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Ich klage an ist ein deutscher Spielfilm von Wolfgang Liebeneiner der am 29 August 1941 im Berliner Capitol uraufgefuhrt wurde Wegen seiner Werbung fur den vom nationalsozialistischen Staat begangenen Massenmord an kranken Menschen ist dieser Propagandafilm heute in Deutschland nur eingeschrankt zu sehen FilmTitel Ich klage anProduktionsland DeutschlandOriginalsprache DeutschErscheinungsjahr 1941Lange 120 MinutenAltersfreigabe FSK keineProduktions unternehmen Tobis FilmkunstStabRegie Wolfgang LiebeneinerDrehbuch Eberhard Frowein Harald Bratt Hermann SchwenningerProduktion Heinrich JonenMusik Norbert SchultzeKamera Friedl Behn Grund Franz von KlepackiSchnitt Walter von BonhorstBesetzungHeidemarie Hatheyer Hanna Heyt Paul Hartmann Professor Dr Thomas Heyt Mathias Wieman Dr Bernhard Lang Margarete Haagen Berta Link Charlotte Thiele Dr Barbara Burckhardt Christian Kayssler Landgerichtsdirektor Kriebelmeyer Harald Paulsen Eduard Stretter Albert Florath Prof Schluter Ilse Furstenberg Marie Gunther Karin Evans Erna Balg Hans Nielsen Dr Hofer Franz Schafheitlin Rechtsanwalt Straten Erich Ponto Prof Werther Otto Graf Staatsanwalt Engel Leopold von Ledebur Landgerichtsrat Knevels Curt Lucas Sanitatsrat Klapper Hansi Arnstaedt Frau Klapper Just Scheu Dr Scheu Paul Rehkopf Gerichtsbeamter Karl Haubenreisser Studienrat SchonbrunnEs handelt sich heute um einen Vorbehaltsfilm der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung Er gehort damit zum Bestand der Stiftung ist nicht fur den Vertrieb freigegeben und darf nur mit Zustimmung und unter Bedingungen der Stiftung gezeigt werden Inhaltsverzeichnis 1 Definitionen und Relevanz 2 Einsatz und Wirkung 3 Handlung 4 Filmvorlage 5 Propagandistische Methoden 6 Konstituenten der Euthanasie Propaganda 7 Zensur 8 Rezeption und Kritik 9 Auszeichnung 10 Siehe auch 11 Literatur 12 Weblinks 13 EinzelnachweiseDefinitionen und Relevanz BearbeitenDer Begriff Euthanasie setzt sich zusammen aus den beiden griechischen Wortern Eu welches Wohl oder Gut bedeutet und Thanatos fur Tod 1 Demnach bedeutete Euthanasie ursprunglich guter Tod bevor der Begriff als Synonym fur Sterbehilfe und schliesslich auch fur die Vernichtung lebensunwerten Lebens fungierte Durch die Nationalsozialisten wurde der Begriff somit unzutreffend gebraucht und in die etymologisch gegenteilige Bedeutung versetzt Der Begriff Propaganda kommt von dem lateinischen Verb propagare welches so viel wie aus bzw verbreiten bedeutet 1 Zu einer negativen Konnotation des Begriffs kam es im Laufe des 19 Jahrhunderts und wahrend des Ersten Weltkrieges Diese negative Bewertung halt teilweise noch bis heute an Ebenso trifft dies auf die innere Abwehrhaltung gegen alles Andersartige alles Kranke 2 zu welche sich in der aktuellen Zeit nach wie vor finden lasst Deshalb ist es von besonderer Relevanz auch im 21 Jahrhundert die Euthanasie Debatte und damit einhergehend die Problematik der Sterbehilfe aufzuarbeiten und zu diskutieren Denn nicht nur in der Zeit des Nationalsozialismus wurde eine Volksgemeinschaft beansprucht die vollkommen gesund ist und aus der deshalb jegliche Krankheit eliminiert werden muss Einsatz und Wirkung BearbeitenMittels des Films wurde das Euthanasieprogramm des nationalsozialistischen Staats auf die massenwirksamste Weise propagiert Demnach legt der Film nahe dass es ordnungsgemass erlaubt sei das Leben behinderter und oder kranker Menschen zu beenden Dies wird auf eine geschickt getarnte Art und Weise vermittelt Statt der Vernichtung lebensunwerten Lebens konzentriert sich der Film auf die Problematik der Totung auf