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Die Kristallmorphologie ist ein Begriff aus der Kristallographie und der Mineralogie und beschreibt die Form eines Kristalls der aus geometrisch bestimmten Flachen Kanten und Ecken besteht Zwei aneinander stossende Kristallflachen bilden dabei eine Kristallkante und mindestens drei Kanten eine Kristallecke Je nach Kristallsystem und Kristallklasse schliessen die Kanten dabei bestimmte fur die betreffende Kristallklasse charakteristische Winkel ein Um die Lage von Kristallflachen und kanten im Raum mathematisch zu beschreiben bedient sich der Mineraloge verschiedener Indizes Mit den Millerschen Indizes hkl wird dabei die Lage der Flachen in Bezug auf das Achsensystem des Kristalls beschrieben mit den Richtungsindizes uvw die Richtung der Kanten Inhaltsverzeichnis 1 Kristallflache 2 Kristallform 2 1 Einteilung 2 1 1 Offene und geschlossene Formen 2 1 2 Allgemeine spezielle und Grenzformen 2 2 Begriffliche Abgrenzung 2 3 Kristallformen nach Kristallsystem 2 3 1 Triklines Kristallsystem 2 3 2 Monoklines Kristallsystem 2 3 3 Orthorhombisches Kristallsystem 2 3 4 Tetragonales Kristallsystem 2 3 5 Trigonales Kristallsystem 2 3 6 Hexagonales Kristallsystem 2 3 7 Kubisches Kristallsystem 3 Morphologische Gesetze 3 1 Das Gesetz der Winkelkonstanz 3 2 Das Rationalitatsgesetz 3 3 Das Bravaissche Gesetz 3 4 Donnay Harker Regel 3 5 Die Goldschmidtsche Komplikationsregel 3 6 Periodic Bond Chain 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksKristallflache Bearbeiten nbsp Kombination Wurfel 100 mit Oktaeder 111 wurfeliger Habitus nbsp gleiche Tracht 100 und 111 aber oktaedrischer HabitusDie Kristallflachen bilden die aussere Begrenzung des Kristallkorpers und liegen parallel zu den Gitter bzw Netzebenen der dem Kristall innewohnenden Kristallstruktur die wiederum von seiner chemischen Zusammensetzung abhangt Durch Symmetrieoperationen ineinander uberfuhrbare kristallographische Flachen heissen Form siehe unten Abschnitt Kristallform Die Kombination der ausgebildeten Formen heisst Tracht Dieser Begriff ist nicht zu verwechseln mit dem Habitus der die geometrische Ausdehnung eines Kristalls beschreibt vgl die beiden Abbildungen rechts Der Habitus kann z B stangelig faserig plattig oder isometrisch sein Kristallflachen bilden sich bevorzugt an den Netzebenen die die dichteste Packung grosste Anzahl von Atomen und gleichzeitig moglichst wenig freie offene Valenzen aufweisen chemische Neutralitat Bei idealen Kristallen besitzen die Flachen eine klare Geometrie Dreieck Viereck Sechseck und bilden zusammen regelmassige Korper siehe platonischer Korper catalanischer Korper Bei Kristallen die ihre Eigengestalt storungsfrei voll entwickeln konnten spricht man auch von idiomorphen Kristallen Welche Gestalt dies ist bestimmt die jeweilige Kristallklasse der der Kristall angehort Ein idiomorpher Kristall ist daher nicht gleichzusetzen mit einem holoedrischen Kristall Naturliche Kristalle bilden sich nur selten in der idealen Form bedingt durch Storungen der Stoffzufuhr und das anisotrope Verhalten beim Wachsen des Kristalls wahrend der Kristallisation oder durch gegenseitige Behinderung bei vielen gleichzeitig entstehenden Kristallen z B bei schneller Abkuhlung Kristallflachen konnen somit verzerrt sein oder sogar ganz fehlen Sie stehen jedoch zum einen immer konvex zueinander was bedeutet dass sie sich vom Kristallmittelpunkt wegbeugen und zum anderen bleiben