaufer des modernen Schadensrechts Die lex Aquilia soll im Jahr 286 v Chr entstanden und auf den romischen Volkstribun Aquilius zuruckzufuhren sein Wirtschaftshistorische Untersuchungen ergaben dass eine spatere Einfuhrung in Betracht kommt etwa um 200 v Chr 3 begrundet damit dass zum Ende des zweiten punischen Krieges die Wirtschaft in Rom darnieder lag und Geld erheblich an Kaufkraft eingebusst hatte Die aus den XII Tafeln herruhrenden Busssatze seien gesetzlich zu korrigieren gewesen 4 Altere Gesetze zur Sachbeschadigung wurden aufgehoben Das Gesetz eroffnete die Rechtsauslegung durch die Pratoren Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Tatbestand 3 Klageart 4 Fernwirkung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAufbau BearbeitenDie lex Aquilia war in drei Kapitel gegliedert wobei das zweite Kapitel ausser Gebrauch kam 5 Das erste Kapitel befasste sich mit der Totung von Sklaven und Vieh Da auf den Jahreshochstwert abgestellt wurde finden sich darin noch Reste des alten Privatstrafrechts 4 Das vermutlich spater angefugte dritte Kapitel regelte andere Sachbeschadigungen Hier jedoch war nur der Wert der Sache zu ersetzen die diese in den vergangenen 30 Tagen hochstens wert gewesen war Insoweit handelte es sich um Schadensersatz ohne den Charakter einer Bussvorschrift Beide Kapitel sind wortgetreu erhalten geblieben Sie wurden im 7 Buch zum Provinzialedikt des Gaius sowie im 18 Buch zum Edikt des Ulpian wiedergegeben und finden sich in den Digesten 6 wieder 7 Tatbestand BearbeitenAnfanglich fuhrte jede objektiv rechtswidrige Sachbeschadigung zu Schadensersatzanspruchen Spater wurde die Schuld zum zusatzlichen Handlungselement herangezogen vorsatzliche oder fahrlassige Begehweise was den Anwendungsbereich des Gesetzes einschrankte Tatbestandlich war im Sinne beider Kapitel ein damnum iniuria datum notig also ein widerrechtlich zugefugter Schaden 8 Vorausgesetzt war Handeln im Wege positiven Tuns und dieses musste fur den Schadenseintritt kausal sein Positives Tun hiess korperliches Tatigwerden damnum corpore datum des Taters 9 10 11 Auch hier unterlag das Gesetz einem Wandel denn man ging dazu uber dass auch mittelbare Schadigungen zum Schadensersatz verpflichteten Der Begriff damnum dessen ursprungliche Bedeutung nicht sicher ist bezeichnete im Sinne der lex Aquilia eine von einem Tater verursachte Vermogensbeeintrachtigung 12 Voraussetzung fur die Klage ex lege Aquiliae war nach Kapitel 1 ein durch Toten occidere eines fremden Sklaven oder vierbeinigen Herdentieres beziehungsweise nach dem allgemeiner formulierten nicht auf Sklaven und vierfussige Herdentiere beschrankten dritten Kapitel durch Verbrennen urere Zerbrechen frangere oder Zerreissen rumpere einer Sache erlittener Schaden 13 Zu unterscheiden von dem nach Kapitel 1 vorausgesetzten occidere das restriktiv im Sinne von Totung durch unmittelbares Handanlegen quasi manu ausgelegt wurde war die mittelbare Verursachung des Todes causam mortis praebere oder causam mortis praestare 14 In solch einem Fall war die lex Aquilia nicht unmittelbar anwendbar 15 Genauso wenig anwendbar war die lex Aquilia bei Schadigungen an Freien wie etwa an einem filius familias 16 Fur derartige Falle der mittelbaren Kausalitat oder der Schadigung an Freien wurde die Haftung ex lege Aquiliae bereits zu republikanischer Zeit durch Gewahrung analoger pratorischer Klagen bezeichnet als actiones in factum oder actiones utiles 17 erweitert 15 18 Ebenso schon zu republikanischer Zeit wurde rumpere aus Kapitel 3 in corrumpere zerstoren verderben beschadigen gedeutet also ausgeweitet 15 19 Einheitlich nach beiden Kapiteln musste die Tat ferner iniuria geschehen sein 10 20 Hierfur war zunachst zu prufen ob die schadigende Handlung non iure rechtswidrig herbeigefuhrt wurde Die Rechtswidrigkeit war durch die Verwirklichung des Tatbestands indiziert Gerechtfertigt beziehungsweise entschuldigt sein konnte die Tat etwa durch Notwehr Notstand rechtmassige Eingriffe eines Magistrats oder Einwilligung des Geschadigten 21 22 23 Spater wurde in die Rechtswidrigkeit das Verschulden in Form von Vorsatz dolus und Fahrlassigkeit culpa hineingelegt 10 Die iniuria wurde dementsprechend bejaht wenn jemand vorsatzlich oder fahrlassig vorgegangen war Vorsatzlich handelte dabei wer den schadigenden Erfolg seiner Tat vorhersah und billigte wohingegen Fahrlassigkeit als die Ausserachtlassung der gebotenen Sorgfalt verstanden wurde Klageart BearbeitenBei den Klagearten war nach Gaius zunachst je nach Klageziel zwischen sachverfolgenden Klagen und Strafklagen zu unterscheiden die nebeneinander erhoben werden konnten 24 Ziel der Strafklagen actiones poenales war einerseits Schadensersatz daneben im Sinne des Kapitels 1 eine vom Tater zu leistende Busse poena die ein Vielfaches des Schadens ausmachen