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Initia doctrinae physicae deutsch Anfangsgrunde der gelehrten Kenntnis der Naturlehre ist der Titel einer Schrift die Philipp Melanchthon 1549 das letzte in der Schrift genannte Ereignis ist eine Position des Planeten Mars 1549 im Kapitel De tribus supremis Planetis Uber die 3 oberen Planeten Sp 271 in humanistischem Latein verfasste Er stellt unter dem im Werk genannten Titel Sp 369 die Naturphilosophie seiner Zeit fur den naturwissenschaftlichen Unterricht an der Universitat Wittenberg zusammen 1 Der Text ist in nicht durchnummerierte Kapitel angeordnet bei einer Gliederung in 3 Bucher Zitiert wird daher nach Kapiteluberschriften und Spaltennummern in der unten angegebenen Textausgabe Inhaltsverzeichnis 1 Vorstellungen Grundhaltungen Quellen 2 Inhaltsverzeichnis 3 Die Astronomie des Philipp Melanchthon 3 1 Kosmologie 3 2 Uber die Sonne 3 3 Uber Mond und Finsternisse 3 4 Stellae errantes 4 Darstellung der Naturphilosophie des Aristoteles 4 1 Grundzuge der Vier Elemente Lehre 5 Die Astrologie des Philip Melanchthon 6 Ausgabe und Uberlieferung 7 Textausgaben und Ubersetzungen 8 Literatur 9 EinzelnachweiseVorstellungen Grundhaltungen Quellen BearbeitenIn den einleitenden 6 Kapiteln des Werkes erlautert Melanchthon seine Vorstellungen und Grundhaltung und gibt auch einige Hinweise auf verwendete Quellen Im Kapitel Quid est physica doctrina Was ist die gelehrte Naturlehre Sp 179 ff wird diese definiert als die Beschaftigung mit der Bewegung aller Korper in der Natur ihrem Werden und Vergehen den Grunden dafur die Mischung der Elemente Uberblicksartig werden die Hauptgegenstande seiner Naturlehre Gestirne Medizin die Ablehnung der antiken Lectores in der Bedeutung Lesemeister Lehrer und die Sicherheit die alles menschliche Wissen letztlich in Gott findet dargestellt Auf die Hauptgegenstande dieser Naturlehre wird in den Kapiteln Quae doctrina usitate nuncupatur Physica Welcher gelehrte Gebrauch wird von der Naturlehre gemacht Sp 182 ff und Quis est finis et Usus physices Was ist Zweck und Nutzen der Naturphilosophien Sp 18 9ff eingegangen Der Himmel die bestandigen Grunde fur die Bewegung von Sonne und Mond den stellae errantes und dem Tierkreis stehen im Vordergrund Aber auch die Materie unterhalb des Himmels die sublunare Welt bis hin zum Menschen ist nach Melanchthon unter dessen Einfluss 2 So fuhrt er in dieser Schrift eine grosse Hitze auf das Zusammentreffen der trockenen Planeten Saturn und Mars mit den trockenen Tierkreiszeichen Lowe und Widder zuruck Sp 182 und folgt damit dem antiken Naturforscher Claudius Ptolemaus 3 Dem antiken Naturphilosophen Thales von Milet schreibt er zu den Einfluss eines Kometen auf die Attische Seuche untersucht zu haben Sp 185 Fur die Medizin stellt Melanchthon besonders den praktischen Bezug her Am Beispiel pleuritis Seitenstechen erwahnt bei Isidor von Sevilla Etymologiae 4 6 8 und Caelius Aurelianus De morbis acutis et chronicis 2 16 100 schildert er die Heilmittel des Arztes wie Einschneiden der Vene zum Blutabfluss und Gabe von Pharmaka Sp 185 Aber auch Ruhe und Zuruckhaltung von Schadigendem kann zur Heilung fuhren Hier beruft sich der Autor auf Aulus Cornelius Celsus Sp 190 Estne certitudo aliqua doctrinae physicae Gibt es Gewissheit in der gelehrten Naturlehre Sp 185 ff ist eine der Kapiteluberschriften Melanchthon sieht als erste universale Kraft Gott und gibt damit der Naturlehre eine metaphysische sichere Grundlage 4 5 In diesem einleitenden Kapitel bringt er das mehrfach zum Ausdruck proposita est oculis ut naturae opificem Deum queramus klar ist dass wir als Schopfer der Natur Gott suchen Sp 188 Aber auch die Schriften der Antike geben dem Forschenden