Verlangen Im gesamten Film kommt das Wort Euthanasie nicht zur Sprache und Ich klage an sollte insgesamt nicht als ein offensichtliches Propagandainstrument erkennbar sein Am 15 August 1941 erhielt Ich klage an in Deutschland eine Freigabe von der Zensur und bekam lediglich die Anmerkung fur Jugendliche verboten sowie die Pradikate kunstlerisch besonders wertvoll volksbildend und feiertagsfrei 2 Der Film wurde auch im Ausland gezeigt und in Zurich beispielsweise von den kantonalen Polizeibehorden verboten und beschrieben als Tendenzfilm gefahrlichster Sorte den wir in seiner geistigen Haltung restlos ablehnen und vor dem wir warnen Umso gefahrlicher als er sich viel weniger an den Verstand als an das Gefuhl wendet Auf hochst geschickte Weise wird gegen das bestehende Gesetz Sturm gelaufen Der Filmberater Luzern Nr 11a November 1941 Drewniak Der deutsche Film S 251 Im damaligen nationalsozialistischen Staat fielen die Reaktionen und Rezensionen hinsichtlich des Films deutlich anders aus So wurde in der NS Tageszeitung Volkischer Beobachter folgendes geaussert Uber die Fragestellung des Films werden indes viele fruchtbare Gesprache in Gang kommen doch die Antwort wird so klar und eindeutig sein wie sie einem gesunden und lebenswilligen Volk gemass ist Utermann Film im Bereich hoher Kunst Volkischer Beobachter Norddeutsche Ausgabe 54 Nr 244 vom 1 9 1941 S 6 Die Gesetzesanderung die in Ich klage an gefordert wird fand Berichten des Sicherheitsdienstes der SS zufolge grossere Zustimmung bei der Arbeiterschicht statt in intellektuellen Kreisen Ausschlaggebend dafur soll sein dass die sozial schlechter gestellten Schichten der Bevolkerung naturgemass starker an ihre eigene finanzielle Belastung denken 3 Wenige Wochen spater am 4 September 1941 wurde die Gesetzesanderung tatsachlich vollzogen Seitdem wurde und ist bis heute in Paragraf 211 des Strafgesetzbuches Mord nicht mehr definiert als jegliche Totung die jemand mit Uberlegung ausgefuhrt hat sondern es wurden Mordmerkmale eingefuhrt die niedrige Beweggrunde bzw Heimtucke Grausamkeit oder gemeingefahrliche Mittel voraussetzen und damit die vorgeblich wohlwollenden Krankenmorde nicht mehr eindeutig als Mord einstufen liessen siehe Mord Deutschland Neukonzeption 1941 Allerdings wurden sie durch die Gesetzesanderung nicht legalisiert sondern waren zumindest als Totschlag Deutschland ggf als Totung auf Verlangen strafbar letztere Vorschrift um die es ja gerade im Film geht blieb damals sogar unverandert Regisseur Wolfgang Liebeneiner stellte mit Hinblick auf seinen Film die Forderung dem Menschen doch wohl die Entscheidung daruber zu lassen ob er leben will oder nicht leben will Ich halte das fur ein grassliches Relikt aus fruheren Zeiten dass man dem Menschen das Recht absprechen will daruber zu entscheiden ob er leben will oder sterben will Liebeneiner im Interview mit Rost Diese Worte lassen vermuten dass die Ideologie des nationalsozialistischen Staats welche behindertes Leben lebensunwert nennt Liebeneiners Uberzeugungen notwendigerweise nicht zuwider sein mochte Handlung BearbeitenHanna Heyt ist eine lebenslustige Frau Als ihr Mann den Ruf auf den Direktorposten eines Instituts in Munchen bekommt bereitet sie eine Feier fur Kollegen und Freunde vor Bereits wahrend der Vorbereitungen sturzt sie unerklarlich eine Treppe im Haus hinab Als sie wahrend der Feier am Klavier sitzt fuhlt sie einen Krampf in ihrer Hand und kann nicht weiterspielen Da die Taubheit auch am nachsten Morgen nicht weg ist schickt ihr Mann sie zu Dr Lang einem alten Freund des Paares Dieser untersucht sie und hegt den Verdacht Hanna sei an multipler