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Giustiniano Particiaco in den zeitnahen Quellen Iustinianus spater auch Custinian in der fruhen Neuzeit auch Partecipazio oder Participazio 829 war nach der historiographischen Tradition Venedigs wie die dortige staatlich gesteuerte Geschichtsschreibung genannt wurde der 11 Doge Er regierte zunachst als Mitherrscher seines Vaters Agnellus dann von 827 bis 829 allein Einflussbereich des Byzantinischen Reiches und Venedigs um 840Spatestens mit Beginn der Dogate der Particiaco Familie dehnten sich Venedigs Handelsbeziehungen in das ostliche Mittelmeer bis nach Griechenland Sizilien und Agypten aus Die Gebeine des heiligen Markus wurden von Alexandria nach Venedig uberfuhrt und der Doge beschloss den Bau einer Palastkapelle zur Aufnahme der Reliquien aus der der Markusdom hervorging 1 Damit dokumentierte Venedig seine Unabhangigkeit gegenuber karolingischen und papstlichen Anspruchen eine Haltung die nach dem Tod des Dogen namlich durch seinen Bruder und Nachfolger Iohannes ebenso deutlich demonstriert wurde Der Sohn Iustinians Agnellus II herrschte als Mitdoge zu Lebzeiten seines Grossvaters Agnellus I und seines Vaters starb jedoch vor seinem Vater in Konstantinopel Seine Ehefrau Felicitas wurde in seinem Testament einem der wichtigsten Dokumente zur fruhmittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte Venedigs nicht nur als Nachlassverwalterin und Erbin eingesetzt sondern sie sollte auch fur eine geeignete Statte fur die Reliquien des hl Markus Sorge tragen Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Leben und Herrschaft 3 Rezeption 3 1 Bis gegen Ende der Republik Venedig 3 2 Historisch kritische Darstellungen 4 Quellen 4 1 Erzahlende Quellen 4 2 Rechtsetzende Quellen 5 Literatur 6 AnmerkungenFamilie BearbeitenDie in der Historiographie vielfach als Partecipazio bezeichnete Familie die in den zeitnahen Quellen als Particiaco erscheint gehorte in der Fruhzeit der Republik Venedig zu den tribunizischen Familien der Stadt Diese Familien waren Inhaber hoher politischer oder militarischer Amter im Osten Venetiens das bis zum Beginn des 9 Jahrhunderts Teil des Ostromischen Reichs war und denen es gelungen war das Amt des Tribunen erblich zu machen Zusammen mit den Candiano und den Orseolo war es die Familie Particiaco die von 810 bis zur Verfassungsreform von 1172 die meisten Dogen Venedigs stellte Der erste Doge eines von Byzanz verhaltnismassig unabhangigen Venedig war Agnellus 810 827 Ihm folgten seine Sohne Iustinianus und Iohannes 829 836 der 836 verhaftet und abgesetzt wurde und sein Leben in einem Kloster beendete Nach der fast dreissigjahrigen Regierung von Pietro Tradonico kehrten die Particiaco auf den Dogenstuhl zuruck von 864 bis 881 Ursus I dann dessen Sohn Iohannes II von 881 bis 887 Weitere Dogen waren Ursus II 911 932 und dessen Sohn Petrus 939 942 aus einem Seitenzweig der Familie den Badoer Leben und Herrschaft BearbeitenIustinianus bzw Giustiniano war einerseits ein sehr wohlhabender Kaufmann der wie sein 829 aufgesetztes Testament belegt eine Flotte von Handelsgaleeren unterhielt vgl Wirtschaftsgeschichte der Republik Venedig Andererseits besass er wie die Grundherren des Festlands umfangreiche Guter auf denen Vieh gezuchtet Getreide angebaut und Gartenwirtschaft betrieben wurde Dabei standen ihm laut seinem Testament zahlreiche Knechte und Magde zur Verfugung wohl Horige 2 Iustinianus war bereits in vorgerucktem Alter als er seinem Vater Agnellus im Dogenamt folgte nachdem er bereits als Mitregent amtiert hatte Unter der Regierung Agnellus waren durch den Friedensvertrag von Aachen zwischen Byzanz wie man spater das Ostromische Reich nannte und dem Frankenreich die Grenzen Venedigs festgelegt und benachbarte Gebiete als privilegierte Absatzgebiete fur seinen Handel bestimmt worden Pro forma blieb Venedig weiter von Byzanz abhangig de facto wurde mit dem Vertrag der Prozess einer Loslosung verstarkt Spatestens unter Agnellus war der Dogensitz 811 von Methamaucum nach Rivo Alto der Insel Rialto Keimzelle der spateren Stadt Venedig verlegt und von Iustinianus nach dessen Amtsantritt bestatigt worden Von dem aus dieser Zeit stammenden Dogenkastell an der Stelle des heutigen Dogenpalastes sind allerdings keine Spuren erhalten Dennoch blieb die Abgrenzung zum Frankenreich das unter Karls Sohn Pippin kurz zuvor den Versuch einer Eroberung der Lagunenstadte unternommen hatte unklar zumindest mit Blick auf die Kirchenprovinzen Eine Synode der Bischofe des Regnum Italicum die sich 827 in Mantua einfand erkannte namlich die Suprematie des Patriarchen von Aquileia uber den Patriarchen von Grado an dessen Residenz inzwischen in der Lagune lag Damit wurde die gesamte kirchliche Organisation in den beiden Lagunen von Venedig und von Grado einer auswartigen Macht unterstellt Das unterlegene Grado besass zudem praktisch nur noch Suffraganbistumer im Bereich des Dukats Venedig wurde beinahe mit ihm identisch nachdem die Bistumer auf Istrien wieder Aquileia unterstellt worden waren Eine solch grundlegende Veranderung konnte Moglichkeiten fur das Frankenreich eroffnen sich in die Verhaltnisse in der Lagune einzumischen 3 nbsp Das Mosaik der Porta Sant Alipio an der Markuskirche ist das einzige erhaltene Mosaik des Mittelalters an der Westfassade Es zeigt die Uberfuhrung der Gebeine des hl Markus in die Kirche in Anwesenheit des Bischofs und des Dogen Die Fassade der Kirche im Hintergrund ist mit den wichtigsten Charakteristika ihrer Gestalt in der 2 Halfte des 13 Jahrhunderts dargestellt Marco Pozza nimmt an dass diese