trotz aller Verformungen die Winkel zwischen den Flachen immer konstant Bei Kristallen die ihre Eigengestalt aufgrund der genannten Storungen nur teilweise entwickeln konnten spricht man von hypidiomorphen Kristallen Wird ein Kristall wahrend des Wachstums so sehr gestort dass er seine Eigengestalt gar nicht entwickeln konnte spricht man von xenomorphen Kristallen Kristallform Bearbeiten nbsp Beispiel fur die Kombination einer offenen Form hexagonales Prisma mit einer geschlossenen Rhomboeder In der Kristallographie bezeichnet man als Form seltener Kristallform oder Flachenform engl form crystal form face form frz forme 1 die Gesamtheit aller zueinander symmetrieaquivalenten Kristallflachen Eine Kristallform wird mit dem Symbol hkl bezeichnet also den millerschen Indizes hkl einer der Flachen in geschweiften Klammern Beispielsweise bezeichnet man mit 100 displaystyle 100 nbsp im kubischen Kristallsystem die aufgrund der kubischen Symmetrie aquivalenten Ebenen 100 displaystyle 100 nbsp 1 00 displaystyle bar 1 00 nbsp 010 displaystyle 010 nbsp 0 1 0 displaystyle 0 bar 1 0 nbsp 001 displaystyle 001 nbsp und 00 1 displaystyle 00 bar 1 nbsp was den sechs Oberflachen eines Wurfels entspricht Einteilung Bearbeiten Offene und geschlossene Formen Bearbeiten Kristallformen konnen geschlossene Korper Polyeder wie Wurfel oder Oktaeder bilden Daneben gibt es aber auch offene Formen wie das Pinakoid Prismen und Pyramiden solche offenen Formen mussen an einem Kristall mit anderen Formen kombiniert sein Man beachte dass die Basisflachen von Prismen oder Pyramiden anders als in der Schulgeometrie nicht zur Form dazugehoren sie sind namlich nicht symmetrieaquivalent zu den eigentlichen Prismen oder Pyramidenflachen Ein tetragonales quadratisches Prisma hat in der Kristallographie also vier nicht sechs Flachen Insgesamt gibt es 17 offene 18 wenn man das Dieder in Doma und Sphenoid unterteilt und 30 geschlossene Sorten kristallographischer Formen 2 1 Allgemeine spezielle und Grenzformen Bearbeiten Daneben unterscheidet man allgemeine Formen Die allgemeine Form hkl bzw hkil geht aus einer Flache allgemeiner Lage hkl bzw hkil hervor d h die Flache liegt nicht parallel oder senkrecht zu einer Spiegelebene oder senkrecht zu einer Drehachse die Indizes h k l bzw h k i l sind im Allgemeinen nicht null aber paarweise verschieden Andernfalls handelt es sich um spezielle Formen spezielle Formen Grenzformen Sie nehmen eine Zwischenstellung ein sie haben die gleiche Flachenzahl und Symmetrie wie die allgemeine Form sind jedoch wie eine spezielle Form parallel oder senkrecht zu einer Spiegelebene oder senkrecht zu einer Drehachse Zum Beispiel ist die allgemeine Form der Kristallklasse 3 die trigonale Pyramide hkil wird der Index l immer kleiner die Flachen also immer steiler so ergibt sich als Grenzform das trigonale Prisma hki0 Eine spezielle Form in dieser Kristallklasse ware die Basisflache das Pedion 0001 Begriffliche Abgrenzung Bearbeiten Die kristallographische Bedeutung des Begriffs Kristallform unterscheidet sich deutlich von der umgangssprachlichen die Form eines Kristalls im umgangssprachlichen Sinn wird eher durch die Fachbegriffe Tracht und Habitus beschrieben Ein einzelner Kristall hat genau eine Tracht und einen Habitus aber in der Regel mehrere kristallographische Formen vgl die Abbildung links Insbesondere in der Kristallographie organischer Molekulverbindungen und biologischer Makromolekule wird mit dem