Sklerose erkrankt Er offenbart seinen Verdacht Dr Heyt der entsetzt ist aber dann doch das Urteil eines Spezialisten einholt Jener bestatigt die unheilbare Krankheit legt aber nahe Hanna ihre Krankheit nicht mitzuteilen um ihr ihren Optimismus und den Glauben an eine Besserung nicht zu nehmen Fortan forscht Dr Heyt in seinem Labor nach der Arbeit bis in die Nachtstunden nach einem Erreger der Krankheit und einem Mittel fur ihre Heilung Bei Hanna schreitet die Krankheit mittlerweile weiter fort Sie erkennt dass sie sich nach der Lahmung ihrer Beine und Arme immer weniger wird bewegen konnen Daraufhin bittet sie Dr Lang sie wenn es ganz schlimm wird zu toten Sie mochte nicht dass ihr Mann eines Tages froh ist wenn sie endlich gestorben ist nachdem sie vor sich hinvegetiert hat und nur noch eine Last war Dr Lang weist ihr Ansinnen als unethisch zuruck Hanna wendet sich mit derselben Bitte spater auch an ihren Mann der sie von der Moglichkeit einer baldigen Heilung zu uberzeugen versucht Die Krankheit verschlechtert ihren Gesundheitszustand rasch Ein vermeintlicher Durchbruch in Heyts Forschungen entpuppt sich als Irrtum Als Hanna unter Atemlahmungen leidet bittet sie ihren Mann erneut ihr nun zu helfen Er entwendet das Medizinflaschchen von Dr Lang und verabreicht seiner Frau eine Uberdosis an der sie stirbt Dr Lang ist ausser sich er bezichtigt Heyt daraufhin des Mordes und kundigt die Freundschaft Heyt wird von seinem Schwager Eduard Stretter angezeigt Im Strafverfahren wegen Mordes vor dem Schwurgericht stellt sich die Tat nach den Zeugenaussagen als quasi humanitarer Akt dar Die Zeugen geben dabei hauptsachlich Meinungen daruber ab ob sie bestimmte Geschehnisse fur moglich halten und berichten kaum uber eigene Erlebnisse Die Schoffen diskutieren wahrend einer einstundigen Verhandlungspause wegen des angekundigten Erscheinens von Dr Lang den Fall im Beratungsraum kontrovers der Vorsitzende Richter gebietet ihnen Einhalt denn der Fall sei nicht so einfach wie sie es darstellen Es fehlt der Nachweis des ausdrucklichen Verlangens der Totung durch die Getotete gegenuber dem Angeklagten Dr Lang der zunachst auf Ladung nicht erschienen war erscheint endlich vor Gericht Durch die Konfrontation mit einem geistesgestorten Kind wurde er zum Umdenken veranlasst Er hatte das an Hirnhautentzundung erkrankte Kind mit allen Mitteln am Leben erhalten Seine Eltern Marie und Herbert Gunther fragen ihn warum er es nicht habe sterben lassen denn nun ist es als Folge der Behandlung blind gelahmt und geistesgestort in einer Anstalt Er bestatigt nach erneutem Eintreten in die Beweisaufnahmen das ausdruckliche Verlangen von Hanna Heyt Dr Heyt bricht nun sein Schweigen vor Gericht und halt ein kurzes Pladoyer in eigener Sache Er will ein Urteil um Klarheit zu schaffen fur sich und zukunftige solche Falle Filmvorlage BearbeitenEinige Motive des Films gehen auf den Briefroman Sendung und Gewissen von Hellmuth Unger zuruck Dieses Buch war 1936 in erster Auflage erschienen und ab 1941 in einer veranderten Fassung mehrfach neu aufgelegt worden Erst die zweite Fassung enthalt die programmatischen Worte Nicht ich bin mehr Angeklagter sondern ich klage an ein wahrhafter Arzt gegen eine ganze Welt Der Briefroman hatte keine durchgehende Handlung und musste dramaturgisch vollig umgestaltet werden Viktor Brack der in der Kanzlei des Fuhrers mit der Aktion T4 befasst war beauftragte Hermann Schwenninger damit eine neue Rahmenhandlung zu schreiben Schwenninger war seit 1940 bei der Zentraldienststelle T4 angestellt und sollte dort einen Dokumentarfilm uber die Euthanasie herstellen der spater als Dasein ohne