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Agnellus Particiaco spater auch Partecipazio oder Participazio um 820 war Mitdoge seines Grossvaters Agnellus I und seines Vaters Iustinianus Er starb wahrend einer Gesandtschaftsreise in Konstantinopel wohl zu Beginn der Herrschaft Michaels II des neuen Kaisers Einflussbereich des Byzantinischen Reiches und Venedigs in der oberen Adria um 840Spatestens mit Beginn der Dogate der Particiaco Familie dehnten sich Venedigs Handelsbeziehungen in das ostliche Mittelmeer bis nach Griechenland Sizilien und Agypten aus Die Beziehungen zum kaiserlichen Hof in Konstantinopel waren noch eng Die Gebeine des heiligen Markus wurden unter Iustinianus von Alexandria nach Venedig entfuhrt worauf der Doge den Bau einer Palastkapelle zur Aufnahme der Reliquien beschloss Aus dieser Kapelle ging der Markusdom hervor 1 Damit dokumentierte Venedig seine Unabhangigkeit gegenuber karolingischen und papstlichen Anspruchen eine Haltung die nach dem Tod des Dogen namlich durch seinen Bruder und Nachfolger Iohannes ebenso deutlich demonstriert wurde Agnellus II starb noch zu Lebzeiten seines Vaters der noch nicht Doge war Da der jungere Agnellus nie allein herrschte wurde er nicht in die Liste der Dogen aufgenommen die die spate Republik Venedig als solche akzeptierte Verheiratet war er mit einer Griechin namens Romana die als Iustinianus Schwiegertochter und Witwe seines Sohnes im Testament des Dogen von 829 bedacht wurde Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Leben und Herrschaft 3 Rezeption 3 1 Bis gegen Ende der Republik Venedig 3 2 Historisch kritische Darstellungen 4 Quellen 5 Literatur 6 AnmerkungenFamilie BearbeitenDie in der Historiographie vielfach als Partecipazio bezeichnete Familie die in den zeitnahen Quellen als Particiaco erscheint gehorte in der Fruhzeit der Lagunenstadte zu den tribunizischen Familien Diese waren Inhaber hoher politischer oder militarischer Amter im Osten Venetiens das bis zum Beginn des 9 Jahrhunderts Teil des Ostromischen Reichs war und denen es gelungen war das Amt des Tribunen erblich zu machen Zusammen mit den Candiano und den Orseolo war es die Familie Particiaco die von 810 bis zur Verfassungsreform von 1172 die meisten Dogen stellte Der erste Doge eines von Byzanz verhaltnismassig unabhangigen Venedig war Agnellus 810 827 Ihm folgten seine Sohne Iustinianus und Iohannes 829 836 der 836 verhaftet und abgesetzt wurde und sein Leben in einem Kloster beendete Nach der fast dreissigjahrigen Regierung von Pietro Tradonico kehrten die Particiaco auf den Dogenstuhl zuruck von 864 bis 881 Ursus I dann dessen Sohn Iohannes II von 881 bis 887 Weitere Dogen waren Ursus II 911 932 und dessen Sohn Petrus 939 942 aus einem Seitenzweig der Familie den Badoer Neben Agnellus II als Mitdoge erscheint ein Ursus Particiacus der 832 kurzzeitig die Stadt regierte ohne dass er Eingang in die obige Dogenliste fand Das Gleiche gilt fur die beiden Sohne des besagten Iohannes II fur Petrus und Ursus Leben und Herrschaft BearbeitenIustinianus bzw Giustiniano war einerseits ein sehr wohlhabender Kaufmann der wie sein 829 aufgesetztes Testament belegt eine Flotte von Handelsgaleeren unterhielt vgl Wirtschaftsgeschichte der Republik Venedig Andererseits besass er wie die Grundherren des Festlands umfangreiche Guter auf denen Vieh gezuchtet Getreide angebaut und Gartenwirtschaft betrieben wurde Dabei standen ihm laut seinem Testament zahlreiche Knechte und Magde zur Verfugung wohl Horige 2 Iustinianus war bereits in vorgerucktem Alter als er seinem Vater Agnellus