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Das Kastell Saarbrucken umgangssprachlich auch als Romerkastell Saarbrucken bekannt war eine spatromisches Festung deren teilrestaurierte Uberreste sich im heutigen Saarbrucker Stadtteil St Johann befinden In antiker Zeit gehorte es zur Provinz Belgica I Seine Uberreste sind heute als Bodendenkmal unter Denkmalschutz gestellt Kastell SaarbruckenAlternativname Romerkastell SaarbruckenLimes Sicherung im Hinterland Provinz Belgica IDatierung Belegung 4 bis 5 JahrhundertTyp spatantikes StrassenkastellEinheit unbekanntGrosse 0 66 ha 1 Bauweise SandsteinErhaltungszustand Grundmauern teilrekonstruiertOrt SaarbruckenGeographische Lage 49 13 25 7 N 7 1 26 9 O 49 22381 7 02414 Koordinaten 49 13 25 7 N 7 1 26 9 O hf Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Forschungsgeschichte 2 Archaologische Befunde 3 Vicus Saravus und sonstige romerzeitliche Befunde 4 Datierung und historischer Zusammenhang 5 Befundprasentation Fundverbleib und Denkmalschutz 6 Trivia 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLage und Forschungsgeschichte Bearbeiten nbsp Modell des Kastells Infotafel Zustand 2011 Im modernen Stadtbild befindet sich das Bodendenkmal in einem kleinen Park an einer An der Romerbrucke genannten Strasse im Stadtteil St Johann Das Areal wird im Norden von einem Gewerbetrieb im Osten von der Eisenbahntrasse und im Suden vom Osthafen begrenzt Geographisch befindet es sich auf einer Niederterrasse in der Talaue der Saar zwischen dem ostlich gelegenen Halberg und dem nordlich gelegenen Kaninchenberg In der Antike war der Platz aus verkehrs und militargeographischer Sicht gut gewahlt Zum einen war die Saar damals bereits schiffbar und somit als Transportweg nutzbar zum anderen kreuzten sich unterhalb des Halbergs zwei romische Fernstrassen Eine dieser Strassen verband das Legionslager von Argentorate Strassburg mit der Residenzstadt Augusta Treverorum Trier die andere fuhrte von Divodurum Mediomatricorum Metz einer der grossten Stadte Galliens nach Borbetomagus Worms dem Hauptort der Civitas Vangionum Bereits im ersten nachchristlichen Jahrhundert hatte sich daher zu Fusse des Halberges der Vicus Saravus entwickelt dessen Name durch den Fund eines mit vico saravo beschrifteten Meilensteins 2 als belegt gilt 3 4 Vermutlich diente das Kastell der Sicherung des Saaruberganges der Strassenkreuzung und der zivilen Siedlung Das Vorkommen romischer Relikte im Stadtgebiet Saarbruckens ist schon seit dem 17 Jahrhundert bekannt Bei Planierungsmassnahmen in der Mitte des 18 Jahrhunderts traten erstmals Fundamente der Bebauung des Vicus ans Tageslicht 5 Anfang der 1920er Jahre untersuchte der damalige Konservator Carl Klein das nahegelegene Mithraum am Halberg Als Klein im Zusammenhang mit Neubaumassnahmen im Jahr 1924 auch Nachforschungen im Vicus vornahm wurde schliesslich das Fundament des Kastells entdeckt weitgehend freigelegt und aufgemessen 6 Anschlussgrabungen erfolgten 1927 wieder durch Carl Klein 7 1932 unter Franz Josef Keller 8 und 1962 durch Reinhard Schindler 4 Die gesamten Dokumentationen der Vorkriegsgrabungen gingen bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg verloren so dass manche Fragen bezuglich der fruhen Befundinterpretationen nicht mehr beantwortet werden konnen Die bislang letzten archaologischen Ausgrabungen fanden 2009 auf der Sudseite des Osthafens unweit des Kastells statt und konnten dort einen Abschnitt der Strasse von Divodurum Mediomatricorum nach Borbetomagus nachweisen 9 Archaologische Befunde Bearbeiten nbsp Fundament eines Eckturms Zustand 2013 nbsp