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Julius Motteler 18 Juni 1838 in Esslingen am Neckar 29 September 1907 in Leipzig war ein deutscher Kaufmann und Sozialist Er war ein fuhrendes Mitglied der fruhen deutschen Arbeiterbewegung und wiederholt Reichstagsabgeordneter Er organisierte wahrend der Zeit des Sozialistengesetzes den Vertrieb der sozialdemokratischen Parteipresse im Untergrund Des Weiteren war er massgeblich an der Entstehung von Gewerkschaften in Deutschland beteiligt sowie ein Vorkampfer der proletarischen Frauenbewegung Er war ein Vertreter der Linken zahlte zum engen Kreis der Vertrauten von August Bebel und Wilhelm Liebknecht Motteler war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands SPD und bereits beteiligt bei den Grundungen ihrer Vorlauferparteien Sachsische Volkspartei Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP und Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands SAP Julius Motteler Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Ehrungen 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben und Werk Bearbeiten nbsp Haus in Esslingen am Neckar in dem Motteler von 1838 bis 1856 wohnteMotteler wurde als neuntes von zwolf Kindern in einem wohlhabenden Elternhaus geboren 1845 bis 1852 besuchte er das Padagogium in Esslingen das heutige Georgii Gymnasium Als gelernter Tuchmacher Buckskinweber und Kaufmann wurde er nach seinem Militardienst zunachst als Buchhalter und Werkfuhrer im Tuchgeschaft Kohn in Augsburg angestellt ab September 1859 bis 1867 war er Buchhalter und Disponent bei der Vigonespinnerei Wolf amp Kirsten in Crimmitschau Von 1870 bis 1878 war er mit Emilie Henriette Kyber aus Crimmitschau spater mit Emilie Schwarze aus Esslingen verheiratet Er hatte einen Sohn 1879 1860 trat er zunachst dem liberalen Deutschen Nationalverein bei 1863 war er an der Grundung eines Arbeiterbildungsvereins in Crimmitschau beteiligt 1 und loste damit eine Bewegung in ganz Deutschland aus Im 1863 gegrundeten Verband Deutscher Arbeitervereine betrieb er die Trennung von der liberalen Bourgeoisie Er trat fur das von Karl Marx ausgearbeitete Programm der Ersten Internationale als programmatische Grundlage ein 1866 war er Mitbegrunder der Sachsischen Volkspartei 2 1867 grundete er zusammen mit Wilhelm Stolle den Crimmitschauer Republikanischen Volksverein den Ortsverein der sachsischen Volkspartei und war massgeblich an der Entsendung von Arbeitervertretern in den Reichstag des Norddeutschen Bundes beteiligt 1869 nahm Motteler zusammen mit August Bebel an der Grundung der SDAP einer der SPD Vorlauferparteien in Eisenach teil und grundete kurz danach eine Ortsgruppe in Crimmitschau Unter anderem durch gleichberechtigten Einbezug vieler Frauen in die von ihm 1869 auf der Basis eines von Bebel ausgearbeiteten Musterstatuts mitgegrundete und von ihm geleitete Internationale Gewerksgenossenschaft der Manufaktur Fabrik und Handarbeiter beiderlei Geschlechts in Leipzig eine der ersten Fabrikarbeitergewerkschaften Deutschlands und Vorlaufer des Deutschen Textilarbeiterverbandes 3 wurde er zu einem der Vorkampfer der Gewerkschafts und der proletarischen Frauenbewegung Auch gegen die damals verbreitete Kinderarbeit wandte er sich mehrfach vehement Er unterstutzte ausserdem aktiv den Aufbau zahlreicher Konsumvereine weiterer Arbeitervereine und proletarischer Gewerksgenossenschaften Gemeinsam mit Stolle grundete und gab er 1870 die erste sozialdemokratische Zeitung Deutschlands den Crimmitschauer Burger und Bauernfreund heraus Von 1874 bis 1878 war er Abgeordneter der SDAP bzw der SAP wie die Arbeiterpartei nach der Vereinigung mit dem Allgemeinen Arbeiterverein ADAV hiess im Berliner Reichstag fur den Wahlkreis Zwickau Werdau Glauchau Crimmitschau Bei der Vereinigung von SDAP und ADAV zur SAP 1890 umbenannt in SPD am 22 Mai 1875 in Gotha war Julius Motteler einer der Grunder In der Zeit als Abgeordneter war Motteler zudem in die Grundung der Druckergenossenschaften in Leipzig 1874 bis 1876 und in Barmen 1877 involviert Aus privaten Grunden trat er 1876 aus der Leitung der Leipziger Genossenschaftsbuchdruckerei aus Eine Rede Mottelers vom 4 Juni 1878 hatte einen Prozess gegen ihn wegen Kaiserbeleidigung zur Folge bei dem er jedoch freigesprochen wurde 4 