im Dogenamt folgte nachdem er bereits als Mitregent amtiert hatte nbsp Das Mosaik der Porta Sant Alipio an der Markuskirche ist das einzige erhaltene Mosaik des Mittelalters an der Westfassade Es zeigt die Uberfuhrung der Gebeine des hl Markus in die Kirche in Anwesenheit des Bischofs und des Dogen Die Fassade der Kirche im Hintergrund ist mit den wichtigsten Charakteristika ihrer Gestalt in der 2 Halfte des 13 Jahrhunderts dargestellt Als eine der grenzubergreifenden Strukturen die eine scharfe Abgrenzung der Einflussspharen mit dem Frankenreich unmoglich machten gilt der Landbesitz der dominierenden Familien der Lagune wie das 829 aufgesetzte Testament erweist Neben reichem Besitz im Dukat Venedig also auf Rialto in Iesolo Torcello und in Cittanova auf den Lidi und vielen Inseln besass die Familie auch Landereien im karolingischen Treviso und um Pola auf Istrien Ebenso bedeutend war der Teil des Vermogens der im Handel angelegt war aber auch in kirchlichen Stiftungen wie denen von Sant Ilario San Zaccaria und eben im noch im Bau befindlichen San Marco Kaum war Iustinianus 829 gestorben versuchte Obelerius der vom Vater der beiden Bruder um 810 vertriebene Doge nach fast zwei Jahrzehnten des Exils nach Methamaucum zuruckzukehren wo er seine Machtbasis reaktivieren konnte Iohannes liess im Gegenzug die Stadt zerstoren nachdem er die Rebellen besiegt hatte Doch damit nicht genug rebellierte ein Tribun namens Caroso dessen Name sich unter den Zeugen auf dem Testament des Iustinianus findet und Iohannes musste an den frankischen Hof fliehen Caroso wurde seinerseits von den Anhangern des Iohannes nach wenigen Monaten besiegt und geblendet dessen Anhanger vertrieben Eine Zeit lang regierte vor der Ruckkehr des exilierten Dogen ein Bischof namens Ursus Orso der vielleicht zum Particiaco Clan gehorte gemeinsam mit zwei Tribunen Rezeption BearbeitenBis gegen Ende der Republik Venedig Bearbeiten Fur das Venedig zur Zeit des Dogen Andrea Dandolo war die Deutung die man der Herrschaft des Agnellus Particiacus und seiner beiden Sohne Iustinianus und Iohannes sowie seinem Enkel Agnellus beilegte von hoher symbolischer Bedeutung Das Augenmerk der Mitte des 14 Jahrhunderts langst fest etablierten politischen Fuhrungsgremien die zugleich die Geschichtsschreibung steuerten galt der Entwicklung der Verfassung den inneren Auseinandersetzungen zwischen den possessores also der sich immer mehr abschliessenden Gruppe der Besitzenden die zugleich die politische Macht besetzten aber auch den Machtverschiebungen innerhalb der Lagune der Adria und im ostlichen Mittelmeerraum sowie in Italien Dabei standen die Fragen nach der Souveranitat zwischen den ubermachtigen Kaiserreichen des Rechts aus eigener Wurzel mithin der Herleitung und Legitimation ihres territorialen Anspruches stets im Mittelpunkt Ahnlich wie bei der Familie der Galbaii die ebenfalls eine Dynastiegrundung versucht hatten fuhrte man die Unsicherheit der Verhaltnisse auf Mangel in der Machtbalance mithin in der Verfassung zuruck die es noch nicht gestattete die Macht des Dogen so einzubinden dass keine Dynastiebildung mehr moglich war Bei Iustinianus und Agnellus kam hinzu dass in ihrer Zeit uberaus wichtige Reliquien nach Venedig kamen die den bedeutendsten spirituellen Orten zugewiesen wurden allen voran San Zaccaria und dem Markusdom Derlei Reliquien konnten im Kampf um Rang und Ansehen in der Hierarchie der Bistumer und Patriarchate und damit verknupft den weltlichen Anspruchen ein wirkmachtiges Argument sein Dies galt insbesondere fur die Auseinandersetzungen mit dem