Leben bekannt wurde Schwenningers Drehbuchentwurf fur den Spielfilm enthalt die Gerichtsszene in der der Sterbehelfer zum Helden stilisiert wird Wolfgang Liebeneiner wies diesen Entwurf zuruck Aus der Kanzlei des Fuhrers erging an eine Arbeitsgruppe erneut die Anweisung ein Drehbuch zu schreiben uber Euthanasie uber Ausloschung lebensunwerten Lebens Unter Berucksichtigung der Zeitumstande sind wir zu der Uberzeugung gekommen alles mogliche vermeiden zu mussen was nach geflissentlicher Werbung aussieht namentlich aber auch alles zu vermeiden was von gegnerisch Eingestellten als eine vom Staat ausgehende Bedrohung aufgefasst werden konnte 4 Der neue Entwurf trug den Arbeitstitel Drei Menschen Ein Film um das Gesetz des Herzens und bezog sich auf ein geplantes Sterbehilfegesetz das wegen aufkommender Proteste aus kirchlichen Kreisen jedoch nicht erlassen wurde Der Entwurf bringt als wichtige Elemente die Dreierbeziehung zwischen einer Frau und zwei Mannern ein und lasst den Ehemann und zugleich Arzt zum Tater innerhalb der Familie werden Auch dieser Entwurf wurde uberarbeitet Liebeneiner hat spater zur Rechtfertigung eine falsche Darstellung daruber in Umlauf gebracht und behauptet darin sei unverblumt die Totung von Geisteskranken propagiert worden Liebeneiner ubernahm jedoch die Vernichtung lebensunwerten Lebens als verdeckte Schlusselbotschaft Der Film enthalt als Elemente die Dreierbeziehung des zweiten Entwurfs die grosse Gerichtsszene aus dem ersten Entwurf und die abgeanderte Nebenhandlung zweier Eltern die den Tod ihres schwerstbehinderten Kindes herbeisehnen Propagandistische Methoden BearbeitenDem Film gelingt es die Auffassung der Befurworter der Euthanasie mittels rhetorischer Methoden als richtig erscheinen zu lassen Dass der Film als Propagandamittel fur das Euthanasieprogramm des nationalsozialistischen Staats eingestuft werden kann lasst sich durch dessen Einordnung in den historischen Kontext aufzeigen Grundsatzlich lassen sich drei wesentliche propagandistische Methoden im Film nachweisen Behauptung Tarnung und Ubertragung 2 Als wichtigste Methode zieht sich die Ubertragung durch den gesamten Film und zwar betrifft diese die Idealisierung der Figur Thomas Heyts als Fuhrertypus Zusatzlich kann auch der Aufbau des Arztes Bernhand Lang als Identifikationsfigur genannt werden Weiterhin findet die Methode der Tarnung Anwendung beispielsweise in der Geschworenenszene Diejenigen Geschworenen die die Euthanasie befurworten wenden die Technik des Einschmeichelns beim Zuschauer an Damit einhergehend wird das eigentliche Thema der Euthanasie mit der Problematik der Sterbehilfe gleichgesetzt Da die Konzentration auf der Figur Thomas Heyts liegt wird somit vorgegeben dass es in der Verhandlung um Menschen geht die freiwillig ihren Tod in Kauf nehmen Schliesslich kommen in Ich klage an noch einige weitere Techniken zum Tragen so beispielsweise Techniken des Schweigens sowie der Verzerrung Immer wieder wird suggeriert dass die Totung auf Verlangen diskutiert wurde wobei es sich tatsachlich um die eigentliche Problematik der Vernichtung lebensunwerten Lebens handelt Auch die Taktik der Einkreisung kann im Film nachgewiesen werden Der Zuschauer wird gewollt aktiv mit in die Handlung einbezogen und vor verschiedene Entscheidungen gestellt 5 Die erste Entscheidung liegt vor als Hanna Heyt sowohl ihren Ehemann Thomas als auch den befreundeten Arzt Dr Lang um den Tod bittet Somit besteht hier die Moglichkeit sich entweder auf die Seite des Arztes oder die des Ehemanns zu stellen Auch wahrend der Gerichtsverhandlung im Film werden kontinuierlich Entscheidungen fur oder gegen