Mauerreste des Vicus innerhalb des Kastells Zustand 2011 Das Kastell nimmt eine umbaute Flache von rund 0 66 Hektar in Anspruch was der Grosse eines durchschnittlichen Numeruskastells entspricht Das Bauwerk besitzt einen polygonalen Grundriss der sich aus einem annahernden Rechteck im sudwestlichen Teil und einem angegliederten Trapez im Nordosten zusammensetzt Mit seiner mutmasslichen Praetorialfront Vorderfront ist es nach Nordosten hin ausgerichtet die rechteckige Retentura ruckwartiger Lagerteil weist nach Sudwesten zur Saar hin An den Ecken der trapezformigen Praetentura vorderer Lagerteil konnten vier Rundturme freigelegt werden deren Durchmesser zwischen 6 4 und 6 8 Meter betragen Der Nordostturm der mit viel Brandschutt verfullt war wurde komplett ausgegraben Die Fundamente der Kastellmauer reichen bis zu einer Tiefe von 2 00 m bis 2 15 m unter das heutige Laufniveau Im Aufgehenden bestand die Mauer im Kern aus Opus caementicium mit eingelegten Rollschichten und war nach aussen hin mit im Verband verlegten Sandbruchsteinen in Form des Opus spicatum verkleidet Die Aussenseiten der Steine waren nur grob behauen Die Ausgraber von 1924 beschreiben ihre Ausfuhrung als wenig sorgfaltig lobten jedoch den Mortel als von vorzuglicher Beschaffenheit Vorgelagerte Sicherungsgraben konnten nicht festgestellt werden Auf der Nordseite des Kastells fehlen bislang die Spuren der Umwehrung Ob man diese nicht zu Ende gefuhrt hatte wie gelegentlich vermutet worden war oder ob deren Spuren bislang schlicht noch nicht entdeckt worden sind konnen erst kunftige Untersuchungen zeigen Ein an den Nordostturm anschliessendes Gebaude mit Innenmassen von 4 5 m mal 3 8 m sowie ein weiteres Gebaude mit den Massen von 3 4 m mal 1 2 m gehoren nicht zum Kastell sondern zur alteren Bebauung des Vicus Dies gilt auch fur alle anderen Gebaudereste innerhalb der Umwehrung Spuren der Innenbebauung des Kastells selbst konnten bislang nicht nachgewiesen werden 6 9 Die romische Fernstrasse von Divodurum Mediomatricorum nach Borbetomagus verlief von SSW nach NNO mitten durch das Kastell Sie befand sich bei der Ausgrabung nur 30 cm bis 40 cm unter dem heutigen Laufniveau Im Kastellinneren war die Strasse an ihren Seiten mit behauenen Kalksteinen eingefasst Eine bis 12 cm dicke Packlage aus kleinen Kalksteinen war als Strassenbelag feststellbar Ein weiteres Stuck Strasse das parallel westlich der Fernstrasse gefunden wurde wird als Teil des internen Wegesystems des Kastells oder des Vicus angesprochen Die Verwendung von lokal nicht vorkommendem Kalkstein gegenuber dem dort anstehenden Sandstein ist auffallig zumal der weiter ausserhalb des Kastells auf insgesamt 63 m Lange erfasste Strassenabschnitt in Sandstein ausgefuhrt worden war 6 9 Vicus Saravus und sonstige romerzeitliche Befunde Bearbeiten nbsp Torso des MercuriusFO EschbergAO Museum fur Vor und Fruhgeschichte nbsp Mithrasgrotte am Halberg Zustand 2017 Der Vicus Saravus entwickelte sich im ersten Jahrhundert im Zusammenhang mit oder kurz nach dem Bau der romischen Fernstrassen Administrativ gehorte er anfanglich zur Provinz Gallia Belgica nach der diokletianischen Verwaltungsreform zur Belgica prima Belgica I Die Fundamente seiner Hauser wurden bei den bisherigen Ausgrabungen hauptsachlich nordlich und ostlich des Kastells und innerhalb von dessen Mauern angetroffen Ein aufwendig strukturiertes und mit einem Hypokaustum versehenes Gebaude vor der sudlichen Ecke der Kastellumwehrung wurde als mogliche Villa angesprochen jedoch ist eine solche Funktion dies Gebaudes nicht gesichert Der Vicus erstreckte sich zu beiden Seiten langs der