Patriarchat von Aquileia und Rom Zwar fuhrte das fruhe Ableben des Agnellus der wie sein Vater nach Konstantinopel gereist war dort allerdings starb dazu dass der Ubergang der Macht von seinem Vater auf seinen Onkel wohl ohne Auseinandersetzungen innerhalb der Familie vonstattengegangen ware doch der Putschversuch des Obelerius liess sich als Aufstand pro frankischer Krafte deuten Die Herrschaft des Iohannes war noch instabiler als die seines Bruders nbsp Proklamation Leos V zum Kaiser Skylitzes Handschrift 13 Jahrhundert MadridDie alteste volkssprachliche Chronik wenig junger als die Chronik des Andrea Dandolo namlich die Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo aus dem spaten 14 Jahrhundert stellt die Vorgange auf einer weitgehend personlichen Ebene dar 3 Wahrend der spatere Doge Iustinian durch seinen Vater nach Konstantinopel gesandt worden war um dort erfolgreich Abmachungen auszuhandeln per voler alcuni pati fermar con lui wurde in Venedig dessen jungerer Sohn Johannes deshalb zum Mitdogen erhoben weil man dem Haus Particiaco vertraut habe wie die Chronik den Vorgang begrundet Als der Altere zuruckkehrte ubernahm er die Position seines jungeren Bruders der weil er sich ungenannter Vergehen gegen einige Venezianer schuldig gemacht hatte habiando facto alcun despiaser et grosso ad alcuni dela Terra nach Konstantinopel verbannt wurde Ein Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der beiden Bruder um die Frage der Mitregentschaft wird hier negiert obwohl der Jungere zunachst bevorzugt wurde doch war es gerade dieser Zwei wenn man den Enkel Agnellus mit einbezieht sogar Dreigenerationenkonflikt an dem sich spater eine ganze Reihe sich widersprechender Deutungen entzundete Pietro Marcello fuhrte 1502 in seinem spater ins Volgare unter dem Titel Vite de prencipi di Vinegia ubersetzten Werk den Mitdogen im Abschnitt Giustiniano Particiaco Doge XI Diese Einordnung als 11 Doge uberrascht da er seinen Vater als 9 Dogen einordnet 4 Marcello behauptet Agnello habe seinen jungeren Sohn Giovanni zu seinem compagno gemacht woraufhin sich Giustiniano aus Konstantinopel nach Venedig zuruckgekehrt ostentativ geweigert habe zum Vater zuruckzukehren Dieser habe am Ende nachgegeben So habe Giovanni mit Willenserklarung des Volkes per commissione del popolo auf sein Amt verzichtet woraufhin Angelo I den anderen Sohn Giustiniano nebst dessen Sohn Angelo also Agnellus II im Jahr 827 si prese per compagno nel Prencipato Lakonisch berichtet wiederum die Chronik des Gian Giacomo Caroldo fertiggestellt 1532 Caroldo meint Giustiniano Badoaro sei nach dem Tod seines Vaters im Jahr DCCCXXVIJ allein im Amt verblieben rimase solo nel Ducato 5 Wahrend andere Chronisten den Einsatz der Flotte gegen die Sarazenen die begannen Sizilien zu erobern die kurz zuvor erfolgte Eroberung Kretas wird nicht erwahnt in die Zeit seines Bruders Iohannes datieren legt sie Caroldo in die Regierungszeit des Iustinianus Auch er berichtet knapp dass die Flotte zwar sudwarts gefahren sei den Feind jedoch nicht habe finden konnen woraufhin sie umgekehrt sei Ditta armata non potendo ritrovar gl inimici ritorno a dietro Eine weitere Flotte konnte ebenfalls bei der Unterstutzung gegen die Sarazenen nichts erreichen oder wie Caroldo formuliert konnte sie kein ehrenvolles Unternehmen durchfuhren ne potendo conseguir alcuna honorevol impresa Stattdessen brachte sie was in Widerspruch zum nachfolgenden Satz steht die Reliquien des hl Markus nach Venedig Im zweiten Jahr seines Dukats namlich brachten so der nachste Satz venezianische Handler