Sicherheit Aristoteles habe in seinen naturphilosophischen Werken zwei Wege der Sicherheit gezeigt von den Ursachen causae zu den Wirkungen effectus und von den Wirkungen zu den Ursachen Sp 193 f Wahrend andere antike philosophische Ausrichtungen auf das Scharfste abgelehnt furores deliramenta werden insbesondere Demokrit von Abdera Epikureer und die Stoiker wird Aristoteles an vielen Stellen als Quelle angegeben u a sein Werk De generatione et corruptione Sp 184 Der ganze Text kann als Darstellung von und Auseinandersetzung mit der Naturphilosophie des Aristoteles ausgefasst werden Melanchthon selbst bezeichnet es haufig als haec aristotelica initia 6 Inhaltsverzeichnis BearbeitenAuf die Einleitung folgt eine Aufstellung von 70 Kapiteluberschriften fur den folgenden Text Auf drei theologische Themen De Deo De providentia Vorsehung Fursorge De contingentia folgen 7 Kapiteluberschriften aus dem Gebiet der Astronomie Allerdings verbergen sich hinter De stellis et earum motibus et viribus Von den Sternen und ihren Bewegungen und Kraften Sp 229 ff 63 Spalten mit umfangreichen Darstellungen der Bewegung von Sonne Mond und Planeten die einen betrachtlichen Teil des ersten Buches einnehmen Aber das im Text enthaltene Kapitel Quis est motus mundi Was ist die Bewegung der Welt Sp 216 taucht unter den Uberschriften nicht auf Hier argumentiert Melanchthon auf s Scharfste gegen die Meinung die Erde bewege sich und nicht die Sonne also gegen ein heliozentrisches Weltbild Zwar nennt er den antiken Vertreter dieser Lehre Aristarch von Samos nicht aber seine eigenen Zeitgenossen die ihr aus aliquid amore novitatis Neuerungsssucht anhangen wurden Die folgenden Kapiteluberschriften beschaftigen sich hauptsachlich mit der Physica des Aristoteles unter Heranziehung weiterer Werke 7 Dabei ist die Reihenfolge nicht immer ubereinstimmend mit dem folgenden Werk Es werden auch unterschiedliche naturwissenschaftliche Einzelthemen angegeben uber Winde uber die Iris uber die menschlichen Korperteile Fur einige gibt es keinen Text Moglicherweise sind Schriften verloren gegangen Die Astronomie des Philipp Melanchthon BearbeitenKosmologie Bearbeiten Melanchthon stellt das von antiken Naturphilosophen entwickelte und weitverbreitete geozentrische Weltbild dar 8 9 eine kugelformige Erde Kapitel Quae est figura mundi Welche Gestalt hat die Welt Sp 215 unbewegt im Mittelpunkt der acht himmlischen Spharen Kapitel Quis est motu mundi Was ist die Bewegung der Welt Sp 216 Bei dem Problem der Dauer der Welt folgt er aber nicht den antiken Quellen Aristoteles habe die Welt ohne Anfang und Ende gesehen fur ihn aber gelte Kapitel An sit aeternus mundus an vero ceperit et an sit corruptibilis Ob die Welt ewig sei ob sie wirklich begonnen habe und ob sie untergehen werde Sp 221 f Adsentiamus autem doctrinae a Deo traditae quae ait hunc Mundum conditum esse et sine fine mansurum esse domicilium anglorum et hominum Wir stimmen aber der von Gott uberlieferten Lehre zu dass diese Welt gegrundet sei und ohne Ende eine Wohnstatt der Engel und Menschen In der Kosmologie des Mittelalters wurde der Gedanke einer neunten primum mobile Kristallhimmel und zehnten ultimum mobile Empyreum himmlischen Sphare entwickelt und mit christlichen Vorstellungen verbunden u a von dem englischen Astronom Johannes de Sacrobosco 10 Melanchthon folgt dem Gedanken weiterer Spharen hat aber eine andere Sichtweise auf die neunte Sphare Vermutlich von Claudius Ptolemaus ubernahm er die Erkenntnis die antike Naturforscher durch sorgfaltige Beobachtung der Sterne und Vergleich der Daten uber die Jahrhunderte gewonnen hatten die Objekte der achten Sphare die Fixsterne sind zwar in festem ortlichen Verhaltnis zueinander die Sphare selbst