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Heinrich Wolfflin 21 Juni 1864 in Winterthur 19 Juli 1945 in Zurich war ein Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wolfflin Foto von Rudolf Duhrkoop Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Systematik 3 Motive 4 Zitat 5 Schriften Auswahl 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHeinrich Wolfflin war ein Sohn des Klassischen Philologen und Professors Eduard Wolfflin und dessen Ehefrau Bertha Wolfflin geb Troll sowie der altere Bruder von Ernst Wolfflin Am 12 April 1880 trat er aus der Studienanstalt in Erlangen in die zweite Gymnasialklasse des Munchner Maximiliansgymnasiums uber und legte hier 1882 das Abitur ab 1 Er studierte Philosophie an der Universitat Basel und an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin spater auch Kunstgeschichte in Munchen 1886 schrieb er dort seine Dissertation Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur bei dem Archaologen Heinrich Brunn Ein daran anschliessender zweijahriger Aufenthalt am Deutschen Archaologischen Institut in Rom fuhrte zu seiner Habilitationsschrift Renaissance und Barock 1893 wurde er als Nachfolger seines Lehrers Jacob Burckhardt Professor fur Kunstgeschichte an der Universitat Basel Dort unterrichtete er auch Frauen wie Adele Stocklin 1876 1960 die spater in Volkskunde promoviert wurde und am Kupferstichkabinett tatig war die Musikerin und Malerin Maria Lotz Emmy Elisabeth Koettgen 1868 1948 die in Zurich die Maturitat erworben hatte und dann in Waldenburg Lehrerin wurde sowie Maria Gundrum mit der Wolfflin brieflichen wie personlichen Kontakt pflegte 2 Als Wolfflin Ende des Wintersemesters 1924 Munchen verliess und in die Schweiz ubersiedelte wollte er ein Abschlussfest geben Da Hugo Bruckmann und seine Ehefrau Elsa ihr Haus dafur nicht zur Verfugung stellten offnete dafur Maria Gundrum ihr Haus Auch wahrend Wolfflins Gastsemester im Winter 1926 27 trafen sich dort die Schuler mit Wolfflin Den Kern der Teilnehmer des Gundrum Zirkels bildeten die Studenten der Kunstgeschichte aus der Schweiz 3 Es folgten Rufe an die Universitaten Berlin 1901 Munchen 1912 und Zurich 1924 Zu seinen Schulern zahlen August Grisebach Erwin Anton Gutkind Ernst Gombrich Kurt Gerstenberg Carl Einstein Ernst Zipperer Hermann Beenken Ernst Gall Max Sauerlandt Paul Frankl Walther Rehm Erwin Panofsky Kurt Martin Justus Bier und Hans Rose sowie der Kunstler Alf Bayrle Wolfflin wurde 1941 mit dem Dr med h c der Universitat Zurich und 1944 dem Dr h c der Universitat Berlin geehrt Seit 1922 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 4 nbsp Grab auf dem Friedhof Wolfgottesacker in BaselWolfflins Grabstatte befindet sich auf dem Basler Wolfgottesacker Seine Bibliothek und seine Photosammlung vermachte er der Universitat Zurich Systematik BearbeitenWolfflins kunsthistorischer Ansatz gilt als Formalismus da er Kunstwerke nach ihrer ausseren Form also ihrem Stil betrachtete Er war einer der ersten Kunsthistoriker der in seinen Vorlesungen konsequent zwei Diaprojektoren verwendete die es ihm erlaubten Kunstwerke direkt miteinander zu vergleichen 5 Hauptsachlich uber den Vergleich von Werken der Renaissance mit Werken des Barock entwickelte er in seinem Hauptwerk Kunstgeschichtliche Grundbegriffe 1915 funf begriffliche Gegensatzpaare mit denen formale Unterschiede zwischen Kunstwerken der Renaissance und des Barock beschrieben werden konnen 6 Linear MalerischFlache TiefeGeschlossen OffenVielheit EinheitKlarheit Unklarheit und BewegtheitMit seiner Systematik hat Wolfflin die Periodizitat und Ubertragbarkeit der Begriffe archaisch klassisch barock etc begrundet Wolfflin selbst bezeichnete seinen Ansatz als Kunstgeschichte ohne Namen da weniger der einzelne Kunstler im Zentrum seiner Betrachtungen stand als vielmehr die Entwicklung einer Stilgeschichte in der er Gemeinsamkeiten der Kunst bestimmter Epochen oder Lander aufdecken und benennen wollte Obwohl seine Begriffspaare heftiger Kritik ausgesetzt waren gilt seine Arbeit