Im Jahr 1878 ubersiedelte er nach Munchen Nymphenburg Nachdem im Oktober 1878 das Bismarcksche Sozialistengesetz erlassen worden waren war zunachst eine Destabilisierungsphase der Partei eingetreten Erst nachdem Bismarcks Versuch den Sozialdemokraten das aktive und passive Wahlrecht zu nehmen scheiterte und somit die Reichstagsfraktion als in dieser Zeit zugleich parteifuhrende Struktur gesichert war grundeten einige ihrer Mitglieder Ende 1879 zur Stabilisierung das in der Schweiz gedruckte Exil Parteiblatt Der Sozialdemokrat Motteler emigrierte im November 1879 nach Zurich und organisierte von 1880 bis 1888 unterstutzt von Joseph Belli als Geschaftsfuhrer den Schmuggel des Wochenblattes nach Deutschland und den reichsweiten Untergrundvertrieb Der illegale Vertrieb erfolgte per Schmuggel von der Schweiz aus uber die wurttembergische Grenze und von dort weiter in die anderen Teile des Deutschen Reichs 5 Vertrauensmanner die sogenannte Rote Feldpost verteilten die Zeitung uber regionale Feldpoststationen Dies trug viel zum Aufbau und trotz Verbots sogar Starkung von flachendeckenden ortlichen Strukturen der Partei bei Motteler wurde daher unter seinen Parteifreunden mit dem Ehrennamen Der Rote Feldpostmeister geruhmt Von Zurich aus leitete er zusatzlich die Schwarze Maske den Sicherheitsdienst der Partei legte eine Materialsammlung zur Aufdeckung von Spitzeln und Feinden an Wahrend der Zusammenarbeit mit Julius Motteler in Zurich an der Erstellung des Sozialdemokrat fasste 1882 Clara Zetkin ihren Entschluss sich fur die Frauenfrage einzusetzen 6 nbsp SPD Reichstagsabgeordnete aus Sachsen von 1903Als Motteler im April 1888 auf Druck der deutschen Reichsregierung mit anderen deutschen Sozialisten aus der Schweiz ausgewiesen wurde ging er als Geschaftsfuhrer des bis September 1890 erscheinenden Sozialdemokrat nach London und leitete danach die dortige Exil Zweigstelle der Partei sowie des Parteiarchivs bis zu dessen Auflosung und Ruckfuhrung nach Berlin 1901 7 In seiner Obhut befand sich seit dem Tod von Friedrich Engels im August 1895 der Marx Engels Nachlass 1901 war er als Druckerei und Verlagsleiter der Leipziger Volkszeitung tatig von 1903 bis zu seinem Tod 1907 erneut Reichstagsabgeordneter Weiterhin war er fur die Partei aktiv hielt Vortrage und verfasste politische Studien Seine Grabstatte befindet sich auf dem Leipziger Sudfriedhof Ehrungen BearbeitenZu Ehren Julius Mottelers wurden Strassen in Esslingen Stuttgart Gorlitz Crimmitschau Leipzig und Zwickau sowie Schulen in Crimmitschau Julius Motteler Gymnasium Leipzig und Schweinsburg ehemalige SED Parteischule nach ihm benannt Literatur BearbeitenFranz Mehring Julius Motteler In Leipziger Volkszeitung Nr 227 vom 30 September 1907 8 Max Grunwald Julius Motteler zum Gedachtnis gez G M In Die neue Zeit Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie 26 1907 1908 1 Bd 1908 Heft 1 S 1 4 online August Bebel Eine Berichtigung in Sachen Motteler In Die neue Zeit Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie 26 1907 1908 1 Bd 1908 Heft 2 S 77 78 Online Ernst Engelberg Revolutionare Politik und Rote Feldpost Akademie Verlag Berlin 1959 Julius Motteler In Franz Osterroth Biographisches Lexikon des Sozialismus Verstorbene Personlichkeiten Bd 1 J H W Dietz Nachf Hannover 1960 S 225 227 Alfred Hintze Julius Motteler der rote Feldpostmeister In Sammler Express Berlin 1963 S 364 Heinrich Gemkow Motteler Julius In Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Biographisches Lexikon Dietz Verlag Berlin 1970 S 335 337 Heinrich Gemkow Motteler Julius In Biographisches Lexikon zur deutschen Geschichte Von den Anfangen bis 1945 2 erw Auflage Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1970 S 484 485 Ernst Engelberg Julius Motteler ein revolutionarer Sozialist In Beitrage zur Geschichte der Arbeiterbewegung Heft 2 1973 S 305 ff Gerhard Maag Vom Sozialistengesetz bis zum Ersten Weltkrieg In Arbeitskreis Geschichte der Nurtinger Arbeiterbewegung Das andere Nurtingen Ein heimatgeschichtlicher Beitrag zum 100 Geburtstag der Nurtinger SPD hrsg v SPD Ortsverein Nurtingen Nurtingen 1989 S 23 62 Friedrich Pospiech Julius Motteler der Rote Feldpostmeister Ein Streifzug durch die Fruhgeschichte der Arbeiterbewegung und die grosse Zeit der