aber bewegt sich 11 Melanchthon belegt dies u a mit der Wanderung der Plejaden im Verhaltnis zum Tierkreiszeichen Stier und der sich andernden Werte der Differenz zwischen der Mittagshohe der Sonne bei Sommersonnenwende und Tagundnachtgleiche Kapitel Quot sunt sphaerae coelestes Wie viele himmlische Spharen gibt es Sp 225 ff Die neunte Sphare soll diese Bewegung hervorrufen Er nennt diese Phanomene die auf der Prazession der Erdachse beruhen und die fur ihn nicht erklarbar sind trepidatio unruhige Hast Durcheinanderlaufen oder praecisio praecesio Vorangehen 12 Uber die Sonne Bearbeiten In den Sp 230 242 sammelt Melanchthon das zu vermittelnde Wissen uber die Sonne die er in den Anfangszeilen als warmende Kraft und Forderung des Wachsens alles Lebendigen preist Gemass seinem geozentrischen Weltbild hat sie zwei Bewegungen Sp 230 ihre tagliche Wanderung um die Erde und ihre jahrliche im Tierkreis Die erste Bewegung wird von Melanchthon nur kurz behandelt Sie fuhrt zum Wechsel von Tag und Nacht wobei die Tagesdauer in unseren Breitengraden in nostro climate von 7 Stunden 30 Minuten zur Wintersonnenwende bis auf 16 Stunden 30 Minuten zur Sommersonnenwende anwachst Sp 236 Der Grund dafur liegt in der zweiten Bewegung der jahrlichen Wanderung der Sonne im Tierkreis und damit vom Fruhlingspunkt uber die Punkte Sommersonnenwende Herbsttagundnachtgleiche und Wintersonnenwende Melanchthon dokumentiert die in der Antike mehrfach uberlieferte Beobachtung z B Claudius Ptolemaus 13 Martianus Capella 14 dass das Winterhalbjahr mehrere Tage kurzer ist als das Sommerhalbjahr Sp 232 Als Grund nennt er die exzentrische Bahn der Sonne um die Erde Sp 233 240 deren Apogaum im Punkt der Sommersonnenwende liege Fur dessen Berechnung 6 gradus 24 minuta Cancri zitiert er Nikolaus Kopernikus Melanchthon stellt aber auch eine historisierende Ubersicht der Einteilung des Jahres zusammen von den Agyptern bis zur Kalenderreform des Gaius Iulius Caesar Eingehend beschaftigt er sich mit der alttestamentlichen Geschichte der Arche Noah Anhand der zahlreichen Datums und Zeitspannenangaben 15 darin stellt er den Ubergang vom Mondjahr aus 12 Mondmonaten zum Sonnenjahr dar Die Sintflut dauert ein volles Sonnenjahr Daher mussen nachdem das Datum des Flutbeginns im Folgemondjahr erreicht ist noch 10 Epaktentage bis zum Ende der Flut zugegeben werden Einige Zeilen spater folgt die Beschreibung der Trigone ein der Astrologie zuzurechnendes Beziehungsgeflecht im Rahmen des von der Sonne durchzogenen Zodiaks Melanchthon findet diese Themen in dem astrologischen Werk des Claudius Ptolemaus Tetrabiblos das er Jahre zuvor in die lateinische Sprache ubersetzt hatte 16 Uber Mond und Finsternisse Bearbeiten Im Kapitel De Luna Uber den Mond Sp 242 ff sammelt Melanchthon die Eigenschaften des Mondes die im Zusammenwirken von Erde Sonne und Mond zu Sonnen und Mondfinsternis fuhren Der Mond ist kugelformig undurchsichtig leuchtet nicht selbst sondern erhalt sein Licht von der Sonne und umkreist die Erde Melanchthon schildert den bewundernden Schauder der die antike Welt beim Anblick der Mond und besonders der Sonnenfinsternisse packte 17 Kapitel De Eclipsibus Von den Finsternissen Sp 248 ff bis hin zu dem Glauben dass auf eine Sonnenfinsternis pestilentiae bellorum tumultus und anderes Unheil folgen Sp 253 Er steht dieser Haltung nicht so fern Und nach der Uberlieferung der Anekdote aus der Perikles Vita des Plutarch in der jener dem Schrecken uber die Sonnenfinsternis wahrend des Peloponnesischen Krieges rational entgegentritt 18 sagt er Perikles strenge Bestrafung wegen der Verachtung der gottlichen Warnung nach Sp 249 Der Schwerpunkt dieser Kapitel liegt aber auf der naturwissenschaftlichen astronomischen