mercanti Venetiani con molta sagacita et industria diese Reliquien aus Alexandria herbei Es erfolgten Anweisungen an die fabrica der Markuskirche den glorioso corpo honorevolmente abzulegen riponer Iustinianus von Krankheit schwer belastet und durch den Tod Agnellus II ohne Kinder rief seinen Bruder aus Konstantinopel zuruck und machte ihn zu seinem Mitdogen und Amtsnachfolger consorte et successor del Ducato nbsp Blick auf die Saulen mit den Schutzheiligen Venedigs links Marcus mit dem Lowen rechts Theodor mit dem getoteten Drachen Richtung San Giorgio MaggioreFur den Frankfurter Juristen Heinrich Kellner der die venezianische Chronistik im deutschen Sprachraum bekannt machte wobei er weitgehend Marcello folgte ist in seiner 1574 erschienenen Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung aller Hertzogen zu Venedig Leben Justinan Partitiatius der zehende Hertzog 6 Nach Kellner ubernahm Justinianus nach dem Tod seines Vaters das Regiment der Gemein allein an im jar 827 Gleich im anfang seins Regiments schickte er Keyser Micheln von Constantinopel eine Flotte fur den Kampf gegen die Saracenen welche dessmals die Inseln Europe sehr beengstigten aber sie kondten den Feindt nie antreffen So zog sich die Flotte bald wieder in ir gewarsam zuruck Ausfuhrlich schildert Kellner wie Marcello auch die Uberfuhrung der Reliquien des hl Markus nach Venedig Der Doge Justinian starb kurz danach als er zwey jar allein regiert hatt Von einem Mitdogen weiss Kellner nichts In der Ubersetzung der Historia Veneta des Alessandro Maria Vianoli die 1686 in Nurnberg unter dem Titel Der Venetianischen Hertzogen Leben Regierung und Absterben Von dem Ersten Paulutio Anafesto an biss auf den itzt regierenden Marcum Antonium Justiniani erschien 7 hiess der Doge Justinianus Participatius der Eilffte Hertzog Nach einer grundlegenden Hinfuhrung zur Frage der Furstengerechtigkeit und starke die sich aus der Gottesfurcht ableite fuhrt Vianoli dabei in krassem Gegensatz zu Marcello stehend an sintemalen er kaum auf den Thron erhaben werden konnen als er mit einer starcken Macht und einer guten Anzahl Kriegs Schiffen sich in das Sicilianische Meer begeben um die Saracenen welche vor dissmal dieselbe Insul aller Orten sehr beangstiget wiederum hinwegzujagen so ihme dermassen glucklich gelungen dass er dem Michaeln als damaligen Griechischen Kayser dieselbe wiederum eingeraumet hatte worauf sowol in Constantinopel als auch Venedig wegen solch herzlichen Victori man allerhand Freudenbezeugungen gesehen und gehalten S 90 Den Raub des hl Markus schildert Vianoli hingegen nur mit geringfugigen Abweichungen So legte man die sterblichen Uberreste in einen Korb und bedeckte sie mit Schweinefleisch welches zu geniessen in dieser Volcker Gesetz aufs scharfste verboten ist Historisch kritische Darstellungen Bearbeiten Nach Johann Friedrich LeBret der ab 1769 seine vierbandige Staatsgeschichte der Republik Venedig veroffentlichte 8 unternahm unter Justinianus sein Volck die ersten kriegerischen Unternehmungen wider die Saracenen Justinianus liess einige Kriegesschiffe ausrusten welche sich mit den griechischen Schiffen verbanden Einige venetianische Geschichtsschreiber so setzt LeBret fort drucken sich auf eine solche Art aus woruber ein Vernunftiger sich des Lachens nicht enthalten kann Sie konnten den Feind nicht finden sagen sie und segelten wieder nach Venedig S 141 Auch ein zweiter Versuch hatte eben ein solches ahnliches Ende wie der erste Da Iustinianus keine Erben hatte rief er seinen Bruder Iohannes aus Konstantinopel zuruck Dieser erhielt eine