fur Venedig bedrohliche Konstruktion der Ausloser dafur war dass Venezianer die Reliquien eines der bedeutendsten Heiligen raubten und nach Venedig brachten und zwar direkt in die Hauskapelle der Dogen neben dem Dogenpalast Am 31 Januar 828 ereignete sich die ausserordentlich folgenreiche Ankunft der Gebeine des Heiligen Markus in Venedig Nach der Uberlieferung hatten zwei venezianische Kaufleute oder Tribunen Buono di Malamocco und Rustico di Torcello moglicherweise auf Initiative des Dogen die Gebeine im agyptischen Alexandria gestohlen unter gepokeltem Schweinefleisch versteckt ausser Landes geschmuggelt und mit dem Schiff nach Venedig entfuhrt Der Doge beschloss den Bau einer angemessenen Ruhestatte fur den Evangelisten damit die Reliquien dort verehrt werden konnten Die angebliche Vision des Evangelisten der bei einer Reise nach Venedig von einem Engel mit dem Spruch Pax tibi Marce Evangelista meus begrusst worden war und der ihm prophezeit hatte dass er einmal in Venedig begraben und besonders verehrt werden wurde hatte sich mit der Ankunft der Gebeine an deren endgultiger Ruhestatte erfullt Ab dieser Zeit nannte sich Venedig Republik des Heiligen Markus Markus loste den Heiligen Theodor als Schutzheiligen ab ohne ihn ganzlich zu verdrangen Zum Wappentier der Republik wurde nunmehr das Symbol des Evangelisten der Markuslowe mit seinem aufgeschlagenen Buch und dem Zitat aus der Markusvision Gleichzeitig hatte sich der Doge im Kampf mit dem Patriarchen von Grado um die weltliche und geistliche Vorherrschaft mit dem Apostelgrab in seiner Dogenkapelle der Basilica di San Marco durchgesetzt symptomatisch fur die Einstellung der Republik zu geistlichen insbesondere papstlichen Vorherrschaftsbestrebungen und kirchlichen Einmischungen in seine Angelegenheiten Das Gleiche galt fur den Patriarchen von Aquileia denn zu dieser Zeit war die Vorherrschaft des Bischofs von Rom noch keineswegs durchgesetzt Zwar hatte Marcus der Legende nach in Aquileia gewirkt doch nun war er physisch in Venedig anwesend nbsp Mosaik in der Kirche San Zaccaria 9 JahrhundertWeitere grenzubergreifende Strukturen die eine scharfe Abgrenzung der Einflussspharen unmoglich machten betrafen den Landbesitz der dominierenden Familien in Venedig wie das 829 aufgesetzte Testament des Iustinianus erweist Neben reichem Besitz im Dukat Venedig also auf Rialto in Iesolo Torcello und in Cittanova auf den Lidi und vielen Inseln besass die Familie auch Landereien im karolingischen Treviso und um Pola auf Istrien Ebenso bedeutend war der Teil des Vermogens der im Handel angelegt war aber auch in kirchlichen Stiftungen wie denen von Sant Ilario 4 San Zaccaria und eben im noch im Bau befindlichen San Marco Der erbenlose Doge versuchte am Ende seines Lebens das Einvernehmen mit seinem Bruder Iohannes wiederherzustellen den er aus Konstantinopel zuruckrief Er erhob ihn nach der Ruckkehr zum Mitregenten und auf diese Weise auch zu seinem Nachfolger so Pozza Doch die Ubergabe der Macht verlief ausgesprochen gewalttatig Kaum war Iustinianus 829 namlich gestorben versuchte Obelerius der vom Vater der beiden Bruder um 810 vertriebene Doge nach fast zwei Jahrzehnten des Exils nach Malamocco zuruckzukehren eigentlich richtig Methamaucum wo er seine Machtbasis reaktivieren konnte Iohannes liess im Gegenzug die Stadt zerstoren nachdem er die Rebellen besiegt hatte Das Haupt seines Gegners liess er aufspiessen und ostentativ an der Grenze zum frankischen Regnum Italicum aufstellen Doch damit nicht genug rebellierte ein Tribun namens Caroso dessen Name sich unter den Zeugen auf dem Testament des Iustinianus findet und Iohannes musste an den frankischen Hof fliehen Caroso wurde seinerseits von den Anhangern des Iohannes nach wenigen Monaten besiegt und geblendet seine Anhanger vertrieben Eine Zeit lang regierte vor der Ruckkehr des exilierten Dogen ein Bischof namens Ursus Orso der vielleicht zum Particiaco Clan gehorte gemeinsam mit zwei Tribunen Rezeption BearbeitenBis gegen Ende der Republik Venedig Bearbeiten Im Chronicon Altinate oder Chronicon Venetum einer der altesten venezianischen Quellen erscheint der Doge mit dem Namen und der Amtsdauer Iustinianus Particiacus dux ducavit ann 2 et mens 2 er war also zwei Jahre und zwei Monate im Amt 5 Fur das Venedig zur Zeit des Dogen Andrea Dandolo war die Deutung die man der Herrschaft des Agnellus Particiacus und seiner beiden Sohne Iustinianus und Iohannes sowie seinem Enkel Agnellus beilegte von hoher symbolischer Bedeutung Das Augenmerk der Mitte des 14 Jahrhunderts langst fest etablierten politischen Fuhrungsgremien die zugleich die Geschichtsschreibung steuerten galt der Entwicklung der Verfassung den inneren Auseinandersetzungen zwischen den possessores also der sich immer mehr abschliessenden Gruppe der Besitzenden die zugleich die politische Macht besetzten aber auch den Machtverschiebungen innerhalb der Lagune der Adria und im ostlichen Mittelmeerraum sowie in Italien Dabei standen die Fragen nach der Souveranitat zwischen den ubermachtigen Kaiserreichen des Rechts aus eigener Wurzel mithin der Herleitung und Legitimation ihres territorialen Anspruches stets im Mittelpunkt Ahnlich wie bei den Galbaii versuchte man die Unsicherheit der Verhaltnisse auf Mangel in der Machtbalance mithin in der Verfassung zu erweisen die es noch nicht gestattete die Macht des Dogen so einzubinden dass keine Dynastiebildung mehr moglich war Bei Iustinianus kam hinzu dass in seiner Zeit uberaus wichtige Reliquien nach Venedig kamen die den bedeutendsten spirituellen Orten zugewiesen wurden allen voran San