Begriff Kristallform haufig eine Modifikation im Sinne der Polymorphie bezeichnet die sich in der Packung der Molekule und damit in der Regel in der Raumgruppe und den Gitterparametern von anderen Kristallformen unterscheidet Kristallformen nach Kristallsystem Bearbeiten Die folgenden Tabellen geben einen Uberblick uber alle Formen der 32 Kristallklassen Nebeneinander stehen zunachst die allgemeine Form hkl dann die speziellen und Grenzformen Angegeben ist jeweils der Name der Form mit Synonymen sowie die Zahl der Flachen Triklines Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse hkl 1 displaystyle 1 nbsp triklin pedial nbsp Pedion 1 1 displaystyle bar 1 nbsp triklin pinakoidal nbsp Pinakoid 2 Monoklines Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse allgemeine Form Grenzformen spezielle Formen hkl h0l 010 2 displaystyle 2 nbsp monoklin sphenoidisch nbsp Sphenoid 2 Klino Pinakoid 2 Pedion 1 m displaystyle m nbsp monoklin domatisch nbsp Doma 2 Pedion 1 Ortho Pinakoid 2 2 m displaystyle frac 2 m nbsp monoklin prismatisch monoklines Prisma 4 Klino Pinakoid 2 Ortho Pinakoid 2 Orthorhombisches Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse allgemeine Form Grenzformen spezielle Formen hkl hk0 h0l und 0hl 100 und 010 001 m m 2 displaystyle mm2 nbsp rhombisch pyramidal nbsp rhombische Pyramide 4 nbsp rhombisches Prisma 4 Doma 2 Pinakoid 2 Pedion 1 222 displaystyle 222 nbsp rhombisch disphenoidisch nbsp rhombisches Disphenoid 4 nbsp rhombisches Prisma 4 nbsp rhombisches Prisma 4 Pinakoid 2 2 m 2 m 2 m displaystyle frac 2 m frac 2 m frac 2 m nbsp rhombisch dipyramidal nbsp rhombische Dipyramide 8 nbsp rhombisches Prisma 4 nbsp rhombisches Prisma 4 Pinakoid 2 Tetragonales Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse hkl h0l hhl hk0 100 und 110 001 4 displaystyle 4 nbsp tetragonal pyramidal nbsp tetragonale Pyramide 4 nbsp tetragonales Prisma 4 Pedion 1 4 displaystyle bar 4 nbsp tetragonal disphenoidisch nbsp tetragonales Disphenoid 4 nbsp tetragonales Prisma 4 Pinakoid 2 4 m displaystyle frac 4 m nbsp tetragonal dipyramidal nbsp tetragonale Dipyramide 8 nbsp tetragonales Prisma 4 Pinakoid 2 4 m m displaystyle 4mm nbsp ditetragonal pyramidal nbsp ditetragonale Pyramide 8 nbsp tetragonale Pyramide 4 nbsp ditetragonales Prisma 8 nbsp tetragonales Prisma 4 Pedion 1 4 2 m displaystyle bar 4 2m nbsp tetragonal skalenoedrisch nbsp tetragonales Skalenoeder 8 nbsp tetragonale Dipyramide 8 nbsp tetragonales Disphenoid 4 nbsp ditetragonales Prisma 8 nbsp tetragonales Prisma 4 Pinakoid 2 422 displaystyle 422 nbsp tetragonal trapezoedrisch nbsp tetragonales Trapezoeder 8 nbsp tetragonale Dipyramide 8 nbsp ditetragonales Prisma 8 nbsp tetragonales Prisma 4 Pinakoid 2 4 m 2 m 2 m displaystyle frac 4 m frac 2 m frac 2 m nbsp ditetragonal dipyramidal nbsp ditetragonale Dipyramide 16 nbsp tetragonale Dipyramide 8 nbsp ditetragonales Prisma 8 nbsp tetragonales Prisma 4 Pinakoid 2 Trigonales Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse hkil h0h l hh 2h l hki0 101 0 112 0 0001 3 displaystyle 3 nbsp trigonal pyramidal nbsp trigonale Pyramide 3 nbsp trigonales Prisma 3 Pedion 1 3 displaystyle bar 3 nbsp rhomboedrisch nbsp Rhomboeder 6 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 3 m displaystyle 3m nbsp ditrigonal pyramidal nbsp ditrigonale Pyramide 6 nbsp trigonale Pyramide 3 nbsp hexagonale Pyramide 6 nbsp ditrigonales Prisma 6 nbsp trigonales Prisma 3 nbsp hexagonales