als eine der wichtigsten Grundlagen der formalen Kunstbetrachtung Vor allem seine Termini linear und malerisch sind auch heute noch gangige Kategorien zur Beschreibung des kunstlerischen Stils Seine Stiltypologie wurde in den 1920er Jahren von Fritz Strich auf die Literaturwissenschaft ubertragen und wirkte dort weiter 7 Wolfflins Theorie eines regelmassigen Wandels zwischen linearen und malerischen Perioden wird in der Kunst und Literaturgeschichte als Wellentheorie bezeichnet Eine weiterfuhrende Interpretation des Begriffspaars linear malerisch findet sich auch in Lambert Wiesings philosophischem Buch Ich fur mich Phanomenologie des Selbstbewusstseins von 2020 Hier bezeichnen die Grundbegriffe linear und malerisch ontologische Grundkategorien namlich zwei extreme Daseinsstile in denen ein Mensch sich seiner selbst bewusst wird und seinen Selbstwert sein Verhaltnis zum eigenen Korper und zur materiellen Welt erlebt Motive BearbeitenIn einer Zeit als sich die Geisteswissenschaften gegen die Konkurrenz der Naturwissenschaften behaupten mussten suchte Wolfflin objektive Kriterien fur die Kunstbetrachtung und strebte dabei nach einem Bruckenschlag zwischen Sinnesphysiologie und Wahrnehmungspsychologie Seine Dissertation bemuhte sich um ein grundlegendes Verstandnis der Bedingungen die fur unsere Wahrnehmung zu allen Zeiten ihre unumstossliche Gultigkeit behalten 8 Zitat Bearbeiten Heinrich Wolfflin vielleicht der bedeutendste Kunsthistoriker seiner Generation war so empfanglich fur den damals vorherrschenden asthetischen Purismus dass er eine Technik der Dissoziation entwickelte die ebenso extrem war wie diejenige Remy de Gourmonts Edgar Wind Kunst und Anarchie Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Nr 1163 Suhrkamp Frankfurt am Main 1994 S 27Schriften Auswahl BearbeitenProlegomena zu einer Psychologie der Architektur Munchen 1886 Wiederabdruck in Heinrich Wolfflin Kleine Schriften Hrsg von Joseph Gantner 1946 Digitalisat UB Heidelberg Neuausgabe Mann Berlin 1999 ISBN 3 7861 1775 6 Die Jugendwerke des Michelangelo Munchen 1891 Digitalisat UB Heidelberg Renaissance und Barock eine Untersuchung uber Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien Munchen 1888 online Die klassische Kunst Eine Einfuhrung in die italienische Renaissance Munchen 1899 Digitalisat UB Heidelberg Die Kunst Albrecht Durers Munchen 1905 Digitalisat UB Heidelberg Kunstgeschichtliche Grundbegriffe Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst Bruckmann Munchen 1915 Digitalisat UB Heidelberg DNB 364051590 OCLC 8405625 5 Auflage von 1921 online auf archive org allerdings ohne die zahlreichen und fur das Verstandnis des Werks unerlasslichen Abbildungen Das Erklaren von Kunstwerken E A Seemann Leipzig 1921 Bibliothek der Kunstgeschichte 1 Die Bamberger Apokalypse Eine Reichenauer Bilderhandschrift vom Jahre 1000 Munchen 1918 Digitalisat UB Heidelberg Ausgabe von ca 1930 mit zehn von Annette von Eckardt asgewahlten handkolorierten Motiven Buchdeckel und Beispielabbildung online auf antiquariat kunsthandel de abgerufen am 20 August 2023 Italien und das deutsche Formgefuhl F Bruckmann Munchen 1931 Serie Die Kunst der Renaissance Literatur BearbeitenWilhelm Zils Hrsg Geistiges und kunstlerisches Munchen in Selbstbiographien Kellerer Munchen 1913 S Digitalisat Festschrift Heinrich Wolfflin Beitrage zur Kunst und Geistesgeschichte zum 21 Juni 1924 uberreicht von Freunden und Schulern mit einer Laudatio im Vorwort Mit 123 Abbildungen und 19 Aufsatzen zu Themen aus der Kunstgeschichte Verlag Hugo Schmidt Munchen 1924 Gerhard Ludtke Hrsg Kurschners Deutscher Gelehrten Kalender de Gruyter Berlin 1931 S 376 Schweizer Zeitgenossenlexikon 2 Ausg 1932 Neues Schweizer Zeitgenossenlexikon 1938 S 315 Hermann Degener Hrsg Wer ist s 10 Ausgabe Leipzig 1935 Hanna Levy Henri Wolfflin Sa theorie Ses predecesseurs Dissertation Univ Paris M Rothschild Rottweil a N 1936 Eduard His Hrsg Basler Gelehrte des 19 Jahrhunderts Schwabe Basel 1941 Fotografie Richard Zurcher Zum Tode von Heinrich