Zaccaria und dem Markusdom Derlei Reliquien konnten im Kampf um Rang und Ansehen in der Hierarchie der Bistumer und Patriarchate und damit verknupft den weltlichen Anspruchen ein wirkmachtiges Argument sein Dies galt insbesondere fur die Auseinandersetzungen mit Aquileia und Rom Die alteste volkssprachliche Chronik die Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo aus dem spaten 14 Jahrhundert stellt die Vorgange auf einer weitgehend personlichen Ebene dar 6 Wahrend der spatere Doge Iustinian durch seinen Vater nach Konstantinopel gesandt worden war um dort erfolgreich Abmachungen auszuhandeln per voler alcuni pati fermar con lui wurde in Venedig dessen jungerer Sohn Johannes deshalb zum Mitdogen erhoben weil man dem Haus Particiaco vertraut habe wie die Chronik begrundet Als der Altere zuruckkehrte ubernahm er die Position seines jungeren Bruders der weil er sich ungenannter Vergehen gegen einige Venezianer schuldig gemacht hatte habiando facto alcun despiaser et grosso ad alcuni dela Terra nach Konstantinopel verbannt wurde Ein Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der beiden Bruder um die Frage der Mitregentschaft wird hier negiert obwohl der Jungere zunachst bevorzugt wurde doch war es gerade dieser Zwei wenn man den Enkel Agnellus mit einbezieht sogar Dreigenerationenkonflikt an dem sich spater eine ganze Reihe sich widersprechender Deutungen entzundete Weil der alte Doge das Amt schliesslich nicht mehr ausfullen konnte herrschte fortan sein Sohn Iohannes in den Schriften so der Verfasser der Cronica fand der alte Doge keine Erwahnung mehr nbsp Die Eroberung SiziliensPietro Marcello fuhrte 1502 in seinem spater ins Volgare unter dem Titel Vite de prencipi di Vinegia ubersetzten Werk den Dogen im Abschnitt Giustiniano Particiaco Doge XI Diese Einordnung als 11 Doge uberrascht da er seinen Vater als 9 Dogen einordnet 7 Marcello behauptet Agnello habe seinen jungeren Sohn Giovanni zu seinem compagno gemacht woraufhin sich Giustiniano aus Konstantinopel nach Venedig zuruckgekehrt ostentativ geweigert habe zum Vater zuruckzukehren Dieser habe am Ende dem Begehren seines Sohnes nachgegeben Giovanni habe mit Willenserklarung des Volkes per commissione del popolo auf sein Amt verzichtet woraufhin Angelo den anderen Sohn Giustiniano nebst dessen Sohn Angelo im Jahr 827 si prese per compagno nel Prencipato Giovanni sei daraufhin nach Konstantinopel verbannt worden Der Autor behauptet zudem dass der neue Doge aus Dankbarkeit gegen den Kaiser eine Flotte zur Bekampfung der Sarazenen ausgeschickt habe die zu dieser Zeit begannen Sizilien zu erobern Doch fanden sie die feindlichen Schiffe niemals non trovando mai il nimico und sie mussten unverrichteter Dinge zuruckkehren Danach schildert er nur noch ausfuhrlich die Translation der Reliquien des hl Markus Die beiden Venezianer Buono da Malamocco und Rustico da Torcello seien mit mehreren Schiffen von einem Sturm dazu gezwungen worden in Alexandria notzuankern Sie stellten den Klerikern der ortlichen Kirche die wegen des Raubes von Marmorteilen aus ihrer Kirche durch den Sultan unzufrieden waren grosse Belohnungen in Aussicht wenn sie die Reliquien mit sich fuhren durften Eingewickelt in Schweinefleisch coinvolto in carne di porco passierten sie die Wachen indem sie das in Agypten gelaufige Wort fur Schweinefleisch ganzir laut sagten Eine Erscheinung des Heiligen verhinderte daruber hinaus dass die Schiffe zum Opfer der Sturme wurden Der Doge der bald darauf starb sorgte testamentarisch dafur dass die Kirche des Heiligen Markus vergrossert wurde ahnliches verfugte er fur Sant Ilario am Westrand des venezianischen Gebietes und fur San Zaccaria Lakonisch berichtet wiederum die Chronik des Gian Giacomo Caroldo fertiggestellt 1532 Caroldo meint Giustiniano Badoaro sei nach dem Tod seines Vaters im Jahr DCCCXXVIJ allein im Amt verblieben rimase solo nel Ducato 8 Wahrend andere Chronisten den Einsatz der Flotte gegen die Sarazenen die begannen Sizilien zu erobern in die Zeit seines Bruders Iohannes datieren legt sie Caroldo in die Regierungszeit des Iustinianus Auch er berichtet knapp dass die Flotte zwar sudwarts gefahren sei den Feind jedoch nicht habe finden konnen woraufhin sie umgekehrt sei Ditta armata non potendo ritrovar gl inimici ritorno a dietro Eine weitere Flotte konnte ebenfalls bei der Unterstutzung gegen die Sarazenen nichts erreichen oder wie Caroldo formuliert konnte sie kein ehrenvolles Unternehmen durchfuhren ne potendo conseguir alcuna honorevol impresa Stattdessen brachte sie was in Widerspruch zum nachfolgenden Satz steht die Reliquien des hl Markus nach Venedig Im zweiten Jahr seines Dukats namlich brachten so der nachste Satz venezianische Handler mercanti Venetiani con molta sagacita et industria diese Reliquien aus Alexandria herbei Auch hier erfolgten Anweisungen an die fabrica der Markuskirche den glorioso corpo honorevolmente abzulegen riponer Iustinianus von Krankheit schwer belastet und ohne Kinder rief seinen Bruder aus Konstantinopel zuruck und machte ihn zu seinem Mitdogen und Amtsnachfolger consorte et successor del Ducato Testamentarisch hinterliess er den Klostern von San Illario e di San Zaccaria molte possessioni er uberliess ihnen also umfangreiche Besitztumer Begraben wurde er in S Ilario nbsp Blick auf die Saulen mit den Schutzheiligen Venedigs links Marcus mit dem Lowen rechts Theodor mit dem getoteten Drachen Richtung San Giorgio Maggiore nbsp Die Bergung des Leichnams des heiligen Markus Gemalde von Jacopo Tintoretto 1562 66 Ol auf Leinwand 398 315 cm AccademiaFur den Frankfurter