die einzelnen Zeugen gefordert wodurch gleichzeitig eine Entscheidung fur oder gegen die Figur Thomas Heyts erfolgt Zudem erzwingt die Geschworenenszene regelrecht eine weitere Entscheidung Dem Zuschauer ist es nicht moglich die Diskussion mit neutraler Sicht zu verfolgen Stattdessen soll die eigene Meinung immer wieder in Beziehung gesetzt werden zu den Meinungen die die Diskutanten vertreten Dass Bernhard Lang am Ende des Films schliesslich die entscheidende Zeugenaussage liefert und Thomas Heyt noch sein Schlusswort tatigt lassen dem Zuschauer nur eine mogliche Einschatzung des Films Es erscheint unmoglich Totung auf Verlangen und in diesem Sinne auch Euthanasie bewusst abzulehnen 2 Konstituenten der Euthanasie Propaganda BearbeitenIch klage an kann nicht auf Anhieb als ein nationalsozialistischer Propagandafilm erkannt werden Besonders der erste Teil des Films lasst eher auf eine Krankheitstragodie statt jeglicher Propaganda zugunsten der Euthanasie schliessen Jedoch werden Techniken angewendet die dazu dienen sollen den Zuschauer schleichend zur Befurwortung der Euthanasie zu bewegen Im Folgenden werden deshalb die ausschlaggebenden Konstituenten der Euthanasie Propaganda aufgezeigt welche Hachmeister ausfuhrlich beschreibt 2 Konstituenten Inhaltliche ErlauterungDie Nebenhandlung Einen der dramatischen Hohepunkte des Films Ich klage an stellt die Besichtigung des behinderten Kindes in der Anstalt dar Hierbei vollzieht Dr Lang einen Sinneswandel Die Tat seines Freundes Thomas Heyt verurteilt er nicht langer sondern sagt nun zu dessen Gunsten vor Gericht aus Mit dem Fall des behinderten Trudchen Gunthers wird letztendlich die Vernichtung lebensunwerten Lebens klar angesprochen Der Sinneswandel Bernhard Langs Ich klage an zeigt zum einen Thomas Heyt als ein Vorbild und zum anderen Dr Lang als denjenigen der dem Zuschauer gefuhlsmassig sehr nahe steht Somit suggeriert Langs Wandlung dass jeder nicht von vornherein uberzeugte Zuschauer ebenso zum Sinneswandel gelangen kann Die Wandlung eines ethisch so anspruchsvollen Menschen dient im Film der moralischen Rechtfertigung von Sterbehilfe und Euthanasie Thomas Heyt als Fuhrertypus Da Heyt als Fuhrertypus auftritt ubt er zugleich eine Vorbildfunktion aus Er weiss instinktiv was fur seine Frau und daruber hinaus fur die Menschheit am besten ist Im Film personifiziert Heyt den Verfechter einer neuen gerechteren Ordnung dessen Fuhrerfunktion sich auf den Zuschauer ubertragen soll Der Schlussappell Thomas Heyts Ich klage an lasst bereits am Titel erkennen dass Thomas Heyt in seinen Schlussworten einen Paragraphen anklagt der Arzte und Richter an der Erfullung ihrer Aufgabe hindert dem Volke zu dienen 134 Bild Letztendlich bleibt das Ende des Films offen da eine Verurteilung Heyts der ubergeordneten Gerechtigkeit widersprochen hatte und ein Freispruch wiederum nicht mit dem geltenden Recht zu vereinbaren war Der schone Tod die sinnlose Qual Ich klage an weist die propagandistische Methode der Kontrastierung auf Im Film wird der Tod als etwas Schones dargestellt vor dem man sich nicht furchten muss Der schone Tod wird dahingehend mit dem von Qual erfulltem Leben eines Kranken kontrastiert und suggeriert dass der Tod einem behinderten Leben vorzuziehen sei Sterbehilfe stellt somit einen Akt der Gnade dar Der Tod als Liebesgabe Das Euthanasieprogramm des nationalsozialistischen Staats wurde auch als Aktion Gnadentod bezeichnet In Ich klage an stellt Liebe das Motiv der Erlosung dar Heyts Tat wird mit der Liebe zu seiner Frau begrundet und diese selbst sieht in der Totung einen Liebesbeweis Das Natur Argument Das Natur Argument