Wurde wieder deren ihn sein Vater um den Frieden unter seinen Sohnen zu erhalten beraubt hatte Justinianus lebte kaum ein Jahr da er durch seinen Tod seinem Bruder die Alleinherrschaft uberliess S 142 Die Erbenlosigkeit des Iustinianus ist auch hier der einzige Grund fur die Ubereignung der Dogenherrschaft an den Bruder nbsp Solidus gepragt unter Kaiser Leo V Samuele Romanin raumte Giustiniano 1853 im ersten Band seines zehnbandigen Opus Storia documentata di Venezia wenige Seiten ein 9 Giustiniano der nach Verhandlungen aus Konstantinopel zuruckkehrte weigerte sich den Vater aufzusuchen als er seinen jungeren Bruder als Mitdogen sah Er zog sich mit seiner Frau in ein Haus nahe der Kirche San Severo zuruck Der daraufhin verbannte Giovanni floh von Zara nach Ischiavonia und von dort nach Bergamo zu Kaiser Ludwig Leon der Armenier obwohl Bildersturmer sebbene iconoclasta versuchte mittels Geschenken vor allem von Reliquien gute Beziehungen zu Venedig zu pflegen Angesichts der zunehmenden Sarazenengefahr sei Venedig immer bedeutsamer geworden Es sei nichts Ungewohnliches darin zu sehen denn die Venezianer beteten umgekehrt auch fur den Kaiser ohne dass dies ein Anzeichen gewesen ware dass die Venezianer byzantinische Untertanen gewesen seien senz esserne sudditi S 163 Beim Sturz Leos im Jahr 820 war der Enkel des Agnellus der gleichfalls Agnello hiess anwesend um dem neuen Kaiser zu huldigen Den Bau der Markuskirche den Iustinianus begann fugt Romanin in ein Bild des brolio ein des Markusplatzes der noch als Garten vorzustellen sei In seinem Testament vermerkt Iustinianus seine Frau Felicia und seine Schwiegertochter Romana la moglie Felicia e la nuora Romana wobei Romanin aus den Pacta I 39 zitiert Felicitate uxore mea et Romana nure mea heredes mihi instituo August Friedrich Gfrorer 1861 glaubte in seiner 1872 posthum erschienenen Geschichte Venedigs von seiner Grundung bis zum Jahre 1084 Iustinianus sei nicht erst nach seiner Ruckkehr nach Venedig uber die Bevorzugung seines jungeren Bruders in Zorn geraten sondern er sei deshalb von Konstantinopel nach Venedig zuruckgekehrt Der altere Agnellus verbannte schliesslich seinen jungeren Sohn nach Zara und erhob Iustinianus und dessen Sohn Angelo II zu Mitdogen In der Tatsache dass sich seit 810 immer wieder Dogensohne in Konstantinopel aufhielten sieht Gfrorer einen Beleg fur einen ansonsten nicht bekannten Vertrag nach dem sie als Geiseln zu deuten seien Dementsprechend wahrten die Ehrungen etwa die Titel die die byzantinischen Kaiser diesen Geiseln zusprachen nur den Schein Die Kaiser hatten die Zeit genutzt um sie an griechische Hofluft zu gewohnen oder ihnen byzantinischen Beamtengeist einzutraufeln 10 Dementsprechend war die Erhebung des jungeren Sohnes zum Mitdogen ein Bruch des geheimen Staatsvertrag es von 809 Nach Gfrorer liess der Kaiser nun den alteren Sohn nach Venedig schicken der sich wie ein Racher gebardete Der Vater gab laut Gfrorer nur deshalb nach weil Justinian die ganze Macht des morgenlandischen Reichs zum Ruckhalt hatte S 144 Iohannes musste nach der seit 810 griechischer Hoheit unterworfenen Hafenstadt Zara wandern Dabei glaubt Gfrorer Iohannes sei wie es Johannes Diaconus schreibt erst zu den Slawen geflohen laut Gfrorer konnte er von dort denn die Slawen erkannten die frankische Oberhoheit formal an mit dem Frankenkaiser uberhaupt erst verhandeln erst dann an den frankischen Hof wahrend Andrea Dandolo ihn direkt an den Hof fliehen lasst Gfrorer bezweifelt allerdings dass sich der Geflohene mit Kaiser Ludwig dem Frommen getroffen habe denn