Juristen Heinrich Kellner der die venezianische Chronistik im deutschen Sprachraum bekannt machte wobei er weitgehend Marcello folgte ist in seiner 1574 erschienenen Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung aller Hertzogen zu Venedig Leben Justinan Partitiatius der zehende Hertzog 9 Nach Kellner ubernahm Justinianus nach dem Tod seines Vaters das Regiment der Gemein allein an im jar 827 Gleich im anfang seins Regiments schickte er Keyser Micheln von Constantinopel eine Flotte fur den Kampf gegen die Saracenen welche dessmals die Inseln Europe sehr beengstigten aber sie kondten den Feindt nie antreffen So zog sich die Flotte bald wieder in ir gewarsam zuruck Ausfuhrlich schildert Kellner die Uberfuhrung der Reliquien des hl Markus nach Venedig Der Konig des orts zu Alexandria habe ein Lusthauss oder Palatium bauwen wollen wozu er aus Kirchen und alten Gebauden den Marmor reissen liess Daruber emporten sich Stauratius ein Monch und Theodorus ein Priester Zu dieser Zeit trieb ein Sturm die Venezianer Bonus von Malamoco und Rusticus von Torcello nach Alexandria wider das verbott wie Kellner ausdrucklich erganzt Sie boten den beiden griechischen Wachtern grosse ehr und geschenck doch lehnten diese die Herausgabe der Reliquien als Sacrilegium und Diebstal ab Doch als weiterer Marmor aus der Kirche gerissen wurde waren sie bereit den heyligsten Leichnam zu verkaufen Um diesen sicher ausser Landes zu bringen wurde er in einen Korb gelegt und mit Schweinenfleisch allenthalben bedeckt und bewicklet welches den Volckern in ihrem Gesatz gar verbotten ist Damit die Trager nicht angesprochen oder behindert wurden riefen sie Ganzir das ist Schwein oder Seuw So brachten sie den kostlichen Diebstal auf die Schiffe Als sie auf dem Ruckweg nach Venedig in einen Sturm gerieten erschien einem von Malamocco der hl Markus Dieser habe ihn gewarnet sie solten die Segel abwerffen damit der Wind die Schiff nit umbwurff Mit grossem Fest und Freuden gelangte der Leichnam nach Venedig wo er in seiner Kirchen ist als ein kostlich Pfandt des Venedischen Regiments Er wurde in einer Kapelle deponiert Der Doge Justinian starb kurz danach als er zwey jar allein regiert hatt Sein Testament sah eine Erweiterung der Markuskirche vor dazu sollten S Zaccaria und S Kiliani mit grossem Eynkommen beschenkt werden In der Ubersetzung der Historia Veneta des Alessandro Maria Vianoli die 1686 in Nurnberg unter dem Titel Der Venetianischen Hertzogen Leben Regierung und Absterben Von dem Ersten Paulutio Anafesto an biss auf den itzt regierenden Marcum Antonium Justiniani erschien 10 hiess der Doge Justinianus Participatius der Eilffte Hertzog Nach einer grundlegenden Hinfuhrung zur Frage der Furstengerechtigkeit und starke die sich aus der Gottesfurcht ableite fuhrt Vianoli dabei in krassem Gegensatz zu Marcello stehend an sintemalen er kaum auf den Thron erhaben werden konnen als er mit einer starcken Macht und einer guten Anzahl Kriegs Schiffen sich in das Sicilianische Meer begeben um die Saracenen welche vor dissmal dieselbe Insul aller Orten sehr beangstiget wiederum hinwegzujagen so ihme dermassen glucklich gelungen dass er dem Michaeln als damaligen Griechischen Kayser dieselbe wiederum eingeraumet hatte worauf sowol in Constantinopel als auch Venedig wegen solch herzlichen Victori man allerhand Freudenbezeugungen gesehen und gehalten S 90 Den Raub des hl Markus schildert Vianoli hingegen nur mit geringfugigen Abweichungen So legte man die sterblichen Uberreste in einen Korb und bedeckte sie mit Schweinefleisch welches zu geniessen in dieser Volcker Gesetz aufs scharfste verboten ist Auch bedeutet Ganzir so viel als Sau Das Testament des Dogen war Vianoli gleichfalls bekannt nbsp Die Gebeine des Evangelisten Markus werden von zwei Venezianern aus Alexandria geschmuggelt um 1660 geschaffenes Mosaik an der Westfassade von San Marco1687 schrieb Jacob von Sandrart in seinem Werk Kurtze und vermehrte Beschreibung Von Dem Ursprung Aufnehmen Gebiete und Regierung der Weltberuhmten Republick Venedig ebenfalls wenn auch sehr lakonisch uber Justinianus zu dessen Zeit der Leichnam S Marci des Evangelisten aus Asien nach Venedig uberbracht worden seyn soll Im Abschnitt zu seinem Vater schlussfolgert er aus dem Aufstand gegen die beiden Dogen Es scheinet aber dass diese auch sehr ubel regieret haben denn die Vornehmsten von Venedig machten auch wider sie ein Verbundnuss wiewohl solches entdecket ward und es die Verschwornen mit dem Leben bezahlen musten 11 Historisch kritische Darstellungen Bearbeiten Nach Johann Friedrich LeBret der ab 1769 seine vierbandige Staatsgeschichte der Republik Venedig veroffentlichte 12 unternahm unter Justinianus sein Volck die ersten kriegerischen Unternehmungen wider die Saracenen Justinianus liess einige Kriegesschiffe ausrusten welche sich mit den griechischen Schiffen verbanden Einige venetianische Geschichtsschreiber so setzt LeBret fort drucken sich auf eine solche Art aus woruber ein Vernunftiger sich des Lachens nicht enthalten kann Sie konnten den Feind nicht finden sagen sie und segelten wieder nach Venedig S 141 Auch ein zweiter Versuch hatte eben ein solches ahnliches Ende wie der erste Da Iustinianus keine Erben hatte rief er seinen Bruder Iohannes aus Konstantinopel zuruck Dieser erhielt eine Wurde wieder deren ihn sein Vater um den Frieden unter seinen Sohnen zu erhalten beraubt hatte Justinianus lebte kaum ein Jahr da er durch seinen Tod seinem Bruder die Alleinherrschaft uberliess S 142 nbsp Darstellung des Dogen aus den fruhen 1830er Jahren Antonio Nani Serie dei Dogi di Venezia