dient der propagandistischen Methode der Behauptung denn sowohl die Euthanasie als auch der Antisemitismus wurden mit dem Verweis auf die Natur gerechtfertigt Ich klage an suggeriert die Vorstellung dass es unnaturlich sei medizinische Mittel zur Verlangerung eines Lebens einzusetzen Dies entspricht einer extremen Form des Sozialdarwinismus Der Schwache muss zugrunde gehen um den Starken nicht zu schadigen Sterben lassen ist naturlich wahrend Lebensrettung storend in den Lauf der Natur eingreifen wurde Der Schein der Legalitat Eng mit dem Naturbegriff verbunden ist der Rechtsbegriff in Ich klage an Propagiert wird eine Rechtsordnung die im Einklang mit der Natur stehen musse Des Weiteren wird das Mittel der Tarnung durch Legalisierung angewendet da die bestehenden Gesetze kritisiert werden die Sterbehilfe verbieten Der nationalsozialistische Unrechtsstaat wird im Film als Rechtsstaat inszeniert in welchem Gesetzverstosse der Machthabenden ausgeschlossen scheinen Die Gleichsetzung von Mensch und Tier Im Film hangt die Uberzeugung dass der Mensch krankes Leben so zugrunde gehen lassen musse wie unbarmherzige Natur eng mit der prinzipiellen Gleichsetzung von Mensch und Tier zusammen Dadurch sei es fur jedes Lebewesen und auch fur den Menschen besser wenn diese von ihren Schmerzen erlost wurden statt sich qualen zu mussen Die Zeugenaussage des Pastors Im Film ist die Zeugenaussage des Pastors von grosser Bedeutung fur die Gerichtsverhandlung da die Kirche der starkste Gegner des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms war Angewandt wird hierbei die Technik der Tarnung Die Unterstellung dass die Kirche die Ansicht vertrete Menschen sollten erst nach Uberwindung unendlicher korperlicher und seelischer Qual sterben sollte die Position der Kirche in ein schlechtes Licht rucken Die Forderung des Pastors nach Sterbehilfe als einem Akt der Liebe erscheint in Ich klage an als eine Forderung Gottes Die Geschworenenszene Die Geschworenenszene beinhaltet im Wesentlichen ein Streitgesprach in dessen Verlauf sich der Zuschauer nun endgultig entscheiden muss auf welcher Seite er steht Die Geschworenen teilen sich auf in Sterbehilfe Befurworter und Gegner sowie neutral gestimmt Bei der Anordnung der Argumente lasst sich ein immer wiederkehrendes Schema ausmachen Jegliche Einwande gegen Sterbehilfe werden sofort entkraftet Zudem findet die Technik des Schein Zugestandnisses Anwendung Die Gegner werden keinen Frontalangriffen ausgesetzt sondern umschmeichelt und davon letztendlich uberzeugt Wenn man die Geschworenenszene nun nicht als eine Diskussion verschiedener Teilnehmer auffasst sondern als ein zusammenhangendes Werk eines einzigen Autors sieht man darin genau jenes Prinzip das Hitler beschrieb Die denkbar moglichen Einwande der Zuschauer werden in der Szene antizipiert und sogleich widerlegt Zensur BearbeitenDie Originalfassung auch Ministerfassung genannt bezogen auf das Reichsministerium fur Volksaufklarung und Propaganda war Anfang Mai 1941 fertiggestellt und wurde Mitte Juli und noch einmal Mitte August durch scharfe Zensurschnitte verandert Ursachlich dafur waren die verschlusselte Kritik an der Euthanasie durch ein Hirtenwort der katholischen Bischofe das am 7 Juli 1941 von den Kanzeln verlesen wurde sowie die unverblumte Predigt des Bischofs Clemens August Graf von Galen am 3 August 1941 Herausgeschnitten wurden Seitenhiebe gegen religiose Vorbehalte sowie Szenen von aufdringlichen Bekehrungsversuchen Es entfielen ferner nationalsozialistische Redewendungen und Symbole Auch die Totung eines kranken Versuchstieres wurde nicht mehr unmittelbar gezeigt Es existieren