Wolfflin in Architektur und Kunst Bd 32 1945 S 385 388 Biographisches Lexikon verstorbener Schweizer 2 1948 S 499 Andreas Staehelin Hrsg Professoren der Universitat Basel aus funf Jahrhunderten Bildnisse und Wurdigungen Basel 1960 S 411 Fotografie Wolfgang Muller Die Grundbegriffe Heinrich Wolfflins im Franzosischen Dissertation Univ Tubingen 1969 Tubingen 1969 DNB 482602961 Werner Schuder Hrsg Kurschners Deutscher Literatur Kalender Nekrolog 1936 1970 Walter de Gruyter Berlin 1973 Meinhold Lurz Heinrich Wolfflin Biographie einer Kunsttheorie Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen N F Band 14 Wernersche Verlagsgesellschaft Worms 1981 ISBN 3 88462 003 7 Andreas Eckl Kategorien der Anschauung Zur transzendentalphilosophischen Bedeutung von Heinrich Wolfflins Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen Dissertation Univ Bonn 1994 Fink Munchen 1996 ISBN 3 7705 3072 1 Edgar Wind Kunst und Anarchie Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Nr 1163 Suhrkamp Frankfurt am Main 1994 ISBN 3 518 28763 X S 27 30 u 136 140 Lambert Wiesing Die Logik der Sichtweisen Heinrich Wolfflin 1864 1945 In Ders Die Sichtbarkeit des Bildes Geschichte und Perspektiven der formalen Asthetik Campus Frankfurt am Main 2008 S 95 141 Andreas Ay Nachts Gothe gelesen Heinrich Wolfflin und seine Goethe Rezeption V amp R unipress Gottingen 2010 ISBN 978 3 89971 581 1 Hans Christian Hones Wolfflins Bild Korper Ideal und Scheitern kunsthistorischer Anschauung Diaphanes Zurich 2011 ISBN 978 3 03734 167 4 Matteo Burioni Burcu Dogramaci und Ulrich Pfisterer Hrsg Kunstgeschichten 1915 100 Jahre Heinrich Wolfflin Kunstgeschichtliche Grundbegriffe Dietmar Klinger Verlag Passau 2015 ISBN 978 3 86328 136 6 Elisabeth Eggimann Gerber Wolfflin Heinrich In Historisches Lexikon der Schweiz 2015 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Heinrich Wolfflin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Publikationen von und uber Heinrich Wolfflin im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek Literatur von und uber Heinrich Wolfflin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Heinrich Wolfflin im Internet Archive Nachlass Heinrich Wolfflin in der Universitatsbibliothek Basel Heinrich Wolfflin bei arthistoricum net wissenschaftshistorischer Kontext und digitalisierte Werke im Themenportal Geschichte der Kunstgeschichte Heinrich Wolfflin auf der Website der Max Kohler Stiftung Ansprachen bei der Akademischen Gedenkfeier In memoriam Heinrich Wolfflin am 24 Juni 1964 in der Universitat Munchen Wolfflin Heinrich im Dictionary of Art Historians englisch Heinrich Wolfflin In E Periodica Werke von Heinrich Wolfflin im Projekt Gutenberg DEEinzelnachweise Bearbeiten Jahresbericht uber das K Maximilians Gymnasium in Munchen fur das Schuljahr 1881 82 Dorothea Roth Wolfflis Studentinnen In Basler Zeitschrift fur Geschichte und Altertumskunde Bd 96 1966 S 156 Abgerufen am 12 November 2019 Dorothea Roth Munchner Gundrum Zirkel In Basler Zeitschrift fur Geschichte und Altertumskunde Bd 96 1966 S 201 Abgerufen am 12 November 2019 Heinrich Wolfflin Nachruf von Hans Jantzen im Jahrbuch 1946 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften PDF Datei Ernst H Gombrich Die Kunst der Renaissance I Norm und Form Nachdruck Klett Stuttgart 1985 S 119 ISBN 3 608 76146 2 Tristan Weddigen Morphologie einer Wissenschaft Vor hundert Jahren erschienen Heinrich Wolfflins Kunstgeschichtliche Grundbegriffe In Neue Zurcher Zeitung 12 Dezember 2015 S 48 Vgl etwa Volker Klotz Geschlossene und offene Form im Drama Munchen 1960 Heinrich Wolfflin Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur Munchen 1886 Normdaten Person GND 118634496 lobid OGND AKS LCCN n50013734 NDL 00461337 VIAF 44306790 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wolfflin HeinrichKURZBESCHREIBUNG Schweizer KunsthistorikerGEBURTSDATUM 21 Juni 1864GEBURTSORT WinterthurSTERBEDATUM 19 Juli 1945STERBEORT Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Wolfflin amp oldid 236583120