intagliati in rame da Antonio Nani Giuntevi alcuni notizie biografiche estese da diversi Bd 1 Merlo Venedig 1840 o S Google Books Samuele Romanin raumte Giustiniano 1853 im ersten Band seines wortreichen zehnbandigen Opus Storia documentata di Venezia wenige Seiten ein 13 Giustiniano der nach Verhandlungen aus Konstantinopel zuruckkehrte weigerte sich den Vater aufzusuchen als er seinen jungeren Bruder als Mitdogen sah Er zog sich mit seiner Frau in ein Haus nahe der Kirche San Severo zuruck Der daraufhin verbannte Giovanni floh von Zara nach Ischiavonia und von dort nach Bergamo zu Kaiser Ludwig Romanin lasst durchblicken dass Patriarch Fortunatus bei der Rebellion gegen den Dogen unter Fuhrung von Giovanni Tornarico und Bono Bradanesso seine Hand im Spiel hatte Dieser musste fliehen und starb im Frankenreich Leon der Armenier obwohl Bildersturmer sebbene iconoclasta versuchte mittels Geschenken vor allem von Reliquien gute Beziehungen zu Venedig zu pflegen Angesichts der zunehmenden Sarazenengefahr sei Venedig immer bedeutsamer geworden Es sei nichts Ungewohnliches darin zu sehen denn die Venezianer beteten umgekehrt auch fur den Kaiser ohne dass dies ein Anzeichen gewesen ware dass die Venezianer byzantinische Untertanen gewesen seien senz esserne sudditi S 163 Beim Sturz Leos war der Enkel des Agnellus der gleichfalls Agnello hiess anwesend um 820 dem neuen Kaiser zu huldigen Als die Sarazenen 827 Sizilien angriffen suchte der neue Kaiser die Flottenhilfe der Venezianer rinforzandola ancora di navi veneziane da lui domandate in questa occasione S 166 Romanin merkt an dass die byzantinischen Quellen nur aus Hochmut orgoglio uber die beiden folgenden Flotteneinsatze Venedigs die zugegebenermassen erfolglos waren schweigen Im Gegensatz zu seinen historiographischen Vorgangern betont Romanin den Streit zwischen dem Patriarchen von Aquileia der von Kaiser Lothar unterstutzt wurde und dem Patriarchen von Grado Dabei sei es nicht nur um kirchenrechtliche Fragen gegangen denn Aquileia beanspruchte die Suprematie sondern um solche der politischen Unabhangigkeit Spater habe Aquileia versucht diejenigen Rechte mit Waffengewalt durchzusetzen die ihm auf der Synode von Mantua am 6 Juni 827 zugesprochen worden seien Zur Translation der Reliquien des hl Markus schreibt Romanin die venezianischen Handler seien entgegen dem Verbot das seit Agnellus Bestand hatte wegen der hohen Gewinne auch nach Syrien und Agypten gefahren Romanin genugte es nicht dass Marmor aus der Kirche in der sich die sterblichen Uberreste befanden herausgerissen wurde sondern bei ihm dachte der Sultan bereits daruber nach die Kirche abreissen zu lassen Romanin berichtet von dem Sturm in den das Schiff auf der Ruckkehr geriet doch fehlt die Legende vom Eingreifen des Heiligen Wegen des Verdienstes der frommen Tat wurde ihnen die Verletzung des Verbotes vergeben in merito del pio atto fu loro perdonata l infrazione del divieto Den Bau der Markuskirche den Iustinianus begann fugt Romanin in ein Bild des brolio ein des Markusplatzes der noch als Garten vorzustellen sei In seinem Testament vermerkt Iustinianus seine Frau Felicia und seine Schwiegertochter Romana wobei Romanin aus den Pacta I 39 und Dandolo zitiert 14 August Friedrich Gfrorer 1861 glaubte in seiner 1872 posthum erschienenen Geschichte Venedigs von seiner Grundung bis zum Jahre 1084 Iustinianus sei nicht erst nach seiner Ruckkehr nach Venedig uber die Bevorzugung seines jungeren Bruders in Zorn geraten sondern er sei deshalb von Konstantinopel nach Venedig zuruckgekehrt Er zog es nach Gfrorer vor im Kloster zum heiligen Severus Herberge zu nehmen Agnellus verbannte daraufhin seinen jungeren Sohn nach Zara und erhob Iustinianus und dessen Sohn Angelo II zu Mitdogen In der Tatsache dass sich seit 810 immer wieder Dogensohne in Konstantinopel aufhielten sieht Gfrorer einen Beleg fur einen ansonsten nicht bekannten Vertrag nach dem sie als Geiseln zu deuten seien Dementsprechend wahrten die Ehrungen etwa die Titel die die byzantinischen Kaiser diesen Geiseln zusprachen nur den Schein Die Kaiser hatten die Zeit genutzt um sie an griechische Hofluft zu gewohnen oder ihnen byzantinischen Beamtengeist einzutraufeln 15 Dementsprechend war die Erhebung des jungeren Sohnes zum Mitdogen ein Bruch des geheimen Staatsvertrag es von 809 Nach Gfrorer liess der Kaiser nun den alteren Sohn nach Venedig schicken der sich wie ein Racher gebardete Der Vater gab laut Gfrorer nur deshalb nach weil Justinian die ganze Macht des morgenlandischen Reichs zum Ruckhalt hatte S 144 Iohannes musste nach der seit 810 griechischer Hoheit unterworfenen Hafenstadt Zara wandern Dabei glaubt Gfrorer Iohannes sei wie es Johannes Diaconus schreibt erst zu den Slawen geflohen laut Gfrorer konnte er von dort denn die Slawen erkannten die frankische Oberhoheit formal an mit dem Frankenkaiser uberhaupt erst verhandeln erst dann an den frankischen Hof wahrend Andrea Dandolo ihn direkt an den Hof fliehen lasst Gfrorer bezweifelt allerdings dass sich der Geflohene mit Kaiser Ludwig dem Frommen getroffen habe denn dieser sei nur 817 in Italien gewesen Nach der Auslieferung an Agnellus und Iustinianus wurde der jungere Bruder wieder als Geisel nach Konstantinopel geschickt Gfrorer argumentiert dass der Vater von Iustinianus entmachtet worden sei sein Beleg ist die Grundungsurkunde von S Zaccaria in der als Doge nur noch Iustinianus nicht aber Agnellus erscheint Auch sei die Grundung wie er aus der Urkunde entnimmt vom byzantinischen Kaiser ausgegangen Auch das Verbot mit den Muslimen Syriens und Agyptens Handel