Erklarung der Finsternisse Bei der Mondfinsternis wird der Mond des Lichtes der Sonne beraubt weil er in den Schatten der Erde tritt die dann diametral zwischen Sonne und Mond positioniert ist Dies geschieht nur wenn der Mond im Knotenpunkt also dem Schnittpunkt von Ekliptik und Mondbahnebene steht Sp 250 Die Sonnenfinsternis hingegen tritt ein wenn sich der Mond zur Zeit des Novilunium zwischen unsere Sicht und die Sonne stellt und mit dem Schatten seines Korpers auf einige Gegenden der Erde Finsternis bringt Sp 254 Zur Erlauterung nimmt Melanchthon in seine Schrift die Entfernungsangaben und Grossenverhaltnisse der drei Himmelskorper auf die er bei Claudius Ptolemaus findet 19 Der von Ptolemaus ausgefuhrte Gedanke der Parallaxe wegen dieser Grossenverhaltnisse kann die Erde nicht als punktformig angesehen werden vielmehr muss der Standort des Betrachters auf der Erdoberflache bei der Berechnung berucksichtigt werden 20 wird in der Initia doctrinae physicae aufgegriffen Die Formulierungen wie Abirrung unseres Blickes wegen der Nahe des Mondes Sp 256 oder der wahre Ort des Mondes unterscheidet sich vom sichtbaren Ort des Mondes Sp 257 entsprechen an Klarheit aber nicht den Ausfuhrungen des Ptolemaus Stellae errantes Bearbeiten Sp 260 292 enthalten umfangreiches nicht unbedingt geordnetes Wissen uber die 5 Planeten Merkur Venus Mars Jupiter Saturn Zunachst wird die seit Jahrhunderten ja Jahrtausenden tradierte Vorstellung wiedergegeben dass diese 5 Planeten den Weltmittelpunkt also die Erde umkreisen 2 Merkur und Venus unterhalb der Sonne und die 3 ubrigen oberhalb der Sonne Sp 261 Z B werden fur die Umlaufdauer der oberen Planeten die von Plinius dem Alteren Naturalis historia II 32 f angegebenen ungefahren Werte Mars 2 Jahre Jupiter 12 Jahre Saturn 30 Jahre ubernommen Im Kapitel De duobus inferioribus Planetis Venere et Mercurio Uber die zwei unteren Planeten Venus und Merkur Sp 275 f wird zwar die Moglichkeit erwogen dass diese unteren Planeten um die Sonne kreisen aber verworfen Darauf folgt eine genauere Darstellung der Planetenbewegung orientiert an Claudius Ptolemaus Almagest Buch IX Kap 5 6 Um die Erde laufen Bahnkreise defender diese sind aber exzentrisch eccentricus mit einem erdfernen apogeon und einem erdnahen perigeon Punkt Fur jeden Planet liegt auf seinem Bahnkreis der Mittelpunkt eines weiteren Kreises epicyclum auf dem der Planet umlauft Dieses Modell wird mit zahlreichen Beobachtungen der Planeten auf ihrem Weg durch den Tierkreis und ihre Breitenabweichung von der Ekliptik erlautert Dabei stehen die von Claudius Ptolemaus und spateren Naturforschern ermittelten Zahlen wie die maximale Elongation von Merkur und Venus Sp 275 f im Mittelpunkt Es gibt aber auch beschreibende Teile die das Verstandnis der Schuler fordern sollen so im Kapitel De tribus supremis Planetis Sp 263 in freier Ubersetzung Wenn sich ein Planet im oberen Teil seines Epizykels bewegt hat er zwei Bewegungen in gleicher Richtung die des Planeten auf dem Epizykel und die des Mittelpunktes des Epizykels auf dem Exzenter daher erscheint er gegen die Tierkreiszeichen schneller Wenn er aber zum unteren Tell heruntersteigt hat er eine ostliche und eine westliche Richtung Ahnlich wie bei einem Schiff das gegen die Stromung bewegt wird bewirken die gegenlaufigen Bewegungen dass ein Planet einige Tage unbeweglich stehend gesehen wird Darstellung der Naturphilosophie des Aristoteles BearbeitenZu Beginn des Buches II Sp 291 fasst Melanchthon zusammen worum es im Hauptteil der Bucher II und III geht consideratio materiae et earum effectionum quae sunt causae mutationum in corporibus ut generationum alterationum corruptionum et partium in corporibus et causarum propinquarum et