drei im Detail unterschiedliche Fassungen des Spielfilms Sie liegen im Bundesarchiv Koblenz dem Deutschen Institut fur Filmkunde in Frankfurt am Main und im ehemaligen DDR Filmarchiv Potsdam Babelsberg 6 Rezeption und Kritik BearbeitenDer Film hat Totung auf Verlangen zum Thema wird heute jedoch allgemein als Propagandafilm fur die Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus gewertet und war sicher auch so intendiert doch er ist ebenso ein Pladoyer fur aktive Sterbehilfe Die Totung auf Verlangen als die sich die aktive Sterbehilfe oft darstellt hat jedoch ethisch eine andere Qualitat Sie wird auch nach bundesdeutschem Strafrecht erheblich milder bestraft als etwa Totschlag oder Mord Seine besondere Bedeutung erhalt der Film aber im Zusammenhang mit der damals forcierten sogenannten Vernichtung lebensunwerten Lebens Der euphemistisch als Euthanasie bezeichnete nationalsozialistische Krankenmord war eine staatlicherseits begangene Totung von als unheilbar erbkrank lebensunwert und volksschadlich erachteten Menschen siehe Aktion T4 Spatestens der Hinweis des Angeklagten Heyt in Liebeneiners Film auf Hunderttausende hoffnungslos Leidender und der Gesinnungswandel seiner ursprunglichen Gegner erweisen den Film als konform im Sinne der damaligen Politik Im Zeitschriftendienst Zeitschriften Dienst deutscher Wochendienst Berlin Verl Pressebericht 1939 1945 werden als Vorgabe zur Filmberichterstattung folgende Hinweise an die Journalisten gegeben Der Tobis Film Ich klage an behandelt in einer ergreifenden Spielfilmhandlung die Frage ob der Arzt in besonderen Ausnahmefallen berechtigt sein soll einem unheilbar Kranken auf dessen Wunsch hin seine Qualen zu verkurzen In den Bildern und im Dialog des Drehbuchs wird mit hochstem menschlichen Ernst und arztlicher Verantwortung eine seit langem umstrittene Frage der Medizin und des Rechts aufgegriffen Wenn es auch nahe liegt die in dem Film zum Ausdruck kommende Tendenz im Tenor der Kunstbetrachtungen anklingen zu lassen so wollen wir uns doch davor huten und lediglich den kunstlerischen Gehalt dieses Films wurdigen zum Problem selbst aber und zu der vorgeschlagenen Losung vorlaufig weder positiv noch negativ in irgendeiner Form auch nicht in selbstandigen Arbeiten Stellung nehmen Ebenso wollen wir den Ausdruck Euthanasie vermeiden Der nach dem Roman von Hellmuth Unger ausserordentlich spannend und gut aufgebaute Film bietet zudem durch die hervorragenden schauspielerischen Leistungen genugend Stoff fur fruchtbare Kunstbetrachtungen ZD Nr 5200 122 Ausgabe 29 August 1941 Bilder aus dem Film Ich klage an konnen mit Ausnahme der Sterbeszene in der Presse erscheinen ZD Nr 5384 125 Ausgabe 19 September 1941 Nach dem Zweiten Weltkrieg beurteilte das Lexikon des internationalen Films den Film folgendermassen Der Propagandafilm des Dritten Reichs zur Euthanasiefrage Der dramaturgisch geschickt gebaute sehr suggestiv inszenierte Agitationsfilm diente den NS Behorden zur Rechtfertigung ihrer systematischen Vernichtung von Geisteskranken sowie zur psychologischen Vorbereitung eines Sterbehilfegesetzes 7 Auszeichnung BearbeitenDer Film wurde im Dritten Reich mit den Pradikaten kunstlerisch besonders wertvoll und volksbildend ausgezeichnet Siehe auch BearbeitenListe der wahrend der Zeit des Nationalsozialismus im Deutschen Reich uraufgefuhrten deutschen Spielfilme Nationalsozialistische Filmpolitik Nationalsozialistische PropagandaLiteratur BearbeitenSylke Hachmeister Kinopropaganda gegen Kranke die Instrumentalisierung des Spielfilms Ich klage an fur das nationalsozialistische Euthanasieprogramm Nomos Baden Baden 1992 ISBN 3 7890 2804 