zu betreiben stamme vom Kaiser und sei von den Dogen nur ubernommen worden In Gfrorers Bild passt dass Angelo II nach der Ermordung Kaiser Leos dem neuen Kaiser zu huldigen hatte und dass er in der Hauptstadt verstarb Nach Gfrorers gilt solche Thatsachen welche in einer Weise die das Ehrgefuhl nicht grob verletzt Venetiens Abhangigkeit von Byzanz bekunden theilt Dandolo mit und nur plumpe verschweigt er S 149 Fur Gfrorer war nicht nur der Streit zwischen den Patriarchen ein standiges Mittel der Franken in die Lagune hineinzuregieren sondern auch der Aufstand der Tribunen und des Monetarius des Munzmeisters sei von den Franken initiiert gewesen Darauf weise der Fluchtort jenes Munzmeisters hin der sich ebenfalls an den Frankenhof begab Das Gleiche gelte fur die Tatsache dass dem Patriarchen von Grado die istrischen Bistumer entzogen und Aquileia zugeschlagen wurden und auch die Synode von Mantua die der pro frankische Papst Eugen II im Juli 827 einberief Dort wurde Grado wieder zum Suffraganbistum Aquileias degradiert was den Franken weit reichende Eingriffsmoglichkeiten hatte bieten konnen Der Nachfolger auf dem Gradenser Bischofsstuhl Venerius legte vergeblich Beschwerde bei Eugens Nachfolger ein der noch 827 gestorben war Zustatten kam Venedig die nicht ganz zufallige Erbeutung der Markus Reliquien Gfrorer betrachtet den angeblichen Sturm der die Rauber nach Alexandria brachte als blosse Ausrede fur die Uberschreitung des Handelsverbots mit den Muslimen Auch dort riefen sie in Begleitung des Schweinefleisches und der Reliquien Ganzir Ganzir doch ubersetzt Gfrorer hier mit Greuel nicht wie fruhere Historiker mit Schwein oder Sau Das Testament des Dogen das die Unterbringung in einer erweiterten Kirche vorsah die aus seinen Mitteln errichtet wurde ist bis heute erhalten und ediert Gfrorer entnimmt der Dandolo Chronik dass deren Verfasser anmerkt er habe die entsprechende Urkunde selbst in Handen gehabt und mit eigenen Augen gelesen Gfrorer schliesst dabei ausdrucklich nicht aus dass Iustinianus sich auf diese Art zum Wachter und Bewahrer des Stadtheiligen aufschwingen wollte S 162 bevorzugt aber die mildere Variante nach der die Anwesenheit des Heiligen eher dem Patriarchat Venedig also der Verlegung von Grado in die Lagune dienen sollte Damit trat der ubergesiedelte Patriarch zu dem dortigen Dogen in dasselbe Verhaltnis wie in Constantinopel der Patriarch zum Basileus Der Raub der menschlichen Uberreste wird bei Gfrorer zur Vertheidigungswaffe gegen mogliche Folgen der Mantuaner Synode Aus der Belohnung die die beiden Tribunen den Alexandriner Klerikern fur die Religuien anboten folgert der Autor dass sie im Auftrag des Dogen handelten und auch nur deshalb ein entsprechendes Angebot an die Kleriker in Alexandria unterbreiten konnten Zudem hatten schon 819 zu dieser Zeit noch Agnellus und Iustinianus gemeinsam verfugt dass die Monche von S Ilario ausdrucklich davon befreit sein sollten von den Bischofen von Rivoalto Olivolo oder Grado vor ein Konzil geladen werden zu konnen Mannern die der Abt verbannte durfte von denselben Bischofen kein Schutz gewahrt werden S 165 auch dies ein Hinweis auf das Oberherrschaftsverhaltnis zur Lagunenkirche Schliesslich erfolgte nach Gfrorer die Ruckkehr des jungeren Bruders aus der byzantinischen Hauptstadt auf Befehl des Kaisers der zugleich Flottenhilfe gegen die Sarazenen einforderte Die anscheinend nach Selbststandigkeit strebende Politik des Iustinianus war demnach in Byzanz auf Misstrauen gestossen so dass Iustinianus die Ruckkehr seines Bruders den er noch nicht einmal in seinem Testament bedachte hinnehmen musste Andrea Dandolo deute dies so Gfrorer nur so weit wie moglich an doch Wer wirklichen Beruf hat Clio s Griffel zu fuhren schreibt nicht fur Thoren sondern fur Gescheidte fur Solche welche nothigen Falls zwischen den Zeilen zu lesen verstehen S 171 Pietro Pinton ubersetzte und annotierte Gfrorers Werk im Archivio Veneto in den Jahresbanden XII bis XVI Pintons eigene Darstellung die erst 1883 erschien gelangte zu ganzlich anderen weniger spekulativen Ergebnissen als Gfrorer So bezweifelt er dass Iustinianus als Geisel nach Konstantinopel geschickt worden sei ebenso wenig wie spater Iohannes wovon die Quellen gar nicht reden sondern dass der altere Dogensohn zu Unterhandlungen dorthin geschickt worden sei der jungere als Verbannter 16 Dabei hielt er Gfrorer vor er ubersehe dass die angebliche Geisel nach Venedig zuruckkehrte um gegen die Bevorzugung des jungeren Bruders zu opponieren auch als schliesslich der jungere Iohannes in die byzantinische Hauptstadt ging behauptete Gfrorer wieder als Geisel Nach Pintons Auffassung habe zwischen der Flottenhilfe und der Anerkennung des neuen Dogen durch den Kaiser kein Zusammenhang bestanden S 60 Auch deute Gfrorer die Begriffe ecclesia und cappella anachronistisch denn Andrea Dandolo selbst gebrauche die beiden Begriffe ohne Unterschied fur die Markuskirche Daraus abzuleiten die Reliquien seien in einer Seitenkapelle des Dogenpalastes aufbewahrt worden hielt er fur eine Fehlinterpretation Der Behauptung Gfrorers Papst Gregor IV und Kaiser Michael hatten den Missbrauch der Reliquien untersagt der eine habe demzufolge das Verbergen des Heiligen angeordnet der andere aus Furcht vor venezianischen Selbststandigkeitsbestrebungen den jungeren Bruder als Ersatz fur Iustinianus vorgesehen widerlegt Pinton mit der Feststellung Iustinianus sei sterbenskrank gewesen und es lasse sich zwischen den Vorgangen kein anderer Zusammenhang konstruieren S 58 61 1861 mutmasste Francesco Zanotto in seinem Il Palazzo