remotarum Betrachtung des Stoffes und der darauf wirkenden Krafte die Grund der Veranderungen in den Korpern sind wie Werden Veranderung Vergehen und der Teile in den Korpern und der naheren und ferneren Grunde Aristoteles und andere Naturphilosophen hatten zu diesen Themen Begriffe in griechischer Sprache entwickelt Im Laufe der Jahrhunderte wurden dazu lateinische Aquivalente gefunden Beispielhaft dafur sind die Ubersetzungen von Platons Timaios aber auch in der Etymologiae des Isidor von Sevilla etwa usiae id est substantiae II XXVI oder ὺlῃ haben die Lateiner materia genannt XIII III Im Kapitel De Principiis Sp 293 Grundstoff Grund Ursprung 21 gr archai 22 legt Melanchthon seine Sicht der Grundlagen verschiedener antiken Naturphilosophen dar Demokrit von Abdera und die Epikureer lehnt er ab weil sie keine Wirkursache efficientis causa kennen Den Stoikern wirft er vor dass sie die zwei Prinzipien mens et materia gr zitiert logon ὒlmn durch die unsinnige necessitas Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen nach einer unverbruchlichen Ordnung und Notwendigkeit 23 erganzt und zerstort hatten Obwohl Platon und seine drei Prinzipien Deus Materia Idea positiv gesehen werden ist doch Aristoteles der bevorzugte Autor mit den drei Prinzipien der Natur materia forma privatio 24 Die wichtigen Begriffe Materie Et quid est Materia Sp 296 Form Quid est Forma Sp 297 Ursache Prima divisio causarum Sp 306 ff werden erlautert Die Weiterentwicklung der Ursachen zu Zufall Schicksal fuhrt schliesslich zu dem astrologisch behandelten Thema De Fato Sp 329 ff Grundzuge der Vier Elemente Lehre Bearbeiten In Buch III ab Sp 381 behandelt Melanchthon ein eng begrenztes Gebiet der griechischen Philosophie die Vier Elemente Lehre Als Quelle nennt er Aristoteles und die antiken Arzte Durch die Uberschrift De Elementis et eorum qualitatibus et alterationum et mixtionum causis Von den Elementen ihren Eigenschaften und den Grunden ihrer Wandlung und Mischung postuliert er das Thema umfassend zu behandeln Tatsachlich nennt er nicht nur die uberlieferten vier Elemente Feuer Luft Wasser Erde sondern exzerpiert auch einige Grunde fur die 4 Zahl aus der ihm vorliegenden Literatur so ubernimmt er die zwei Auf und Abwartsbewegungen der vier Elemente als Ursache 25 Sp 382 Die Herleitung der Vier Safte Lehre rubra bilis rote Galle atra bilis schwarte Galle sanguis Blut phlegma Schleim des antiken Arzte Galenos 26 aus der 4 Elementen Lehre gilt ihm auch als Begrundung der 4 Zahl Anschliessend werden die primae qualitates Haupteigenschaften Warme Kalte Feuchtigkeit Trockenheit 27 vorgestellt und die secundae qualitates nachfolgende geringere Eigenschaften 28 schwer leicht rau glatt etc Sp 385 Im Folgenden geht es um die Wandlung und die Mischung der Elemente ineinander Diese nicht einfach verstandlichen Begriffe werden von Aristoteles den Melanchthon hier haufig zitiert besonders in seinem Werk De generatione et corruptione besprochen 29 das moglicherweise eine Quelle Melanchthons war Alle Elemente konnen durch Wandlung Melanchthon transformatio ineinander ubergehen Sp 395 Mischung Melanchthon benutzt das griechische Lehnwort mixtio von Elementen fuhrt zur Bildung neuer Stoffe Dazu mussen die Elemente aufeinander wirken und aneinander leiden Melanchthon actio passio Sp 392 f Die von Melanchthon verwendeten Begriffe stehen bereits im Aristoteles Latinus 30 Ob diese Ubersetzung dem Autor zur Verfugung stand oder er ausschliesslich den griechischen Text benutzte wie einige griechische Zitate nahelegen muss offen bleiben Melanchthon versucht seinen Schulern die schwierige Materie durch Beispiele aus Naturlehre und Medizin naherzubringen So schmelze Blei schneller als Kupfer weil es einen