Strasse von Divodurum Mediomatricorum nach Borbetomagus Die Existenz einer Brucke uber die Saar in diesem Bereich wurde verschiedentlich vorgeschlagen muss aber mangels eindeutiger Befunde spekulativ bleiben Die Flussquerung erfolgte moglicherweise mittels einer Furt Romische Brucken sind auf dem Stadtgebiet des heutigen Saarbruckens aber durchaus nachgewiesen so im Stadtteil Gudingen 10 Seit dem zweiten Jahrhundert erfolgte die Trinkwasserversorgung des Vicus von den Quellen des Schwarzenberges her 11 Durch einen Raubzug der Alamannen in den Jahren 259 260 vollstandig niedergebrannt fiel die wiederaufgebaute Siedlung um das Jahr 350 einem neuen Germaneneinfall zum Opfer was moglicherweise der Anlass zur Errichtung des Kastells war Sudlich des heutigen Osthafens wurde 2009 ein vollstandig erhaltenes romisches Skelett in einem spatromischen Korpergrab ausgegraben die Interpretation dieses Fundes ist jedoch noch nicht abgeschlossen Bis auf die genagelten Schuhen die der Tote trug war das Grab beigabenlos 12 Ausserhalb der eigentlichen Wohnbebauung befanden sich die Sakralbezirke des Vicus So wurden in einer Felsgrotte am Halberg ein Mithraum Kultstatte des Gottes Mithras identifiziert 13 und am nordostlich gelegenen Eschberg ein Heiligtum des Mercurius nachgewiesen 14 Datierung und historischer Zusammenhang BearbeitenDas datierbare Fundmaterial entstammt uberwiegend dem Vicus Ein Terra Sigillata Scherben mit dem Topferstempel VITRIOFE 15 Lesung Vitrio fecit Ubersetzung Vitrius hat es gemacht entstammt einem ostgallischen Topfereibetrieb moglicherweise aus Augusta Treverorum und ist in die Zeit um 150 160 zu datieren 16 Die Munzreihe des Kastells beginnt mit einem Antoninian des Tetricus von 271 bis 274 letzter Kaiser des gallischen Sonderreiches und endet mit einem Kleinerz des Julianus 360 363 Die Fundmunzen aus dem Vicus hingegen beginnen mit einer Pragung des Claudius 41 54 und enden mit einer Munze des Magnentius Gegenkaiser 350 353 Da der Vicus im Fundbereich dieser Munze von dem Kastell uberbaut worden ist kann das Jahr 353 als Terminus post quem fur die Errichtung der spatromischen Festung gelten 6 7 9 Damit fallt das Saarbrucker Kastell nicht in den Zeitraum der Errichtung des Donau Iller Rhein Limes sondern durfte eher im Zusammenhang mit den gallischen Aktivitaten 357 359 des Julianus zu sehen sein oder im Kontext des letzten Ausbaus der Verteidigungslinien des Reiches unter Valentinian I 364 375 stehen Nach dem Rheinubergang von 406 und im Zusammenhang mit den darauf folgenden Ereignissen durfte das Gebiet um Saarbrucken mehr und mehr unter germanische Kontrolle geraten und Kastell und Vicus entweder endgultig zerstort oder und verlassen worden sein Siehe auch Romische Geschichte des SaarlandsBefundprasentation Fundverbleib und Denkmalschutz BearbeitenIm Anschluss an die Ausgrabungsarbeiten wurden die Grundmauern des Kastells und der Vicusgebaude restauriert und sind heute in einer kleinen Parkanlage nordlich des Osthafens der Saar frei zuganglich Das Fundmaterial der romischen Statten Saarbruckens befindet sich im Museum fur Vor und Fruhgeschichte der Stiftung Saarlandischer Kulturbesitz 17 Das Kastell Saarbrucken ist als Bodendenkmal nach dem Saarlandischen Denkmalschutzgesetz SDschG 18 unter besonderen Schutz gestellt Gezielte Nachforschungen sowie Ausgrabungen bedurfen einer Genehmigung Zufallsfunde sind den Denkmalbehorden zu melden Trivia BearbeitenZahlreiche Objekte im Umkreis tragen den Namen Romerkastell Ausser der bereits erwahnten Strasse Am Romerkastell ist eine Haltestelle der Saarbahn Romerkastell benannt Von 2010 bis