dieser sei nur 817 in Italien gewesen Nach der Auslieferung an Agnellus und Iustinianus wurde der jungere Bruder wieder als Geisel nach Konstantinopel geschickt Gfrorer argumentiert dass der Vater von Iustinianus entmachtet worden sei sein Beleg ist die Grundungsurkunde von San Zaccaria in der als Doge nur noch Iustinianus nicht aber Agnellus erscheint Auch sei die Grundung wie er aus der Urkunde entnimmt vom byzantinischen Kaiser ausgegangen Auch das Verbot mit den Muslimen Syriens und Agyptens Handel zu betreiben stamme vom Kaiser und sei von den Dogen nur ubernommen worden In Gfrorers Bild passt daruber hinaus dass Angelo II nach der Ermordung Kaiser Leos dem neuen Kaiser zu huldigen hatte und dass er in der Hauptstadt verstarb Nach Gfrorer gilt solche Thatsachen welche in einer Weise die das Ehrgefuhl nicht grob verletzt Venetiens Abhangigkeit von Byzanz bekunden theilt Dandolo mit und nur plumpe verschweigt er S 149 Das Testament des Dogen das die Unterbringung in einer erweiterten Kirche vorsah die aus seinen Mitteln errichtet wurde ist bis heute erhalten und ediert Gfrorer entnimmt der Dandolo Chronik dass deren Verfasser anmerkt er habe die entsprechende Urkunde selbst in Handen gehabt und mit eigenen Augen gelesen Gfrorer schliesst dabei ausdrucklich nicht aus dass Iustinianus sich auf diese Art zum Wachter und Bewahrer des Stadtheiligen aufschwingen wollte S 162 bevorzugt aber die mildere Variante nach der die Anwesenheit des Heiligen eher dem Patriarchat Venedig also der Verlegung von Grado in die Lagune dienen sollte Damit trat der ubergesiedelte Patriarch zu dem dortigen Dogen in dasselbe Verhaltnis wie in Constantinopel der Patriarch zum Basileus Der Raub der menschlichen Uberreste wird bei Gfrorer zur Vertheidigungswaffe gegen mogliche Folgen der Mantuaner Synode Aus der Belohnung die die beiden Tribunen den Alexandriner Klerikern fur die Religuien anboten folgert der Autor dass sie im Auftrag des Dogen handelten und auch nur deshalb ein entsprechendes Angebot an die Kleriker in Alexandria unterbreiten konnten Zudem hatten schon 819 zu dieser Zeit noch Agnellus und Iustinianus gemeinsam verfugt dass die Monche von S Ilario ausdrucklich davon befreit sein sollten von den Bischofen von Rivoalto Olivolo oder Grado vor ein Konzil geladen werden zu konnen Mannern die der Abt verbannte durfte von denselben Bischofen kein Schutz gewahrt werden S 165 auch dies ein Hinweis auf das Oberherrschaftsverhaltnis zur Lagunenkirche Schliesslich erfolgte nach Gfrorer die Ruckkehr des jungeren Bruders aus der byzantinischen Hauptstadt auf Befehl des Kaisers der zugleich Flottenhilfe gegen die Sarazenen einforderte Die anscheinend nach Selbststandigkeit strebende Politik des Iustinianus war demnach in Byzanz auf Misstrauen gestossen so dass Iustinianus die Ruckkehr seines Bruders den er noch nicht einmal in seinem Testament bedachte hinnehmen musste Andrea Dandolo deute dies so Gfrorer nur so weit wie moglich an doch Wer wirklichen Beruf hat Clio s Griffel zu fuhren schreibt nicht fur Thoren sondern fur Gescheidte fur Solche welche nothigen Falls zwischen den Zeilen zu lesen verstehen S 171 Pietro Pinton ubersetzte und annotierte Gfrorers Werk im Archivio Veneto in den Jahresbanden XII bis XVI Pintons eigene Darstellung die erst 1883 erschien gelangte zu ganzlich anderen weniger spekulativen Ergebnissen als Gfrorer So bezweifelt er dass Iustinianus als Geisel nach Konstantinopel geschickt worden sei ebenso wenig wie spater Iohannes wovon die Quellen gar nicht reden sondern dass der altere Dogensohn zu Unterhandlungen