hoheren Anteil am Element Wasser habe Sp 394 Schwerbeladene Schiffe schwimmen weil Holz das Element Luft enthalt Sp 388 Bei Fieber werden wegen ihrer Haupteigenschaften kalte und trockene Stoffe wie Gerstenwasser und Pflaumen verordnet Sp 383 Ausfuhrlich Sp 388 f begleitet Melanchthon die unreife Traube Erde bitter auf ihrem Weg uber die reifen Traube Luft suss den Most Garung wg Warme Wein Luft suss bis zum Essig Kalte Trockenheit sauer Die Astrologie des Philip Melanchthon BearbeitenDie Astrologie ist fur Philip Melanchthon wie fur andere Gelehrte seiner Zeit durchaus eine physikalische Wissenschaft 31 32 Schon in dem einleitenden Kapitel Quae doctrina usitate nuncupatur Physica Sp 182 ff weist er auf die Moglichkeiten der Astrologie hin das Geschehen auf der Erde zu erklaren Allerdings habe sich Aristoteles in der Physica dazu nicht geaussert Und bei der Behandlung der Planeten kommen auch astrologischen Aspekt zur Sprache Fur wichtige und meist unheilvolle Ereignisse wird der Stand der oberen Planeten angegeben so fur den Tod Martin Luthers und den Ausbruch einer neuen Krankheit die Gallicum die franzosische genannt werde In den Kapiteln De Temperamentis et Stellis Von den Anlagen und den Sternen Sp 323 f und De Fato physico Vom physischen Schicksal Sp 331 335 geht er naher auf das Thema ein Im zuerst genannten Kapitel wird versucht verschiedene Vorstellungen darzustellen und in Ubereinklang zu bringen Einerseits folgt Melanchthon dem Tetrabiblos dem astrologischen Werk des Claudius Ptolemaius das er aus dem Griechischen ins Lateinische ubersetzt hatte Die Anlagen der Menschen werden daher auf die Konstellation der Gestirne zuruckgefuhrt etwa die Kranklichkeit eines Magdeburgischen Geistlichen auf die ungunstige Verbindung von Mond und Widder mit Saturn und Stier 33 Neigung zu Musik und Dichtkunst findet sich unter der Herrschaft der Planeten Merkur und Venus 34 Andererseits wird am Schicksal Absaloms des Sohns Konig Davids ausgefuhrt dass der Rat Gottes ausserhalb solcher Zusammenhange steht Unter physischem Schicksal wird der Einfluss der Sterne auf Elemente und Korper verstanden Dazu gehort der Einfluss des jahrlichen Sonnenlaufs auf die Jahreszeiten aber auch das Wirken der Tierkreiszeichen auf eine kuhlere und feuchtere oder warmere und trockenere Witterung hin wie im Tetrabiblos beschrieben Durch die providentia Gottes die Melanchthon an fruherer Stelle im Werk Sp 203 gewurdigt hatte ist deren Reihenfolge fur ein optimales Wachsen und Gedeihen der Natur angelegt Auch der Verlauf von Krankheiten ist durch die Gestirne insbesondere den Mond bestimmt Ausgabe und Uberlieferung BearbeitenDas Werk erschien 1549 erstmals gedruckt bei Hans Lufft in Wittenberg allerdings wurde ein Manuskript Melanchthons schon Jahre vorher von seinem ihm nahestehenden Kollegen Paul Eber zu Physikvorlesungen benutzt und ausgearbeitet 35 Weitere Ausgaben wurden in Wittenberg bis 1600 herausgegeben einige auch in Basel Frankfurt a M und Leipzig 36 Insgesamt hatten Melanchthons wissenschaftliche Leistungen und seine naturwissenschaftlichen Lehrbucher grossen Einfluss in den folgenden Jahrhunderten 37 Eine Ubertragung in die deutsche Sprache durch Walther Ludwig Altphilologe wurde 2008 als Band 11 der Reihe Subsidia Classica im Verlag Marie Leidorf veroffentlicht Textausgaben und Ubersetzungen BearbeitenKarl Heinrich August Manitius Des Claudius Ptolemaus Handbuch der Astronomie Leipzig 1912 Philipp Melanchthon Initia doctrinae physicae in Opera Quae Supersunt Omnia Band 13 in Corpus Reformatorum Hrsg Karl Gottlieb Bretschneider Halle 1846 Philipp Melanchthon Initia Doctrinae Physicae Die Anfange der physikalischen Lehre ubertragen von Walther Ludwig Rahden Westf 2008 Literatur