konnte Von den rein sachverfolgenden Klagen und den reinen Strafklagen waren die gemischten Klagen zu differenzieren in denen beide Klagezwecke miteinander verbunden waren 25 Diese actiones mixtae konnten weder neben anderen Strafklagen noch neben anderen sachverfolgenden Klagen geltend gemacht werden 10 Die actio legis Aquiliae ist ob ihrer passiven Unvererblichkeit sowie der Noxalitat als Strafklage mit Sachverfolgungsfunktion zu den gemischten Klagen zu zahlen 26 Als solche stand sie in einem elektiven Konkurrenzverhaltnis zu anderen Klagen der Geschadigte hatte die Wahl welche Klage er geltend machte 20 Bei mehreren Handlungen etwa bei der Verletzung eines Sklaven und spateren Totung war der Tater jedoch sowohl fur die Verletzung als auch fur die Totung haftbar 27 Wurde der Beklagte nach dem ersten Kapitel belangt so musste er dem Eigentumer so viel zahlen wie die Sache im letzten Jahr hochstens wert war darin ist wohl ein ponales Element erkennbar Wenn er aus dem dritten Kapitel belangt wurde musste er so viel zahlen wie die Sache in den vergangenen 30 Tagen hochstens wert gewesen war Die Grunde fur diese Wertbemessung sind in der Forschung umstritten Fernwirkung BearbeitenDie lex Aquilia ist ein fruher Vorlaufer des deutschen 823 Abs 1 BGB 28 Literatur BearbeitenPeter Apathy Georg Klingenberg Herwig Stiegler Einfuhrung in das Romische Recht 2 verb Auflage Bohlau Verlag Wien 1975 ISBN 3 205 98950 3 Nikolaus Benke Franz Stefan Meissel Ubungsbuch Romisches Schuldrecht Manz sche Verlags u Universitatsbuchhandlung 2009 ISBN 3 214 14959 8 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 280 f Einzelnachweise Bearbeiten Corpus iuris civilis Text und Ubersetzung II Digesten 1 10 gemeinschaftlich ubersetzt und herausgegeben von Okko Behrends Rolf Knutel Berthold Kupisch Hans Hermann Seiler mit Beitragen von Peter Apathy u a 1995 S 733 ff Hans Peter Benohr Die Redaktion der Paragraphen 823 und 826 BGB In Reinhard Zimmermann u a Hrsg Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik C F Muller Heidelberg 1999 S 499 ff 502 f Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 280 f a b Uwe Wesel Geschichte des Rechts Von den Fruhformen bis zur Gegenwart 3 uberarbeitete und erweiterte Auflage Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 47543 4 S 185 189 186 f Vgl Ulpian D 9 2 27 4 Digesten 9 2 2 pr und 9 2 27 5 Paul Jors Wolfgang Kunkel Leopold Wenger Romisches Recht 4 Auflage New York Berlin Heidelberg 1987 neu bearbeitet von Heinrich Honsell Theo Mayer Maly Walter Selb S 368 Theo Mayer Maly Die Klagenkonkurrenz im romischen Recht Zur Geschichte der Scheidung von Schadensersatz und Privatstrafe Gottingen 1972 S 164 Inst 4 3 16 a b c d Max Kaser Rolf Knutel Romisches Privatrecht 19 Auflage C H Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57623 2 36 Rn 3 51 Rn 11 Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 218 Dazu Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 205 f Reinhard Zimmermann The Law of Obligations Roman Foundations of the Civilian Tradition Nachdruck Munchen 1996 S 957 Dazu Dieter Norr Causa mortis Auf den Spuren einer Redewendung Munchen 1986 S 121 ff a b c Heinrich Honsell Romisches Recht 7 Auflage Berlin Heidelberg 2010 S 169 Reinhard Zimmermann The Law of Obligations Roman Foundations of the Civilian Tradition Nachdruck Munchen 1996 S 1014 f Zur Differenzierung der Begriffe Reinhard Zimmermann The Law of Obligations Roman Foundations of the Civilian Tradition Nachdruck Munchen 1996 S 993 ff Max Kaser Rolf Knutel Romisches Privatrecht 19 Auflage C H Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57623 2 51 Rn 14 Herbert Hausmanninger Das Schadensersatzrecht der lex Aquilia 5 Auflage Wien 1996 S 12 a b Paul Jors Wolfgang Kunkel Leopold Wenger Romisches Recht 4 Auflage New York Berlin Heidelberg 1987 neu bearbeitet von Heinrich Honsell Theo Mayer Maly Walter Selb S 365 Reinhard Zimmermann The Law of Obligations Roman Foundations of the Civilian Tradition Nachdruck Munchen 1996 S 999 ff Heinrich Honsell Romisches Recht 7 Auflage Berlin Heidelberg 2010 S 168 f Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 216 ff Max Kaser Rolf Knutel Romisches Privatrecht 19 Auflage C H Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57623 2 35 Rn 12 Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 187 Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 209 m w N Nils Jansen Die Struktur des Haftungsrechts Geschichte Theorie und Dogmatik ausservertraglicher Anspruche auf Schadensersatz Jus privatum 76 XXI Tubingen 2003 S 209 Rolf Knutel Ausgewahlte Schriften hrsg von Holger Altmeppen Sebastian Lohsse Ingo Reichard Martin Schermaier C F Muller Heidelberg 2021 ISBN 978 3 8114 5269 5 S 1086 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lex Aquilia amp oldid 237766359