dorthin geschickt worden sei der jungere als Verbannter 11 Dabei hielt er Gfrorer vor er ubersehe dass die angebliche Geisel nach Venedig zuruckkehrte um gegen die Bevorzugung des jungeren Bruders zu opponieren auch als schliesslich der jungere Iohannes in die byzantinische Hauptstadt ging behauptete Gfrorer wieder als Geisel Nach Pintons Auffassung habe zwischen der Flottenhilfe und der Anerkennung des neuen Dogen durch den Kaiser kein Zusammenhang bestanden S 60 Auch deute Gfrorer die Begriffe ecclesia und cappella anachronistisch denn Andrea Dandolo selbst gebrauche die beiden Begriffe ohne Unterschied fur die Markuskirche Daraus abzuleiten die Reliquien seien in einer Seitenkapelle des Dogenpalastes aufbewahrt worden hielt er fur eine Fehlinterpretation Der Behauptung Gfrorers Papst Gregor IV und Kaiser Michael I hatten den Missbrauch der Reliquien untersagt der eine habe demzufolge das Verbergen des Heiligen angeordnet der andere aus Furcht vor venezianischen Selbststandigkeitsbestrebungen den jungeren Bruder als Ersatz fur Iustinianus vorgesehen widerlegt Pinton mit der Feststellung Iustinianus sei sterbenskrank gewesen und es lasse sich zwischen den Vorgangen kein anderer Zusammenhang konstruieren S 58 61 Heinrich Kretschmayr glaubte Agnellus habe zum Thronwechsel von 814 seinen Sohn Justinian von 820 seinen Enkel Agnellus mit dessen griechischer Gemahlin Romana nach Konstantinopel zur Huldigung gesandt 12 Er glaubt der Sturz des Dogensohnes Iohannes der spater floh und schliesslich nach Konstantinopel verbannt wurde mache klar dass dieser Sturz von Byzanz seinen Ausgang nahm Hingegen sei in der Gegenrichtung der altere Bruder Iustinianus nicht nur mit dem Ehrentitel Hypathos ausgestattet sondern sein Sohn sogar zum Mitdogen erhoben worden Zudem habe sich Iustinianus selbst als Imperialis hypatus et humilis dux Venetiae bezeichnet Entgegen einem byzantinischen Verbot suchten venezianische Handler 828 die agyptischen Gewasser auf Kretschmayr sieht in den Flotteneinsatzen in Suditalien und Sizilien geradezu eine Heerespflicht Venedigs allerdings sei diese ausdrucklich nicht fur das Ostmittelmeer nachweisbar Kretschmayr behauptet sogar die Flotte wurde geschlagen Quellen BearbeitenLa cronaca veneziana del diacono Giovanni in Giovanni Monticolo Hrsg Cronache veneziane antichissime Fonti per la storia d Italia Medio Evo IX Rom 1890 S 59 171 hier S 107 Agnellus vero predictus dux legationis causa suum nepotem et equivocum Constantinopolim misit ibique mortuus fuit Digitalisat Luigi Andrea Berto Hrsg Giovanni Diacono Istoria Veneticorum Fonti per la Storia dell Italia medievale Storici italiani dal Cinquecento al Millecinquecento ad uso delle scuole 2 Zanichelli Bologna 1999 S 114 116 Im Zusammenhang mit Agnellus I und den beiden Mitdogen Iustinianus und Agnellus II Tunc satisfacere per omnia voluit Iustiniano suo filio non solum ipsum sed etiam Agnellum suum nepotem eiusdem Iustiniani natum consortem sui fecit ducatus Seinen Tod in Konstantinopel erwahnt er ebenfalls Agnellus vero predictus dux legationis causa suum nepotem et aequivocum Constantinopolim misit ibique mortuus fuit auf Berto basierende Textedition im Archivio della Latinita Italiana del Medioevo ALIM der Universitat Siena Roberto Cessi Hrsg Documenti relativi alla storia di Venezia anteriori al Mille Padua 1942 Bd I n 53 S 93 99 Romana nurus mea ab eo anno quo vidua remansit Testament des Dogen Ester Pastorello Hrsg Andrea Dandolo Chronica per extensum descripta aa 460 1280 d C Rerum Italicarum Scriptores XII 1 Nicola Zanichelli Bologna 1938 