BearbeitenClaudia Brosseder Im Banne der Sterne Caspar Peucer Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen Berlin 2004 Martin H Jung Philipp Melanchthon und seine Zeit Gottingen 2010 Wilhelm Maurer Melanchthon Studien Gutersloh 1964 Peter Petersen Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland Leipzig 1921 Karin Reich Philipp Melanchthon im Dialog mit Astronomen und Mathematikern in Mathematik und Naturwissenschaften in der Zeit von Philipp Melanchthon Wiesbaden 2012 Georg Singer Sternenlauf und gottliche Vorsehung in Mathematik und Naturwissenschaften in der Zeit von Philipp Melanchthon Wiesbaden 2012 Einzelnachweise Bearbeiten Claudia Brosseder Im Banne der Sterne S 166 Fussnote 4 Claudia Brosseder Im Banne der Sterne S 170 f Claudius Ptolemaus Tetrabiblos Buch 2 Kap 11 Claudia Brosseder Im Banne der Sterne S 179 Wilhelm Maurer Melanchthon Studien S 41 Peter Petersen Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland S 54 Peter Petersen Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland S 75 f Isidor von Sevilla Etymologiae Lib III XXIX XXXIII Claudius Ptolemaus Almagest Buch I Kap 3 7 Die Erde nimmt die Mitte des Himmelsgewolbes ein Dagmar Gottschall Expertenwissen und Laienwissen auf dem Gebiet der astrologischen Prognostik bei Konrad von Megenberg und Cecco d Ascoli in Konrad von Megenberg 1309 1374 Ein spatmittelalterlicher Enzyklopadist im europaischen Kontext Wiesbaden 2011 Claudius Ptolemaus Almagest Buch I Kap 8 Es gibt zwei verschiedene erste Bewegungen am Himmel Karl Ernst Georges Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch Claudius Ptolemaus Almagest Buch 3 Kap 4 Die scheinbare Anomalie der Sonne Martianus Capella De nuptiis Philologiae et Mercurii Buch 8 846 Altes Testament 1 Buch Mose 6 9 8 14 Philipp Melanchthon Phil Mel interpretatio operis Quadripartiti Claudii Ptolemaei de praedictionibus astronomicis Lib I De trigonis Glenn W Most Pindars Sonnenfinsternis in Helga Kohler Herwig Gorgemanns Manuel Baumbach Hrsg Sturmend auf finsterem Pfad Heidelberg 2000 Hans Armin Gartner Politische Deutungen von Sonnenfinsternissen in der Antike in Helga Kohler Herwig Gorgemanns Manuel Baumbach Hrsg Sturmend auf finsterem Pfad Heidelberg 2000 Claudius Ptolemaus Almagest Buch V Kap 15 16 Die Grossen der Sonne des Mondes und der Erde Claudius Ptolemaus Almagest Buch V Kap 11 Die Parallaxen des Mondes Karl Ernst Georges Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch Werner Marx Einfuhrung in Aristoteles Theorie vom Seienden Freiburg 1972 S 22 Maximilian Forschner Die Philosophie der Stoa Darmstadt 2018 S 129 Peter Petersen Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland S 77 Aristoteles De generatione et corruptione II 3 330b30 33 Galen De elementis ex Hippocratis sententia 8 Aristoteles De generatione et corruptione II 3 330a24 29 Karl Ernst Georges Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch Gustav Adolf Seeck Uber die Elemente in der Kosmologie des Aristoteles Munchen 1964 besonders S 15 f 50 ff Aristoteles Latinus IX 1 De generatione et corruptione edidit Joanna Judycka Leiden 1986 Index Latino Graecus Claudia Brosseder Im Banne der Sterne Caspar Peucer Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen S 168 Wilhelm Knappich Geschichte der Astrologie Frankfurt 1967 7 Kapitel Blute der Astrologie 1450 1650 Tetrabiblos Buch I 9 Von der Macht der Fixsterne Tetrabiblos Buch IV 4 Uber den Beruf Karin Reich Philipp Melanchthon im Dialog mit Astronomen und Mathematikern S 55 f Georg Singer Sternenlauf und gottliche Vorsehung S 71 Martin H Jung Philipp Melanchthon und seine Zeit S 176 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Initia doctrinae physicae amp oldid 238684694