5 Nomos Universitatsschriften Kulturwissenschaft zugl Diss phil Universitat Munster 1991 Christian Kuchler Bischoflicher Protest gegen nationalsozialistische Euthanasie Propaganda im Kino Ich klage an Historisches Jahrbuch der Gorresgesellschaft 126 2006 ISSN 0018 2621 S 269 294 Karl Heinz Roth Ich klage an Aus der Entstehungsgeschichte eines Propaganda Films In Gotz Aly Hrsg Aktion T4 1939 1945 Die Euthanasie Zentrale in der Tiergartenstrasse 4 Statten der Geschichte Berlins 26 2 erw Aufl Hentrich Berlin 1989 ISBN 3 926175 66 4 S 93 116 Matthias Uhlmann Der Fall von Ich klage an In Matthias Uhlmann Die Filmzensur im Kanton Zurich Geschichte Praxis Entscheide Verlag Legisssima Zurich 2019 ISBN 978 3 033 07030 1 S 119 133 Weblinks BearbeitenIch klage an in der Internet Movie Database englisch Ich klage an bei filmportal de Ich klage an In Murnau Stiftung Abgerufen am 25 April 2022 Harald Muhlbeyer Kinoseminar Filmpropaganda Ich klage an Wolfgang Liebeneiner 1941 In Screenshot Texte zum Film Mai 2011 abgerufen am 13 Dezember 2019 Ich klage an Filmplakat Memento vom 16 Marz 2017 im Internet Archive jpg 20 kB In rarefilmsandmore com Ich klage an Nicht mehr online verfugbar In Illustrierter Film Kurier K 3220 Archiviert vom Original am 11 Juni 2015 abgerufen am 13 Dezember 2019 Bild des Zeitschriftentitels Christian Kuchler Katholischer Protest gegen Euthanasie und Kinopropaganda fur die NS Mordaktionen In lernen aus der geschichte de Agentur fur Bildung Geschichte Politik und Medien 21 Mai 2012 abgerufen am 13 Dezember 2019 zu Liebeneiners Film Ich klage an Einzelnachweise Bearbeiten a b Gunther Drosdowski Duden Etymologie Herkunftsworterbuch der deutschen Sprache Dudenverlag 1989 ISBN 3 411 20907 0 google de abgerufen am 21 April 2020 a b c d e Sylke Hachmeister Kinopropaganda gegen Kranke Die Instrumentalisierung des Spielfilms Ich klage an fur das nationalsozialistische Euthanasieprogramm Baden Baden 1992 ISBN 3 7890 2804 5 Heinz Boberach Hrsg Meldungen aus dem Reich 1938 1945 Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS Herrsching 1984 Karl Heinz Roth Ich klage an S 96 Christoph Bernhard Melchers Untersuchungen zur Wirkungspsychologie nationalsozialistischer Propagandafilme Heidelberg 1933 Karl Heinz Roth Ich klage an S 116 Anm 15 Ich klage an In Lexikon des internationalen Films Filmdienst abgerufen am 24 Oktober 2016 Filme von Wolfgang Liebeneiner Kinofilme Versprich mir nichts Der Mustergatte Yvette Du und ich Ziel in den Wolken Der Florentiner Hut Die gute Sieben Bismarck Ich klage an Das andere Ich Die Entlassung Grossstadtmelodie Das Leben geht weiter Liebe 47 Tobias Knopp Abenteuer eines Junggesellen Meine Nichte Susanne Des Lebens Uberfluss Wenn eine Frau liebt Das Tor zum Frieden Der Weibsteufel Der blaue Stern des Sudens 1 April 2000 Die Starkere Das tanzende Herz und ewig bleibt die Liebe Die schone Mullerin Auf der Reeperbahn nachts um halb eins Die heilige Luge Ich war ein hassliches Madchen Urlaub auf Ehrenwort Waldwinter Die Trapp Familie Konigin Luise Auf Wiedersehen Franziska Immer wenn der Tag beginnt Taiga Die Trapp Familie in Amerika Sebastian Kneipp Ein grosses Leben Meine Tochter Patricia Jacqueline Ich heirate Herrn Direktor Eine Frau furs ganze Leben Ingeborg Schlussakkord Das letzte Kapitel Schwejks Flegeljahre Jetzt dreht die Welt sich nur um dich Wenn suss das Mondlicht auf den Hugeln schlaft Das chinesische Wunder Gotz von Berlichingen mit der eisernen HandFernsehfilme Auswahl Die Schatzinsel Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer Die Abenteuer des braven Soldaten 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