Prisma 6 Pedion 1 32 displaystyle 32 nbsp trigonal trapezoedrisch nbsp trigonales Trapezoeder 6 nbsp Rhomboeder 6 nbsp trigonale Dipyramide 6 nbsp ditrigonales Prisma 6 nbsp hexagonales Prisma 6 nbsp trigonales Prisma 3 Pinakoid 2 3 2 m displaystyle bar 3 frac 2 m nbsp ditrigonal skalenoedrisch nbsp ditrigonales Skalenoeder 12 nbsp Rhomboeder 6 nbsp hexagonale Diyramide 12 nbsp dihexagonales Prisma 12 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 Hexagonales Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse hkil h0h l hh 2h l hki0 101 0 112 0 0001 6 displaystyle 6 nbsp hexagonal pyramidal nbsp hexagonale Pyramide 6 nbsp hexagonales Prisma 6 Pedion 1 6 displaystyle bar 6 nbsp trigonal dipyramidal nbsp trigonale Dipyramide 6 nbsp trigonales Prisma 3 Pinakoid 2 6 m displaystyle frac 6 m nbsp hexagonal dipyramidal nbsp hexagonale Dipyramide 12 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 6 m m displaystyle 6mm nbsp dihexagonal pyramidal nbsp dihexagonale Pyramide 12 nbsp hexagonale Pyramide 6 nbsp dihexagonales Prisma 12 nbsp hexagonales Prisma 6 Pedion 1 6 m 2 displaystyle bar 6 m2 nbsp ditrigonal dipyramidal nbsp ditrigonale Dipyramide 12 nbsp trigonale Dipyramide 6 nbsp hexagonale Diyramide 12 nbsp ditrigonales Prisma 6 nbsp trigonales Prisma 3 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 622 displaystyle 622 nbsp hexagonal trapezoedrisch nbsp hexagonales Trapezoeder 12 nbsp hexagonale Dipyramide 12 nbsp dihexagonales Prisma 12 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 6 m 2 m 2 m displaystyle frac 6 m frac 2 m frac 2 m nbsp dihexagonal dipyramidal nbsp dihexagonale Dipyramide 24 nbsp hexagonale Dipyramide 12 nbsp dihexagonales Prisma 12 nbsp hexagonales Prisma 6 Pinakoid 2 Kubisches Kristallsystem Bearbeiten Kristallklasse hkl hhl h gt l hll h gt l hk0 spezielle Formen 111 110 100 23 displaystyle 23 nbsp tetraedrisch pentagondodekaedrisch nbsp tetraedrisches Pentagondodekaeder Pentagon Tritetraeder Tetartoeder 12 nbsp Deltoiddodekaeder Tetragon Tritetraeder 12 nbsp Triakistetraeder Tristetraeder Trigon Tritetraeder 12 nbsp Pentagondodekaeder Pyritoeder 12 nbsp Tetraeder 4 nbsp Rhombendodekaeder Granatoeder 12 nbsp Wurfel Hexaeder 6 2 m 3 displaystyle frac 2 m bar 3 nbsp disdodekaedrisch nbsp Disdodekaeder Dyakisdodekaeder Diploeder Diploid 24 nbsp Triakisoktaeder Trisoktaeder Trigon Trioktaeder 24 nbsp Deltoidikositetraeder Ikositetraeder Tetragon Trioktaeder Trapezoeder Leucitoeder 24 nbsp Pentagondodekaeder Pyritoeder 12 nbsp Oktaeder 8 nbsp Rhombendodekaeder Granatoeder 12 nbsp Wurfel Hexaeder 6 432 displaystyle 432 nbsp pentagonikositetraedrisch nbsp Pentagonikositetraeder Gyroeder Gyroid 24 nbsp Triakisoktaeder 24 nbsp Deltoidikositetraeder 24 nbsp Tetrakishexaeder Tetrahexaeder 24 nbsp Oktaeder 8 nbsp Rhombendodekaeder Granatoeder 12 nbsp Wurfel Hexaeder 6 4 3 m displaystyle bar 4 3m nbsp hexakistetraedrisch nbsp Hexakistetraeder Hexatetraeder 24 nbsp Deltoiddodekaeder Tetragon Tritetraeder 12 nbsp Triakistetraeder 12 nbsp Tetrakishexaeder Tetrahexaeder 24 nbsp Tetraeder 4 nbsp Rhombendodekaeder Granatoeder 12 nbsp Wurfel Hexaeder 6 4 m 3 2 m displaystyle frac 4 m bar 3 frac 2 m nbsp hexakisoktaedrisch nbsp Hexakisoktaeder Hexaoktaeder 48 nbsp Triakisoktaeder 24 nbsp Deltoidikositetraeder 24 nbsp Tetrakishexaeder Tetrahexaeder 24 nbsp Oktaeder 8 nbsp Rhombendodekaeder Granatoeder 12 nbsp Wurfel Hexaeder 6 Morphologische Gesetze BearbeitenDas