ducale di Venezia der der Volksversammlung erheblich mehr Einfluss einraumte dass es erst durch die Erhebung seines jungeren Sohnes zum Mitdogen zu bitterem Zwist in der Dogenfamilie gekommen sei Zusammen mit seiner Frau Felicia o Felicita habe sich Iustinianus zuruckgezogen sei aber durch neuerliche Schwache des alten Dogen zu Lasten seines Bruders nun seinerseits zum Mitdogen erhoben worden 17 Wie einige sagen wurde die Flotte gegen die Sarazenen von Iohannes gefuhrt der bereits aus dem Exil in Konstantinopel entlassen worden sei Aus Sorge die Entfuhrer der Markusreliquien konnten wegen Missachtung des Verbotes mit Agypten und Syrien bestraft werden schickten die Handler so behauptet Zanotto dem Dogen ein Ankundigungsschreiben Einige behaupteten so Zanotto erst auf dem Sterbebett habe Iustinianus das schlechte Gewissen gepackt und er habe seinen Bruder zuruckgerufen Doch bezweifelt der Autor dies denn bei der Lange der Reise von Konstantinopel nach Venedig habe Iohannes keine Aussicht gehabt noch rechtzeitig anzukommen nbsp Inschrift von 1890 im Markusdom 18 Auch Emmanuele Antonio Cicogna aussert 1867 im ersten Band seiner Storia dei Dogi di Venezia die Ansicht nur der Ehrgeiz das Dogenamt in der Familie zu halten habe den ansonsten rechtschaffenen und gutigen Dogen Agnellus blind gemacht Zudem stand der Wechsel zwischen den Sohnen am Anfang einer Rebellion die gegen Ende von Agnellos Regierungszeit niedergeschlagen wurde Der enttauschte Iustinianus von seinem jungeren Bruder verdrangt habe sich gegen den allzu nachsichtigen und sprunghaften Vater durchgesetzt 19 Den Schmerz uber die erfolglose Bekampfung der Sarazenen glich die Ankunft der Markusreliquien aus Auch bei ihm wollte der Sultan die Kirche abreissen so dass sich die ortlichen Kleriker leicht uberzeugen liessen Auch Cicogna deutet die Kapelle als Bauwerk neben dem Dogenpalast Und auch er war davon uberzeugt dass Iustinianus seinen jungeren Bruder aus schlechtem Gewissen kurz vor seinem Tod zuruckholte und ihn sogar noch zu Lebzeiten zum Dogen machte bevor er 829 starb Heinrich Kretschmayr glaubte Agnellus habe zum Thronwechsel von 814 seinen Sohn Justinian von 820 seinen Enkel Agnellus mit dessen griechischer Gemahlin Romana nach Konstantinopel zur Huldigung gesandt 20 Er glaubt der Sturz des Dogensohnes Iohannes der spater floh und schliesslich nach Konstantinopel verbannt wurde mache klar dass dieser Sturz von Byzanz seinen Ausgang nahm Hingegen sei in der Gegenrichtung der altere Bruder Iustinianus nicht nur mit dem Ehrentitel Hypathos ausgestattet sondern sein Sohn sogar zum Mitdogen erhoben worden Zudem habe sich Iustinianus selbst als Imperialis hypatus et humilis dux Venetiae bezeichnet Entgegen einem byzantinischen Verbot suchten venezianische Handler 828 die agyptischen Gewasser auf Kretschmayr sieht in den Flotteneinsatzen in Suditalien und Sizilien geradezu eine Heerespflicht Venedigs allerdings sei diese ausdrucklich nicht fur das Ostmittelmeer nachweisbar Kretschmayr behauptet sogar die Flotte wurde geschlagen 1977 schreibt John Julius Norwich in seiner History of Venice 21 die Venezianer hatten unter der Fuhrung von Agnello Partecipazio die frankische Invasion unter Pippin im Jahr 810 abgewehrt Die Venezianer wahlten Agnello an Stelle der drei Verrater zum Dogen S 23 Dessen Wohnhaus am Campiello della Cason bei San Canzian auf Rialto die Insel die keiner der kampfenden Parteien der Vergangenheit angehort hatte ware demnach gewissermassen der erste Dogenpalast an einem endlich neutralen Ort gewesen Der neue Doge beauftragte Nicolo Ardisonio die Lidi als Schutz gegen die Adria zu befestigen Lorenzo Alimpato sollte neue Kanale graben lassen sich um die Befestigung der Inseln kummern Fur die Gebaude hingegen machte Agnello seinen Verwandten Pietro Tradonico verantwortlich Der Doge sorgte dafur dass dort wo der heutige Dogenpalast stand sein Vorgangergebaude errichtet wurde S 28 Doch Agnello by far the most enlighted ruler that Venice had yet produced erlag am Ende der Versuchung sein Amt erblich zu machen Doch die folgenden Erbstreitigkeiten hatten niemals ernsthaft die Sicherheit des Staates gefahrdet Quellen BearbeitenErzahlende Quellen Bearbeiten La cronaca veneziana del diacono Giovanni in Giovanni Monticolo Hrsg Cronache veneziane antichissime Fonti per la storia d Italia Medio Evo IX Rom 1890 S 59 171 hier S 106 109 Digitalisat Luigi Andrea Berto Hrsg Giovanni Diacono Istoria Veneticorum Fonti per la Storia dell Italia medievale Storici italiani dal Cinquecento al Millecinquecento ad uso delle scuole 2 Zanichelli Bologna 1999 auf Berto basierende Textedition im Archivio della Latinita Italiana del Medioevo ALIM der Universitat Siena Roberto Cessi Hrsg Origo civitatum Italiae seu Venetiarum Chron Altinate et Chron Gradense Rom 1933 S 29 117 129 Roberto Cessi Fanny Bennato Hrsg Venetiarum historia vulgo Petro Iustiniano Iustiniani filio adiudicata Venedig 1964 S 1 32 37 Ester Pastorello Hrsg Andrea Dandolo Chronica per extensum descripta aa 460 1280 d C Rerum Italicarum Scriptores XII 1 Nicola Zanichelli Bologna 1938 S 142 146 Alleinherrschaft S 146 148 Digitalisat S 142 f Alberto Limentani Hrsg Martin da Canal Les estoires de Venise Olschki Florenz 1972 S 16 f Text hgg v Francesca Gambino im Repertorio Informatizzato Antica Letteratura Franco Italiana Șerban V Marin Hrsg Gian Giacomo Caroldo Istorii Veneţiene Bd I De la originile Cetăţii la moartea dogelui Giacopo Tiepolo 1249 Arhivele Naţionale ale Romaniei Bukarest 2008 S 54 56 vgl Historie venete dal principio della citta fino all anno 1382 Rechtsetzende