Januar 2016 gab es den im Saarbrucker Nachtleben legendaren Club Romerkastell in der ehemaligen inzwischen abgerissenen Becolin Farbenfabrik 19 Auch weitere Lokalitaten des Stadtteils sind mit dem Namenszusatz am Romerkastell versehen Literatur BearbeitenPascale Luisa Huber Das spatantike Kastell Saarbrucken Bachelorarbeit an der Universitat Mainz 2014 Digitalisat Carl Klein Ein spatromisches Kastell bei Saarbrucken In Germania Korrespondenzblatt der Romisch Germanischen Kommission des Deutschen Archaologischen Instituts Band 9 1925 S 58 62 Carl Klein Das spatromische Kastell Saarbrucken In Bericht des Konservators der geschichtlichen Denkmaler im Saargebiet 2 1927 S 56 62 Alfons Kolling Das romische Saarbrucken Saarbrucken 1964 Alfons Kolling Der Name des romischen Saarbrucken in 12 Bericht der Staatlichen Denkmalpflege 1965 S 61 65 Alfons Kolling Die vor und fruhgeschichtliche Besiedlung des Saarbrucker Talraumes In Zeitschrift fur die Geschichte der Saargegend 19 1971 S 11 51 Reinhard Schindler Neues vom Kastell und Vicus Saarbrucken In Bericht der Staatlichen Denkmalpflege im Saarland 9 1962 S 12 22 Andreas Stinsky Constanze Hopken Stadt Land Fluss Kastell Die romische Vorgangersiedlung Saarbruckens In Saargeschichten 71 1 2023 S 4 17 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Romerkastell Saarbrucken Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Entspricht der Flache eines durchschnittlichen Numeruskastells Beschreibung des Meilensteins in der Epigraphischen Datenbank Heidelberg EDH abgerufen am 25 April 2021 Alfons Kolling Der Name des romischen Saarbrucken in 12 Bericht der Staatlichen Denkmalpflege 1965 S 61 65 a b Reinhard Schindler Neues vom Kastell und Vicus Saarbrucken In Bericht der Staatlichen Denkmalpflege im Saarland 9 1962 S 12 22 Friedrich Schroter Uber die romischen Niederlassungen und die Romerstrassen in den Saargegenden Mitteilungen des Historisch antiquarischen Vereins fur die Stadte Saarbrucken und St Johann und deren Umgebung I Abteilung 1846 S 142 a b c d Carl Klein Ein spatromisches Kastell bei Saarbrucken In Germania Korrespondenzblatt der Romisch Germanischen Kommission des Deutschen Archaologischen Instituts Band 9 1925 S 58 62 a b Carl Klein Das spatromische Kastell Saarbrucken In Bericht des Konservators der geschichtlichen Denkmaler im Saargebiet 2 1927 S 56 62 Josef Keller Germania 20 3 1936 S 207 Digitalisat a b c d Pascale Luisa Huber Das spatantike Kastell Saarbrucken Bachelorarbeit an der Universitat Mainz 2014 Digitalisat Hermann Diehl Zur Frage der verschwundenen altesten Saarbrucke bei Gudingen in Saarheimat 5 1961 Heft 9 S 13 20 Alfons Kolling Die vor und fruhgeschichtliche Besiedlung des Saarbrucker Talraumes In Zeitschrift fur die Geschichte der Saargegend 19 1971 S 11 51 Martin Rolshausen Das geheimnisvolle Skelett aus dem Osthafen in der Saarbrucker Zeitung am 6 Juni 2010 abgerufen am 26 April 2019 Mithras Grotte auf dem Halberg bei saarland lese de abgerufen am 27 April 2021 Erich Nolte Eine Merkurstatuette aus Saarbrucken In Saarheimat 8 1964 S 317 CIL XII 1010 2066 a keine Erwahmumg bei Clauss Slaby oder in der EDH Vergleichsfund auf alteroemer de der Webseite einer Antikenhandlung abgerufen am 25 April 2021 Museum fur Vor und Fruhgeschichte auf der Webprasenz der Stiftung Saarlandischer Kulturbesitz abgerufen am 26 April 2021 Saarlandisches Denkmalschutzgesetz vom 13 Juni 2018 abgerufen am 26 April 2021 Es war einmal das Romerkastell in der Saarbrucker Zeitung vom 20 August 2017 abgerufen am 26 April 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Saarbrucken amp oldid 238268934