Gesetz der Winkelkonstanz Bearbeiten nbsp Winkelkonstanz bei idealem und verzerrtem KristallwachstumDas Gesetz der Winkelkonstanz besagt Alle zur selben Kristallart gehorenden Einzelkristalle schliessen zwischen analogen Flachen gleichen Druck gleiche Temperatur und gleiche chemische Zusammensetzung vorausgesetzt stets gleiche Winkel ein Der Dane Niels Stensen lat Nicolaus Steno bemerkte um 1669 bei der Untersuchung von Quarz dass die Flachen der Kristalle unabhangig von ihrer Grosse und Form immer gleiche Winkel bilden Er vermutete dass dies eine Eigenschaft aller Mineralkristalle sei 3 Bestatigt wurde diese Vermutung nach weiteren Vorarbeiten durch Torbern Olof Bergman schliesslich von Jean Baptiste Rome de L Isle Rome de L Isle und sein Assistent Arnould Carangeot vermassen systematisch Kristalle mit dem von Carangeot entwickelten Anlegegoniometer 1783 veroffentlichte Rome de L Isle eine detaillierte Beschreibung von 500 Kristallarten die auf diesen Messungen basierte 4 Dabei konnte er empirisch bestatigen dass das Gesetz der Winkelkonstanz wie von Steno vermutet fur jede Kristallart gilt Rome de L Isles systematische Messungen und der daraus folgende induktive Beweis des Gesetzes der Winkelkonstanz sind das erste Beispiel fur wissenschaftliches methodisch empirisches Vorgehen in der Kristallographie Insofern kann Rome de L Isle als Begrunder der wissenschaftlichen Kristallographie gelten Wenn man bedenkt auf welche Weise Kristalle wachsen ist dieses Gesetz nur logisch Die chemische Zusammensetzung und die Bindungsart der Grundbausteine eines Minerals bestimmt die Ausbildung des Kristallsystems mit den entsprechenden Atomen und Molekulen an den Kreuzungspunkten des Raumgitters Weitere Atome werden immer parallel zu den einzelnen Ebenen des Raumgitters eingebaut Durch Konvektionsstrome innerhalb der mineralischen Losung kommt es zur unregelmassigen Verteilung der aufbauenden Atome und damit zur Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Flachen Dennoch bleiben die Winkel zwischen den Ebenen des Raumgitters durch das vorbestimmte Kristallsystem zwingend erhalten Das Rationalitatsgesetz Bearbeiten nbsp Aufbau eines irregularen Dodekaeders aus wurfelformigen Einheiten Abbildung aus Hauys Traite de Mineralogie 1801Das Rationalitatsgesetz auch Rationalitatsprinzip Gesetz der rationalen Verhaltnisse oder Gesetz der rationalen Indizes besagt dass sich alle Kristallflachen und alle Kanten durch rationale Indizes darstellen lassen Die Indizes sind immer kleine ganze Zahlen Das gilt sowohl fur die Weiss schen Indizes m n p als auch fur deren Kehrwerte die spater eingefuhrten Millerschen Indizes hkl Das Rationalitatsgesetz in dieser Formulierung wurde 1809 von Christian Samuel Weiss eingefuhrt 5 Im Ansatz findet sich dieses Gesetz bereits im Dekreszenzgesetz loi de decrescence von Rene Just Hauy 1801 Es besagt Bei der sukzessiven Aufschichtung der kleinsten Baueinheiten tritt jede folgende Schicht bzw eine Stufe aus m Schichten parallel einer Kante oder Flachendiagonale um eine feste Anzahl von n 1 2 3 6 Reihen subtraktiver Molekule zuruck 6 Hauy bemerkte selbst dass es unmoglich ist das regulare Dodekaeder aus wurfelformigen Baueinheiten zu erzeugen Er berechnete fur das regulare Dodekaeder ein irrationales Verhaltnis entsprechend dem Goldenen Schnitt Das Bravaissche Gesetz Bearbeiten Mit Auguste Bravais begannen Versuche Gesetze zu finden mit denen sich die Kristallmorphologie aus der