Quellen Bearbeiten Roberto Cessi Hrsg Documenti relativi alla storia di Venezia anteriori al Mille Padua 1942 Bd I n 44 S 71 75 819 Donazione di Agnello e Giustiniano Particiaco all abbate di S Servolo tramutato a S Ilario Digitalisat hier S 71 72 74 sowie n 53 S 93 99 Testament des Dogen Bd II S 197 Luigi Lanfranchi Bianca Strina Hrsg Ss Ilario e Benedetto e S Gregorio Venedig 1965 S 8 10 21 f Literatur BearbeitenMarco Pozza Particiaco Agnello In Raffaele Romanelli Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 81 Pansini Pazienza Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 2014 stellt die Grundlage des Darstellungsteils dar Serban Marin Giustiniano Partecipazio and the Representation of the First Venetian Embassy to Constantinople in the Chronicles of the Serenissima in Historical Yearbook 2 2005 75 92 Aufenthalt des Iustinianus in Konstantinopel Darstellung in den venezianischen Chroniken academia edu Anmerkungen Bearbeiten Volker Herzner Die Baugeschichte von San Marco und der Aufstieg Venedigs zur Grossmacht in Wiener Jahrbuch fur Kunstgeschichte 38 1985 1 58 hier S 1 f Digitalisat Die Darstellung folgt weitgehend Marco Pozza Particiaco Agnello In Raffaele Romanelli Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 81 Pansini Pazienza Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 2014 der in diesem Artikel eine Darstellung zu allen vier Particiaco bietet also zu Agnellus seinen beiden Sohnen sowie zu seinem gleichnamigen Enkel Claudio Azzara Patriarchi contro Aquileia Grado e il concilio di Mantova dell 827 in Bruno Figliuolo Rosalba Di Meglio Antonella Ambrosio Hrsg Ingenita curiositas Studi sull Italia medievale per Giovanni Vitolo Bd 1 Battipaglia 2018 S 287 297 Cecilia Moine Elisa Corro Sandra Primon Paesaggi artificiali a Venezia Archeologia e geologia nelle terre del monastero di Sant Ilario tra alto Medioevo ed Eta Moderna All Insegna del Giglio Florenz 2017 S 61 f MGH Scriptores XIV Hannover 1883 S 60 Chronicon Venetum vulgo Altinate Roberto Pesce Hrsg Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo Origini 1362 Centro di Studi Medievali e Rinascimentali Emmanuele Antonio Cicogna Venedig 2010 S 33 Pietro Marcello Vite de prencipi di Vinegia in der Ubersetzung von Lodovico Domenichi Marcolini 1558 S 17 20 Digitalisat Șerban V Marin Hrsg Gian Giacomo Caroldo Istorii Veneţiene Bd I De la originile Cetăţii la moartea dogelui Giacopo Tiepolo 1249 Arhivele Naţionale ale Romaniei Bukarest 2008 S 56 online Heinrich Kellner Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung aller Hertzogen zu Venedig Leben Frankfurt 1574 S 7r 7v Digitalisat S 7r Alessandro Maria Vianoli Der Venetianischen Hertzogen Leben Regierung und Absterben Von dem Ersten Paulutio Anafesto an biss auf den itzt regierenden Marcum Antonium Justiniani Nurnberg 1686 S 84 88 Ubersetzung Digitalisat Jacob von Sandrart Kurtze und vermehrte Beschreibung Von Dem Ursprung Aufnehmen Gebiete und Regierung der Weltberuhmten Republick Venedig Nurnberg 1687 S 18 Digitalisat S 18 Johann Friedrich LeBret Staatsgeschichte der Republik Venedig von ihrem Ursprunge bis auf unsere Zeiten in welcher zwar der Text des Herrn Abtes L Augier zum Grunde geleget seine Fehler aber verbessert die Begebenheiten bestimmter und aus echten Quellen vorgetragen und nach einer richtigen Zeitordnung geordnet zugleich neue Zusatze von dem Geiste der venetianischen Gesetze und weltlichen und kirchlichen Angelegenheiten von der innern Staatsverfassung ihren systematischen Veranderungen und der Entwickelung der aristokratischen Regierung von einem Jahrhunderte zum andern beygefugt werden 4 Bde Johann Friedrich Hartknoch Riga und Leipzig 1769 1777 Bd 1 Leipzig und Riga 1769 Digitalisat Samuele Romanin Storia documentata di Venezia 10 Bde Pietro Naratovich Venedig 1853 1861 2 Auflage 1912 1921 Nachdruck Venedig 1972 Bd 1 Venedig 1853 S 158 166 im Zusammenhang mit seinem Vater alleinregierend auf S 166 170 Digitalisat Dort heisst seine Frau allerdings Felicitas bzw Felicita nicht Felicia Vos non Felicitate uxore mea et Romana nure mea heredes mihi instituo und Dux itaque Justinianus imminente sibi morte testamentum condidit et Felicitatem conjugem suam et Romanam nuram fidescommissarias ordinavit wie er selbst zitiert August Friedrich Gfrorer Geschichte Venedigs von seiner Grundung bis zum Jahre 1084 Aus seinem Nachlasse herausgegeben erganzt und fortgesetzt von Dr J B Weiss Graz 1872 S 143 Digitalisat Pietro Pinton La storia di Venezia di A F Gfrorer in Archivio Veneto 1883 23 63 hier S 58 Digitalisat Francesco Zanotto Il Palazzo ducale di Venezia Bd 4 Venedig 1861 S 26 28 Digitalisat Der Text lautet Hypogeum hoc Iustiniano Participatio auctore antiquiori forsan Domini Marci templo coevum subrepente dein fluctu coeno ac ruderibus per saecula penitus obstructum Anno Dni MDCCCXC Ab aquis demum omnique foeditate et squalore vindicatum detersum resarcitum Emmanuele Antonio Cicogna Storia dei Dogi di Venezia Bd 1 Venedig 1867 o S Heinrich Kretschmayr Geschichte von Venedig 3 Bde Bd 1 Gotha 1905 S 60 f John Julius Norwich A History of Venice Penguin London u a 2012 S 23 30 VorgangerAmtNachfolgerAgnello ParticiacoDoge von Venedig 827 829Giovanni I ParticiacoNormdaten Person GND 1023060736 lobid OGND AKS VIAF 316739241 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Particiaco GiustinianoALTERNATIVNAMEN Participazio GiustinianoKURZBESCHREIBUNG Doge von Venedig 827 829 GEBURTSDATUM 8 JahrhundertSTERBEDATUM 829STERBEORT Venedig Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Giustiniano Particiaco amp oldid 239324077