Sozialdemokratie Hrsg von der Marxistische Arbeiterbildung Esslingen Informationszentrum Hans Ruess Selbstverlag Esslingen 1977 2 Aufl Julius Motteler der Rote Feldpostmeister Kampfgefahrte von Bebel und W Liebknecht Mit Marx Engels Bebel und Liebknecht Schopfer und Gestalter der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung Selbstverlag Esslingen 1998 ISBN 3 00 007994 7 Ernst Engelberg Julius Motteler Demokratischer Patriot und revolutionarer Sozialist In Gustav Seeber Gestalten der Bismackzeit Band II Akademie Verlag Berlin 1986 S 235 250 Friedrich Pospiech 100 Jahre Sozialistengesetz 100 Geburtstag Julius Mottelers Informationszentrum Hans Ruess Esslingen 1992 Sabine Kneib Julius Motteler 1838 1907 In Gunter Benser Michael Schneider Hrsg Bewahren Verbreiten Aufklaren Bonn Bad Godesberg 2009 ISBN 978 3 86872 105 8 S 202 208 online pdf 277 kB Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Julius Motteler Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Julius Motteler in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Biografie von Julius Motteler In Heinrich Best Datenbank der Abgeordneten der Reichstage des Kaiserreichs 1867 71 bis 1918 Biorab Kaiserreich Nachlass Julius Motteler International Institute of Social History Vor 100 Jahren 29 09 1907 Julius Motteler gestorben Abschied vom Roten Feldpostmeister im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung Ausfuhrliche Auflistung der Aktivitaten Mottelers Nachlass BArch NY 4012Anmerkungen Bearbeiten Dort begegnete er erstmals August Bebel also uber zwei Jahre vor Bebels erstem Kontakt mit Wilhelm Liebknecht Wegen Wahlwerbung fur diese Partei wurde er von seinem Arbeitgeber Wolf amp Kirsten 1867 entlassen Danach war er Prokurist der am 8 Juli 1867 gegrundeten Spinn und Webgenossenschaft Ernst Stehfest amp Co in Crimmitschau Die Grundungsversammlung der Genossenschaft war vom 15 bis 17 Mai fur Crimmitschau bereits am 10 Februar 1869 Aus politischen und oder vereinsrechtlichen Grunden war der Hauptsitz der Genossenschaft in Esslingen am Neckar die zentrale Organisationsleitung lag jedoch in Crimmitschau Ab Juni 1872 wurde auf Vorschlag Mottelers wegen Uberlastung der Sitz von Crimmitschau nach Leipzig verlegt Die Genossenschaft vertrat etwa 3100 Arbeiter Unter Mottelers Leitung entwickelte sie sich zur damals fortschrittlichsten und grossten Gewerkschaft Deutschlands und war einer der Vorlaufer des Deutschen Textilarbeiter Verbandes Am 10 Dezember 1878 wurde sie im Zuge des Sozialistengesetzes auf polizeiliche Anordnung aufgelost Vgl Maag Gerhard Vom Sozialistengesetz bis zum Ersten Weltkrieg in Arbeitskreis Geschichte der Nurtinger Arbeiterbewegung Das andere Nurtingen Ein heimatgeschichtlicher Beitrag zum 100 Geburtstag der Nurtinger SPD hrsg v SPD Ortsverein Nurtingen Nurtingen 1989 S 23 62 S 27 Vgl Maag 1989 S 33 Zetkin uber Motteler Was Motteler fur den ersten schweren Aufbau und Ausbau der sozialdemokratischen Partei was er fur die Anfange der proletarischen Frauenbewegung geleistet wurde hinreichen seinen Namen die Unvergessenheit zu sichern Es tritt jedoch zuruck hinter seinem illegalen Werk in den Jahren des Sozialistengesetzes Als Roter Feldpostmeister hat Motteler Wertvollstes Unvergessliches geleistet Zitiert nach 1 Motteler konnte trotz Ablauf des Sozialistengesetzes September 1890 erst 1901 nach Deutschland zuruckkehren da er aufgrund seiner illegalen Aktivitaten in Deutschland steckbrieflich gesucht wurde Daher konnte er in der Hochphase der Arbeiterbewegung Ende des 19 Jahrhunderts nach Ansicht der Parteifuhrung keine leitende Funktion in Deutschland ubernehmen Franz Mehring Gesammelte Schriften Aufsatze zur Geschichte der Arbeiterbewegung Bd 4 Dietz Verlag Berlin 1963 S 498 501 Normdaten Person GND 116941901 lobid OGND AKS LCCN n79146990 VIAF 1299852 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Motteler JuliusALTERNATIVNAMEN Der rote Feldpostmeister Brandter Moretti Weissmann Friedrich Ihms A H vonKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker SPD Mitglied der fruhen deutschen Arbeiterbewegung MdRGEBURTSDATUM 18 Juni 1838GEBURTSORT Esslingen am NeckarSTERBEDATUM 29 September 1907STERBEORT Leipzig Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Julius Motteler amp oldid 231439926