inneren Kristallstruktur vorhersagen lasst und umgekehrt Bravais sagte um 1848 voraus dass die relative Wichtigkeit einer Kristallflache proportional ist zu ihrer Besetzungsdichte das heisst dass Formen umso wahrscheinlicher am Kristall auftreten je mehr Gitterpunkte je Flacheneinheit auf der entsprechenden Gitterebene liegen Dieses Bravaissche Gesetz wird auch Bravaissches Prinzip frz loi de Bravais engl Bravais rule genannt Gleichbedeutend damit ist dass die morphologische Wichtigkeit einer Flache umgekehrt proportional zum Netzebenenabstand ist Donnay Harker Regel Bearbeiten Im 20 Jahrhundert wurde das Bravaissche Gesetz von Georges Friedel 7 sowie von Joseph D H Donnay und David Harker 8 wieder aufgegriffen Wahrend Bravais bei seinen Uberlegungen nur Zentrierungen die Bravais Gitter berucksichtigte bezogen Donnay und Harker auch andere Symmetrieelemente Gleitspiegelebenen und Schraubenachsen ein die zu veranderten Besetzungsdichten von Gitterebenen fuhren Sie konnten so jeder Raumgruppen eine Flachenrangfolge zuordnen die sie morphologischer Aspekt nannten Die Goldschmidtsche Komplikationsregel Bearbeiten Victor Mordechai Goldschmidt stellte 1897 das Komplikationsgesetz Komplikationsregel auf welches besagt dass sich aus zwei Kristallflachen z B 100 und 010 durch wiederholte Addition oder Subtraktion ihrer millerschen Indizes alle weiteren Flachen dieser Zone ableiten lassen Durch umfangreiche statistische Untersuchungen konnte Goldschmidt zeigen dass Flachen im Allgemeinen umso seltener auftreten je komplizierter diese Ableitung ist also je grosser ihre Indizes werden 9 Periodic Bond Chain Bearbeiten Die Periodic Bond Chain Theorie oder Hartman Perdok Theorie leitet die Kristallmorphologie von den intermolekularen Bindungen zwischen den Kristallbausteinen ab Diese Theorie wurde ab 1955 von Hartman und Perdok eingefuhrt Literatur BearbeitenPaul Ramdohr Hugo Strunz Lehrbuch der Mineralogie 16 Aufl Ferdinand Enke Verlag 1978 ISBN 3 432 82986 8 Hans Joachim Bautsch Will Kleber Joachim Bohm Einfuhrung in die Kristallographie Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1998 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten a b IUCr Online Dictionary of Crystallographie Form Paul Niggli Zur Topologie Metrik und Symmetrie der einfachen Kristallformen Schweiz Mineral u Petrogr Mitt 43 1963 S 49 58 Nicolaus Steno De solido intra solidum naturaliter contento dissertationis prodromus Vorlaufer einer Dissertation uber feste Korper die innerhalb anderer fester Korper von Natur aus eingeschlossen sind Florenz 1669 Jean Baptiste Rome de L Isle Cristallographie ou Description des formes propres a tous les corps du regne mineral 1783 C S Weiss De indagando formarum crystallinarum charactere geometrico principali dissertatio Lipsiae Leipzig 1809 Rene Just Hauy Traite de mineralogie etc Tome 1 5 Paris 1801 Dt Lehrbuch der Mineralogie etc Paris und Leipzig 1804 10 Band 1 S 34ff Georges Friedel Etudes sur la loi de Bravais Bull Soc Franc Miner 30 1907 S 326 455 J D H Donnay David Harker A new law of crystal morphology extending the law of Bravais Amer Miner 22 1937 S 446 Victor Mordechai Goldschmidt Uber Entwicklung der Krystallformen Z Kristall 28 1897 S 1 35 414 451 Weblinks BearbeitenKristallkunde Dr A N Danilewsky Prof Dr A Croll Uni Freiburg Kristallographie Mineralogie Petrographie PDF 395 5 kB S 14 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kristallmorphologie amp oldid 237842668