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Als Generalklausel bezeichnet man in der Rechtswissenschaft eine Rechtsnorm deren Tatbestand weit gefasst ist Weil die Rechtsprechung Generalklauseln konkretisieren muss spricht man auch von Lucken intra legem lat innerhalb des Gesetzes bzw von Delegationslucken Inhaltsverzeichnis 1 Grunde fur Generalklauseln 2 Beispiele 2 1 Deutschland 2 2 Osterreich 2 3 Schweiz 3 Bedeutung der Generalklauseln im Nationalsozialismus 4 Literatur 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseGrunde fur Generalklauseln BearbeitenFur den Einsatz von Generalklauseln gibt es im Wesentlichen drei Grunde Es ist unmoglich alle kunftig denkbaren Sachverhalte zu antizipieren die unter die Norm fallen sollen So arbeitet beispielsweise das Lauterkeitsrecht mit einer Generalklausel in Kombination mit konkretisierenden Spezialtatbestanden weil der Markt immer wieder neue Verhaltensweisen entstehen lasst die als unlauter angesehen werden mussen Auch wandelnden Wertmassstaben und Anschauungen kann mit Generalklauseln Rechnung getragen werden ohne dass das Gesetz angepasst werden musste Zu nennen sind hier die Generalklauseln die auf die guten Sitten abstellen So ware der Vertrag eines unverheirateten Paares uber die Unterbringung in einem Hotel vor einigen Jahrzehnten wohl fur unsittlich und damit nichtig gehalten worden was heute nicht mehr der Fall ist Offene Formulierungen konnen sodann Ausdruck von Schwierigkeiten sein im Gesetzgebungsprozess einen Konsens zu finden Der Gesetzgeber delegiert den politisch heiklen Entscheid damit an die Gerichte Gegen die Verwendung von Generalklauseln spricht die mangelnde Rechtssicherheit Immerhin wird dies aber aufgrund der Konkretisierung durch die Rechtsprechung im Lauf der Zeit verbessert Eine weitere sensible Frage ist wie die Generalklauseln mit Inhalt gefullt werden es konnen hier auch Unrechtsideologien Tur und Tor geoffnet werden Der verantwortungsvolle Umgang mit den Generalklauseln ist der gesellschaftlichen Kontrolle unterlegen demgegenuber die Gefahren des Missbrauchs abgewagt werden mussen Beispiele BearbeitenDeutschland Bearbeiten Der Schuldner ist verpflichtet die Leistung so zu bewirken wie Treu und Glauben mit Rucksicht auf die Verkehrssitte es erfordern 242 BGB Gegen Treu und Glauben verstosst jede rechtsmissbrauchliche Handlung Die Fallgruppen hierzu sind in der Rechtsprechung differenziert ausgearbeitet worden Wer im geschaftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt die gegen die guten Sitten verstossen kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden 1 a F UWG Zu dieser Klausel hatte die Lehre einige Fallgruppen entwickelt Kundenfang Behinderung Ausbeutung und Rechtsbruch Hefermehlsche Fallgruppen Diese sollten die weit gefasste Generalklausel praktikabler machen Im neuen UWG seit der Neufassung vom 3 Juli 2004 BGBl I S 1414 gibt es mit 3 UWG eine weniger weit reichende Generalklausel sowie Regeltatbestande in 4 6 UWG Im Polizei und Ordnungsrecht der Lander und auch im BPolG gelten die polizei und ordnungsrechtlichen Generalklauseln eine Befugnis die einen Vorlaufer im Preussischen Allgemeinen Landrecht ALR Paragraph 10 II 17 ALR von 1794 hatte Weitere Generalklauseln 157 BGB Sittenwidrigkeit 826 BGB Treu und Glauben 242 138 314 626 BGB und Verstoss gegen das Transparenzgebot 307 Abs 1 Satz 2 BGB Osterreich Bearbeiten Ein Vertrag der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstosst ist nichtig 879 Abs 1 ABGB entsprechend 134 138 BGB Die Sittenwidrigkeit ist kein objektiv greifbarer Tatbestand sondern subjektiv von der Gesellschaft vorgegeben und kann sich auch im Lauf der Zeit andern Der OGH hat zum Beispiel entschieden dass Bierbezugsbindungsvertrage mit einer Laufzeit von 30 Jahren gegen die guten Sitten verstossen weil man dadurch zu stark in seiner Freiheit eingeschrankt wird Schweiz Bearbeiten Jedermann hat in der Ausubung seiner Rechte und in der Erfullung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln Art 2 Abs 1 ZGB Treu und Glauben Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufugt Art 41 Abs 2 OR Sittenwidrigkeit Unlauter und widerrechtlich ist jedes tauschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschaftsgebaren welches das Verhaltnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst Art 2 UWG unlauteres Verhalten Bedeutung der Generalklauseln im Nationalsozialismus BearbeitenDie Rechtsprechung verfolgte zur Zeit des Nationalsozialismus die Aufgabe den konkreten Inhalt der Begriffe der Generalklauseln fur die praktische Anwendung nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus zu bestimmen Dies wird v a durch folgende Urteile deutlich Der Begriff eines Verstosses gegen die guten Sitten wie er in 138 BGB enthalten ist erhalt seinem Wesen nach den Inhalt durch das seit dem Umbruch herrschende Volksempfinden die nationalsozialistische Weltanschauung 1 Die in den volkischen Lebens und Sittengesetzen beruhende Grundanschauung des Nationalsozialismus hat Allgemeingultigkeit fur die Auslegung und die Beurteilung von bestehenden Gesetzen und Vertragen und von ihr aus bestimmt sich der Inhalt der Begriffe Treu und Glauben und der guten Sitten 2 Durch eine derartige Auslegung der Generalklauseln v a des 138 BGB und 242 BGB war es moglich bereits bestehende Vertragsanspruche z B Ruhegeldanspruche judischer Angestellter mit der Begrundung herabzusetzen dies sei mit dem an der nationalsozialistischen Weltanschauung ausgerichteten Volksbewusstsein nicht zu vereinbaren 3 Bedeutung hatte die Heranziehung der Generalklauseln im Nationalsozialismus damit v a einem politisch vorbestimmten Ergebnis den Schein einer Begrundung aus dem positiven Recht zu sichern Es zeigt sich eine ungemeine Elastizitat und Anpassungsfahigkeit der Generalklauseln Der Richter erhielt auf diese Weise bei einer solchen Klauselanwendung eine Macht uber den Bestand von Rechtsanspruchen die ausserlich der eines Gesetzgebers ahnlich sieht 4 Literatur BearbeitenErnst A Kramer Juristische Methodenlehre 2 Auflage Stampfli u a Bern u a 2005 ISBN 3 7272 9459 0 Andreas Wallkamm Generalklauseln Normen im Spannungsfeld von Flexibilitat und Rechtsstaatswidrigkeit Uber das Verhaltnis von Recht und Politik in Rechtstheorie 39 2008 507 ff Siehe auch BearbeitenUnbestimmter Rechtsbegriff Sittenwidrigkeit Treu und Glauben RechtsfortbildungEinzelnachweise Bearbeiten Beschluss vom 13 Marz 1936 RGZ 150 S 1 4 Urteil des 3 Senates vom 28 Januar 1943 JW 1943 S 610 Entscheidung des Reichsgerichts in Arbeitsrechts Sammlung 38 S 262 Ruthers Bernd Die unbegrenzte Auslegung 5 Auflage C F Muller Verlag 1997 Heidelberg S 227 232 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4020109 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Generalklausel amp oldid 209183125