S 142 146 Alleinherrschaft des Iustinianus S 146 148 Digitalisat S 142 f Literatur BearbeitenMarco Pozza Particiaco Agnello In Raffaele Romanelli Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 81 Pansini Pazienza Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 2014 Serban Marin Giustiniano Partecipazio and the Representation of the First Venetian Embassy to Constantinople in the Chronicles of the Serenissima in Historical Yearbook 2 2005 75 92 Aufenthalt des Iustinianus in Konstantinopel Darstellung in den venezianischen Chroniken Deutung als erste echte Gesandtschaftsreise nach Konstantinopel academia edu Anmerkungen Bearbeiten Volker Herzner Die Baugeschichte von San Marco und der Aufstieg Venedigs zur Grossmacht in Wiener Jahrbuch fur Kunstgeschichte 38 1985 1 58 hier S 1 f Digitalisat Die Darstellung folgt weitgehend Marco Pozza Particiaco Agnello In Raffaele Romanelli Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 81 Pansini Pazienza Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 2014 der in diesem Artikel eine Darstellung zu allen vier Particiaco bietet also zu Agnellus seinen beiden Sohnen sowie zu seinem gleichnamigen Enkel Agnellus Roberto Pesce Hrsg Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo Origini 1362 Centro di Studi Medievali e Rinascimentali Emmanuele Antonio Cicogna Venedig 2010 S 33 Pietro Marcello Vite de prencipi di Vinegia in der Ubersetzung von Lodovico Domenichi Marcolini 1558 S 17 20 Digitalisat Șerban V Marin Hrsg Gian Giacomo Caroldo Istorii Veneţiene Bd I De la originile Cetăţii la moartea dogelui Giacopo Tiepolo 1249 Arhivele Naţionale ale Romaniei Bukarest 2008 S 56 online Heinrich Kellner Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung aller Hertzogen zu Venedig Leben Frankfurt 1574 S 7r 7v Digitalisat S 7r Alessandro Maria Vianoli Der Venetianischen Hertzogen Leben Regierung und Absterben Von dem Ersten Paulutio Anafesto an biss auf den itzt regierenden Marcum Antonium Justiniani Nurnberg 1686 S 84 88 Ubersetzung Digitalisat Johann Friedrich LeBret Staatsgeschichte der Republik Venedig von ihrem Ursprunge bis auf unsere Zeiten in welcher zwar der Text des Herrn Abtes L Augier zum Grunde geleget seine Fehler aber verbessert die Begebenheiten bestimmter und aus echten Quellen vorgetragen und nach einer richtigen Zeitordnung geordnet zugleich neue Zusatze von dem Geiste der venetianischen Gesetze und weltlichen und kirchlichen Angelegenheiten von der innern Staatsverfassung ihren systematischen Veranderungen und der Entwickelung der aristokratischen Regierung von einem Jahrhunderte zum andern beygefugt werden 4 Bde Johann Friedrich Hartknoch Riga und Leipzig 1769 1777 Bd 1 Leipzig und Riga 1769 Digitalisat Samuele Romanin Storia documentata di Venezia 10 Bde Pietro Naratovich Venedig 1853 1861 2 Auflage 1912 1921 Nachdruck Venedig 1972 Bd 1 Venedig 1853 S 158 166 im Zusammenhang mit seinem Vater alleinregierend auf S 166 170 Digitalisat August Friedrich Gfrorer Geschichte Venedigs von seiner Grundung bis zum Jahre 1084 Aus seinem Nachlasse herausgegeben erganzt und fortgesetzt von Dr J B Weiss Graz 1872 S 143 Digitalisat Pietro Pinton La storia di Venezia di A F Gfrorer in Archivio Veneto 1883 23 63 hier S 58 Digitalisat Heinrich Kretschmayr Geschichte von Venedig 3 Bde Bd 1 Gotha 1905 S 60 f PersonendatenNAME Agnellus II ALTERNATIVNAMEN Particiaco AgnellusKURZBESCHREIBUNG Mitdoge von VenedigGEBURTSDATUM 8 JahrhundertSTERBEDATUM um 820STERBEORT Konstantinopel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Agnellus II amp oldid 239324102